Das Leben des Abdias verläuft in den Lebensstufen, die die Naturvorgänge nicht nur passiv abgrenzen, sondern sogar aktiv bestimmen. Noch deutlicher ist es bei seiner Tochter Ditha: Sie wird geboren, der Regen strömt herab, und ohne mehr an die Rache zu denken, wendet sich ihr Vater Abdias voller Sorge dem Kinde zu. Durch den Blitz wird sie sehen und er verhilft ihr zur Gewinnung der Außenwelt durch geistige Bildung. Sie stirbt im Gewitter durch einen anderen Blitz er wird wahnsinnig.
Der Mensch ist der Gesetzmäßigkeit der Natur nicht blindlings unterworfen, aber er kann sich ihr nicht entziehen. Die Naturgesetzlichkeit erfasst ihn auch ohne sein Wollen, sie kann ihn bedrohen, sogar vernichten, und zwar gerade dann, wenn er sie missachtet. Die Natur ist aber nicht eine fremde Macht, die den Menschen unterjocht. Die bescheidene Stellung des Menschen im Weltganzen ist keine Erniedrigung, sondern eine Verpflichtung, die Vernunft in sich entwickeln und entfalten lassen, um den echten Sinn jeder Fügung richtig zu beurteilen.
Dass eine unumstößliche Ordnung der Vernunft alles Wirkliche umspannt, wird in der Erzählung „Abdias“ zwar gesagt, aber noch nicht gestaltet. Die beiden Blitzschläge, von denen der erste Ditha sehend macht, der zweite sie tötet, sind so sonderbar, dass der Gedanke an blinde Willkür, an unergründliche Schicksalsschläge sich aufdrängt. Das Gewitter, besonders der Blitzschlag, scheint die kontinuierliche Ordnung der Natur, das „sanfte Gesetz“, zu durchbrechen: ein wunderliches oder fruchtbares Ereignis, das unvermittelt hereinbricht, wie von einer unergründlichen Macht ausgelöst. Auf beide Fälle, wo die Blitzschläge das Schicksal von Ditha und Abdias wesentlich ändern, folgt jedoch der Regenbogen, Zeichen des Friedens zwischen Himmel und Erde, bzw. Gott und Mensch. Auch die „Entfesselung“ der Elemente bleibt an die durchgängige Gesetzmäßigkeit der Natur gebunden. Stifter erkennt die Natur als schlichte Gegebenheit an, die den Menschen in ihrer Größe unendlich übergreift. Die Natur bleibt vom Schicksal eines Menschen völlig unberührt.
Inhaltsverzeichnis
- Das Naturgesetz
- Landschaft - Natur
- Schilderung des „Nie-Gesehenen“
- Afrika
- Europa
- Motive aus der Natur
- Zusammenfassung
- Literatur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Erzählung „Abdias“ von Adalbert Stifter befasst sich mit dem Einfluss der Natur auf das Verhalten der Hauptpersonen Abdias und Ditha. Stifter untersucht, wie die Natur als „sanftes Gesetz“ auf das menschliche Schicksal und die zwischenmenschlichen Beziehungen wirkt. Die Erzählung beleuchtet die Rolle der Natur als Quelle von Inspiration, Trost und Bedrohung.
- Das „Naturgesetz“ als bestimmender Faktor für das menschliche Schicksal
- Die Rolle der Landschaft als Spiegelbild der menschlichen Seele
- Die Bedeutung der Natur als Quelle von Inspiration und Trost
- Die Bedrohung durch die Natur und die Notwendigkeit, sich ihr zu stellen
- Die Verbindung zwischen dem Menschen und der Natur
Zusammenfassung der Kapitel
Das Kapitel „Das Naturgesetz“ analysiert Stifters Konzept des „sanften Gesetzes“ und seine Verbindung zum menschlichen Schicksal. Stifter bezieht sich dabei auf Herders Gedanken zur Höherbildung der Menschheit und die Rolle von Glück und Unglück in diesem Prozess. Das „Naturgesetz“ führt den Menschen durch Glück und Unglück zu seiner Bestimmung und vernichtet nur diejenigen, die sich dagegen auflehnen.
Das Kapitel „Landschaft - Natur“ beleuchtet die Bedeutung der Natur in Stifters Dichtung. Die Landschaft wird als „objektives“ Element dargestellt, das unabhängig von menschlichen Deutungen existiert, aber gleichzeitig grundlegend für alles Weitere ist. Die Natur ist für Stifter Vorbild und Maß für das menschliche Verhalten und die Kunst.
Das Kapitel „Schilderung des „Nie-Gesehenen““ analysiert Stifters Darstellung der Wüste und des Lebens der jüdischen Kaufleute in den Ruinen alter Römerstädte. Stifter nutzt Reiseberichte als Inspiration für seine Schilderung der afrikanischen Landschaft und führt den Leser in eine fremde Welt.
Das Kapitel „Afrika“ untersucht die Figur des Abdias als neuen Hiob, der geduldig leidet und die Schicksalsschläge ohne Klage erträgt. Stifters Abdias verkörpert eine äußerliche Unterwürfigkeit gegenüber dem Schicksal, die jedoch nicht mit der Demut des alttestamentarischen Hiob vergleichbar ist.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen das „Naturgesetz“, die Landschaft, die Natur als Spiegelbild der menschlichen Seele, das Schicksal, die Bedrohung durch die Natur, die Verbindung zwischen Mensch und Natur, die Figur des Abdias und die Rolle der Natur in Stifters Dichtung.
- Citation du texte
- Anezka Misonová (Auteur), 2007, Einfluss der Natur auf Verhalten der Hauptpersonen Abdias und Ditha in der Erzählung "Abdias" von Adalbert Stifter, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/130486