Bram Stoker's Dracula

Das Frauenbild im Dracula


Seminararbeit, 2007

13 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Gliederung

1 Einleitung

2 Die Rolle der Frau
2.1 Das viktorianische Zeitalter
2.2 Die New Women Bewegung

3 Das Frauenbild im Dracula
3.1 Lucy Westenra
3.1.1 Bildung und Lebenswandel
3.1.2 Verführung durch Dracula
3.1.3 Die Vampirin Lucy
3.2 Mina Harker
3.2.1 Bildung und Gebrauch moderner Medien
3.2.2 Das Idealbild der fürsorglichen und puritanischen Ehefrau
3.2.3 Minas Verführung durch Dracula
3.2.4 Minas Gedanken über die Modernen Frauen

4 Schluss

5 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Der Roman „Dracula“, 1897 von Bram Stoker geschrieben, behandelt oberflächlich gesehen das Eindringen des Vampirgrafen nach England, die Jagd auf ihn und seine Vernichtung. Der Roman wirkt anfänglich rein unterhaltend, und zielt darauf ab, dass der Leser sich gruselt. Wenn man den Roman jedoch tiefgründiger liest und ihn auf die Auswirkungen der Fin de Ciècle Wirren des ausgehenden 19. Jahrhunderts hin untersucht, ergeben sich bei der Lektüre noch viele weitere Themen, die unter dem Deckmantel des Schauerromans verborgen sind. Unter der Chiffre „Dracula“ oder „Vampir“ versteckt der Autor Hauptthemen wie die Angst vor ausländischen Einflüssen aufgrund der Kolonialisation oder auch vor Veränderungen in der Gesellschaft.

Eine große Veränderung war das Aufkommen von Frauenrechtsbewegungen wie den New Women im ausgehenden Jahrhundert. Die Befreiung der Frau aus den starren Zwängen des verstaubten viktorianischen Zeitalters war ihr Ziel und machte sie zum Feindbild einer breiten Masse der Bevölkerung. Genau hier setzt die Seminararbeit an. Im folgendem sollen die beiden weiblichen Romanfiguren Lucy Westenra und Mina Harker untersucht werden. Die Frage, welchen Frauenbildern sie entsprechen und wie sie durch das Auftreten Draculas verändert werden, soll hierbei die Hauptleitfrage sein.

2 Die Rolle der Frau

2.1 Das viktorianische Zeitalter

Der Status der Frau in England wird oft als Verkörperung der Widersprüche zwischen Englands großem wirtschaftlichen Reichtum und seiner politischen Macht auf der einen Seite und seinem puritanischen, verspießerten Lebensstil auf der anderen Seite gesehen. Obwohl sich Großbritannien durch das frühe Einsetzen der Industrialisierung und seiner politischen Stellung als wohlhabendes Land und erste Konsumgesellschaft Europas ausweisen konnte, war der Lebensstil seiner Bevölkerung nicht dekadent und hedonistisch, sondern streng gläubig und von altmodischen Denkweisen geprägt.

Die Rolle der Frau war es, Kinder zu bekommen und den Haushalt zu versorgen. Sie sollten damit im direkten Kontrast zum viktorianischen maskulinen Ideal stehen. Sally Kline bezeichnet das als „Tandem Theorie“[1]. Außerdem war die Frau „the household general“[2]. Dieser Begriff wurde 1861 von Isabella Beeton geprägt. Sie verglich den Stand der Frau im Haushalt mit dem eines Generals einer großen Armee. Um einen geordneten Haushalt zu führen, musste die Frau intelligent planen, organisieren und Aufgaben an die Hausdiener delegieren. Außerdem war es ihre Aufgabe, sich um kranke Familienmitglieder gleich einer liebevollen, fürsorgenden Krankenschwester zu kümmern. Es war ihr erlaubt sich zu bilden, um ihren Mann zu unterstützen, zum Beispiel als Sekretärin. Das sollte die Berufung der Frau im viktorianischen Zeitalter sein. Leben ohne den passenden Ehemann an ihrer Seite war für die Frau von damals beinahe unmöglich, da es für sie sehr schwierig war eigenes Geld zu erwirtschaften und zu verwalten, da der Besitz eines eigenen Kontos ihr untersagt war. Ihre beruflichen Möglichkeiten waren genauso eingeschränkt, da die einzigen Berufe, die sie ausführen konnte ohne ihren Ruf zu gefährden, Berufe im sozialen Sektor wie Lehrerin oder Krankenschwester waren, die nicht durch ihre Bezahlung bestachen. Doch nicht nur im beruflichen sondern auch im Privat- und Intimleben der Frauen gab es Auflagen. Als Ledige war es ihnen zum Beispiel verboten, das Haus ohne Anstandsdame zu verlassen. Das Intimleben eines Ehepaares wurde auch von strengen Regeln beherrscht. Sexualität war zwar als Geschenk Gottes gesehen, diente aber nur zu Fortpflanzungszwecken und sollte nicht zur Befriedigung von Bedürfnissen ausgelebt werden.[3]

2.2 Die New Women Bewegung

Die New Women Bewegung stand im Gegensatz zu den verstaubten viktorianischen Ansichten der Frauenrolle. Sie war eine Reaktion auf die strengen Reglementierungen, denen sich Frauen im ausgehenden Jahrhundert auszusetzen hatten. Ihre Vertreterinnen waren unter berühmten Romanschreiberinnen und auch politischen Denkern zu finden. Sie forderten, Frauen aus der männlichen Unterdrückung zu befreien und ihnen mehr Menschen- und öffentliche Rechte sowie Recht auf Bildung, Arbeit und Einkommen zuzugestehen. Außerdem standen sie für eine sexuelle Revolution der Frau ein. Zu ihren ehelichen sexuellen Pflichten sollten nun auch Rechte hinzukommen. Als eine der größten Frauenrechtsbewegungen Englands riefen die Feministinnen nicht nur Befürworter herbei sondern mussten sich auch harscher Kritik aussetzen. Die Gegner warfen den New Women die Grundsteinlegung zum Aufbau einer hedonistischen Gesellschaft vor, in der sich die Geschlechterrollen auf unnatürliche Arten und Weisen veränderten und keine Kinder mehr zur Welt kämen und aufgezogen wurden. Sie fürchteten, dass die Frauen den Männern ihre politische Macht nehmen würden und das Empire letztendlich untergehen würde. Dazu bezogen sie sich auf eine Stelle im Buch Genesis, die besagt, dass ohne die Frau und ihrem Willen nach Reproduktion, die gesamt menschliche Rasse dem Untergang geweiht sei. Diese Angst spiegelte sich in vielen kontemporairen literarischen Werken wieder, wie Grant Allen’s „The woman who did“ oder auch Bram Stoker’s Dracula.[4]

3 Das Frauenbild im Dracula

3.1 Lucy Westenra

Bram Stoker beschreibt mit Lucy Westenra und Mina Harker zwei unterschiedliche Frauenrollen. Draculas erstes Vampirkind in England ist die junge Lucy. Stoker beschreibt mit Lucy sehr überspitzt eine Vertreterin der New Women Bewegung, wie sie von der postkolonialen britischen Bevölkerung gesehen wurden. Dass diese Sicht kein gutes Haar an den frühen Feministinnen ließ, versteht sich dabei leider von selbst. Anstatt ihren Kampf für ein würdigeres Leben der Frau am im ausgehenden 19. Jahrhundert gut zu heißen, stürzte sich die Öffentlichkeit sofort auf die brisanteren Themen wie mehr sexuelle Freiheiten und begann, die ganze Bewegung zu verunglimpfen.

3.1.1 Bildung und Lebenswandel

Lucy ist eine langjährige Freundin von Mina Harker und steht mit ihr in regen Briefkontakt. Zusammen mit ihrer herzkranken Mutter wohnt sie in einem Landhaus an der See. Lucy´s Familie, die einst sehr wohlhabend war, besteht nur noch aus ihr und der alternden Mutter. Die Zeit vertreibt sich die junge Dame mit Ausritten im Park, Besuchen von Galerien und Spaziergängen,[5] meist in Begleitung der Mutter, die als Anstandsdame fungiert. Ansonsten engagiert sich Lucy nicht besonders, sie hat keinen Beruf und strebt in keinster Weise nach Bildung. Deswegen ist es für sie umso wichtiger, einen geeigneten Ehepartner zu finden, der sich um sie und die kranke Mutter finanziell kümmern kann. Aufgrund dieser Tatsachen ähnelt sie anfänglich auf keinen Fall den modernen New Women, da diese nach Unabhängigkeit und Bildung streben. Zu Beginn des Buches ist Lucy noch ledig, wird aber von mehreren Gentlemen heftig umworben. Das wird im Brief vom 24. Mai an ihre Freundin Mina deutlich. Dr. Seward, Mr. Holmewood und ein Amerikaner namens Cheney halten im Minutentakt um ihre Hand an. Schließlich muss sie sich für einen von ihnen entscheiden.[6] Wie schwer ihr diese Entscheidung fällt, tut sie Mina kund und schreibt: „weshalb kann denn ein Mädchen nicht drei Männer heiraten oder so viele wie sie begehren? “[7] Mit ihrem Charme becirct Lucy die Männerwelt und „wahrscheinlich verlieben sie sich auf der Stelle in sie“[8]. Sehr oft wird sie auch von Mina als sehr süß und sehr niedlich beschrieben, ihre Verehrer sprechen sie mit „kleines Mädchen“[9] an. Ihre kindliche Unbekümmertheit scheint auf die Männer anscheinend eine erotisierende Anziehungswirkung zu haben, ähnlich der, die Nabokov in seinem 1955 erschienenen Roman „Lolita“ beschreibt.[10]

[...]


[1] Kline, Sally: The degeneration of women. Bram Stokers Dracula as allegorical criticism of the fin de ciècle. Inaugural dissertation. Hg. von Erwin Koppen, CNZ- Verlag Rheinbach-Merzbach 1992.

[2] Sheila Rowboatham: Im Dunkel der Geschichte. Frauenbewegungen in England vom 17. bis 20. Jahrhundert, Campus Verlag Frankfurt/New York, 1980.

[3] Hellerstein, Olafson Erna, Parker-Hume Leslie, Offen Karen M.: Victorian Women: A Documentary Account of Women's Lives in Nineteenth-Century England, France, and the United States. Stanford Calif Stanford University Press 1981.

[4] Kline, Degeneration, Rheinbach-Merzbach 1992.

[5] Zit.nach: Stoker, Bram, Dracula. Ein Vampirroman. Ungekürzte Ausgabe, 1967 Carl Hanser Verlag München. S. 36.

[6] Zit.nach: Stoker, Dracula, S.68

[7] Zit.nach: Stoker, Dracula, S.68

[8] Zit.nach: Stoker, Dracula, S.74

[9] Zit.nach: Stoker, Dracula, S.77

[10] Vladimir Nabokov: Lolita. Rowohlt, Reinbek 2005

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Bram Stoker's Dracula
Untertitel
Das Frauenbild im Dracula
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München
Veranstaltung
Schauerromane
Note
2
Autor
Jahr
2007
Seiten
13
Katalognummer
V130684
ISBN (eBook)
9783640362974
ISBN (Buch)
9783640363315
Dateigröße
410 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Bram, Stoker, Dracula, Frauenbild, Dracula
Arbeit zitieren
Ursi Plenk (Autor:in), 2007, Bram Stoker's Dracula, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/130684

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