Ortsnamen im Distrikt Coimbra. Zur Toponomastik im Portugiesischen


Hausarbeit, 2008

21 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Onomastik
2.1. Was ist die Onomastik
2.2 Warum und wofür ist die Onomastik wichtig für uns?

3. Klassifizierung
3.1. Topónimos
3.1.1. nomes gerais
3.1.2. nomes de possessor
3.1.3. nomes de santo – Heiligennamen
3.1.4. nomes étnicos
3.2. Antropónimos

4. Untersuchung von Ortsnamen
4.1. Geographisches Gebiet
4.2. Warum gerade dieses Gebiet?
4.3. Durchführung
4.3.1. nomes gerais
4.3.2. nomes de possessor
4.3.3. nomes de santos
4.3.4. nomes étnicos

5. Schluss

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die Überlegung, die dieser Hausarbeit zugrunde liegt, besteht in der Annahme, dass die regionalen Gebiete in einem Land sich sprachlich voneinander unterscheiden und dies je nach Distanz zueinander zu erheblichen Unterschieden führen kann. Bemerkbar macht sich diese Varietät, die es in jedem Land gibt, anhand der Sprache im Allgemeinen. Die Aufzeichnungen sind hier allerdings nicht konserviert worden bzw. oftmals schlecht nachvollziehbar, zumal sich Nationalsprachen im heutigen Sinne auch erst im späten Mittelalter herauskristallisiert haben. Leichter und ergiebiger wird es jedoch, wenn man Namen betrachtet. Die Onomastik beschäftigt sich mit der Erforschung von Namen im weitesten Sinne. Sie untersucht Ortsnamen sowie Personennamen auf ihren etymologischen Hintergrund, Bedeutung und ihrer geographischen Verbreitung. In dieser Arbeit soll dies im Gebiet des Distrikts Coimbra geschehen, der im nördlichen Teil Portugals gelegen ist. Die Distriktshauptstadt Coimbra ist 200 km nördlich von Lissabon und 100 km südlich von Porto gelegen.

Nachdem die Theorie und Überlegungen zur Namenforschung abgeschlossen sind, werde ich eine Klassifizierung vorstellen anhand welcher die Ortsnamen hinlänglich untersucht und eingeteilt werden können. Vollständigkeitshalber widme ich mich anschließend der Antroponymie und erläutere diese.

In Kapitel vier werden dann unter Zuhilfenahme der Klassifizierung die untersuchten Ortsnamen eingeteilt. Diese Klassifizierung dient der besseren Übersicht. Aufgrund Zeit- und Platzmangels habe ich mich entschieden, die Personennamen in dieser Arbeit nicht zu untersuchen und mich auf die Ortsnamen in der Region zu beschränken. Zuletzt kommt der Schlussteil.

2. Onomastik

2.1. Was ist die Onomastik

Mit Onomastik wird gemeinhin die Namenforschung (von griech. ὀνομαστική [ἐπιστήμη], onomastiké [epistéme], eigentlich richtig übersetzt mit Namenwissenschaft) bezeichnet. Sie beschäftigt sich mit der Bedeutung, Herkunft und Verbreitung von Namen. Hierzu zählen unter anderem Personennamen, Anthroponymie genannt, aber auch Namen geographischer Objekte, Toponomastik genannt, oder andere Dinge:

„Die Namenforschung (Onomastik) geht speziell auf die Geschichte, Bedeutung und Verbreitung von Namen ein, und die Toponomastik beschäftigt sich speziell mit Ortsnamen.“[1]

So sind verwandte Gebiete der Namenforschung die sprachwissenschaftliche Disziplin der Etymologie, die die Bedeutung und Herkunft von Worten allgemein untersucht und die Genealogie, auch Ahnenforschung genannt, die sich für die Abstammung (Herkunft) einzelner Personen und Familien interessiert.

Die Onomastik beschreibt als Teildisziplin der Sprachwissenschaft die spezifischen Eigenschaften der Eigennamen. Für die Erforschung von Bedeutung und Herkunft werden daher Vornamen, Familiennamen, Ortsnamen, Gewässernamen und viele andere zur Untersuchung herangezogen. Da man diesen in vielen Lebensbereichen begegnet, berücksichtigt die Onomastik auch Sachbezüge derselben und arbeitet mit zahlreichen Gesellschafts- und Naturwissenschaften eng zusammen, für welche Namen eine Funktion einer wichtigen Quellengattung haben. Ähnlich wie bei der Sprachgeschichtsforschung verfolgt sie die Namenentstehung und Namengeschichte im Zusammenhang mit ihren Gebern, Benutzern und den wechselnden Benennungssituationen.[2] Das internationale Koordinierungsorgan für die Onomastikforschung ist der „International Council of Onomastic Sciences“ (ICOS) mit Sitz in Uppsala in Schweden.

2.2 Warum und wofür ist die Onomastik wichtig für uns?

„Wenn wir zudem bedenken, dass beinahe alle Eigennamen aus Gattungsnamen (Appellativen) abgeleitet sind und dabei noch zahlreiche andere Aspekte der sozialen Evolution illustrieren, dann wird deutlich, warum sich eine Sektion eben mit diesem Aspekt der linguistischen Forschung auseinander zu setzen hat.“[3]

Die Namenforschung beschäftigt sich traditionell mit der Geschichte, Bedeutung und Verbreitung von Personennamen und Ortsnamen. Daher ist es uns heute, zumindest in Teilen, möglich, den Ursprung und die Motive von Namen in einen zeitgeschichtlichen und sozialen Hintergrund zu setzen. Anhand der etymologischen Methode lassen sich in der Onomastik auch mit etwas Glück und Können aus bestimmten Orts- bzw. Personennamen politische, religiöse, militärische, soziale und psychologische Vorgänge ableiten.

Der Einfluss von fremden, eingefallenen, Völkern kann ebenso rekonstruiert werden. So kann die Intensität der Beeinflussung durch die Besetzer sowie ihre Durchdringung der lokalen Lebensweisen und Traditionen anhand der örtlichen Orts- aber auch Personennamengebung gemessen werden.[4] Auch aus kultureller genauso wie einfach historischer Perspektive ist die Namensforschung wichtig für die Identifikation eines Volkes. Sie trägt zur Tradition bei und informiert die Bewohner über ihre Wurzeln. Dieses Wissen fördert die einfache Wahrnehmung der Individualität, aber sicherlich auch die Wertschätzung der eigenen Identität und idealiter auch das Verhalten gegenüber anderen Völkern und Kulturen.

Kurz gefasst kann man sagen, dass onomastische Formen sich anders entwickelt haben als die heute gemeinhin üblichen Sprachen und sie sich auch nicht der in einem Land heute offiziellen Standardsprache in orthographischer Hinsicht angepasst haben. Daher sind insbesondere Ortsnamen, aber genauso auch Personennamen extrem „wichtige Zeugen für die historische Wortforschung wie für die allgemeine Sprach- und Kulturgeschichte“[5] eines Landes, aber besonders eines Volkes bzw. einer Ethnie. So könnte die Onomastik ein identitätsstiftendes Moment für unterdrückte Volksgruppen sein.

Außerdem sind Orts- und Personennamen häufig konservierte Formen, die sich (mit) der Zeit nicht angepasst haben. Schon in alten lateinischen Texten können Nachweise über ihre Existenz, schriftlich niedergelegt, gefunden werden. Und sogar aus vorrömischen Zeiten sind noch viele Überbleibsel linguistischer Entwicklungsstadien in Ortsnamen zu finden, die nicht in überlieferten Texten schriftlich festgehalten worden sind. Anhand dieser einzigartigen Erhaltung von sprachwissenschaftlichem Material können sprachwissenschaftliche Entwicklungen determiniert werden.

3. Klassifizierung

3.1. Topónimos

Topónimos ist das griechische Wort für Ortsnamen und setzt sich zusammen aus topos = Plural Topoi vom griechischen τόπoς Ort und onoma = Name.

In der Namenkunde wird der Begriff Ortsname (auch "Toponym") zunächst in zweierlei Hinsicht verstanden. Im engeren Sinne sind Ortsnamen die Namen von Siedlungen, so zum Beispiel von Dörfern, Städten, Stadtteilen. Hierfür ist auch der Begriff "Siedlungsname" gängig. In einem weiter gefassten Verständnis umschließen Ortsnamen alle geografischen Namen bzw. Geländebezeichnungen. Eine Definition oder internationale Übereinkunft über Gebrauch und Verwendung eines einheitlichen Begriffs gibt es nicht. Von daher habe ich mich entschieden, dass für diese Betrachtungen ein weitgefasster Begriff gelten soll, da von immanenter Bedeutung ist, dass eine Vielzahl von Ortsnamen aus geographischen Gegebenheiten heraus entstanden ist.

Das Alter der Ortsnamen reicht oft einige Jahrhunderte, manchmal sogar Jahrtausende zurück. Sehr alt z.B. im deutschen ist der Name "Trier", der über 2000 Jahre zurückreicht. Die portugiesischen Ortsbezeichnungen datieren spätestens aus dem 13. Jahrhundert mit dem Abschluss der Reconquista (Zurückeroberung der durch die Mauren besetzten Gebiete).[6] Seit dieser Zeit sind sie fest etabliert und urkundlich festgehalten.

Andererseits gibt es aber auch junge Ortsnamen. So wurde im deutschen z.B. Fürstenberg/Oder erst am 13. November 1961 mit Stalinstadt zusammengelegt und bekam den neuen Namen "Eisenhüttenstadt". Die allerjüngsten Namen (oft Zusammensetzungen) wie z.B. Kirchfeld-Nord sind z.T. erst im 21. Jh. entstanden. In Portugal könnten das Städtenamen wie „Vila Nova de “, welche sehr häufig vorkommen, sein.

Die Namen wurden nicht spontan gegeben, sondern sie bildeten sich über einen langen Zeitraum hinweg aus alltäglichem Wortmaterial heraus. Diese Ortsnamen erwuchsen aus der gesprochenen Sprache.

3.1.1. nomes gerais

Oft wurden Stellenbeschreibungen zu Ortsnamen. In einer Zeit, als es noch keine Ortsnamen (in unserem heutigen Verständnis) gab, wurde jemand nach seiner Herkunft gefragt. Die beste Ortsangabe war eine Beschreibung der Umgebung, z.B. "ich komme aus dem neuen Dorf" oder "ich wohne am hohen Ufer". Der Ortsname "Hannover" (mundartlich) entstand übrigens so.

Ein anderer beschrieb seine Herkunft mit "ich komme aus dem Steintal" im schönsten sächsischem Dialekt. So oder ähnlich wurde der Ortsname "Stendal" herausgeformt. Für derartige Ortsangaben wurde oft eine Präpositionalphrase (im, an, bei, auf...) bemüht. Deswegen finden sich in Ortsnamen sehr häufig erstarrte Dative wieder. Orte heißen "Bergen" und nicht "Berge" (ich wohne in den Bergen); "Tiefenbach" und nicht "Tiefebach" (vom tiefen Bach); "Blankenburg" und nicht "Blankeburg" (von der blanken [hellen] Burg).

Im portugiesischen sind diese nomes gerais geographische Bezeichnungen, die häufig auch im Sprachlexikon zu finden sind und deren Bezeichnung erkennbar ist.[7] Hier wären als folgende Beispiele rio, ribeira, ribeiro und vale zu nennen.

Allerdings sollte man innerhalb dieser Kategorie zwischen den einzelnen Bezeichnungen unterscheiden. Einige Ortsnamen beziehen sich auf die vorzufindende Tierwelt: Cerval (Ort, wo viele Hirsche „ansässig“ sind) oder auch Cebreiro (gal. Zebra).

Andere haben ihren Ursprung in der vorhandenen Pflanzenwelt: roseiral/rosal (Rosenhain), carvalhal oder montado im Alentejo (Eichenwald) und Silveira/Amoreira (Brombeerstrauch/Dornengestrüpp).

Auch gibt es Formen, die sich auf die Entstehung durch Menschenhand beziehen. Solche wären: Ponte (Brücke), Vila (Dorf) und Castelo (Burg).

Viele der heutigen Ortsnamen sind auf den ersten Blick schwer zu identifizieren, was daran liegt, dass ihnen im Laufe ihrer etymologischen Entwicklung Suffixe oder Adjektive angehängt oder vorangestellt wurden. Hierfür sei das Beispiel Kirche (lateinisch Ecclesia) genannt. Der Ortsname leitet sich von der Stelle ab, wo die Kirche in einem Gebiet stand. Im Galizischen machte man aus dem Wort igrexa (gal. Kirche) dann Eirexa oder Irixoa. Das Letztere allerdings ist durch einen lateinischen Diminutivsuffix, nämlich –ola entstanden, während das Erstere die etymologische Entwicklung des lateinischen Wortes für Kirche darstellt. Auch hier zu nennen wäre der Ort Montouto (hoher Berg), der sich aus dem Nomen monte (Berg) und dem Adjektiv altu (hoch) herausgebildet hat.

3.1.2. nomes de possessor

Die ältesten Ortsnamen dieser Gattung lassen sich zurückverfolgen bis ins erste Jahrhundert nach Christus, der romanischen Epoche, zumal wahrscheinlich Funde jeglicher Art (Grabsteine z.B.) Rückschlüsse zulassen. Die meisten Ortsnamen sind allerdings zu Zeiten der Rückeroberung der spanischen und portugiesischen Gebiete von den Mauren entstanden.

Um das Eigentum mit seinem Namen zu benennen, kannte man verschiedene Möglichkeiten. Einerseits hing man einfach an das Villa (was im lateinischen Haus bedeutet) den Namen an. Dies war dann die Bezeichnung für den Besitz: Villa Aemilia. Später ging man dazu über das Suffix –anus oder weiblich –ana anzuhängen: Villa Aemiliana, was allerdings mit der Zeit verloren ging und heute nur noch als –án, -á oder -ao übrig ist: Lourenzá, vorher Laurentiana.

[...]


[1] Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Etymologie#Verwandte_Gebiete.

[2] S. http://de.wikipedia.org/wiki/Onomastik.

[3] Maria Giovanna Arcamone in Dieter Kremer: S. 3, Onomastik, 1994

[4] Messen ist hier nicht im Sinne von messen anhand von Zahlen gemeint, sondern im abstrakten Sinne.

[5] Kremer, Dieter: S. 534, 1994.

[6] Vgl. Kremer, Dieter: S. 534, 1994.

[7] À la „Nomen est Omen“.

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Ortsnamen im Distrikt Coimbra. Zur Toponomastik im Portugiesischen
Hochschule
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg  (Romanisches Seminar)
Veranstaltung
Nomes de lugar e de persoa no noroeste da Península Ibérica
Note
1,7
Autor
Jahr
2008
Seiten
21
Katalognummer
V129676
ISBN (eBook)
9783668254060
ISBN (Buch)
9783668254077
Dateigröße
565 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
ortsnamen, distrikt, coimbra, toponomastik, portugiesischen
Arbeit zitieren
Gerrit Achenbach (Autor:in), 2008, Ortsnamen im Distrikt Coimbra. Zur Toponomastik im Portugiesischen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/129676

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