Quelleninterpretation von: Jean-Baptiste Humbert, Bericht eines Beteiligten über den Sturm auf die Bastille, in: Chris Paschold / Albert Gier (Hg.), Die Französische Revolu-tion. Ein Lesebuch mit zeitgenössischen Berichten und Dokumenten, Stuttgart 1989.
Am 14. Juli 1789 erlebte Frankreich die außergewöhnlichste Volkserhebung die „jemals in der menschlichen Gesellschaft stattgefunden hat[te]. “ Mit „verhältnismäßig geringem Blutvergießen“ wurde die Pariser Bastille, das verhaßte Symbol des französischen Despotismus, in nur wenigen Stunden gestürmt. In ganz Europa war man sich sicher: Durch ihren mutigen und umsichtigen Kampf hatten die Pariser das Fundament für eine gerechtere Zukunft gelegt. Doch entspricht dieses Bild der Ereignisse vom 14. Juli, das Bild, das Zeitzeugen vermitteln und das noch heute durch die Köpfe der Menschen geistert, der historischen Realität? Nur eine Quellenanalyse kann darüber Aufschluss geben. Wo aber fängt man an? Zum Bastillesturm und den mit ihm in Verbindung stehenden Ereignissen, existieren zahllose Berichte. Es wäre eine Lebensaufgabe sie alle einzeln zu bearbeiten. Deshalb soll hier der Versuch unternommen werden die Unterschiede zwischen Quellenrealität und historischer Realität in Betrachtung eines einzelnen, exemplarischen Berichtes aufzudecken. Die Ergebnisse zu denen man durch diese Methode gelangt, mögen zwar nicht umfassend verallgemeinerbar sein, doch sie decken Grundtendenzen auf, die für die Beantwortung der Frage nach der Realitätsnähe heutiger und zeitgenössischer Vorstellung vom 14. Juli ausreichen sollten.
Inhaltsverzeichnis
- Der Bericht
- Ein Blick zurück
- Humbert im Hôtel des Invalides
- Humberts Bericht kommt zu Papier
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit untersucht die Diskrepanz zwischen der gängigen Darstellung des Sturms auf die Bastille und der historischen Realität anhand einer Quellenanalyse des Zeitzeugenberichts von Jean-Baptiste Humbert. Die Arbeit analysiert die Selektivität und die Intentionen hinter der Berichterstattung über dieses historische Ereignis.
- Quellenkritik und die Rekonstruktion historischer Ereignisse
- Die Rolle von Zeitzeugenberichten in der Geschichtsschreibung
- Die Konstruktion von kollektivem Gedächtnis und nationalem Mythos
- Politische und soziale Motivationen bei der Darstellung historischer Ereignisse
- Der Einfluss von Propaganda und öffentlicher Meinung auf die historische Erinnerung
Zusammenfassung der Kapitel
Der Bericht: Dieses Kapitel erläutert die Methodik der Arbeit. Es wird argumentiert, dass eine umfassende Analyse aller Quellen zum Bastillesturm unmöglich ist, und deshalb ein exemplarischer Bericht eines Beteiligten, Jean-Baptiste Humbert, als Fallstudie dient. Die Arbeit zielt darauf ab, die Unterschiede zwischen der Quellenrealität und der historischen Realität aufzuzeigen und Grundtendenzen in der Berichterstattung zu identifizieren. Die Auswahl Humberts als Zeitzeuge wird begründet durch seine Zugehörigkeit zur Kerngruppe der Bastillestürmer (dritter Stand) und die Bekanntheit seines Namens. Das Kapitel legt den methodologischen Rahmen der Arbeit fest, mit dem Fokus auf die Analyse der Diskrepanzen zwischen der Wahrnehmung des Ereignisses und den tatsächlichen Geschehnissen.
Ein Blick zurück: Dieses Kapitel bietet einen notwendigen historischen Kontext zum Bastillesturm. Es beschreibt die wirtschaftliche Notlage Frankreichs im Jahr 1789, die durch Missernten und hohe Brotpreise verschärft wurde und besonders den dritten Stand traf. Es erläutert die politische Situation, die zur Einberufung der Generalstände führte, und den Konflikt zwischen dem dritten Stand und dem Adel und der Krone über Reformen und die Zusammensetzung der Ständeversammlung. Der Widerstand des Adels gegen Reformen, die finanzielle Krise des Staates und die Forderungen des dritten Stands nach einer bedeutenderen Rolle in der politischen Entscheidungsfindung bilden die Kulisse für die anstehenden Ereignisse. Die Eskalation der Situation wird durch die Ereignisse um die Entlassung Necker’s und die folgenden Auseinandersetzungen zwischen der Bevölkerung und königlichen Truppen in Paris verdeutlicht. Der Kontext zeigt auf, wie die sozialen und politischen Spannungen zum Ausbruch von Gewalt und schließlich zum Sturm auf die Bastille führten.
Humbert im Hôtel des Invalides: Dieses Kapitel beschreibt Humberts Erlebnisse am Tag des Sturms auf die Bastille. Humbert, Mitglied der neu gebildeten Bürgermiliz, begibt sich zum Hôtel des Invalides, um Waffen zu beschaffen. Er findet sich inmitten einer aufgebrachten Menge wieder, die das Hôtel stürmt. Humberts Bericht schildert seine Erfahrungen im Keller des Hôtel, wo er ein Gewehr erhält und an chaotischen und gewaltsamen Szenen teilnimmt. Die Darstellung wird kritisch hinterfragt; es wird spekuliert, dass Humbert Details verschwiegen haben könnte, um seine Beteiligung an möglichen Gewaltausbrüchen und Panikreaktionen zu verbergen. Die Analyse konzentriert sich auf die Frage, ob Humbert die Ereignisse objektiv darstellt oder seine Darstellung durch seine eigenen Interessen und die nachträgliche Heroisierung der Ereignisse beeinflusst wird.
Humberts Bericht kommt zu Papier: In diesem Kapitel wird der Kontext der Entstehung von Humberts Bericht beleuchtet. Nach dem Sturm auf die Bastille wurde eine Kommission eingesetzt, um die tatsächlichen Teilnehmer an dem Ereignis zu identifizieren. Humbert musste sich dieser Kommission stellen und gab seinen Bericht ab. Das Kapitel fokussiert sich darauf, wie der Druck der öffentlichen Meinung und der Wunsch nach Anerkennung als „Befreier der Bastille“ Humberts Bericht beeinflusst haben könnten. Es wird argumentiert, dass Humbert, um seine Anerkennung zu sichern, bestimmte, weniger glorreiche Aspekte seiner Erfahrungen möglicherweise verschwiegen hat, wie zum Beispiel Panik und Gewalt. Der Fokus liegt hier auf dem Einfluss der nachträglichen öffentlichen Inszenierung des Ereignisses und der damit verbundenen politischen und sozialen Dynamiken auf die Berichterstattung.
Schlüsselwörter
Bastillesturm, 14. Juli 1789, Jean-Baptiste Humbert, Quellenkritik, historische Realität, Quellenrealität, Französische Revolution, Zeitzeugenbericht, kollektives Gedächtnis, Propaganda, dritter Stand, Nationalversammlung, Bürgermiliz.
Häufig gestellte Fragen zur Hausarbeit: Analyse des Zeitzeugenberichts von Jean-Baptiste Humbert zum Sturm auf die Bastille
Was ist der Gegenstand dieser Hausarbeit?
Die Hausarbeit analysiert die Diskrepanz zwischen der gängigen Darstellung des Sturms auf die Bastille und der historischen Realität anhand einer Quellenanalyse des Zeitzeugenberichts von Jean-Baptiste Humbert. Der Fokus liegt auf der Selektivität und den Intentionen hinter der Berichterstattung über dieses historische Ereignis.
Welche Themen werden in der Hausarbeit behandelt?
Die Arbeit behandelt folgende Themen: Quellenkritik und die Rekonstruktion historischer Ereignisse, die Rolle von Zeitzeugenberichten in der Geschichtsschreibung, die Konstruktion von kollektivem Gedächtnis und nationalem Mythos, politische und soziale Motivationen bei der Darstellung historischer Ereignisse sowie der Einfluss von Propaganda und öffentlicher Meinung auf die historische Erinnerung.
Welche Kapitel umfasst die Hausarbeit?
Die Hausarbeit besteht aus vier Kapiteln: "Der Bericht" (Methodologie und Begründung der Fallstudie Humbert), "Ein Blick zurück" (historischer Kontext des Bastillesturms), "Humbert im Hôtel des Invalides" (Beschreibung und kritische Analyse von Humberts Erlebnissen) und "Humberts Bericht kommt zu Papier" (Kontext der Berichtserstellung und Einfluss der öffentlichen Meinung).
Warum wurde Jean-Baptiste Humbert als Fallstudie ausgewählt?
Humbert wurde aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Kerngruppe der Bastillestürmer (dritter Stand) und der Bekanntheit seines Namens als exemplarischer Zeitzeuge ausgewählt. Seine Erlebnisse ermöglichen eine Analyse der Diskrepanzen zwischen der Wahrnehmung des Ereignisses und den tatsächlichen Geschehnissen.
Was wird im Kapitel "Ein Blick zurück" behandelt?
Dieses Kapitel liefert den historischen Kontext: die wirtschaftliche Notlage Frankreichs 1789 (Missernten, hohe Brotpreise), die politische Situation (Einberufung der Generalstände), den Konflikt zwischen dem dritten Stand und dem Adel/der Krone, den Widerstand des Adels gegen Reformen, die finanzielle Krise und die Forderungen des dritten Stands nach politischer Mitbestimmung. Es wird die Eskalation der Situation bis zum Sturm auf die Bastille dargestellt.
Wie wird Humberts Bericht im Kapitel "Humbert im Hôtel des Invalides" analysiert?
Das Kapitel beschreibt Humberts Erlebnisse beim Beschaffen von Waffen im Hôtel des Invalides. Die Darstellung wird kritisch hinterfragt, es wird spekuliert, ob Humbert Details verschwiegen hat, um seine Beteiligung an Gewaltausbrüchen und Panikreaktionen zu verbergen. Die Analyse fokussiert auf die Objektivität von Humberts Bericht und den Einfluss seiner Interessen und der nachträglichen Heroisierung der Ereignisse.
Welche Aspekte werden im Kapitel "Humberts Bericht kommt zu Papier" betrachtet?
Dieses Kapitel beleuchtet den Kontext der Berichtserstellung nach dem Sturm. Es konzentriert sich auf den Einfluss des Drucks der öffentlichen Meinung und des Wunsches nach Anerkennung als "Befreier der Bastille" auf Humberts Bericht. Es wird argumentiert, dass Humbert weniger glorreiche Aspekte seiner Erfahrungen verschwiegen haben könnte, um seine Anerkennung zu sichern.
Welche Schlüsselwörter sind für die Hausarbeit relevant?
Relevante Schlüsselwörter sind: Bastillesturm, 14. Juli 1789, Jean-Baptiste Humbert, Quellenkritik, historische Realität, Quellenrealität, Französische Revolution, Zeitzeugenbericht, kollektives Gedächtnis, Propaganda, dritter Stand, Nationalversammlung, Bürgermiliz.
Welche Methodik wird in der Hausarbeit angewendet?
Die Hausarbeit verwendet eine qualitative Methode, die auf der Quellenanalyse des Zeitzeugenberichts von Jean-Baptiste Humbert basiert. Es wird eine kritische Auseinandersetzung mit der Quellenlage und deren Interpretation vorgenommen, um die Diskrepanzen zwischen der Quellenrealität und der historischen Realität aufzuzeigen.
- Quote paper
- Stefan Noack (Author), 2008, Quelleninterpretation von Jean-Baptiste Humbert - Bericht eines Beteiligten über den Sturm auf die Bastille, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/130226