Ökonomische Analyse drogenpolitischer Maßnahmen


Hausarbeit, 2009

19 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Staatliche Interventionsmöglichkeiten
2.1 Charakteristik des illegalen Marktes
2.2 Ein legaler Drogenmarkt
2.3 Repressive Drogenpolitik
2.4 Lösungsansatz

3. Ausblick

4. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Am 22.01.2009 tritt eine schon im Dezember angekündigte Eilverordnung des Gesundheitsministeriums in Kraft und beendet somit die wirtschaftlich erfolgreiche Karriere der als Raumduft, Kräutermischung oder Räucherwerk verkauften Substanz „Spice“. Während am Vortag des Verbotes noch sogenannte Hamsterkaufe getätigt wurden, erschien am nächsten Tag bereits eine Ersatzsubstanz namens „Space“. Dass diese lediglich einen Placebo-Effekt besitzt und keine cannabisähnlichen Wirkstoffe beinhaltet beruhigt Gesundheitsexperten nicht. Sie gehen davon aus, dass in absehbarer Zeit Ersatz für die verbotene Substanz angeboten wird. Das Bundesgesundheitsministerium sieht sich dem Problem gegenüber, dass alle neuen Substanzen, die synthetisch hergestellt oder beigemengt werden und Rauschzustände verursachen als solche erkannt, nachgewiesen und analysiert werden müssen. Nur so ist ein Verbot möglich. Ob die Regierung eine Chance hat, dieses Katz-und-Maus Spiel zu gewinnen ist ebenso fraglich, wie die Frage auf welcher Grundlage der Staat das Recht hat seinen Bürgern gewisse Güter vorzuenthalten.

Im Folgenden wird untersucht, welche politischen Maßnahmen zur Begrenzung des Drogenkonsums oder -marktes ökonomisch gesehen Aussicht auf Erfolg haben.

Dazu wird folgende Hypothese aufgestellt:

„Eine extreme Politikdurchsetzung ist, unabhängig, ob sie rein liberal (hypothetisch) oder streng verbietend ist, nicht ausreichend, um die Verbreitung und den Konsum von Drogen zu kontrollieren. Eine wirksame staatliche Intervention gegen den illegalen Drogenmarkt muss einen Kompromiss bedeuten und Ökonomen können helfen, diesen zu erkennen.“

2. Staatliche Interventionsmöglichkeiten

Zuerst werden die Eigenschaften des illegalen Rauschgiftmarktes betrachtet. Anschließend werden zwei Handlungsmöglichkeiten des Staates vorgestellt, zum einen ein legaler, liberalisierter Markt und zum anderen ein Markt, der durch ein strenges Verbot gekennzeichnet ist. Anschließend wird die Legitimationsgrundlage für eine verbietende Politik betrachtet und eine Lösungsalternative für beide diskutierte Ansätze vorgestellt.

2.1 Charakteristik des illegalen Marktes

Um die Wirksamkeit von drogenpolitischen Maßnahmen zu untersuchen, muss zuerst deutlich werden, inwiefern sich der Markt für Rauschgifte gegenüber anderen Märkten, beispielsweise für Genusswaren, Luxusgütern oder Nahrungsmitteln, unterscheidet. Dazu ist es notwendig, die verschiedenen Interdependenzen und Wirkungsrichtungen zu betrachten. Wenn beispielsweise eine zunehmend strengere Drogenpolitik verfolgt wird und gleichzeitig die Anzahl der Drogentoten fällt, muss dies nicht zwangsläufig ein Indiz für eine wirkungsvolle Politik darstellen. Ob und inwiefern strenge oder nachsichtige Drogenpolitik mit der Zahl der Drogentoten korreliert müsste näher betrachtet werden.[1]

Am folgenden Modell soll nun die Grundlage geschaffen werden, um im Anschluss verschiedene Einflussmöglichkeit zu vergleichen. Den Markt für illegale Drogen, dargestellt in einem Regelkreisschema nach Beck und Prinz[2], kann man der Übersicht halber wie folgt in drei Abschnitte unterteilen: die Produzentenebene oder Angebotsseite (1), die Ebene des Staates (2) und die Nachfrageebene (3).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Regelkreisschema Drogenmarkt nach Beck und Prinz

Betrachtet man zunächst die Nachfrageseite (3), umfasst diese eine Gruppe der für Drogen anfälligen Personen und eine Gruppe der Süchtigen. Die Süchtigen gehen aus der erstgenannten Gruppe hervor. Nicht-süchtige Konsumenten werden der Gruppe der für Drogen anfälligen Personen zugerechnet, die wichtigere Gruppe bildet jedoch die der Süchtigen.

Ein Argument hierfür ist die Tatsache, dass die Sucht der Süchtigen die, für die Nachfrageseite charakteristische, geringe Elastizität de Nachfrage verursacht. Dies ist jedoch nicht unumstritten, so ist der Preis von Marihuana seit den 70er Jahren bis Ende des 20. Jahrhunderts um den Faktor 10 gestiegen, der Konsum jedoch konstant geblieben. Begründet wird dies mit der Abhängigkeit des Konsums von sozialen und kulturellen Faktoren.[3]

Abgesehen von dieser Diskussion wird die Nachfrage im Folgenden als unelastisch angenommen, auch weil Süchtigen nicht einfach ihre Konsumentscheidung ändern können oder wollen und auch der Wechsel zu Substituten, wie zum Beispiel einer Ersatzdroge, eher den Ausnahmefall bildet.

Es wird angenommen, dass Süchtige den weitaus größeren Teil der Drogenkonsumenten ausmachen. Auch dieser Punkt ist jedoch umstritten.[4] Eine kritische Auseinandersetzung mit dieser Diskussion wäre an dieser Stelle jedoch nicht zielführend.

Es besteht ein positiver Zusammenhang zwischen der Anzahl der potenziellen Konsumenten und der Anzahl der Süchtigen, das heißt, bei einer größeren Gruppe von interessierten Konsumenten ergibt sich eine größere der Süchtigen.

Inwiefern eine große Gruppe Süchtiger sich auf die andere Gruppe auswirkt ist schwer festzulegen. Auf der einen Seite könnten mehr Konsumenten andere beeinflussen Drogen zu probieren und zur Finanzierung ihrer Sucht mit dem Verkauf von Rauschgift die Zugänglichkeit zum Markt für Dritte erleichtern. Auf der anderen Seite könnte eine ausgeprägte Drogenszene, wie zum Beispiel am Bonner Hauptbahnhof, abschreckend auf Interessierte wirken.

Für die Nachfrageseite ist abschließend die geringe Elastizität der Nachfrage wichtig.

Obwohl das Schema auf einen Eingriff des Staates ausgelegt ist, muss dieser nicht zwangsläufig Teil dieses Regelkreisschemas sein. Betrachtet man zunächst die Angebotsseite (1), bewirken Armut und mangelnde Alternativen zur Einkommenserzielung ein Ansteigen des Angebots. Dies ist natürlich nur stark ausgeprägt, wenn ein existierendes Verbot einen verhältnismäßig hohen Gewinn bewirkt. Ein höheres Drogenangebot erhöht vermutlich die Zahl der potenziellen Konsumenten, da ein einfacherer Markteintritt ermöglicht wird.

Mit einem Anstieg des Angebots sinkt der Drogenpreis. Höhere Gewinne, wie sie zum Beispiel ein steigender Drogenpreis verursacht, sorgen für ein wachsendes Angebot. Ein hoher Rauschgiftpreis wirkt sich negativ auf die Gruppe der potenziellen Süchtigen aus, was gleichzeitig ein Hauptargument für den staatlichen Eingriff darstellt. Zu dieser Begründung jedoch später in 2.3.1.: Rechtfertigung des staatlichen Eingriffes. Die Wirkung dieses Effektes wird jedoch von vielen Anbietern umgangen, indem man Neukonsumenten mit günstigen oder sogar kostenlosen Angeboten wirbt.

Ein steigender Drogenpreis führt zu einem Anstieg der Beschaffungskriminalität, da die Süchtigen sich mit steigenden Kosten für ihre Sucht konfrontiert sehen. Außerdem entstehen durch einen höheren Preis höhere Gewinne für die Anbieter.

Ein Anstieg der Konsumentenanzahl führt ökonomisch zwangsläufig zu einem Preisanstieg.

Der Staat, dargestellt in Ebene (2), besitzt in diesem Schema lediglich das Instrument der Repression. Diese führt zu einem Anstieg der Preise, da das Risiko für die Anbieter steigt und auch die Kosten zum Beispiel für neue Innovationen, um sich der Kontrolle zu entziehen oder Schmiergelder auf den Konsumenten umgelegt werden. Die negative, in diesem Fall abschreckende Wirkung einer strengen Drogenpolitik auf die Gruppe der anfälligen Personen stellt die zweite wichtige Argumentationsstütze für den Eingriff des Staates dar. Die Beschaffungskriminalität, die zu bekämpfen Aufgabe des Staates ist, sorgt für einen Anstieg der repressiven Maßnahmen durch den Staat, was, wie oben beschrieben über den Preis wiederum die Kriminalität erhöht.

Das Problem des Staates besteht in den ungewollten Neben-und Rückkopplungseffekten, wie sie oben beschrieben sind. Auch ist schwer belegbar, welche Wirkungseffekte stärker oder schwächer ausgeprägt sind. So gestaltet es sich schwierig eine verlässliche Kosten-Nutzen Rechnung aufstellen.

Folgend werden nun verschieden Handlungsmöglichkeiten des Staates betrachtet.

2.2 Ein legaler Drogenmarkt

Eine (hypothetische) Möglichkeit des Staates bestünde darin, sich aus der Intervention des Drogenhandels zurückzuziehen und somit einen legalen Markt zu schaffen.

Hierbei fällt dem Staat, wie bei anderen Gütermärkten auch, keine direkte Rolle zu, er beschränkt sich auf die Sicherung des freien Handels, der Bewahrung von Eigentumsrechten usw.

Ein solcher Markt könnte folgendermaßen aussehen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Ein legaler Rauschgiftmarkt[5]

In der Produktion wird sich der Rauschgiftanbau nicht stark von anderen, natürlich wachsenden Gütern, unterscheiden. Natürlich fallen Transaktions- und Transportkosten an, insgesamt sind die Kosten jedoch nicht besonders hoch. Da mit steigenden Preisen mehr Anbieter in den Markt eintreten, ist ein elastisches Angebot anzunehmen. Auch können Bauern bei einem weltweit legalen Drogenhandel fast überall Drogen anbauen, bzw. von anderen Pflanzen zu Rauschgifthaltigen oder umgekehrt wechseln.

Auf der Nachfrageseite ist die Nachfrage bedingt durch die Abhängigkeit der Süchtigen ziemlich unelastisch. Eine Konsumänderung oder das Verwenden von Substituten (zum Beispiel Ersatzdrogen) ist bei einer Abhängigkeit von einem bestimmten Stoff nur in wenigen Fällen denkbar. Somit wird sich das Marktgleichgewicht in einem Punkt (x0 / Px0) einpendeln.[6]

Die Vorteile dieser Methode bestünden besonders im Drogenpreisverfall und den daraus resultierenden Auswirkungen. Der freie Markt wird von Angebot und Nachfrage bestimmt. Das Angebot ist, wie bereist beschrieben, dem von anderen natürlich wachsenden Gütern ähnlich. Viele Anbieter sorgen, zusammen mit den niedrigen Herstellungskosten, für einen niedrigen Rauschgiftpreis. So sinkt die Notwendigkeit der Beschaffungskriminalität und gleichzeitig sind die Gewinne der Anbieter nicht unverhältnismäßig hoch. Das Entstehen von Oligopolen und Monopolen ist aufgrund des freien Wettbewerbsmarktes unwahrscheinlich. Auch können Anbieter und Konsument nun auf alle Vorteile des legalen Marktes zurückgreifen, so garantiert zum Beispiel der Staat die Rechtmäßigkeit von Geschäften und so verlieren Kriminalität und Gewalt zur Sicherung des Handels an Bedeutung. Da der Handel nun legal ist, sind die verhältnismäßigen Kosten für einen Gesetzesbruch gestiegen.

[...]


[1] Vgl. Prinz (1997), S.371.

[2] Vgl. Beck/Prinz (2002), S. 26-30.

[3] Vgl. Nell (1994), S. 14.

[4] Bruno Frey argumentiert, dass Konsumenten nicht zwangsläufig abhängig würden, ihren Job und ihr soziales Umfeld verlören und somit das Vorurteil eines Süchtigen erfüllen würden. Ausserdem würde die Mehrheit ohne Abhängigkeit konsumieren und die meisten auch mit zunehmender Reife aus dem Drogenkonsum „hinauswachsen“. Vgl. Frey (1997), S. 387.

[5] Vgl. Klaus Locher (1989), S. 149, Abb. 1: Ein freier Rauschgiftmarkt.

[6] Vgl. Ebd., S. 149.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Ökonomische Analyse drogenpolitischer Maßnahmen
Hochschule
Universität der Bundeswehr München, Neubiberg  (Volkswirtschaftslehre)
Veranstaltung
Sommermodul
Note
1,7
Autor
Jahr
2009
Seiten
19
Katalognummer
V129736
ISBN (eBook)
9783640359103
ISBN (Buch)
9783640359431
Dateigröße
552 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Kritikpunkt: Wäre besser benotet, wenn die repressive Drogenpolitik vor der liberalen Lösung beschrieben worden wäre.
Schlagworte
Drogen, Rauschgift, Wirtschaft, Ökonomie, externe Effekte, illegaler Markt, harte und weiche Drogen
Arbeit zitieren
Markus Alexander Michael Rietschel (Autor:in), 2009, Ökonomische Analyse drogenpolitischer Maßnahmen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/129736

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