Die von Lothar Gall verfasste Familiengeschichte der Bassermanns, „Bürgertum in Deutschland“, wollte „die konkrete lebensweltliche Verknüpfung von Allgemeinem und Besonderem“ am Beispiel eines Personenverbandes aufdecken und zugleich „Familiengeschichte in allgemeiner Absicht“ 1 sein. Dem Autor gelang es unter Anwendung der historisch-kritischen Methode und unter Beachtung von geschichts- wissenschaftlichen, objektivierbaren Kriterien das Standardwerk zur deutschen Bürgertumsgeschichte vorzulegen. Die gleichen Prämissen und Strukturprinzipien nutzte Elisabeth Kraus zur Darstellung der Entwicklung des deutsch-jüdischen Bürgertums im 19. und 20. Jahrhundert. Sie schrieb die Familiengeschichte der Mosses 2 . Eine um den Aspekt der jüdischen Herkunft und Identität erweiterte Bürgertumsgeschichte.
Dieser spezifischen Schicht des deutschen Bürgertums wendet sich auch die vorliegende Arbeit zu. Im besonderen dem Teil, der sich „durch den Besitz von Bildungspatenten“ und durch eine „bestimmte Lebensführung, man kann auch sagen: Kultur“ 3 , als Bildungsbürgertum qualifizierte. Es soll der Versuch unternommen werden, eine „Personengeschichte in allgemeiner Absicht“ zu schreiben, deren Grundlage, wie bei Gall und Kraus, individualgeschichtliche Quellen sind. In wenigen, ausgewählten Teilaspekten soll eine Geschichte des deutsch- jüdischen Bildungs-bürgertums vorgelegt werden. Der betrachtete Zeitraum beschränkt sich auf die Jahre des Kaiserreiches und der Weimarer Republik. Da Geschichte nicht von ihrem Ende her gedacht werden darf und man die deutsch- jüdische Geschichte oft nur als Vorgeschichte des Holocaust deutet 4 , ist es um so bedeutender gerade die, der „Kontinuität im Zeichen des Untergangs“ 5 gegenläufigen Tendenzen zu untersuchen. Sie können in den Jahren von 1871 bis 1933 beobachtet
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Begriffsklärungen
- Emanzipation
- Assimilation
- Erster Weltkrieg und Revolution
- Antisemitismus
- Nachwort
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit dem deutsch-jüdischen Bildungsbürgertum im Spiegel der Erinnerungen und Tagebücher des Victor Klemperer. Sie untersucht die Prozesse der Verbürgerlicherung und Entbürgerlicherung dieses spezifischen Teils des deutschen Bürgertums während des Kaiserreichs und der Weimarer Republik.
- Die Entwicklung des deutsch-jüdischen Bildungsbürgertums im Kaiserreich und der Weimarer Republik
- Die Rolle von Victor Klemperer als exemplarische Figur für das deutsch-jüdische Bildungsbürgertum
- Die Prozesse der Verbürgerlicherung und Entbürgerlicherung im Kontext von Antisemitismus, Emanzipation und Assimilation
- Die Bedeutung der Tagebücher von Victor Klemperer als Zeugnis der Zeit
- Die Kontinuität im Zeichen des Untergangs und die Bedeutung der Untersuchung gegenläufiger Tendenzen im deutsch-jüdischen Verhältnis
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung stellt die Arbeit und ihre Zielsetzung vor und verortet sie im Kontext der bestehenden Forschung zu deutsch-jüdischer Geschichte und Bürgertumsgeschichte.
- Begriffsklärungen: Dieses Kapitel beschäftigt sich mit der Definition von Schlüsselbegriffen wie "Bildungsbürgertum", "Verbürgerlicherung", "Entbürgerlicherung" und "Assimilation" im Kontext der Arbeit.
- Emanzipation: Dieses Kapitel untersucht die Emanzipation der Juden im Deutschen Reich im 19. Jahrhundert und die damit verbundenen Veränderungen für das deutsch-jüdische Bildungsbürgertum.
- Assimilation: Dieses Kapitel beleuchtet den Prozess der Assimilation des deutsch-jüdischen Bildungsbürgertums in die deutsche Gesellschaft und die damit verbundenen Herausforderungen und Konflikte.
- Erster Weltkrieg und Revolution: Dieses Kapitel untersucht die Auswirkungen des Ersten Weltkriegs und der deutschen Revolution auf das deutsch-jüdische Bildungsbürgertum und seine Rolle in der Gesellschaft.
- Antisemitismus: Dieses Kapitel analysiert den Antisemitismus im Deutschen Reich im 19. und 20. Jahrhundert und seine Auswirkungen auf das deutsch-jüdische Bildungsbürgertum.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Schlüsselbegriffen Bildungsbürgertum, Verbürgerlicherung, Entbürgerlicherung, Assimilation, Emanzipation, Antisemitismus, deutsch-jüdische Geschichte, Victor Klemperer, Tagebücher, Erinnerungen, Kaiserreich, Weimarer Republik. Die Arbeit analysiert die Prozesse der sozialen und kulturellen Integration und Exklusion des deutsch-jüdischen Bildungsbürgertums im Kontext der politischen und gesellschaftlichen Veränderungen des 19. und 20. Jahrhunderts.
- Arbeit zitieren
- René Schlott (Autor:in), 2002, Das deutsch-jüdische Bildungsbürgertum im Spiegel der Erinnerungen und Tagebücher des Victor Klemperer - Prozesse der Verbürgerlicherung und der Entbürgerlicherung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/12967