Die Arbeitnehmerüberlassung übernimmt als „Frühindikator“ eine wichtige Funktion für den gesamten Arbeitsmarkt. In Phasen des konjunkturellen Aufschwungs eilt die Zahl der Leiharbeitnehmer dem allgemeinen Beschäftigungsaufbau zeitlich voraus. In Zeiten der Unsicherheit über das anhaltende Wachstum nutzen Unternehmen verstärkt Leiharbeit als flexibles Instrument der Personalplanung. Während eines Abschwungs bietet die Arbeitnehmerüberlassung Unternehmen die Möglichkeit, zeitnah auf Veränderungen reagieren zu können. Sowohl in der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise als auch in Abschwungphasen der Vergangenheit geht ein Abbau der Zahl der Leiharbeitnehmer dem konjunkturellen Einbruch des Arbeitsmarktes voraus.
Da Leiharbeitnehmer als Teil dieses Frühindikators zuerst von den negativen Auswirkungen einer Rezession betroffen sind, sind sie vergleichbar hohen Risiken und Unsicherheiten ausgesetzt. Leiharbeit gilt als prekäre Form atypischer Beschäftigung, da die betroffenen Arbeitnehmer oft schlechtere Arbeitsbedingungen vorfinden als Beschäftige in einem Normalarbeitsverhältnis. Leiharbeitnehmer sind beispielsweise höheren sozialen Belastungen ausgesetzt, da bei kurzen Einsatzzeiten keine Integration im Entleihbetrieb stattfinden kann.
Die Diskussion über die Arbeitsbedingungen der Leiharbeitnehmer ist durch die Begriffe „equal pay“ und „equal treatment“ geprägt. Durch die Schaffung gleicher Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgeltes soll eine Benachteiligung von Leiharbeitnehmern im Vergleich zu den Stammarbeitnehmern im jeweiligen Entleihbetrieb vermieden werden. Dieses Ziel wollen das Europäische Parlament und der Rat mit ihrer am 21.11.2008 verabschiedeten Richtlinie 2008/104/EG über Leiharbeit verwirklichen. Ein Blick auf die fast 30-jährige Entstehungsgeschichte dieser Richtlinie zeigt, dass die jeweiligen nationalen Vorschriften zur Regelung der Arbeitnehmerüberlassung erheblich divergieren und aus diesem Grund lange Zeit keine Einigung auf europäischer Ebene möglich war. Auch der deutsche Gesetzgeber hat das besondere Schutzbedürfnis der Leiharbeitnehmer erkannt und als Kompensation für die allmähliche Lockerung des Rechtes der Arbeitnehmerüberlassung einen gesetzlichen Gleichbehandlungsgrundsatz eingeführt.
Das Ziel dieser Arbeit ist es, das deutsche Recht der Arbeitnehmerüberlassung vor dem Hintergrund der Richtlinie über Leiharbeit auf einen möglichen Anpassungsbedarf zu analysieren.
Inhaltsverzeichnis
- A) Einleitung
- B) Arbeitnehmerüberlassung in Deutschland
- I. Begriffsbestimmung und Abgrenzungen
- 1. Arbeitnehmerüberlassung.
- 2. Arten der Arbeitnehmerüberlassung.....
- 3. Abgrenzungen der Arbeitnehmerüberlassung .
- a) Werkvertrag.
- b) Arbeitsvermittlung..
- 4. Rechtsbeziehungen im AÜG / Dreiecksverhältnis
- a) Verleiher und Leiharbeitnehmer....
- b) Verleiher und Entleiher .......
- c) Entleiher und Leiharbeitnehmer.
- II. Gesetzliche Grundlagen.
- 1. Entstehung des AÜG
- 2. Reformen des AÜG und wichtigste Änderungen
- III. Ökonomische Entwicklung und Gründe für den Einsatz von
Arbeitnehmerüberlassung.
- 1. Perspektive der Leiharbeitnehmer.
- 2. Perspektive der Verleiher
- 3. Perspektive der Entleiher..
- I. Begriffsbestimmung und Abgrenzungen
- C) Richtlinie 2008/104/EG über Leiharbeit
- I. Entstehung der Richtlinie über Leiharbeit.
- II. Ziele und Inhalte der Richtlinie über Leiharbeit......
- III. Zwischenergebnis: Anpassungsbedarf des AÜG....
- D) Gleichbehandlungsgrundsatz....
- I. Regelung im AÜG
- 1. Grundsatz der Gleichbehandlung, § 3 Abs. 1 Nr. 3 AÜG..............
- a) Wesentliche Arbeitsbedingungen
- b) Vergleichbarer Arbeitnehmer..\n
- c) Exkurs: AGG.............
- 2. Abweichungsmöglichkeiten
- a) Einstellung eines Arbeitslosen als Leiharbeitnehmer......
- b) Bezugnahme auf einen Tarifvertrag.\n
- 3. Überblick: Tarifabschlüsse in der Leiharbeitsbranche.\n
- a) Tariffähigkeit der CGZP.
- b) Folgen unwirksamer Tarifregelungen
- 1. Grundsatz der Gleichbehandlung, § 3 Abs. 1 Nr. 3 AÜG..............
- II. Regelung in der Richtlinie über Leiharbeit
- 1. Grundsatz der Gleichbehandlung, Art. 5 RL 2008/104/EG.
- a) Wesentliche Arbeitsbedingungen ...
- b) Vergleichbarer Arbeitnehmer..\n
- 2. Abweichungsmöglichkeiten
- 1. Grundsatz der Gleichbehandlung, Art. 5 RL 2008/104/EG.
- III. Zwischenergebnis: Anpassungsbedarf des Gleichbehandlungsgrundsatzes........
- I. Regelung im AÜG
- E) Betriebsverfassungsrechtliche Zuordnung der Leiharbeitnehmer
- I. Regelung im BetrVG und AÜG..........\n
- 1. Betriebsverfassungsrechtliche Stellung im Verleihbetrieb.….….............
- a) Wahlrecht der Leiharbeitnehmer.\n
- b) Rechte der Leiharbeitnehmer.…….......
- c) Beteiligungsrechte des Betriebsrates\n
- 2. Betriebsverfassungsrechtliche Stellung im Entleihbetrieb .
- a) Wahlrecht der Leiharbeitnehmer.\n
- b) Rechte der Leiharbeitnehmer........
- c) Beteiligungsrechte des Betriebsrates.\n
- 3. Die betriebliche Praxis
- 1. Betriebsverfassungsrechtliche Stellung im Verleihbetrieb.….….............
- II. Regelung in der Richtlinie über Leiharbeit...\n
- 1. Vertretung der Leiharbeitnehmer, Art. 7 RL 2008/104/EG.....
- 2. Unterrichtung der Arbeitnehmervertreter, Art. 8 RL 2008/104/EG.\n
- III. Zwischenergebnis: Anpassungsbedarf der betriebsverfassungsrechtlichen Stellung der Leiharbeitnehmer.....
- I. Regelung im BetrVG und AÜG..........\n
- F) Fazit.
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Diplomarbeit befasst sich mit der Thematik der Gleichbehandlung von Leiharbeitnehmern in Deutschland. Ziel ist es, den Status quo der Leiharbeit im deutschen Rechtssystem zu analysieren, die europarechtlichen Vorgaben zu beleuchten und den Anpassungsbedarf des deutschen Rechts an die EU-Richtlinie über Leiharbeit aufzuzeigen.
- Begriff und Abgrenzung der Arbeitnehmerüberlassung
- Entwicklung und Reformen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG)
- Gleichbehandlung von Leiharbeitnehmern im AÜG und der EU-Richtlinie 2008/104/EG
- Betriebsverfassungsrechtliche Stellung von Leiharbeitnehmern
- Anpassungsbedarf des deutschen Rechts an europarechtliche Vorgaben
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die den Gegenstand der Untersuchung und die Forschungsfrage erläutert. Kapitel B behandelt die Arbeitnehmerüberlassung in Deutschland, inklusive Begriffsbestimmung, Abgrenzungen zu ähnlichen Arbeitsformen und den rechtlichen Rahmenbedingungen des AÜG. Die ökonomischen Hintergründe und Entwicklungen im Bereich der Leiharbeit werden ebenfalls beleuchtet.
Kapitel C widmet sich der Richtlinie 2008/104/EG über Leiharbeit, ihrer Entstehung, den Zielen und Inhalten. Es wird geprüft, inwieweit das AÜG an die EU-Vorgaben angepasst werden muss. Kapitel D untersucht den Gleichbehandlungsgrundsatz für Leiharbeitnehmer im AÜG und der EU-Richtlinie. Es werden die relevanten Rechtsnormen analysiert und die Abweichungsmöglichkeiten vom Gleichbehandlungsgrundsatz beleuchtet.
Kapitel E befasst sich mit der betriebsverfassungsrechtlichen Zuordnung von Leiharbeitnehmern, sowohl im Verleih- als auch im Entleihbetrieb. Die Arbeit analysiert die relevanten Rechtsnormen und die betriebliche Praxis.
Schlüsselwörter
Die Diplomarbeit beschäftigt sich mit zentralen Themen der Leiharbeit, wie dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG), der EU-Richtlinie 2008/104/EG über Leiharbeit, dem Gleichbehandlungsgrundsatz, der betriebsverfassungsrechtlichen Stellung von Leiharbeitnehmern und der Anpassung des deutschen Rechts an europarechtliche Vorgaben.
- Quote paper
- Stefanie Römer (Author), 2009, Gleichbehandlung von Leiharbeitnehmern, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/130692