Die staufische Politik gegenüber dem Papsttum in den Jahren 1183 bis 1191


Hausarbeit (Hauptseminar), 2006

26 Seiten, Note: 2,5


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

1. EINLEITUNG

2. DIE STAUFISCHE POLITIK IN DEN JAHREN 1183 BIS 1191
2.1 DIE STAUFISCHE POLITIK UND DAS IMPERIUM ROMANORUM
2.1.1 Deutschlandpolitik
2.1.2 Italienpolitik
2.2 DIE STAUFISCHE POLITIK UND DAS REGNUM SICILIE

3. DAS VERHÄLTNIS ZUR RÖMISCHEN KURIE
3.1 DIE VERHANDLUNGEN VON VERONA
3.2 DIE VERLOBUNG HEINRICH VI. UND IHRE BEDEUTUNG FÜR DAS PAPSTTUM
3.3 DER KREUZZUG FRIEDRICH I

4. DER TOD FRIEDRICHS I. UND DIE KAISERKRÖNUNG HEINRICHS VI.

5. RESÜMEE

6. BIBLIOGRAPHIE

1. EINLEITUNG

Mit dem Krönung des Staufers Konrad III. zum deutschen König begann der Aufstieg der staufischen Dynastie, die mit der Kaiserkrönung Friedrich Barbarossa zur wich-tigsten weltlichen Herrscherfamilie des Abendlandes wurde. Damit stand sie der geist-lichen Universalgewalt der römischen Kirche mit dem Papsttum an ihrer Spitze gegen-über, was sich seit dem Investiturstreit im 11. Jahrhundert in einer immer wieder aufflammenden Kontroverse zwischen Kaiser und Papst um die „rechte, gottgewollte Ordnung der Christenheit“1 zeigte. Daher bildete der Konflikt zwischen Kaiser und Papst eine zentrale Rolle während der gesamten der staufischen Herrschaft, also auch in den Jahren 1183-1191. Jedoch konnten sich weder der Kaiser noch der Papst ein völliges Abbrechen diplomatischer Politik leisten, da jeder den anderen für das Durchsetzen seiner politischen Interessen und Zielsetzungen benötigten.2

Nachfolgend soll anhand den bedeutendsten Ereignissen der staufischen Deutschland-, Italien- und Sizilienpolitik der Jahre 1183 bis zur Kaiserkrönung Heinrichs VI. im April 1191 die jeweiligen politischen Interessen hervorgehoben werden und inwieweit diese mit denen der römischen Kirche widersprachen. Wie bereits erwähnt wurde, war die Beziehung zwischen Kaisertum und Papsttum für die mittelalterliche Politik von enormer Bedeutung, deshalb muss sich das politische Handeln Kaiser Barbarossas sowie König Heinrichs auf das Verhältnis zum Papsttum auswirken. Diese Aus-wirkungen sowie die Reaktionen der Staufer bzw. der römischen Kirche auf die Politik der anderen Seite sind dabei von besonderem Interesse. Hierfür sind die Verhandlungen von Verona 1184 von besonderem Interesse. Denn dort spielten mit der Frage nach dem Vorgehen hinsichtlich der Trierer Doppelwahl die Deutschlandpolitik, mit der Frage nach einer endgültigen Regelung bezüglich der Mathildischen Güter die Italienpolitik und mit der Verlobung von Heinrich VI. und Konstanze von Sizilien die Sizilienpolitik eine Rolle. Des weiteren soll die Verlobung des Kaisersohns mit der möglichen Erbin des sizilischen Königreichs und ihre Folgen für das Verhältnis zum Papsttum, das eine staufische Umklammerung fürchten musste, untersucht werden. In den letzten Jahre der Regentschaft Friedrichs I. ist der geplante Kreuzzug ein Indikator für die Beziehung zwischen dem weltlichen und dem geistlichen Herrscher, daher darf er in dieser Unter-suchung nicht außen vor bleiben.

2. DIE STAUFISCHE POLITIK IN DEN JAHREN 1183 BIS 1191

2.1 Die staufische Politik und das Imperium Romanorum

2.1.1 Deutschlandpolitik

Die gesamte politische Aufmerksamkeit Friedrichs I. während seiner Herrschaftszeit wurde hauptsächlich durch die Probleme in Reichsitalien und in Deutschland gefordert und somit standen diese im Zentrum seiner Italien- bzw. Deutschlandpolitik. In Deutschland lag der Fokus seines politischen Interesses besonders auf dem Verhältnis zu den Reichsfürsten, die seit dem allmählichen Auseinanderbrechen der großen Stammesherzogtümer im 11. Jahrhundert versuchten ihren Einflussbereich gegenüber konkurrierenden Adelsgeschlechter zu erweitern und in ihrem Machtbereich eine möglichst unabhängige Stellung als Reichsfürsten zu erlangen. Da es dem deutschen Königtum nicht möglich war, während den Auseinandersetzungen mit dem Papsttum im Laufe des Investiturstreit diesen Entwicklungen entscheidend entgegenzuwirken, gelang es manchen mächtigen Adelsfamilien eine starke Opposition zum Königtum zu bilden. Als oppositionelle Kräfte der staufischen Deutschlandpolitik spielten besonders die Welfen, die selbst Ansprüche auf die Königswürden erhoben, für den weltlichen sowie der Erzbischof von Köln für den geistlichen Adel eine besondere Rolle.3

Um seinen Einfluss und Rückhalt in Deutschland zu stärken und weiter auszubauen, suchte Friedrich I. den Ausgleich mit den geistlichen sowie den weltlichen Fürsten. Besonders durch seine Bemühungen die ausbrechenden Konflikten unter den Reichsfürsten friedlich zu lösen und somit ihre jeweiligen Vorrechte zu wahren bzw. sogar vergrößern, konnte der Kaiser seine Autorität vergrößern und es gelang ihm, die Fürsten sich ihr zu verpflichten. Jedoch wusste er, dass es nicht ausreichte seinen Einfluss allein aufgrund seiner Persönlichkeit und seines Verhandlungsgeschick zu sichern, sondern er musste das Königtum durch eine eigenständige Machtgrundlage festigen. Hierzu zählten für Friedrich I. Barbarossa u.a. die dem König seit dem Wormser Konkordat verbliebenen Rechte bei der Besetzung der Bistümer, wobei er sich nicht immer an die dort gezogenen Grenzen hielt. Dadurch wollte Friedrich sich die Zuverlässigkeit des Reichsepiskopat sichern, was ihm auch in weiten Teilen gelang und somit zählte dieser zu seinen zuverlässigsten Fürsten. Das Papsttum forderte jedoch seit Gregor VII., dass der Papst als Nachfolger Petri allein dessen Binde- und Lösegewalt erbte, um mit uneingeschränkter Vollmacht die Geschicke der Kirche zu lenken. Daher hatte nach der Auffassung der römischen Kurie nur der Papst das Recht Bischöfe ein-oder abzusetzen. Diese unterschiedliche Auffassung über das Bestätigungs- und Besetzungsrecht, der für die Reichspolitik wichtigen Bischofssitze, führte häufig zu hef-tigen Auseinandersetzungen zwischen Kaiser und Papst, wie sich am Beispiel der Trierer Doppelwahl von 1183 zeigen sollte.4

Nach dem Tode des Trierer Erzbischofs Arnold am 25. Mai 1183 kam es zu einer nicht eindeutigen Wahl seines Nachfolgers. Über den Verlauf dieser Doppelwahl berichtet die zeitgenössische Darstellung der Gesta Treverorum5. Ihr zufolge hatten sich ein Großteil der Domkanoniker und der höheren Geistlichkeit am Vorabend der Bestattung Arnolds auf den Dompropst Rudolf von Wied als geeigneten Kandidaten für die bevorstehende Wahl festgelegt. Jedoch kam es nach der Beisetzung am folgenden Tag zu einem Eklat, denn der Kardener Archidiakon Folmar wollte sich ebenfalls zur Wahl stellen und merkte an, dass nur derjenige Bischof werden könnte, dem die Mehrheit des Klerus und des Volkes zustimmte. Hieraus lässt schließen, dass sich Folmar der Mehrheit des Volkes sicher zu sein schien, denn er forderte das Domkapitel auf, sich der Entschei-dung des Volkes zu fügen. Außerdem drängte er auf ein schnelle Wahl, da er eine längere Vakanz des Bischofssitzes nicht länger für ratsam hielt. Jedoch befürchtete er vielmehr, dass viele seiner potentiellen Wähler aufgrund einer Verschiebung der Wahl auf den Nachmittag nicht mehr an ihr teilnehmen würden, da sie möglicherweise abreisen könnten. Damit sah er seinen Wahlerfolg in Gefahr, denn das Abreisen eines Teil des Adels hatte zur Folge, dass sich das Stimmenverhältnis unter den Laien zu seinen Missgunsten verschieben könnte. Die Anhänger Rudolfs hingegen verlegten die Wahl auf drei Uhr nachmittags und wollten auch nicht vor der vereinbarten Zeit zum Dom kommen. Nun schienen sich jedoch die Ereignisse zu überschlagen, denn Folmar wurde in der Abwesenheit der Anhänger Rudolfs „ raptum eum potius quam electum6 auf den Bischofsstuhl gesetzt. Als diese zur festgesetzten Stunde ankamen, wollten sie eine Wahl Folmar nicht hinnehmen. Deshalb sandten sie Boten zum Hof des Kaisers, der die Parteien nach Konstanz vorlud.7

Hier endet der Bericht der Gesta Treverorum über die Vorgänge in Trier und für das Verhältnis zwischen Papst und Kaiser soll nicht der Verlauf der Wahl und dessen Interpretation im Vordergrund stehen, sondern die unterschiedlichen Standpunkte des Kaisers bzw. des Papstes über die rechtmäßige Besetzung des freien Trierer Bischofs-stuhl. Der Kaiser und auch Rudolf gingen von einer zwiespältigen Wahl aus und über eine solche hatte gemäß des Wormser Konkordats der Kaiser zu bestimmen. Deshalb lud er, nachdem er von der Wahl erfahren hatte, beide Parteien nach Konstanz. Dort traten sowohl Rudolf als auch Folmar vor den Kaiser, der die Wahl wiederholen ließ. Über die genaue Zusammensetzung der Gesandtschaft, die nach Konstanz reiste, ist nichts bekannt. Doch musste die Zusammensetzung wahrscheinlich so gewesen sein, dass Folmar einen für sich negativen Ausgang einer erneuten Wahl befürchtet haben, denn er protestierte gegen das Vorgehen und verließ den Hof. Die wenigen restlichen Anwesenden8 wählten Rudolf faktisch einstimmig. Deshalb bestätigte der Kaiser die Wahl und erteile ihm die Investitur. Im Gegensatz zu Rudolf betrachtete Folmar die Wahl Rudolfs in Trierer durch eine Minderheit des Klerus als unrechtmäßig und lehnte deshalb eine neue Wahl am Hofe des Kaisers ab. Ihm blieb als letzte Möglichkeit nur noch die Appellation an den Papst. Für diesen hingegen bedeutete die Regalienver-leihung des Kaisers, dass dieser seine Entscheidung vorweg genommen hatte, da eine Verwerfung der Wahl Arnolds einer Verwerfung der Entscheidung des Kaisers gleich-kam. Somit wurde durch die Regalienverleihung des Kaisers das Appellationsrecht an den Papst praktisch ausgeschlossen, was dieser als Schwächung seiner politischen Möglichkeiten gesehen haben musste.9

Die weitere Entwicklung hinsichtlich der Trierer Doppelwahl hing im wesentliche von dem Verhältnis zwischen Papst und Kaiser ab. Denn als Folmar sich an den Papst wandte, war die Beteiligung von Laien an kirchlichen Wahlen überholt und trotzdem spielte die Trierer Doppelwahl für die Beziehung zwischen Kaiser und Papst eine bedeutende Rolle. Dies trat besonders im Laufe der Verhandlungen von Verona zutage. Hierbei verurteilte Papst Lucius III. vor allem das brutale Vorgehen König Heinrichs VI. gegenüber den Anhängern Folmars. Festzuhalten bleibt, dass sich die römische Kurie bis zu den Verhandlungen von Verona aus den Trierer Streitigkeiten heraushielt. Auch wenn es dort zu keiner Einigung bezüglich der Doppelwahl kam, schien Lucius einer Entscheidung weiterhin aus dem Weg zu gehen. Nach dem Tod von Papst Lucius folgte auf dem Papststuhl mit Ubert von Mailand als Papst Urban III. ein Kritiker der staufischen Politik. Dieser verwarf die Wahl Rudolfs und nahm am 01. Juni 1186 die Bischofsweihe Folmars zum Bischof von Trier in Verona vor. Damit stellte sich der Papst offen gegen die Entscheidung des Kaisers, der Rudolf bereits 1183 in Konstanz die Investitur verliehen hatte. Das Vorgehen des Papstes musste Friedrich als offene Kampfansage verstanden haben, gegen die er sogleich Gegenmaßnahmen einleitete. Er ließ die Alpenpässe für die römische Kurie sperren und beauftragte König Heinrich, der sich in Mittelitalien aufhielt, zu einem verstärkten Vorgehen in den kirchlichen Herr-schaftsgebieten dieses Bereichs.10

Eine Entspannung zwischen Kurie und Kaiser hinsichtlich der Trier Streitigkeiten war erst nach dem Tode Urbans am 20. Oktober 1187 möglich. Auch wenn sein Nachfolger Gregor VIII. nur zwei Monate im Amt sein sollte, bedeutete sein Pontifikat eine Wende in der päpstlichen Politik und es kam zu einer Annäherung an den Kaiser. Er stellte sich in einem Schreiben vom 30.11.118711, in dem er darauf hinwies, dass Folmar künftig keine Exkommunikation oder Suspension gegen Persönlichkeiten der Trierer Kirche vornehmen sollte, ohne dies zuvor mit ihm abgesprochen zu haben, gegen diesen. Zu einer endgültigen Lösung der Trierer Frage kam es als Folmar sich einer kaiserlichen Vorladung widersetzte und trotz der Aufforderung von zwei päpstlichen Legaten sowie den Sicherheitsbekundungen sowohl des Kaiser als auch König Heinrichs nicht Folge leistete. Daraufhin wurde er seines Amtes enthoben und durch den Verzicht Rudolfs auf seine Rechte, war der Weg zu einer Neuwahl frei. Am 26. Juni 118912 teilte Papst Clemens dem Domkapitel, dem übrigen Klerus und den Laien von Trier die Absetzung

Folmars mit, worauf sie von ihren Gehorsamsverpflichtungen gegenüber Folmar entbunden wurden.13

2.1.2 Italienpolitik

Im Zentrum der staufischen Italienpolitik standen die Städte. Im Gegensatz zu Deutsch­land wurde hier die Städtepolitik stark kirchenpolitisch bedingt. Im Mittelpunkt stand für Barbarossa vor allem die Regelung der Regalien, also die Regelung der alten Herrschaftsrechte des Königs, die viele Städte in ihre eigenen Hände genommen hatten. Deshalb wollte Friedrich I. die Regalien ihren unrechtmäßigen Besitzern entziehen, um sie wieder unmittelbar selbst ausüben zu können. Das bedeutete, dass jeder der sich dieser Rechte bedienen wollte, diese vom Kaiser direkt verliehen bekommen musste. Damit erhoffte er sich neben dem politischen Machtgewinn vor allem durch den Rega-lienzins erhebliche Einkünfte für die Reichskasse. Diese wollte er zusätzlich steigern, indem er insbesondere die Regalien direkt beanspruchte, die einen hohen finanziellen Nutzen versprachen. Darunter fallen vor allem die Zölle und das Fodrum. Diese Politik stieß hauptsächlich in den Städten der Lombardei, die aufgrund ihres wachsenden Reichtums als Fernhandelszentren sowie der Schwäche der bischöflichen Stadtherren eine weitgehende Autonomie erreicht und die Regalien in ihre eigene Hand genommen hatten, auf erbitterten Widerstand.14

Deshalb schlossen sich am 1. Dezember 1167 vierzehn der oberitalienischen Städte, u.a. Venedig, Verona, Mailand und Cremona, zur Lega Lombarda - zum Lombardenbund – zusammen, um sich der Politik Barbarossas zu widersetzen. Dieser stellte nach mehreren kleineren, zeitlich begrenzten Städtebündnissen den ersten länger Zusammen-schluss italienischer Kommunen dar. Außerdem vereinte er die, aufgrund ihres Reichtums, aber besonders wegen ihrer weitgehenden Selbstverwaltung und der Aus-dehnung ihrer Herrschaft auf das Umland, mächtigsten Städte der damaligen Zeit. Das politische Ziel des Lombardenbundes war die Zurückdrängung der Reichsherrschaft auf ein sehr niedriges Niveau. Deshalb wollten sie nicht mehr für Friedrich I. leisten als zu dessen Regierungsantritt üblich war. In den folgenden Jahren kam es immer wieder zu schweren Auseinandersetzungen zwischen den kaiserlichen Truppen und der Lega Lombarda, die vom Papst unterstützt wurde.15

Für die staufische Italienpolitik der 1180er Jahre ist vor allem der am 20. Juni 1183 mit den lomardischen Städten geschlossene Friede von Konstanz von Bedeutung. Denn mit der pax Constantiensis16 war ein akzeptabler Kompromiss gefunden worden, der die Ansprüche beider Seiten berücksichtigte. Die lang umkämpfte Regalienhoheit erhielten die Städte, wohingegen sich der Kaiser, neben einer einmaligen Abfindung von 16.000 Pfund kaiserliche Münzen, den jährlichen Regalienzins von 2000 Mark Silber sicherte. Außerdem erhielten die lombardischen Städte das Recht, ihre Konsuln selbst zu wählen, auch wenn diese alle fünf Jahre vom Kaiser erneut eingesetzt werden mussten. Friedrich

I. konnte zwar einige Forderungen gegenüber den Städten nicht durchsetzen, dafür band er jedoch den Lombardenbund, der nun eine Art vom Kaiser legitimierter Interessen-verband der oberitalienischen Städte war, fest in die Strukturen des Reiches ein. Die Anerkennung der oberitalienischen Kommunen brachte dem Imperium neben einer geregelten finanziellen Einnahme einen außerordentlichen politischen Gewinn ein.. Denn die ehemals antikaiserlich eingestellten Städte zeigten sich während des letzten Italienzuges Friedrichs I. in den Jahren 1184-1186 als feste Verbündete der Reichsgewalt. Somit war es dem Kaiser trotz der Ausweglosigkeit seiner militärischen Lage ab 1174 mithilfe hartnäckiger Verhandlungen gelungen, sowohl die geschlossene Reihe der Städte mittels diplomatischer Mitteln zu durchbrechen, als auch die Allianz der Städte mit dem Papsttum zu lösen. In den späten Jahren der Regierung Barbarossas führten daher das Bündnis mit Mailand und die geregelten Beziehungen zum Lombardenbund zu einem Höhepunkt der Reichsgewalt über Italien. Die politische Wendigkeit, die der Kaiser hinsichtlich seiner Städtepolitik in Italien zeigte, macht deutlich, dass er schon damals eine günstige Ausgangssituation für die Nachfolge seines Sohnes Heinrich VI. sichern wollte.17

Nach der Beilegung des oberitalienischen Konfliktherdes lenkte Friedrich sein Augen-merk auf Mittelitalien, das nicht nur für den Kaiser, sondern auch für das Papsttum von großer Bedeutung war, da es sich dort ein eigenes Herrschaftsgebiet - das Patrimonium beati Petri - aufgebaut hatte. Ein zentraler Machtfaktor Mittelitaliens bildete die Mark-grafschaft Toskana. Die sog. Mathildischen Güter waren ein umfangreicher Besitz- und Herrschaftskomplex, der von der letzten Besitzerin - Mathilde von Tuszien - 1102 der römischen Kirche vermacht wurde, von der sie diese als Lehen zurück erhielt. Neun Jahre später schien sie ihre zuvor gezeigte antikaiserliche und propäpstliche Haltung zu ändern und übertrug ihre Güter nun dem Salier Heinrich V.. Nach dessen Tod ent-brannte ein heftiger Konflikt um den rechtmäßigen Erben der Mathildischen Güter, da sowohl der Kaiser als auch das Papsttum Anspruch auf diese Besitzungen erhoben, die aufgrund ihrer strategischen Lage - durch sie führten die Verbindungen nach Rom - für beide Parteien von großem Interesse waren.18

Die Bedeutung der Mathildischen Güter für die staufische Italienpolitik trat bereits im Verlauf der Friedensverhandlungen mit Papst Alexander III. hervor. Denn im Vorfrieden von Anagni 1176 war noch von einer Rückgabe der Rechte an das Papsttum die Reden, wohingegen im Friede von Venedig solche Bestimmungen gänzlich fehlten. Nach der Ablehnung des kaiserlichen Angebots an die Kurie in den Jahren 1183/1184, in dem Friedrich I. dem Papst und dem Kardinalskolleg jeweils 10 Prozent der Reichseinkünfte aus Italien anbot, sollte das Papsttum im Gegenzug auf die Güter verzichten, war der Kaiser jedoch nicht gewillt seine Bemühungen in Mittelitalien aufzugeben. Deshalb verpflichtete er am 11. Februar 1185 in seinem Abkommen mit der Stadt Mailand19 diese zur Unterstützung seiner Rekuperationsbemühungen hinsichtlich Mathildischen Güter. Außerdem verlieh er mittels seiner persönlichen Präsenz in Mittelitalien im selben Jahr seiner Italienpolitik Nachdruck. Zusätzlich versuchte er mit einer systematischen Regalienverleihung an einflussreiche mathildische Vasallen, diese an das Reich zu binden. Mit der Verlobung Heinrichs VI. mit Konstanze von Sizilien 1184 gewann das Interesse an Mittelitalien für die staufische Politik einen neue Bedeutung, da es nun bei einer möglichen Verbindung des Reiches im Norden und dem sizilianischen Königreich als Brückekopf dienen könnte.20

[...]


1 STÜRNER, Wolfgang: Kaiser und Papst zu Stauferzeit, in: Rottenburger Jahrbuch für Kirchengeschichte 22 (2003), S. 222

2 BAAKEN, Gerhard: Unio regni ad imperium. Die Verhandlungen von Verona 1184 und die Eheabredung zwischen König Heinrich VI. und Konstanze von Sizilien, in: ders.: Imperium und Papsttum. Zur Geschichte des 12. und 13. Jahrhunderts. Festschrift zum 70. Geburtstag, hrsg. von Karl Augustin Frech und Ulrich Schmidt, Köln/ Weimar/ Wien 1997, S. 99-101.

3 Vgl.: HEINEMEYER, Karl: König und Reichsfürsten in der späten Salier- und frühen Stauferzeit, in: BDLG 122 (1986), S. 31-39 sowie MIKULLA, Lothar: Fürstenopposition gegen die Reichsgewalt im 12. Jahrhundert, Marburg 2003, S. 141-152, 167-168.

4 Vgl.: STÜRNER: Kaiser und Papst zu Stauferzeit, S. 222-224.

5 Gestorum Treverorum cont. III., MGH SS XXIV, S. 383-389.

6 Ebd., S. 384, Z. 3: „[...] raptum eum potius quam electum [...].

7 Zum Verlauf der Trierer Doppelwahl 1183 vgl.: Gestorum Treverorum cont. III., MGH SS XXIV, S. 383-389.

8 Ebd., S. 384, Z. 11-12:„ Alii vero, quamvis pauci, Rudulfum prepositum iterum electum presentaverunt [...] “.

9 Vgl.: HEYEN, Franz-Josef: Über die Trierer Doppelwahlen von 1183 und 1242, in: AmrhKG 21 (1969), S. 21-28.

10 Vgl.: OPLL, Ferdinand: Friedrich Barbarossa, Darmstadt 1990, S. 152-154 sowie HEYEN: Trierer Doppelwahlen, S. 26-27.

11 MGH Const. I, Nr. 412.

12 Mittelrheinische Regesten oder chronologische Zusammenstellung des Quellenmaterials für die Geschichte der Territorien der beiden Regierungsbezirke Koblenz und Trier in kurzen Auszügen, 2. Teil (1152-1237), hrsg. von Adam Goerz, Koblenz 1974 (= Neudr. der Ausg. Koblenz. 1879), Nr. 613.

13 Vgl.: HEYEN: Trierer Doppelwahlen, S. 26-28.

14 Vgl.: OPLL: Friedrich Barbarossa, S. 190-195, 261-264 sowie STÜRNER, Wolfgang: Friedrich II. Teil 1. Die Königsherrschaft in Sizilien und Deutschland 1194-1220, Darmstadt 1992, S. 7-9.

15 Vgl.: HAVERKAMP, Alfred: Der Konstanzer Friede zwischen Kaiser und Lombardenbund (1183), in: Kommunale Bündnisse Oberitaliens und Oberdeutschlands im Vergleich, hrsg. von Helmut Maurer, Sigmaringen 1987, S. 13-15.

16 Friderici I. Diplomata 4, Nr. 848. Friedrich und sein Sohn Heinrich bestätigen den Friedensvertrag mit den Lombarden am 25. Juni 1183 in Konstanz.

17 Vgl.: OPLL: Barbarossa, S. 252-253, 265-267; HAVERKAMP: Der Konstanzer Friede, S. 33-34. 42-44 sowie OPLL, Ferdinand: Stadt und Reich im 12. Jahrhundert. (1125­1190), Wien 1966, S. 531-533.

18 Vgl.: GOLINELLI, Paolo: Die Lage Italiens nach dem Investiturstreit. Die Frage der mathildischen Erbschaft, in: Klaus HERBERS (Hrsg.): Europa an der Wende vom 11. zum 12. Jahrhundert. Festschrift für Werner Goez, Stuttgart 2001, S. 58-61 sowie OPLL: Barbarossa, S. 178-180.

19 Friderici I. Diplomata 4, Nr. 896.

20 Vgl.: OPLL: Barbarossa, S. 180-181.

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Die staufische Politik gegenüber dem Papsttum in den Jahren 1183 bis 1191
Hochschule
Universität Stuttgart  (Historisches Institut )
Veranstaltung
Hauptseminar
Note
2,5
Autor
Jahr
2006
Seiten
26
Katalognummer
V130647
ISBN (eBook)
9783640367658
ISBN (Buch)
9783640367962
Dateigröße
628 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Politik, Papsttum, Jahren
Arbeit zitieren
Tanja Rilka (Autor:in), 2006, Die staufische Politik gegenüber dem Papsttum in den Jahren 1183 bis 1191, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/130647

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