Ziel dieser Arbeit ist die Darstellung des in der Forschung vieldiskutierten Guadalupe-Ereignisses und seiner Bedeutung für die Missionierung Mexikos. Da einige Untersuchungen annehmen, dass die wundersamen Erscheinungen eine spätere Erfindung seien, um die Indigenen, die sich nach der Eroberung durch die Spanier nur widerstrebend missionieren ließen, enger an die Kirche zu binden, sollen insbesondere die Quellen und die Überlieferung des Ereignisses beleuchtet werden. Zudem erfolgt eine Betrachtung der spanischen Einflüsse in der Guadalupe-Verehrung und der indigenen Elemente, die in die Botschaft und in das Bildnis der Jungfrau von Guadalupe eingeflossen sind. Zur Einordnung des Guadalupe-Ereignisses ist jedoch zunächst ein kurzer Abriss zur Geschichte der spanischen Mission in der Neuen Welt und zur Christianisierung Mexikos im 16.Jahrhundert notwendig.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Spanische Mission in der Neuen Welt
3 Die Missionierung Mexikos
4 Das Guadalupe-Ereignis
4.1 Die Erscheinungserzählung
4.2 Die Quellenlage
4.3 Die spanischen Elemente
4.4 Die indigenen Elemente
4.5 Die Bedeutung für die Indigenen und für die Mestizen
4.6 Die Forschungskontroverse um das Guadalupe-Ereignis
5 Zusammenfassung
Quellen- und Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1 Bildnis der Jungfrau von Guadalupe
1 Einleitung
„Papst Johannes Paul II. wird bei seinem Besuch [...] in Mexiko einen indianischen Bauern aus dem 16. Jahrhundert heilig sprechen. Damit unterstreicht der Vatikan die Bedeutung der Region für das Christentum [...]. In keiner Weltgegend leben mehr Katholiken als in Lateinamerika [...].“
Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 30.Juli 2002[1]
„Am 31.Juli will Papst Johannes Paul II. den Indio Juan Diego, dem im Dezember 1531 die Jungfrau von Guadalupe erschienen sein soll, heilig sprechen. [...] bei einer der wahrscheinlich größten Versammlungen von Katholiken in der Geschichte [wird, d.V.] ihm als erstem Indio die Ehre der Altäre zuteil [...]. “
Neue Zürcher Zeitung vom 29.07.2002[2]
Als Papst Johannes Paul II. im Juli 2002 den Indio Juan Diego[3] in der Kathedrale von Mexiko-City heilig sprach, wurde diesem Ereignis auch eine große Aufmerksamkeit in Europa, in der Alten Welt, zuteil, wie die beiden obigen Ausschnitte aus der Tagespresse zeigen.
Zehn Jahre nach dem Abschluss der spanischen Eroberung Mexikos, soll Juan Diego im Dezember 1531 auf dem Hügel Tepeyac, der heute zum Stadtgebiet von Mexiko-City gehört, viermal die Gottesmutter Maria erschienen sein, wobei sie sich selbst Jungfrau von Guadalupe genannt, eine Botschaft überbracht und ihr eigenes Bildnis hinterlassen habe. Dieses Acontecimiento Guadalupano, das Guadalupe-Ereignis, führte zur Errichtung einer Wallfahrtsstätte am Ort der Erscheinungen und zur Verehrung der Gottesmutter Maria, unter den Bezeichnungen „Jungfrau von Guadalupe“ (Virgen de Guadalupe) und „Unsere Liebe Frau von Guadalupe“ (Nuestra Senora de Guadalupe). Die Kirche schenkte dem Ereignis im Laufe der Jahrhunderte immer mehr Beachtung: 1737 wurde die Jungfrau von Guadalupe zur Patronin der Stadt Mexiko erklärt. 1746 wurde sie die Schutzherrin Neu-Spaniens und 1910 erhob sie Leo XIII. zur Patronin Lateinamerikas. Heute gilt die am Ort der Erscheinungen errichtete Kathedrale in Mexiko-City mit etwa 20 Millionen Pilgern jährlich, als größte und bedeutendste Marien-Wallfahrtsstätte der Welt.[4]
Ziel dieser Arbeit ist die Darstellung des in der Forschung vieldiskutierten Guadalupe-Ereignisses[5] und seiner Bedeutung für die Missionierung Mexikos. Da einige Untersuchungen annehmen, dass die wundersamen Erscheinungen eine spätere Erfindung seien, um die Indigenen, die sich nach der Eroberung durch die Spanier nur widerstrebend missionieren ließen, enger an die Kirche zu binden, sollen insbesondere die Quellen und die Überlieferung des Ereignisses beleuchtet werden. Zudem erfolgt eine Betrachtung der spanischen Einflüsse in der Guadalupe-Verehrung und der indigenen Elemente, die in die Botschaft und in das Bildnis der Jungfrau von Guadalupe eingeflossen sind. Zur Einordnung des Guadalupe-Ereignisses ist jedoch zunächst ein kurzer Abriss zur Geschichte der spanischen Mission in der Neuen Welt und zur Christianisierung Mexikos im 16.Jahrhundert notwendig.
2 Spanische Mission in der Neuen Welt
Mit der Übergabe Granadas, des letzten verbliebenen maurischen Reiches auf spanischem Boden, an die „Katholischen Könige“ Isabella von Kastilien und Ferdinand von Aragón erreichte die Reconquista, die christliche Rückeroberung des moslemischen Spaniens, im Januar 1492 ihren Abschluss. Danach trat das nun staatlich geeinte spanische Königreich in den „Entdeckungswettstreit mit Portugal“[6] ein. Der Genuese Christoph Kolumbus, der im königlichen Auftrag am 3. April 1492 nach Indien aufgebrochen war, erreichte am 12.Oktober desselben Jahres die Insel Guanahaní: Mit diesem Datum verbindet die Wissenschaft die (Wieder-)Entdeckung der Neuen Welt, des amerikanischen Doppel-kontinents. Dieses Ereignis leitete „in mehrfacher Beziehung eine welthistorische Wende ein“.[7]
Auf die Entdeckung folgte die Eroberung: Bereits Mitte des 16.Jahrhunderts erstreckte sich der spanische Herrschaftsbereich von Oregon bis Chile. Spanien sah in der Eroberung (Conquista) der Neuen Welt die Fortsetzung der Reconquista.[8] Die „Europäisierung der Erde“, d.h. die Ausweitung der politischen Herrschaft Europas, die zu einer Dominanz u.a. in wirtschaftlicher, politischer, militärischer und sprachlicher Hinsicht führte, und die geistig-kulturelle Expansion Europas beschleunigten und verstärkten sich.[9] Hierzu gehörte auch der Beginn der Missionierung der Neuen Welt durch das abendländische Christentum. Das Papsttum, „völlig von den politischen und kirchenreformatorischen Streitigkeiten der Zeit in Anspruch genommen“[10], verlieh mit der Bulle „Inter caetera“ vom 4. Mai 1493 einen Missionsauftrag für die Neue Welt an die Kolonialmacht Spanien:
„Wir aber, indem wir Eure heilige und löbliche Absicht im Herrn aufs höchste begrüßen [...], ermahnen Euch, [...] das Unternehmen wirksam und mit redlichem Sinn fortzusetzen, damit ihr die Völker der genannten Inseln und Länder zur Annahme der christlichen Religion veranlasst [...].“[11]
Schließlich erhielten die Könige Spaniens 1508 in der Bulle „Universalis ecclesiae regimen“ das Universalpatronat: Die Neue Welt wurde ihnen vom Papst als „Lehen“ übergeben.[12] Damit hatte die spanische Krone fortan nicht nur die oberste weltliche Gewalt in ihren Kolonien inne, sondern sie wurde auch das Haupt der kolonialen Kirche. Im Gegenzug verpflichtete sie sich, die Missionierung und den Aufbau der katholischen Kirche zu organisieren.[13]
Die Missionsmethode der Spanier bestand zunächst vor allem im Verlesen eines Dokuments, des Requerimiento, vor der zu erobernden indigenen Bevölkerung. In spanischer Sprache wurde sie darin zur Unterwerfung und zur Annahme des christlichen Glaubens, unter gleichzeitiger Androhung gewaltsamer Mittel, aufgefordert.[14] Die Spanier glaubten durch das Verbot der indigenen Bräuche und durch rein äußerliche Zeremonien, wie Kreuzzeichen, segnende Handbewegungen oder Niederknien, das Christentum etablieren zu können.[15] Zudem zog die spanische Krone aus der Machtübertragung des Papsttums sowohl das Recht den Siedlern in der Neuen Welt Indios als Arbeitskräfte zuzuweisen (System der Repartimientos), als auch die Erlaubnis von den Indigenen Tribute zu verlangen, die in Arbeit abgegolten werden konnten (System der Encomienda). Im Gegenzug sollten die Siedler für die christliche Unterweisung der Indios in ihren Encomiendas sorgen, die jedoch bald zu einem rein wirtschaftlichen Ausbeutungssystem der Indios umfunktioniert wurden und auch von Geistlichen als menschenunwürdig kritisiert wurden.
[...]
[1] Geinitz, Christian, Mit seinem Besuch in Guatemala und Mexiko ehrt der Papst die indianischen Ureinwohner, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) 174 (2002), S.6.
[2] Delgado, Mariano, Das Ereignis von Guadalupe. Der Indio Juan Diego wird heilig gesprochen, in: Neue Zürcher Zeitung (NZZ) 173 (2002), S.6.
[3] Johannes Paul II. selbst hatte ihn bereits 1990 selig gesprochen.
[4] Vgl. Hierzenberger/ Nedomansky, Erscheinungen, S.123.
[5] Ausführlich zum Stand der Forschungen siehe Nebel, Kontinuität, S.20-25.
[6] Glazik, S.608.
[7] Gründer, Welteroberung, S.11.
[8] Vgl. Milhou, Lateinamerika, S. 772. Konetzke, Forschungsprobleme, S.97, lehnt allerdings eine Verbindung von Reconquista und Conquista ab.
[9] Vgl. Gründer, Welteroberung, S.12-15.
[10] Konetzke, Süd-und Mittelamerika I, S.227.
[11] Zitiert nach Bitterli, Entdeckung, Bd.1, S.44.
[12] Ausführlich zur Diskussion um die Deutung der päpstlichen Bullen von 1493 und 1508 siehe Pietschmann, Kirche, S.7-9, S.12-13.
[13] Vgl. Bitterli, Wilden, S.108.
[14] Eine deutsche Übersetzung des Requerimiento in. Schmitt, Dokumente, Bd. 3, S.471-474.
[15] Vgl. Mérida, Kirche, S.389.
- Arbeit zitieren
- René Schlott (Autor:in), 2003, Die spanische Missionierung in der Neuen Welt im 16. Jh.- Das Guadalupe-Ereignis in Mexiko, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/12966
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