Kinderarmut in Deutschland. Welche Maßnahmen ergreifen die Sozialpolitik und die Soziale Arbeit und wie lassen sich diese vergleichen?


Seminararbeit, 2021

21 Seiten, Note: 1,9


Leseprobe

Inhalt

1. Einleitung

2. Definitionen
2.1. Kindheit
2.2. Armut
2.3. Soziale Arbeit
2.4. Sozialpolitik
2.5. Prävention von Armut

3. Armutsrisikogruppen
3.1. Familien mit Migrationshintergrund
3.2. Alleinerziehende
3.3. Erwerbslose Eltern

4. Kinderarmut in Deutschland
4.1. Armuts- und Reichtumsbericht
4.2. Kinder und die Auswirkungen auf ihre Armutslagen

5. Prävention und Maßnahmen der Sozialpolitik gegen Kinderarmut
5.1. Kindergeld
5.2. Mehrbedarfszuschlag für alleinerziehende Elternteile
5.3. Kinderzuschlag für Geringverdiener
5.4. Ausbau von Kinderbetreuung

6. Prävention der Sozialen Arbeit gegen Kinderarmut
6.1. Kinder- und Jugendhilfe
6.2. Förderung von Resilienz
6.3. Partizipation

7. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die Nationale Bundeskonferenz c/o AWO Bundesverband e.V. (2020) stellte fest, dass „jedes fünfte Kind und jede*r fünfte Jugendliche in einem Haushalt auf[wächst], in dem Mangel zum Alltag gehört: Mangel an Geld sowie an sozialen, kulturellen und gesundheitlichen Chancen. Armut grenzt aus, Armut macht krank.“ (S.1). Oftmals wird Armut in der Gesellschaft als individuelles Versagen des/der Einzelnen aufgrund mangelnder Leistung, Bemühung und Anstrengung gesehen (vgl. PALENTIEN 2004, S.10). Nicht nur die Politik, auch die Soziale Arbeit in Deutschland versuchen mit entsprechenden Gegenmaßnahmen Kinderarmut zu bekämpfen (vgl. BUTTERWEGGE 2010, S.11). Die Gesellschaft spielt eine nicht unwesentliche Rolle hierbei (vgl. ebd.). Heutzutage ist es entscheidend für die Kinder und Jugendlichen, in welchen familiären Verhältnissen sie aufwachsen, welches Einkommen die Familie zum Leben hat und in welchem Stadtteil sie heranwachsen (vgl. ebd.). Kinder aus Armutsverhältnissen haben nicht so viele Möglichkeiten wie Erwachsene, Einfluss auf ihre Lebenslage zu nehmen (vgl. HAMMER/LUTZ 2010, S.7). Tägliche Entbehrungen im materiellen, kulturellen und sozialen Bereich haben negative Auswirkungen auf die kindlich Entwicklung, weswegen die Politik in verschiedenen Politikfeldern versucht, einen Rahmen zu schaffen, um Kinderarmut entgegenzuwirken (vgl. ebd., S.8). Auch die Soziale Arbeit will durch Interventionen präventiv gegen Kinderarmut vorgehen, hierzu zählt fall(un)spezifische Arbeit sowie die Sensibilisierung für Armut in den Hilfesystemen (vgl. ebd.).

Nun stellt sich die Frage, welche unterschiedlichen Gegenmaßnahmen die Sozialpolitik vergleichsweise zur Sozialen Armut trifft, um eine Minimierung der Kinderarmut in Deutschland zu erreichen. Im ersten Teil dieser Arbeit sollen hierbei erst spezifische Begriffe geklärt werden. Im Anschluss werden die Risikogruppen für Armut und die Kinderarmut in Deutschland erläutert, hier wird unter anderem der Armuts- und Reichtumsbericht aufgearbeitet. Im dritten Teil werden sowohl ausgewählte sozialpolitische Gegenmaßnahmen als auch Maßnahmen der Sozialen Arbeit aufgeführt. Das Fazit beinhaltet als Beantwortung der Leitfrage den Vergleich der politischen und sozialpädagogischen Maßnahmen, außerdem soll ein Blick auf die aktuelle Lage in Deutschland in Anbetracht der Corona-Pandemie und den Bezug zu (Kinder-)Armut geworfen werden.

2. Definitionen

2.1. Kindheit

In der Entwicklungspsychologie bezeichnet man als „Kindheit“ den Zeitraum zwischen Geburt und Pubertät (vgl. STANGL 2019). Hier ist jedoch zu beachten, dass Kindheit weniger ein biologischer, sondern eher ein sozialer und kultureller Begriff ist (vgl. ebd.). Die Kindheit lässt sich in drei Phasen unterteilen, hier werden verschiedene Lebensjahre als Zeitspanne gesehen (vgl. ebd.). Die frühe Kindheit beginnt im vierten Lebensjahr und endet bei Vollendung des sechsten Lebensjahres, die mittlere Kindheit beschreibt die Zeit vom beginnenden siebten bis zum beendeten zehnten Lebensjahr und die späte Kindheit beschreibt die Altersspanne vom beginnenden elften bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres (vgl. ebd.). Rechtlich lässt sich im achten Sozialgesetzbuch als Kind definieren, „wer noch nicht 14 Jahre alt ist“, das ist in § 7 Abs. 1 Nr. 1 SGB VIII festgehalten.

2.2. Armut

Fehlen Menschen die Möglichkeiten, ihr Leben „nach gewissen Mindeststandards führen zu können“, dann spricht man von Armut (SANDERS 2008, S.12). Soll in einem Land das Ausmaß und die Entwicklung von Armut gemessen werden, so kann man in den Sozialwissenschaften auf den Ressourcenansatz zurückgreifen (vgl. ebd.). Dieser bezieht sich auf des Einkommen von Personen, was somit zu einer guten Quantifizierung und Messung führt (vgl. ebd.). Armut kann als Unterschreitung des Existenzminimums oder als Unterschreitung eines gewissen Prozentsatzes des Durchschnitteinkommens gesehen und definiert werden (vgl. LAMPERT/ALTHAMMER 2004, S.323). Am Rande des Existenzminimums befindet man sich bei unmittelbarer Bedrohung, wie beispielsweise aufgrund von mangelnden finanziellen Mitteln an Kälte oder Hunger zu sterben, dies wird als „Absolute Armut“ gesehen (vgl. SANDERS 2008, S.12). Von „Relativer Armut“ ist zu sprechen, sobald eine Person weniger als 50% verdient im Vergleich zum Durchschnittseinkommen aller Haushalte seines Landes (vgl. ebd.). Diese Form der Armut ist hier in Deutschland wesentlich häufiger zu finden, besonders betroffen sind ältere Menschen oder auch diejenigen, die sich trotz mehrerer Jobs auf einmal immer noch unter der Grundsicherung befinden (vgl. ebd., S.13). Zur „Absoluten Armut“ zählen hingegen die Personengruppen der Suchtkranken oder Obdachlosen (vgl. ebd., S. 12).

2.3. Soziale Arbeit

Der Deutsche Berufsverband für Soziale Arbeit e.V. (DB SH) definierte Soziale Arbeit im deutschsprachigen Raum auf Grundlage der international gültigen Definition der International Federation of Social Work (IFSW) aus dem Jahre 2014 (vgl. DEUTSCHER BERUFSVERBAND FÜR SOZIALE ARBEIT E.V. 2016). Soziale Arbeit soll hierbei als wissenschaftliche Disziplin und praxisorientierte Profession „gesellschaftliche Veränderungen, soziale Entwicklungen und den sozialen Zusammenhalt“ fördern, ebenso die Selbstbestimmung und Autonomie der Menschen stärken (DEUTSCHER BERUFSVERBAND FÜR SOZIALE ARBEIT E.V. 2016). Die Grundlage der Sozialen Arbeit wird hierbei gebildet durch die Menschenrechte, die Prinzipien von sozialer Gerechtigkeit, die Achtung der Vielfalt und die gemeinsame Verantwortung (vgl. ebd.). Die Soziale Arbeit stützt sich dabei auf Human- und Sozialwissenschaften, auf Theorien der Sozialen Arbeit sowie indigenes Wissen (vgl. ebd.).

2.4. Sozialpolitik

Erste Maßnahmen zur Lösung der sogenannten „sozialen Frage“ wurden durch die westlichen Nationalstaaten im 19. Jahrhundert ergriffen (vgl. OBINGER/PETERSEN 2019, S.9). Unterschiedliche Problemlagen waren vorhanden, diesen sollte nun gegengewirkt werden, dazu zählte etwa die Versorgung der älteren Menschen, Waisenkinder und Veteranen, weiterhin die Linderung von Armut sowie eine soziale Sicherung, die bei Arbeitsunfällen, Krankheiten oder Todesfällen im engen Familienkreis eintritt (vgl. ebd.). Dies alles sollte weiter ausgebaut und verbessert werden und bekam somit einen Platz auf der Agenda der Politik (vgl. ebd.). Im engeren Sinne lässt sich Sozialpolitik als Zusammenwirken der prozessualen, entscheidungsinhaltlichen und institutionellen Dimensionen der „gesamtgesellschaftlich verbindlichen Regelung der sozialen Sicherheit“ betrachten (SCHMIDT 2021, S.830). Zu dieser Sicherheit zählt etwa die Bekämpfung starker sozialer Ungleichheit oder auch der Schutz vor materieller Not (vgl. ebd.). Dies geschieht durch den Staat, Betriebe, Verbände, durch die Familien oder durch Eigenvorsorge (vgl. ebd.). Sozialpolitik im weiteren Sinne umfasst zusätzlich noch den gesetzgeberischen Rahmen der Arbeitsverfassung sowie das Bildungswesen und die Beschäftigungspolitik (vgl. ebd.).

2.5. Prävention von Armut

Die gesellschaftliche Verpflichtung in Verbindung mit dem sozialstaatlichen Auftrag lässt die Armutsprävention beschreiben (vgl. HOLZ 2010, S.112). Umgesetzt wird diese durch soziale Dienstleistung, die Politik und die Verwaltung (vgl. ebd., S.112f). Da Armutsprävention als sogenannte „Querschnittsaufgabe“ verstanden wird, sind auf gesellschaftlicher und öffentlicher Ebene unterschiedliche Akteure der entsprechenden Profession gefragt (vgl. ebd.). „Maßnahmen der Gegensteuerung durch Gestaltung von Rahmenbedingungen, aber auch durch die Bereitstellung sozialer Ressourcen und die Förderung integrativer Prozesse“ gehören zur Armutsprävention (HOLZ 2010, S.112). Die Prävention von Kinderarmut setzt dabei den Fokus insbesondere auf den Bildungsbereich (vgl. ebd., S.113).

3. Armutsrisikogruppen

Im Folgenden sollen nun verschiedene Risikogruppen für Armut dargestellt werden. Generell lässt sich sagen, dass Kinderarmut aus der Armut der Familie entsteht (vgl. FISCHER 2015, S.235). Diese beiden sind jedoch nicht gleichzusetzen, da sie unterschiedliche Ausprägungen haben (vgl. ebd.). Der sogenannte Lebenslagenansatz definiert unterschiedliche Dimensionen, aufgrund derer Bewertung von Armut stattfinden kann, beispielsweise die Versorgung des Kindes auf materieller, kultureller und sozialer Ebene (vgl. ebd.). Die materielle Versorgung des Kindes im eigenen Haushalt soll hierbei als Ausgangspunkt für die Bewertung des Lebenslagenansatzes dienen (vgl. ebd.). Wichtig zu erwähnen ist allerdings, dass Kinder nicht automatisch unter schlechten Bedingungen aufwachsen sowie eine unsichere Grundversorgung haben, nur weil die Familie eine gewisse Armutsproblematik vorzuweisen hat (vgl. ebd.). Heutzutage gibt es viele Familienformen, nicht mehr nur die „klassische“ mit Mutter, Vater und Kindern. Scheidungsfamilien, alleinerziehende Mütter und Väter, Patchworkfamilien oder auch gleichgeschlechtliche Paare mit Kindern sind „neue“ Familienkonstellationen (vgl. MERTEN 2010, S.25f.). In den folgenden Abschnitten sollen nun Familienkonstellationen beleuchtet werden, die eher einem Armutsrisiko ausgesetzt sind.

3.1. Familien mit Migrationshintergrund

Familien mit Migrationshintergrund sind besonders vom Armutsrisiko betroffen, dies zeigt eine Statistik des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) aus dem Jahre 2016. Mit einer Armutsgefährdungsquote von 27 Prozent ist das Armutsrisiko von Familien mit Migrationshintergrund wie das von Familien ohne Migrationshintergrund, hier sind es nur etwa 13 Prozent (vgl. BMFSFJ 2016, S.28). Auffällig ist auch der Zusammenhang zwischen der Qualifikation der Eltern und der Armutsgefährdung - je höher das Qualifikationsniveau, desto niedriger das Armutsrisiko in Familien, auch in denen mit Migrationshintergrund (vgl. ebd.). Die Psychologische Psychotherapeutin und Präsidiumsbeauftrage Eva van Keuk, sieht das Problem, dass viele Flüchtlingsfamilien starken sozialen Ausgrenzungen ausgesetzt sind (vgl. DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 2009, S.343). Auch wenn ein Elternteil einen hohen Bildungsstand habe, haben deren Kinder in Deutschland häufig keine Zugang zu Bildung (vgl. ebd.). Gründe für die höhere Armutsgefährdung bei Migrantenfamilien seien neben der mangelnden Kenntnisse der deutschen Sprache auch die schwierige Arbeitsmarktintegration der Menschen aus Drittstaaten (vgl. MINISTERIUM FÜR SOZIALES UND INTEGRATION 2020, S.2).

3.2. Alleinerziehende

Von allen Familienformen in Deutschland ist das Risiko einer Armutsgefährdung bei alleinerziehenden Familien am höchsten, 43 Prozent dieser Familienkonstellationen gelten als einkommensarm (vgl. BERTELSMANN-STIFTUNG 2021). Insbesondere Frauen sind davon betroffen, denn Mütter machen mit 88 Prozent den Großteil der Alleinerziehenden aus (vgl. ebd.). Sie sorgen allein für ihre Kinder, gehen einer zusätzlichen Erwerbstätigkeit nach und trotzdem ist das Einkommen oft nicht ausreichend (vgl. ebd.). Dies stellt laut Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann-Stiftung, „die größte Belastung für die Zukunftsperspektive ihrer Kinder“ dar (BERTELSMANN-STIFTUNG 2021). Fast die Hälfte aller Kinder im SGB II- Bezug, etwa 45 Prozent, leben mit nur einem Elternteil zusammen (vgl. ebd.).

3.3. Erwerbslose Eltern

Kann der Lebensunterhalt einer Familien nicht durch die Erwerbstätigkeit der Eltern oder eines Elternteils gedeckt werden, kann auch dies Kinderarmut begünstigen (vgl. BOURCARDE/HUSTER 2010, S.116). Sozialpolitische Rahmenbedingungen sind hierbei von Bedeutung, ob ein Elternteil erwerbstätig sein kann (vgl. ebd.). Da Alleinerziehende eine Betreuung für ihre Kinder brauchen, ist es gerade für diese Personengruppe schwierig, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, oft müssen zusätzlich Sozialleistungen bezogen werden (vgl. ebd.).

4. Kinderarmut in Deutschland

Im Folgenden soll es nun um die Situation der Kinder in Armut in Deutschland gehen. Zuerst soll der Armuts- und Reichtumsbericht aus dem Jahre 2017 beleuchtet worden, welcher sich vor allem mit der Verteilung des Einkommens in unserer Gesellschaft beschäftigt. Im zweiten Unterkapitel geht es um die Auswirkungen der Armutslagen von Kindern, da diese Armut anders wahrnehmen als Erwachsene.

4.1. Armuts- und Reichtumsbericht

Der fünfte Armuts- und Reichtumsbericht wird für dieses Unterkapitel die Grundlage sein, auch wenn er aus dem Jahre 2017 ist. Er beschäftigt sich insbesondere „mit dem unteren und oberen Ende der Verteilung in unserer Gesellschaft“, sprich den Niedrig- und Höchstverdienenden (vgl. BUNDESMINISTERIUM FÜR ARBEIT UND SOZIALES 2017, S.I).

In einer Studie zeigt sich, dass es mit 2,7 Millionen im Jahr 2016 deutlich weniger Arbeitslose gibt als noch 2005, hier waren es noch 4,9 Millionen (vgl. BUNDESMINISTERIUM FÜR ARBEIT UND SOZIALES, S.IV). Mit etwa 37 Prozent ist der Anteil an Langzeitarbeitslosen dabei die letzten Jahren relativ konstant geblieben (vgl. ebd., S.V). Mit 6,1 Prozent Arbeitslosenquote steht diese deutlich unter den 11,7 Prozent aus dem Jahr 2005 (vgl. ebd., S.IV). Arbeitslose (ca. 30 Prozent), Alleinerziehende (ca. 11 Prozent), Alleinlebende (ca. 10 Prozent) sowie Personen mit niedrigerem Bildungsgrad (9 Prozent) sind überdurchschnittlich häufig von materieller Armut, sprich Mangel an materiellen Gütern, betroffen (vgl. ebd., S.VIII). Jedoch leiden nur wenige Kinder laut der Studie unter großen materiellen Entbehrungen, nur etwa 5 Prozent der unter 18-Jährigen in Deutschland in Familien mit „beschränkte[m] Zugang zu einem durchschnittlichen Lebensstandard und den damit verbundenen Gütern“ sind betroffen (BUNDESMINISTERIUM FÜR ARBEIT UND SOZIALES, S.XXI). Kinderarmut hängt hierbei viel mehr mit der eingeschränkten Erwerbslosigkeit der Eltern oder eines Elternteils zusammen (vgl. ebd.). Ist in der Familie kein Elternteil erwerbstätig, so beträgt bei Kindern das Armutsrisiko 64 Prozent, sobald ein Elternteil vollzeitig einer Arbeit nachgeht, sinkt dieser Wert auf 15 Prozent ab (vgl. ebd.). Wie bereits oben beschrieben, spielt auch die Familienform eine nicht unwichtige Rolle, da es einen Zusammenhang zwischen Armutsrisiko und Familienform gibt (vgl. ebd.). Somit lässt sich feststellen, dass eine gute und ausreichende Erwerbstätigkeit der Eltern zu einer deutlichen Verringerung von Kinderarmut beiträgt (vgl. ebd., S.XXII).

4.2. Kinder und die Auswirkungen auf ihre Armutslagen

In diesem Unterkapitel sollen die Auswirkungen auf die Armutslagen sowie die Entwicklung von Kindern behandelt werden. Kinder erleben Armut in einem anderen Ausmaß bzw. einer anderen Art und Weise wie Erwachsene (vgl. ZANDER 2015, S.124).

Kinder aus Armutsverhältnissen kämpfen mit Einschränkungen in den Versorgungsbereichen, dazu zählt etwa die Ernährung, Kleidung und den Wohnraum (vgl. CHASSÉ et al. 2010, S.125). Der Bereich der Ernährung ist bei der Versorgung von Kindern geprägt durch Unregelmäßigkeiten des Essensangebots sowie durch dortige Engpässe (vgl. ebd.). Wenn Eltern das Gefühl der Überforderung haben und dementsprechend ihre Kinder vernachlässigen, wirken sich die Versorgungsengpässe in schwerwiegender Form auf die kindliche Entwicklung aus (vgl. ebd.). Diese Unterversorgung versuchen Familien oftmals durch familiäre oder anderweitige Netzwerke sicherzustellen (vgl. ebd.). Kinder aus ärmeren Verhältnissen spüren, dass sie anders als Kinder aus wohlhabenden Familien, keine Markenkleidung und auch nicht so viel Kleidung im Allgemeinen besitzen, was häufig zu Stigmatisierung und sozialer Ausgrenzung führt (vgl. ZANDER 2015, S.116). Auch Wünsche bezüglich der Freizeitgestaltung sind aufgrund mangelnder Möglichkeiten eher selten erfüllbar, da dies meist mit zusätzlichen Kosten verbunden ist, welche die Familie nicht aufbringen kann (vgl. ebd.). Da Kinder ihre Peer Groups innerhalb des Kindergartens, der Schule oder in der Nachbarschaft haben, leiden auch hier durch mangelnde Möglichkeiten die sozialen Kontakte darunter (vgl. ebd.). Oft hängt dies auch damit zusammen, dass die Familien in ihrer räumlichen Mobilität eingeschränkt sind (vgl. ebd.). Auch im Bereich der Wohnverhältnisse gibt es zusätzlich Einschränkungen im Alltag (vgl. CHASSÉ et al. 2016, S.134). Kinder haben aufgrund der beengten Wohnverhältnisse meist kein eigenes Zimmer, somit fällt ein Rückzugsort bei Konflikten und oder zur Regeneration weg (vgl. ebd.). Das hat dann etwa zur Folge, dass die Kinder keine Gleichaltrigen einladen können oder auch dürfen, um mit ihnen zu spielen (vgl. ebd. S.134f). Hinzu kommt noch, dass die Armutslage innerfamiliär tabuisiert wird, was zu einer zusätzlichen Belastung für die Kinder werden kann (vgl. ebd.). Eine Folge von geringem Einkommen ist auch das Verhalten bezüglich Gesundheit (vgl. LAMPERT/RICHTER 2010, S.62). Sobald in einem der Bereich etwas schiefläuft, sind Auswirkungen auf die Entwicklungsprozesse in der Kinder- und Jugendphase fast schon vorprogrammiert, denn hier sind die physischen und psychischen Prozesse der Entwicklung noch nicht abgeschlossen (vgl. ebd.). Wächst ein Kind in Armut auf, so erhöht sich beispielsweise das Risiko für frühe Entwicklungsstörungen, Defizite im Ernährungs- und Bewegungsverhalten, Rauchen, Übergewicht und psychischen Problemen sowie Verhaltensauffälligkeiten (vgl. ebd.).

Als Ursache für Bildungsarmut gilt die materielle Armut, hierbei ist auch das Alter entscheidend (vgl. BENZ/HEINRICH 2018, S.576.) Das liegt daran, dass es im späteren Leben schwer oder gar unmöglich ist das aufzuholen, was in der Kinder- und Jugendphase im Bildungsbereich verpasst wurde (vgl. ebd., S.576f). Auch Digitale Ungleichheit ist eine Folge von Armut, da Medien wichtig für kulturelle und politische Teilhabe sind, ebenso für die Entwicklung der Persönlichkeit (vgl. WITTING 2018, S.457). Eine große Bedeutung haben sie auch im Bereich der Ausbildungs- und Erwerbsfähigkeit (vgl. ebd.). Zu benennen ist der Nutzen von Medien zur Gewinnung von Informationen oder zum Kommunizieren und Unterhalten (vgl. ebd.). Aufgrund der durch Armut mangelnden finanziellen Mittel haben Menschen, die in Armutsverhältnissen aufwachsen, oft weniger Möglichkeiten internetfähige Geräte zu erwerben oder sich das Internet an sich zu leisten (vgl. ebd., S.458). Kinder dieser Familien können nicht mit den Kindern wohlhabender Familien mithalten und erfahren dadurch Ausgrenzung, zumal die Mediennutzung Begleitung von Erwachsenen bedarf und Eltern aus sozial schwachen Milieus das nicht immer gewährleisten können (vgl. ebd. S.458f.). Folge hierbei sind etwa ein überhöhter Medienkonsum oder auch die Nutzung von nicht kindgerechten und nicht jugendfreien Inhalten (vgl. ebd., S.459).

Wachsen Kinder und Jugendliche in Armut auf, so hat dies Auswirkungen auf ihre unterschiedlichen Lebens- und Entwicklungsbereiche. Sozialpädagogische und politische Maßnahmen sollen diese Auswirkungen verringern, sodass die Kluft zwischen Arm und Reich verkleinert wird und soziale Ungleichheiten minimiert werden. Faire und möglichst einheitliche Bedingungen für alle Kinder sind essenziell, da sich kein Kind seine Lebenslage aussucht, sondern in diese reingeboren wird. Hierbei spielt es dann keine Rolle, ob es eine Familie aus der Mittelschicht ist oder eine sozial schwache, jedes Kind dieser Familie hat das Recht auf gerechte Bedingungen.

5. Prävention und Maßnahmen der

Sozialpolitik gegen Kinderarmut Der Armuts- und Reichtumsbericht hat verdeutlicht, dass Kinder aus Armutsverhältnissen schlechtere Zukunftsaussichten haben als Kinder aus sozial sicheren Verhältnissen. Da die Familien meist nicht allein aus ihren ärmlichen Verhältnissen ausbrechen können, brauchen sie externe Unterstützung. Die deutsche Sozialpolitik entwickelte einige Maßnahmen für genau diese Familien, die auch als Prävention gegen Kinderarmut wirken sollen. Im weiteren Verlauf sollen nun vier Maßnahmen beleuchtet werden, welche alle durch Gesetze verankert sind und somit eindeutig ist, welche Personengruppe welchen Anspruch hat.

Als primäre Armutsprävention werden politische Maßnahmen definiert, Armutsprävention seit einigen Jahren auf der politischen Agenda Deutschlands steht (vgl. ZANDER 2015, S.53). Primäre Armutsprävention beschreibt alle Mittel, die von der Politik gegen Armut verwendet werden, hierzu gehören etwa Bildung, Arbeit, Einkommen, Wohnen, Gesundheit und kulturelle bzw. soziale Teilhabe (vgl. ebd.).

[...]

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Kinderarmut in Deutschland. Welche Maßnahmen ergreifen die Sozialpolitik und die Soziale Arbeit und wie lassen sich diese vergleichen?
Hochschule
Duale Hochschule Baden-Württemberg, Stuttgart, früher: Berufsakademie Stuttgart
Note
1,9
Autor
Jahr
2021
Seiten
21
Katalognummer
V1305453
ISBN (Buch)
9783346773678
Sprache
Deutsch
Schlagworte
kinderarmut, deutschland, welche, maßnahmen, sozialpolitik, soziale, arbeit
Arbeit zitieren
Finn Biemüller (Autor:in), 2021, Kinderarmut in Deutschland. Welche Maßnahmen ergreifen die Sozialpolitik und die Soziale Arbeit und wie lassen sich diese vergleichen?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1305453

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Im eBook lesen
Titel: Kinderarmut in Deutschland. Welche Maßnahmen ergreifen die Sozialpolitik und die Soziale Arbeit und wie lassen sich diese vergleichen?



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden