Die Masterarbeit setzt sich mit der Perpetuierung sozialer Bildungsungleichheit auseinander. Dabei wird zunächst die Bedeutung von Bildung in unserer Gesellschaft erläutert und das deutsche Schulsystem, welches sich durch eine niedrige Durchlässigkeit auszeichnet, erklärt. Die Bildungsinstitution Schule wird in ihrer Funktion als gesellschaftlicher Platzanweiser beleuchtet, ebenso die Bedeutung der Übergangsempfehlungen zur weiterführenden Schule.
Des Weiteren befasst sich das vierte Kapitel mit dem meritokratischen Leistungsprinzip als Legitimationsgrundlage für die bestehende Bildungsungleichheit. Die Beschreibung der Reproduktion der Bildungsungleichheit erfolgt in der folgenden Arbeit anhand der Theorien sozialer Machtreproduktion (Bourdieu und Passeron), die im Kontrast zur sozialökonomischen Theorie rationaler Wahlentscheidung (Boudon) stehen.
Bildung gilt als die zentrale individuelle und gesellschaftliche Ressource im 21. Jahrhundert. Im globalen Wettbewerb wird Bildung für die führenden Ökonomien zunehmend positionsentscheidend. In der politischen Diskussion steht das Bildungssystems kritisch auf dem Prüfstand. Die Effizienz dieses Teilsystems beeinflusst wiederum andere Teilsysteme und entscheidet über den gesellschaftlichen Wohlstand und die Entwicklung eines Landes.
Die Anhäufung von Bildungskapital dient der Existenz- und Wohlstandssicherung des Individuums. Der soziale Status und die gesellschaftliche Teilhabe hängen vom Bildungsstand ab, und so wird es immer wichtiger nicht zu den Verlierern des Bildungssystems zu gehören. Trotz der Bildungsexpansion, die eine höhere Bildungsbeteiligung in allen sozialen Schichten mit sich bringt, bleiben die Strukturen der Bildungsbenachteiligung weitestgehend erhalten und erweisen sich als hartnäckig.
Die Bildungsungleichheit basiert auf einem Zusammenspiel multipler Wirkmechanismen auf unterschiedlichen Ebenen. Neben schulstrukturellen Faktoren wie der frühen Auslese im dreigliedrigen Schulsystem und die dadurch angestrebte Homogenisierung von Lerngruppen, wirken auch unterrichtsbezogene Mechanismen. Die Folge ist die fehlende Kompensation und Verschärfung schichtabhängiger Leistungsunterschiede und die Verschwendung von Bildungspotenzialen.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Zur Bedeutung von Bildung in Deutschland
- 2.1. Geschichte des deutschen Schulsystems
- 2.2. Aktuelle Struktur des deutschen Schulsystems
- 2.3. Hintergrund und Entwicklung der Bildungsexpansion
- 3. Zum Zusammenhang von sozialer Herkunft und Bildungserfolg
- 3.1. Primäre und Sekundäre Reproduktionsmechanismen
- 3.2. PISA- Studie
- 4. Schule als gesellschaftlicher Platzanweiser
- 4.1. Das meritokratische Leistungsprinzip
- 4.2. Reproduktion von Bildungsungleichheit durch Normalitätskonstruktionen
- 4.3. Schule als Institution der Mittelschicht?
- 4.4. Übergangsempfehlungen als Wegweiser des Bildungsweges
- 4.5. Kompositionseffekte durch Schulform und Lerngruppe
- 5. Theoretische Erklärungsansätze zur Reproduktion von Chancenungleichheit
- 5.1. Der Habitusbegriff nach Bourdieu
- 5.2. Habitussensibilität
- 5.3. Kapitalarten nach Bourdieu
- 5.4. Soziale Klassen nach Bourdieu
- 5.5. Zum Verhältnis der Theorien Bourdieus und Boudons
- 5.6. Kritische Überlegungen zur Theorie sozialer Machtreproduktion
- 6. Simulationsspiel zur Vermittlung soziologischer Theorien
- 6.1. Einsatz von Simulationsspielen in der empirischen Forschung
- 6.2. Spielaufbau
- 6.3. Spielverlauf
- 6.4. Reflexion des Simulationsspiels
- 6.5. Erfahrung unterschiedlicher Kapitalverfügung anhand des Simulationsspiels
- 7. Datenerhebung des eigenen Forschungsbeitrags
- 7.1. Die Gruppendiskussion
- 7.2. Institution und TeilnehmerInnen des Forschungsbeitrag
- 7.3. Die Dokumentarische Methode als Analyseinstrument
- 8. Forschungsbeitrag: Analyse der Gruppendiskussion
- 8.1. Thematische Gliederung
- 8.2. Detaillierte formulierende Interpretation
- 8.3. Reflektierende Interpretation
- 9. Transkript 2: Die Verknüpfung von Elternhaus und Bildungserfolg
- 9.1. Thematische Gliederung
- 9.2. Detaillierte formulierende Interpretation
- 9.3. Reflektierende Interpretation
- 10. Transkript 3: Einflussfaktoren für die Übergangsempfehlungen
- 10.1. Thematische Gliederung
- 10.2. Detaillierte formulierende Interpretation
- 10.3. Reflektierende Interpretation
- 11. Resümee des eigenen Forschungsteils
- 12. Interventionsmaßnahmen zum Abbau sozialer Bildungsungleichheit am Beispiel der Gesamtschule Wuppertal- Barmen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Reproduktion sozialer Ungleichheit im deutschen Bildungssystem. Ziel ist es, die Mechanismen aufzuzeigen, die dazu führen, dass soziale Herkunft den Bildungserfolg stark beeinflusst. Die Arbeit analysiert kritisch das deutsche Schulsystem und seine Rolle bei der Chancenungleichheit. Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Anwendung und Überprüfung der Theorien Bourdieus, insbesondere des Habitusbegriffs und der Kapitalarten, im Kontext der Bildungsungleichheit.
- Bedeutung von Bildung in Deutschland und die Struktur des Schulsystems
- Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg
- Schule als gesellschaftlicher Platzanweiser und Reproduktionsort sozialer Ungleichheit
- Theoretische Erklärungsansätze der Reproduktion von Chancenungleichheit (Bourdieu, Boudon)
- Habitussensibilität als Ansatz zur Reduktion von Bildungsungleichheit
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung stellt die These auf, dass entgegen dem Ideal der Chancengleichheit, soziale Herkunft den Bildungserfolg stark beeinflusst. Sie führt in die Thematik der Bildungsungleichheit ein und skizziert den Aufbau der Arbeit. Der Widerspruch zwischen dem individuellen Streben nach Erfolg und den gesellschaftlichen Strukturen, die diesen Erfolg beeinflussen, wird hervorgehoben.
2. Zur Bedeutung von Bildung in Deutschland: Dieses Kapitel beleuchtet die historische Entwicklung und die aktuelle Struktur des deutschen Schulsystems. Es analysiert die Bildungsexpansion und deren Auswirkungen auf die soziale Mobilität. Der Fokus liegt auf der Feststellung, dass trotz der Bildungsexpansion die soziale Ungleichheit im Bildungssystem weiterhin bestehen bleibt und detailliert die strukturellen und unterrichtsbezogenen Mechanismen erläutert.
3. Zum Zusammenhang von sozialer Herkunft und Bildungserfolg: Kapitel 3 untersucht den Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg. Es beschreibt primäre und sekundäre Reproduktionsmechanismen, die dazu beitragen, dass soziale Ungleichheit über Generationen hinweg erhalten bleibt. Die PISA-Studie wird als Beispiel für die empirische Evidenz dieser Ungleichheiten herangezogen. Der Schwerpunkt liegt auf der Erklärung der Mechanismen, die dazu führen, dass Kinder aus benachteiligten Verhältnissen seltener höhere Bildungsabschlüsse erreichen.
4. Schule als gesellschaftlicher Platzanweiser: Kapitel 4 analysiert die Schule als Institution, die gesellschaftliche Positionen zuweist. Es untersucht das meritokratische Leistungsprinzip, welches die Ungleichheit zu verschleiern versucht, und die Rolle von Normalitätskonstruktionen bei der Reproduktion von Bildungsungleichheit. Der Übergang von der Grundschule zur weiterführenden Schule und die damit verbundenen Empfehlungen werden kritisch beleuchtet, und die Kompositionseffekte von Schulform und Lerngruppe werden im Detail diskutiert.
5. Theoretische Erklärungsansätze zur Reproduktion von Chancenungleichheit: Dieses Kapitel stellt verschiedene theoretische Erklärungsansätze zur Reproduktion von Chancenungleichheit vor, insbesondere die Theorien von Bourdieu und Boudon. Es erklärt detailliert Bourdieus Habitusbegriff, die verschiedenen Kapitalarten und den Begriff der sozialen Klasse. Der Vergleich der Theorien Bourdieus und Boudons verdeutlicht unterschiedliche Perspektiven auf die Entstehung und Aufrechterhaltung sozialer Ungleichheit. Kritische Auseinandersetzungen mit der Theorie sozialer Machtreproduktion runden das Kapitel ab.
Schlüsselwörter
Soziale Ungleichheit, Bildungssystem, Schule, Reproduktion, Habitus, Kapital (ökonomisches, soziales, kulturelles), Bourdieu, Boudon, Chancenungleichheit, Bildungserfolg, meritokratisches Leistungsprinzip, Transition, Gruppendiskussion, Dokumentarische Methode.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Arbeit: Reproduktion sozialer Ungleichheit im deutschen Bildungssystem
Was ist der Gegenstand der vorliegenden Arbeit?
Die Arbeit untersucht die Reproduktion sozialer Ungleichheit im deutschen Bildungssystem. Sie analysiert die Mechanismen, die dazu führen, dass soziale Herkunft den Bildungserfolg stark beeinflusst, und beleuchtet kritisch die Rolle des Schulsystems dabei.
Welche Ziele verfolgt die Arbeit?
Ziel ist es, die Mechanismen aufzuzeigen, die die Verbindung zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg erklären. Die Arbeit analysiert das deutsche Schulsystem und seine Rolle bei der Chancenungleichheit. Ein Schwerpunkt liegt auf der Anwendung und Überprüfung der Theorien Pierre Bourdieus im Kontext von Bildungsungleichheit.
Welche Themenschwerpunkte werden behandelt?
Die Arbeit behandelt die Bedeutung von Bildung in Deutschland, den Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg, die Schule als gesellschaftlichen Platzanweiser und Reproduktionsort sozialer Ungleichheit, sowie theoretische Erklärungsansätze (Bourdieu, Boudon) zur Reproduktion von Chancenungleichheit und Möglichkeiten zur Reduktion von Bildungsungleichheit durch Habitussensibilität.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit und worum geht es in ihnen?
Die Arbeit gliedert sich in mehrere Kapitel, beginnend mit einer Einleitung, die die These aufstellt, dass soziale Herkunft den Bildungserfolg stark beeinflusst. Weitere Kapitel befassen sich mit der Bedeutung von Bildung in Deutschland, dem Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg, der Schule als gesellschaftlicher Platzanweiser, theoretischen Erklärungsansätzen (insbesondere Bourdieu), einem Simulationsspiel zur Vermittlung soziologischer Theorien, der Datenerhebung und -analyse des eigenen Forschungsbeitrags (mittels Gruppendiskussionen und der dokumentarischen Methode), und schließlich Interventionsmaßnahmen zum Abbau sozialer Bildungsungleichheit.
Welche Theorien werden angewendet?
Die Arbeit verwendet insbesondere die Theorien von Pierre Bourdieu, darunter der Habitusbegriff, die verschiedenen Kapitalarten (ökonomisches, soziales, kulturelles) und der Begriff der sozialen Klasse. Die Theorien von Raymond Boudon werden ebenfalls betrachtet und mit denen Bourdieus verglichen.
Welche Methoden werden eingesetzt?
Die Arbeit verwendet neben der Literaturanalyse und der theoretischen Auseinandersetzung auch empirische Methoden. Ein wichtiger Bestandteil ist die eigene Forschung mit Gruppendiskussionen und der Anwendung der dokumentarischen Methode zur Analyse.
Welche Ergebnisse werden präsentiert?
Die Arbeit präsentiert die Ergebnisse der eigenen empirischen Forschung, die durch Gruppendiskussionen gewonnen wurden und mit Hilfe der dokumentarischen Methode analysiert wurden. Die Ergebnisse werden thematisch gegliedert und detailliert interpretiert. Die Arbeit schließt mit einem Resümee des Forschungsteils und Vorschlägen zu Interventionsmaßnahmen.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit am besten?
Schlüsselwörter sind: Soziale Ungleichheit, Bildungssystem, Schule, Reproduktion, Habitus, Kapital (ökonomisches, soziales, kulturelles), Bourdieu, Boudon, Chancenungleichheit, Bildungserfolg, meritokratisches Leistungsprinzip, Transition, Gruppendiskussion, Dokumentarische Methode.
- Arbeit zitieren
- Fiona Otte (Autor:in), 2021, Reproduktion sozialer Ungleichheit durch die Schule als Bildungsinstitution. Habitussensibilität als Beitrag zum Abbau von Chancenungleichheit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1302143