Einführung einer vollständig personalisierten Verhältniswahl

Reformvorschlag in der Diskussion


Hausarbeit, 2004

14 Seiten, Note: 2,0

Anonym


Leseprobe


Gliederung

1 Einleitung

2 Das Wahlsystem der Bundesrepublik Deutschland
2.1 Charakteristik des personalisierten Verhältniswahlrechtes
2.2 Bewertung des Wahlsystems in Hinblick auf die Erfüllung von festgelegten Leistungsanforderungen

3 Einführung eines „vollständig personalisierten Verhältniswahlsystems“
3.1 Vorstellung des Reformansatzes
3.2 Auswirkungen
3.2.1 Generelle Vorteile eines „vollständig personalisierten Verhältniswahlsystems“
3.2.2 Vermeidung von Überhangmandaten und Stimmensplitting

4 Bewährung und Bewertung des Personalisierten Verhältniswahlsystems - Meinungen im politischen Diskurs

5 Fazit

6 Literaturliste

1 Einleitung

Wahlen bedeuten in einer parlamentarischen Demokratie die unmittelbarste Form politischer Beteiligung. In der Bundesrepublik Deutschland besteht seit 1949 das Personalisierte Verhältniswahlsystem. Dieses wird seither von der Bevölkerung stillschweigend akzeptiert. – Dennoch: In der aktuellen öffentlich- und verfassungsrechtlichen Diskussion herrscht eine kritische Haltung zum deutschen Wahlsystem, insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Gleichheit der Wahl.1

Aus diesem Grund kursiert eine Vielzahl von Reformvorschlägen. Im Folgenden soll insbesondere auf den Reformansatz Volker von Prittwitz’ Bezug genommen werden, welcher die Einführung einer „vollständig personalisierten Verhältniswahl“2 beinhaltet.

Im Mittelpunkt wird dabei die Frage stehen, inwiefern sich das bundesdeutsche Wahlsystem durch die Einführung eines Einstimmen-Verhältniswahlsystems in puncto Transparenz, Effizienz und Repräsentation verbessern lässt.

Die Arbeit ist methodisch betrachtet eine Sekundärliteraturanalyse. Darin wird zunächst das Personalisierte Verhältniswahlsystem der Bundesrepublik Deutschland erklärt und hinsichtlich der Erfüllung bestimmter Leistungsanforderungen nach Dieter Nohlen bewertet. Es folgen die Vorstellung des Reformvorschlags Volker von Prittwitz’ und eine Vergegenwärtigung von dessen möglichen Auswirkungen. Abschließend kommt es zu einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Reformvorschlag.

2 Das Wahlsystem der Bundesrepublik Deutschland

2.1 Charakteristik des Personalisierten Verhältniswahlrechtes

Das Personalisierte Verhältniswahlrecht wurde 1949 im Zuge der Staatsgründung der Bundesrepublik Deutschland von den Verfassungsvätern initiiert. Diese waren davon überzeugt, dass ein funktionsfähiges parlamentarisches Regierungssystem in entscheidendem Maße bereits durch das Wahlsystem vorbestimmt werde. Deshalb hatte man vor, ein Wahlsystem zu schaffen, das in besonderem Maße der Parteienzersplitterung, wie sie, bedingt durch reines Verhältniswahlrecht, in der Weimarer Republik früher aufgetreten war, Einhalt gebietet. Das Resultat ihrer Überlegungen, das so genannte „Personalisierte Verhältniswahlsystem“, versucht nun, die Entscheidungsregel der Mehrheitswahl mit dem Repräsentationsprinzip der Verhältniswahl zu kombinieren.3

Der Schwerpunkt dabei liegt auf der Verhältniswahl, denn der Mandatsanteil, den eine Partei insgesamt erhält, wird durch ein Proporzsystem bestimmt. Gleichzeitig versuchte man, dem Wahlsystem personale Züge zu verleihen, indem ein Teil der Mandate auf direktem Weg, durch ein Mehrheitswahlsystem, vergeben wird. Daraus resultiert die Zweigliedrigkeit der personalisierten Verhältniswahl.4

Gemessen an den seit der Wahlrechtsreform 2002 rechtskräftigen Bestimmungen ergibt sich für das Personalisierte Verhältniswahlsystem nun die folgende, konkrete Charakteristik:

Momentan ist die Bundesrepublik Deutschland in 299 Einerwahlkreise eingeteilt.5 Bundesweit sind stets genau doppelt so viele Mandate zu vergeben, wie es Wahlkreise gibt. Jeder Bürger eines Wahlkreises hat zwei Stimmen: Mit der Erststimme wählt er einen namentlich bekannten Kandidaten aus dem Wahlkreis, der im Regelfall auch einer Partei angehört. Die Berechnung erfolgt nach dem Prinzip der relativen Mehrheitswahl. Das bedeutet, der Kandidat, der in seinem Wahlkreis die meisten Stimmen auf sich vereinigen kann, bekommt das Direktmandat. Auf diese Weise werden auf Bundesebene 299 Mandate vergeben. Weitere 299 Mandate werden über die Zweitstimme und die damit verbundene Wahl einer starren Parteiliste auf Länderebene, die „Landesliste“, vergeben.

Die Umrechnung der Zweitstimmen in Mandate erfolgt folgendermaßen: Zunächst wird sich danach gerichtet, wie hoch der Anteil der Zweitstimmen ist, den eine Partei im gesamten Bundesgebiet auf sich vereinigen konnte. Im Fokus steht hierbei das Überwinden der Sperrklausel, der so genannten „Fünf-Prozent-Hürde“. Um dies zu erreichen, muss eine Partei auf Bundesebene anteilsmäßig mindestens fünf Prozent der Zweitstimmen erhalten. Für eine Partei ist es essentiell, diese Hürde zu nehmen, denn andernfalls findet sie bei der weiteren Berechnung keine Berücksichtigung mehr, und die auf sie vereinigten Wählerstimmen verfallen. – Einzige Ausnahme bildet hierbei die „Grundmandatsklausel“: Schafft es eine Partei einerseits nicht, fünf Prozent der Zweitstimmen zu erlangen, hat andererseits jedoch mindestens drei Direktmandate errungen, so wird ihr Zweitstimmenanteil trotz Sperrklausel proportional in Mandate umgerechnet. Der Berechnungsvorgang erfolgt seit 1985 mittels des Hare/Niemeyer-Verfahrens6. Dies geschieht in zwei Schritten: Im ersten Zuteilungsverfahren wird nach der Methode Hare/Niemeyer die Zahl der jeder Partei zustehenden Mandate im Bundestag ermittelt. Im zweiten Schritt werden die Mandate, wiederum nach Hare/Niemeyer, proportional auf die Landeslisten der Partei in den einzelnen Bundesländern verteilt. Erst nachdem feststeht, wie viele Mandate den Parteien entsprechend ihren Stimmenanteilen mit den Zweitstimmen in den einzelnen Bundesländern zustehen, erfolgt die Anrechnung der in den Wahlkreisen des jeweiligen Bundeslandes gewonnenen Direktmandate. Dabei kann es zur Entstehung von Überhangmandaten kommen.7

Überhangmandate können immer dann auftreten, wenn eine Partei in einem Bundesland mehr Direktmandate erringt, als ihr nach dem dort erreichten Zweitstimmenanteil zustehen. Die Mandate, die der Kandidat einer Partei im Wahlkreis errungen hat, sollen ihr jedoch wegen des „Persönlichkeitsvotums“ nachträglich nicht wieder entzogen werden. Deshalb erhöht sich die Anzahl der Sitze im Bundestag von ursprünglich 598 in jeder Legislaturperiode neu um die Zahl der Überhangmandate.8

[...]


1 PRITTWITZ, Volker von: Vollständig personalisierte Verhältniswahl – Reformüberlegungen auf der Grundlage eines Leistungsvergleichs der Wahlsysteme Deutschlands und Finnlands, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 52/2003, S. 17.

2 Ebda., S. 12-20.

3 NOHLEN, Dieter: Wahlrecht und Parteiensystem, 3., völlig überarb. Aufl., Opladen 2000, S. 304f.

4 Vgl. KORTE, Karl-Rudolf: Wahlen in der Bundesrepublik Deutschland, 3., überarb. u. aktual. Aufl., Bonn 2000, S. 43.

5 NOHLEN: Wahlrecht und Parteiensystem, S. 305.

6 Das Hare/Niemeyer-Verfahren löste 1985 das Berechnungssystem nach D’ Hondt ab und begünstigt im Vergleich zu diesem tendenziell die kleineren Parteien.

7 Vgl. KORTE: Wahlen, S. 43-46.

8 JESSE, Eckhard: Die Demokratie der Bundesrepublik Deutschland, 8., aktual. u. erw. Aufl., Berlin 1997, S. 128.

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Einführung einer vollständig personalisierten Verhältniswahl
Untertitel
Reformvorschlag in der Diskussion
Hochschule
Freie Universität Berlin  (Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft)
Veranstaltung
Einführung in das politische System der Bundesrepublik Deutschland
Note
2,0
Jahr
2004
Seiten
14
Katalognummer
V129526
ISBN (eBook)
9783640357680
ISBN (Buch)
9783640357949
Dateigröße
433 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Einführung, Verhältniswahl, Reformvorschlag, Diskussion
Arbeit zitieren
Anonym, 2004, Einführung einer vollständig personalisierten Verhältniswahl, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/129526

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