Leseprobe
Inhaltverzeichnis
1 Einleitung
2 Skizzierung des Störungsbildes
3 Persönliche Unterrichtsbeobachtungen im Praktikum
4 Möglichkeiten zur sinnvollen Inklusion ADHS-betroffener Schüler
5 Fazit
Quellenverzeichnis
Eidesstattliche Erklärung
1 Einleitung
Die vorliegende Ausarbeitung setzt sich mit dem Störungsbild des Aufmerksamkeits- defizit-ZHyperaktivitätssyndroms (ADHS) im schulischen Kontext auseinander. Explizit wird hierbei der Frage nachgegangen, wie es mir als zukünftige Lehrkraft an einer Regelschule gelingen kann, ein betroffenes Kind erfolgreich in den Unterricht zu integrieren. Die Gliederung der Arbeit erfolgt in drei Schritten. Zu Beginn skizziere ich das Störungsbild des Syndroms und grenze es von normalen Verhaltensweisen ab. Im Folgenden beschreibe ich meine gesammelten Erfahrungen aus dem Schulpraktikum mit einem ADHS-betroffenen Schüler. An diesem Punkt liegt der Fokus der Untersuchung vor allem darauf, in welcher Art und Weise verschiedene Lehrpersonen erfolgreiche Versuche unternommen haben, den Schüler zielführend und sinnvoll in das Unterrichtsgeschehen einzubinden. Anschließend werfe ich auf, welche Methoden im Umgang mit ADHS-betroffenen Schülern und deren Inklusion in den Unterricht durch pädagogisch-didaktische Fachliteratur geboten werden. Das Fazit vergleicht die von der Praktikumsschule angewandten Methoden zur sinnvollen Inklusion des Schülers in den Unterricht und stellt sie in den Zusammenhang mit Methoden, die in pädagogisch-didaktischer Literatur empfohlen werden.
2 Skizzierung des Störungsbildes
Das Verhalten eines Kindes, das am Aufmerksamkeitsdefizit-ZHyperaktivitätssyndrom erkrankt ist, ist geprägt von einer situationsübergreifenden und zeitlich anhaltenden Impulsivität, Aufmerksamkeits- und Konzentrationsschwäche sowie Hyperaktivität. Die Symptome sorgen dafür, dass derZdie Betroffene Schwierigkeiten dabei hat, beispielsweise den Anforderungen der Institution Schule in vollem Umfang gerecht zu werden. Es bildet für ADHS-Erkrankte unter anderem eine große Hürde, über einen langen Zeitraum ruhig zu sitzen, monotonen Arbeitsaufträgen konzentriert nachzugehen und ihre Aufmerksamkeit gezielt zu steuern. Die genannten Hauptsymptome führen dazu, dass die Verhaltensweisen des erkrankten Kindes deutlich von denen anderer Gleichaltriger ohne das ADH-Syndrom abweichen. An dieser Stelle ist es von Wichtigkeit hervorzuheben, dass die aufgelisteten Kernsymptome als starke Ausprägungen eines normalen Verhaltens gelten, das jedes Kind aufweist. Daraus ergibt sich, dass nicht jedes Kind, das gelegentlich Verhaltensweisen, wie leichte Ablenkbarkeit, eine geringe Konzentrationsspanne oder eine geringe Impulskontrolle, aufweist, an ADHS leidet1.
3 Persönliche Unterrichtsbeobachtungen im Praktikum
Der betroffene Schüler besucht die sechste Klasse einer Gesamtschule und ist der einzige diagnostizierte ADHS-Betroffene der Klasse. Die Diagnose ADHS wurde bereits in der Grundschule von Lehrkräften vermutet und folglich ärztlich bestätigt. Zum aktuellen Zeitpunkt befindet sich das Kind in ambulanter psychotherapeutischer Behandlung und ist zusätzlich medikamentös eingestellt. Obwohl er professionelle Hilfe in Anspruch nimmt, gestaltet sich der Umgang mit ihm im schulischen Kontext teilweise als hürdenreich. Während meines Praktikums verbrachte ich eine Woche in dieser Klasse und konnte zahlreiche wertvolle Erfahrungen im Umgang mit ADHS- betroffenen Schülern sammeln, welche ich im Folgenden schildere. Hierbei lege ich den Fokus darauf, wie es den Lehrpersonen gelungen ist, den Schüler erfolgreich und sinnvoll in den Unterricht zu integrieren.
Der Schüler sitzt in jeder Unterrichtsstunde in der zweiten Bankreihe neben einem hilfsbereiten, verhaltensunauffälligen Schüler, der sehr gute schulische Leistungen erzielt. Die Sitzbänke vor und hinter ihnen werden freigehalten, sodass dem ADHS- betroffenen Schüler unter anderem kein Anlass dazu gegeben wird, sich umzudrehen. In seiner unmittelbaren Nähe befinden sich weder Fenster noch Wandplakate, eine Garderobe, Schränke oder Pflanzen, durch die der Schüler abgelenkt werden könnte. Durch diese Anordnung im Klassenzimmer wurde der erfolgreiche Versuch unternommen, äußere Störfaktoren vom Schüler fernzuhalten, sodass dieser nur mit Anstrengung Ablenkung findet. Ich konnte während der Hospitation beobachten, dass es dem betroffenen Schüler und seinem Sitznachbarn oft gestattet war, auch bei Stillarbeiten miteinander die zu lösenden Aufgaben zu besprechen. Dies erfüllte laut den Lehrpersonen den Zweck, dass der Schüler von seinem Mitschüler zum konzentrierten Weiterarbeiten motiviert werde und Ermahnungen durch den Lehrer auf diese Weise vorgebeugt werde.
Der Schüler reagiert auf kritische Aussagen wie „Das hast du falsch gemacht.“ oder „ Du störst mal wieder die ganze Klasse.“ sehr empfindlich, nimmt diese stets als persönlichen Angriff wahr und verhält sich folglich aggressiv und verstärkt die Unterrichtsstörung. Aufgrund dessen ist es als Lehrperson geboten, seine Kommunikation und dessen Bedingungen an speziell dieses Kind anzupassen. Die Lehrenden legen einen großen Wert darauf, den Schüler vor der Klasse für das gewünschte Verhalten vermehrt zu loben. Dies geschieht entweder mündlich in Form von Aussagen wie „Ich bin stolz, dass du dich heute so gut konzentrieren konntest!“ oder durch das Aufkleben eines Bienchen-Aufklebers in das Hausaufgabenheft des Jungen. Wenn der Schüler getadelt werden muss, findet dies in einem Vier-Augen-Gespräch statt, für das sich viel Zeit genommen wird. Dem Jungen wird in diesen Unterhaltungen verdeutlicht, warum beispielsweise sein Verhalten in einer bestimmten Situation nicht in Ordnung ist und zu welchen Konsequenzen es führt, wenn er dies nicht unterlässt. Es ist somit nicht mit allgemeinen Sätzen wie „Lass so etwas sein, sonst gibt es Ä r- ger!“ getan. Weiterhin fragen die Lehrenden nach, weshalb es zu diesem Verhalten kam, um die Ursache dahinter zu ergründen.
Um Unterrichtsstörungen durch den betroffenen Schüler vorzubeugen und in einem geringen Maß zu halten, wurde im Kollegium ein Handlungskatalog beschlossen. Da das Kind ein gesteigertes Bewegungsbedürfnis hat, ist es ihm gestattet, kurz aufzustehen und ein paar Kniebeugen zu machen oder in Ausnahmefällen das Klassenzimmer zu verlassen, um eine Runde über den Schulhof zu rennen. Weiterhin ist es ihm gestattet zu zeichnen, einen Stressball zu kneten oder bei Stillarbeit Musik über Kopfhörer zu hören. Wenn sein Kommunikationsbedürfnis nicht zu bändigen ist, vermitteln die Lehrerenden ihn kurzfristig an den schulansässigen Sozialarbeiter, der sich in Einzelarbeit mit ihm beschäftigt und ihm beim Lösen der Aufgaben unterstützt.
Zusammenfassend steht es für mich außer Frage, dass der Schüler sinnvoll in den Unterricht integriert wird. Den Lehrenden gelingt es durch kollegiale Zusammenarbeit und dem Anwenden von pädagogischem Fachwissen zum Umgang mit Betroffenen des ADH-Syndroms, den Bedürfnissen des Schülers in angemessener Weise gerecht zu werden.
4 Möglichkeiten zur sinnvollen Inklusion ADHS-betroffener Schüler
Reizüberflutung und Ablenkungen vermeiden:
- Unnötige äußere Reize beseitigen oder zumindest auf ein Minimum reduzieren2, z. B. das Kind von Störquellen (Plakaten, Pflanzen, etc.) im Klassenzimmer fernhalten
- Signale mit dem Schüler vereinbaren, die ihn an das von ihm erwartete Verhalten erinnern3, z. B. auf den Tisch klopfen, in die Hände klatschen
- Sitzplatz in Lehrernähe/ in der Nähe positiver Vorbilder/ nicht am Gang/ nicht in der Nähe von ablenkenden Reizen4
- Nicht mit Informationen überfluten, sondern diese kleinschrittig dosieren5
Handlungsabläufe klar strukturieren:
- Gleichbleibende Routinen in den Unterricht integrieren6
- Das Abweichen von Routinen ankündigen und den Sinn dessen erklären7
- Klare und kurz formulierte Handlungsanweisungen zum Lösen von Aufgaben geben, sodass verstanden wird, was erwartet wird8
- Kurz andauernde Arbeitsphasen schaffen, bei denen das Kind der Aufgabe in Einzelschritten gegliedert nachgeht9
- Farbliche Hervorhebung der einzelnen Aufgabenschritte10
- Mithilfe einer Uhr/Sanduhr/eines Timers visualisieren, wie viel Zeit zur Bearbeitung einer Aufgabe vorgesehen ist11
- Individuelle Ziele für die Unterrichtsstunde setzen
Selbstbild und Selbststrukturierung des Kindes stärken:
- Regelmäßig sinn- und zielführendes Feedback geben12
- Ständige Gesprächsbereitschaft anbieten, Kritik nur im Vier-Augen- Gespräch13
- Individualisierte Hilfestellung leisten, anstatt Unverständnis des Schülers zu tadeln14
- Schaffen einer angstfreien Lernatmosphäre15
Dem Kommunikations- und Bewegungsbedürfnis gerecht werden:
- Das Kind regelmäßig die Chance geben, sprechen zu dürfen, z.B. Aufgabenstellung laut vorlesen lassen, Arbeitsanweisungen wiederholen lassen
- Die Möglichkeit dazu geben, sich (auch außerhalb des Klassenzimmers) frei zu bewegen16
5 Fazit
Das Ziel der Ausarbeitung bestand darin, auf Basis persönlicher Unterrichtsbeobachtungen aus dem Praktikum in Verbindung mit pädagogisch-didaktischer Fachliteratur herauszufinden, wie es mir als zukünftige Lehrperson gelingen kann, einen Schüler mit Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätssyndrom (ADHS) sinnvoll in den Unterricht zu integrieren. Zusammenfassend möchte ich festhalten, dass ich die Zusammenarbeit der Lehrenden und die von ihnen eingeleiteten Maßnahmen zur sinn- und zielführenden Inklusion des Schülers in den Unterricht an meiner Praktikumsschule als sehr förderlich erachte. Die Lehrer und Lehrerinnen sind angemessen im Umgang mit ADHS-betroffenen Schülern geschult und verfolgen gemeinschaftlich das Ziel, mit und nicht gegen Kinder, die an diesem Syndrom erkrankt sind, zu arbeiten. In Anbetracht meiner zukünftigen Tätigkeit als Regelschullehrerin empfinde ich die gesammelten Erfahrungen im Umgang mit ADHS-betroffenen Schülern als sehr bereichernd. Die von der Praktikumsschule angewandten Methoden, um Unterri chtsstö- rungen vorzubeugen oder diese wirksam zu unterbinden und zusätzlich das Wohlbefinden des Kindes sicherzustellen, werden durch pädagogisch-didaktische Fachliteratur gestützt.
Quellenverzeichnis
ADHS Deutschland e. V. Selbsthilfe für Menschen mit ADHS: Möglichkeiten des Umgangs mit ADHS in Schule und Unterricht. <https://adhs- deutschland.de/Portaldata/1/Resources/pdf/4_i_lehrercoach/2- Moeglichkeiten_des_Umgangs_mit_ADHS_in_Schule_und_Unterricht.pdf> letzter Zugriff am: 29.10.2022
Biegert, Hans. ADHS: Impulsiv und unaufmerksam - Lehrer und Pädagogen ohne Chance?. <www.wuerzburger-fachtagung.de/wp-content/uploads/ADHSBiegert.pdf> Letzter Zugriff am: 29.10.2022
Fröhlich, Jan/ Döpfner, Manfred und Banaschewski, Tobias. 2021. ADHS in Schule und Unterricht. Pädagogisch-didaktische Ansätze im Rahmen des multimodalen Behandlungskonzepts. 2., aktualisierte Auflage. Stuttgart: W. Kohlhammer.
PTE - die lerntherapeutische Einrichtung für Kinder und Jugendliche: Schulpädagogischer Umgang mit Erkenntnissen über ADHS. <https://pte.de/fachstellen- schulen/umgang-adhs-lehrer> letzter Zugriff am: 29.10.2022
Skrodzki, Klaus. 2009. Kinder mit ADHS. Kinder mit besonderem Förderbedarf. In: Verhaltensauffällige Schüler. Symptome, Ursachen und Handlungsmöglichkeiten. Hg. von: Menzel, Dirk/ Wiater, Werner. Bad Heilbrunn: Verlag Julius Klinkhardt
Zentrales ADHS-Netz. ADHS in der Schule: Strategien für Schule und Unterricht. Strukturierungsmaßnahmen für den Unterricht. <https://www.zentrales-adhs- netz.de/fuer-paedagogen/hilfreiche-konzepte-materialien/adhs-in-der-schule- strategien-fuer-schule-und-unterricht/die-klassenebene/> letzter Zugriff am:
29.10.2022
[...]
1 Vgl. Fröhlich et al. 2021. ADHS in Schule und Unterricht. Pädagogisch-didaktische Ansätze im Rahmen des multimodalen Behandlungskonzepts S. 9f.
2 Vgl. Skrodzki, Klaus. 2009. Kinder mit ADHS. Kinder mit besonderem Förderbedarf. S. 173.
3 Vgl. Zentrales ADHS-Netz des Universitätsklinikums Köln. ADHS in der Schule: Strategien für Schule und Unterricht. Strukturierungsmaßnahmen für den Unterricht. <https://www.zentrales-adhs- netz.de/fuer-paedagogen/hilfreiche-konzepte-materialien/adhs-in-der-schule-strategien-fuer-schule- und-unterricht/die-klassenebene/> Letzter Zugriff am: 29.10.2022.
4 Vgl. Ebd.
5 Vgl. PTE - die lerntherapeutische Einrichtung für Kinder und Jugendliche: Schulpädagogischer Umgang mit Erkenntnissen über ADHS. <https://pte.de/fachstellen-schulen/umgang-adhs-lehrer> Letzter Zugriff am: 29.10.2022.
6 Vgl. Ebd.
7 Vgl. Ebd.
8 Vgl. Ebd.
9 Vgl. Ebd.
10 Vgl. Ebd.
11 Vgl. Ebd.
12 Vgl. Biegert, Hans. ADHS: Impulsiv und unaufmerksam - Lehrer und Pädagogen ohne Chance?. < ww.wuerzburger-fachtagung.de/wp-content/uploads/ADHSBiegert.pdf> Letzter Zugriff am: 29.10.2022.
13 Vgl. Ebd.
14 Vgl. Ebd.
15 Vgl. Wie Anm. 5.
16 Vgl. Wie Anm. 2.
- Arbeit zitieren
- Anonym, 2022, Inklusion ADHS-betroffener Schüler in den Unterricht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1301310
Kostenlos Autor werden
Kommentare