Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Bestimmung der Zielgruppe
3. Ursachen von Kinderarmut und deren gesundheitliche Auswirkungen auf Kinder im Grundschulalter
3.1 Armutsgefährdende Faktoren für Kinder
3.2 Gesundheitliche Auswirkungen von Kinderarmut
3.2.1 Fehl- und Mangelernährung als Gesundheitsrisiko für Kinder
3.2.2 Bewegungsmangel als Gesundheitsrisiko für Kinder
3.2.3 Adipositas als Gesundheitsrisiko für Kinder
3.2.4 Auswirkungen auf die Zahngesundheit bei Kindern
3.2.5 Psychische Auswirkungen auf die Gesundheit von Kindern
4. Möglichkeiten der Gesundheitsförderung durch Schulsozialarbeit an Grundschulen
4.1 Auftrag und Ziele der Schulsozialarbeit
4.2 Gesundheitsförderung und Prävention in der Grundschule
4.3 Gesundheitsfördernde Interventionsmöglichkeiten der Schulsozialarbeit
4.3.1 Elternbildung als gesundheitsfördernde Maßnahme für Grundschüler_innen
4.3.2 Maßnahmen der Gesundheitsförderung für Grundschüler_innen
4.3.2.1 Förderung der psychischen Gesundheit
4.3.2.2 Förderung der physischen Gesundheit
5. Fazit
6. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Nach Analysen des Paritätischen Gesamtverbandes, die sich auf den 6. Armuts- und Reichtumsbericht aus dem Jahr 2021 sowie auf den Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes stützen, sind in Deutschland 13,8 Millionen (16,6 Prozent) Menschen von Armut betroffen. Einer besonderen Gefährdung unterliegen Familien mit drei oder mehr Kindern, sowie Einelternhaushalte. Die Quote der von Armut betroffenen Kinder liegt bei 20,8 Prozent (Schneider et al. 2022, S. 3).
Armut bedeutet nicht nur ein Fehlen finanzieller Mittel, sondern zeigt sich in daraus resultierenden Chancenungleichheiten, in denen die Handlungs-, Entwicklungs- und Teilhabemöglichkeiten der Betroffenen eingeschränkt sind (vgl. Kohler-Gehring 2019, S. 35). Nachgewiesen ist, dass bei Menschen mit einem niedrigen sozioökonomischen Status das Gesundheitsverhalten und das Gesundheitsbewusstsein weniger ausgeprägt sind und sich häufiger gesundheitsschädliches Verhalten zeigt. Nicht nur Suchtproblematiken sind zu nennen, sondern ebenso ein mangelndes Bewusstsein für eine gesundheitsförderliche Ernährung und die Notwendigkeit von Bewegung (vgl. Kohler-Gehring 2019 S. 78). Besonders hohe Prävalenzen zeigen sich bei Menschen mit einem niedrigen Bildungsstand sowie in Abhängigkeit vom Wohnort bzw. dem sozialen Umfeld (vgl. Prade etal. 2022, S. 814).
Für Kinder aus sozioökonomisch benachteiligten Familien zeigt sich Chancenungleichheit u. a. in ungleichen Möglichkeiten, gesund aufzuwachsen. Hinzu kommt, dass Kinder, die in ihren Eltern Vorbilder sehen, gesundheitsschädigende Verhaltensweisen von ihnen übernehmen. Wenn Kinder in Unterversorgungslagen aufwachsen und sie wenige oder keine Resilienzfaktoren als Ressourcen besitzen (vgl. Moor et al. 2022, S. 749), hat dies Auswirkungen auf ihr biopsychosoziales Wohlbefinden. Krankheitsursachen sind häufig auf eine Fehl- oder Mangelernährung zurückzuführen, aus der weitere Erkrankungen, wie Adipositas oder Karies resultieren. Aber auch psychische Belastungen oder mangelnde soziale Teilhabemöglichkeiten können in der finanzieller Situation der Familie begründet sein (vgl. Weimann 2018, S. 60 f.).
Betrachtet man die Tatsache, dass 15,4 Prozent der Kinder in Deutschland übergewichtig bzw. adipös sind und daraus Folgeerkrankungen wie Bluthochdruck, Herzerkrankungen und Diabetes mellitus bereits im Kindesalter entstehen können, bedarf es einer frühzeitigen Intervention, damit sich die in der Kindheit erworbenen Erkrankungen nicht bis in das Erwachsenenalter verfestigen (Prade et al. 2022, S. 814).
Die Grundschule, als sekundärer Sozialisationsort neben der Familie, erscheint in diesem Zusammenhang ein geeignetes Setting, um frühzeitig präventiv und intervenierend tätig zu werden. Welche Möglichkeiten der Gesundheitsförderung und -prevention Schulsozialarbeiter_innen im Rahmen ihres methodischen Handelns an Grundschulen haben, soll in der vorliegenden Arbeit herausgearbeitet werden.
Zunächst sollen die Ursachen von Kinderarmut analysiert werden und die sich daraus ergebenden Auswirkungen auf die Gesundheit von Grundschüler_innen beschrieben werden. Um sich den Möglichkeiten einer Gesundheitsförderung durch Schulsozialarbeit zu nähern, sollen zunächst der Auftrag und die Ziele von Schulsozialarbeit verdeutlicht werden, um daraus die Möglichkeiten der Gesundheitsförderung an Grundschulen durch Schulsozialarbeiter_innen ableiten zu können, damit im Fazit die Frage beantwortet werden kann: Welchen Beitrag kann Schulsozialarbeit zur Gesundheitsförderung für von Kinderarmut betroffene Schüler_innen im Grundschulalter leisten?
2. Bestimmung der Zielgruppe
Als Zielgruppe sind Kinder im Grundschulalter aus sozioökonomisch benachteiligten Familien zu bestimmen. Kinder werden in Abhängigkeit vom Geburtsmonat mit sechs bzw. sieben Jahren eingeschult und besuchen die Grundschule in der Regel bis zum zehnten oder elften Lebensjahr (vgl. Deutscher Bildungsserver 2022, Abs. 2, Abs. 4).
Die Zielgruppe der Grundschüler_innen soll in dieser Arbeit lediglich hinsichtlich des sozioökonomischen Status und den daraus resultierenden Erkrankungen näher bestimmt werden. Für die Umsetzung von Projekten der Schulsozialarbeit zur Gesundheitsförderung ist es jedoch notwendig, eine weiterführende zielgruppenspezifischere Bestimmung vorzunehmen. Nur, wenn Gesundheitsrisiken soziallagen- und zielgruppenbezogen evaluiert werden, ist es möglich, die Adressat_innen zu erreichen, auf ihre Bedürfnisse einzugehen, ihre Ressourcen zu nutzen und sie partizipieren zu lassen, um individuelle Lebenslagen zu verbessern und Gesundheitskompetenzen nachhaltig zu entwickeln. Eine Differenzierung kann nach dem Geschlecht, nach der Herkunft und nach dem gesundheitlichen Förderbedarf erfolgen, jedoch ohne die Adressat_innen mit einer Zielgruppenbeschreibung zu stigmatisieren oder zu diskriminieren (vgl. Kooperationsverbund Gesundheitliche Chancengleichheit 2021, S. 13 f.).
3. Ursachen von Kinderarmut und deren gesundheitliche Auswirkungen auf Kinder im Grundschulalter
Im folgenden Kapitel sollen die Ursachen für Kinderarmut dargestellt werden. Zudem soll überprüft werden, ob zwischen dem Aufwachsen in Familien mit einem niedrigen sozioökonomischen Status und dem Gesundheitszustand von Kindern ein Zusammenhang besteht.
3.1 Armutsgefährdende Faktoren für Kinder
Als Armutsfaktor für Kinder ist zunächst die Dimension der finanziellen Situation des Haushaltes zu betrachten. Die Grenze der Existenzsicherung wird mit 60 Prozent des mittleren bedarfsgewichteten Netto-Äquivalenzeinkommen der Gesamtbevölkerung beziffert. Liegen die Mittel darunter, ist von Armut zu sprechen (vgl. Kohler-Gehring 2019, S. 10 f.). Dieses Unterschreiten des soziokulturellen Existenzminimums wird als relative Armut bezeichnet. Zwar ist in Abgrenzung zur absoluten Armut eine physische Existenzsicherung gegeben (vgl. Weimann 2018, S. 31 f.), allerdings resultiert nach Kohler-Gehring (2019) aus dem Mangel an finanziellen Mitteln die Gefahr der sozialen Exklusion, da für die gesellschaftliche Teilhabe finanzielle Mittel notwendig sind (ebd., S. 12).
Die eindimensionale Betrachtungsweise der im Haushalt zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel wirdjedoch Kindern nicht gerecht, da sich Armut auf Kinder mehrdimensional auswirkt. Das Kindeswohl ist nicht ausschließlich von materiellen Gütern abhängig, sondern ist in den Zugangsmöglichkeiten zu öffentlichen Dienstleistungen, in einem Raum zum sicheren und gesunden Aufwachsen sowie in sinnstiftender Freizeitbeschäftigung zu verorten. Armutserfahrung können dauerhafte Folgen für die psychische und physische Entwicklung eines Kindes innehaben (vgl. Minujin et al. 2006, S. 483, übersetzt mit deepl.com).
Eine mehrdimensionale Betrachtungsweise nimmt das kindgerechte Armutskonzept der AWO-ISS Studie vor. Demnach sollen neben der finanziellen Lage des Haushaltes auch die materiellen, sozialen, gesundheitlichen und kulturellen Dimensionen des Kindes betrachtet werden, um daraus Wohlergehen, Benachteiligung oder multiple Deprivation ableiten zu können (vgl. Butterwegge 2010, S. 39). Mit Hilfe des Konzeptes ist es Akteuren wie der Schulsozialarbeit möglich, komplexe Unterversorgungslagen besser zu analysieren und bedarfsgerechter zu handeln.
Armutslagen von Kindern sind im sozioökonomischen Status ihrer Eltern begründet. Nach Weimann (2018) unterliegen Einelternfamilien einem erhöhten Armutsrisiko, da zumeist die Mütter Betreuungsaufgaben zu übernehmen haben und daher häufig nur in Teilzeitbeschäftigungen tätig sein können oder im Sozialleistungsbezug leben. Die ökonomischen Verhältnisse von Alleinerziehenden sind immer schlechter gestellt, als die von Familien mit zwei Erwerbseinkommen (vgl. ebd., S. 47 f.). Aber auch in Paarhaushalten mit Kindern kann sich Armut manifestieren, wenn Eltern von Einkommensarmut oder Arbeitslosigkeit betroffen sind. Ebenso unterliegen Familien mit mehr als zwei Kindern bei einem niedrigen Einkommen einem erhöhten Armutsrisiko (vgl. ebd., S. 49 f.). Betroffen sind zudem Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund, da besondere Problemlagen, wie z. B. Sprachbarrieren zu verzeichnen sind (vgl. ebd., S. 53 ff.).
Ein niedriges Familieneinkommen hat Auswirkungen auf die mehrdimensionalen Lebenslagen von Kindern. Eine finanzielle Überforderung der Eltern kann auch eine Überforderung in der Sorge um die Kinder, einhergehend mit einer Vernachlässigung nach sich ziehen, die besonders in benachteiligten Familien zu beobachten ist (vgl. Weimann 2018, S. 49f).
Eine finanzielle Unterversorgung oder eine Vernachlässigung können, wie im Weiteren darzustellen ist, negative Folgen auf die gesundheitliche Entwicklung von Kindern bedeuten.
3.2 Gesundheitliche Auswirkungen von Kinderarmut
Für Kinder, die in sozioökonomisch benachteiligen Familien aufwachsen, sind die Lebensbedingungen und die Teilhabechancen stark eingeschränkt. Daraus können psychosoziale Belastungen und Auswirkungen auf die Gesundheit und das Gesundheitsverhalten resultieren (vgl. Lampert & Kuntz 2019, S. 1263), deren Ursachen schon vor dem Eintritt in die Grundschule zu verorten sind.
Weimann (2018) verdeutlicht, dass in sozioökonomisch schlechter gestellten Familien bereits das ungeborene Kind Gesundheitsschädigungen ausgesetzt werden kann, wenn armutsbedingt Unterversorgungslagen der Mutter vorliegen (vgl. ebd., S. 66 f.), oder während der Schwangerschaft geraucht wird (Kohler-Gehring 2019, S. 148). Auch einhergehend mit einer psychosozialen Vernachlässigung sowie einer Fehl- oder Mangelernährung von Kleinkindern, können Wachstumsstörungen, Unterernährung oder Übergewicht und Entwicklungsverzögerungen resultieren (vgl. Butterwegge 2010, S. 203).
Zwar sollen durch die Vorsorgeuntersuchungen Ul bis U9 Fehlentwicklungen frühzeitig erkannt und ihnen therapeutisch entgegengewirkt werden (vgl. Butterwegge 2010, S. 203), jedoch ist bei der Inanspruchnahme, vor allem ab der U7, bei Kindern mit einem niedrigen Sozialstatus eine rückläufige Tendenz festzustellen. Daher werden Entwicklungsstörungen oder -Verzögerungen erst in der Schuleingangsuntersuchung diagnostiziert (vgl. Weimann 2018, S. 67 f.). Nach Butterwegge (2010) ist es belegbar, „dass Kinder aus sozial benachteiligten Familien und Stadtteilen mit überdurchschnittlicher Sozialhilfedichte einen erhöhten Förderbedarf aufweisen.“ (ebd., S. 203)
Dies belegt auch eine in benachteiligten Wohngebieten in Mecklenburg-Vorpommern durchgeführt Studie. Kinder wiesen bereits im Vorschulalter Defizite in den Sprach- und Kognitionsfähigkeiten auf oder konnten aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen bei sportlichen Aktivitäten mit Gleichaltrigen nicht mithalten. Psychische Belastungen durch Ausgrenzungserfahrungen aufgrund von defizitären Sprachkenntnissen wurden bei Kindern mit Migrationshintergrund nachgewiesen. Entwicklungsdefizite und gesundheitliche Beeinträchtigungen werden häufig nicht frühzeitig erkannt, da Kinder aus benachteiligten Familien seltener oder unregelmäßig die Vorschule besuchen. Die Bedeutsamkeit des Vorschulbesuches ist hervorzuheben, damit Kinder alle Entwicklungsaufgaben im Übergang vom Familienleben zum Kindergarten und bis zum Eintritt in die Grundschule absolvieren können. Soziale Ungleichheiten könnten so verringert werden und zur Chancengleichheit beitragen (vgl. Biermann et al. 2020, S. 7 ff., übersetzt mit deepl.com).
Die bereits in der frühen Kindheit erworbenen Gesundheitsschädigungen haben Auswirkungen bis zum Eintritt in die Grundschule. Beeinträchtigungen resultieren aus einem ungesunden Ernährungsverhalten, einhergehend mit Bewegungsmangel und daraus resultierender Adipositas. Ebenso sind eine mangelnde Zahngesundheit und psychische Auffälligkeiten von Kindern aus benachteiligten Familien zu verzeichnen.
3.2.1 Fehl- und Mangelernährung als Gesundheitsrisiko für Kinder
Kinder aus sozioökonomisch benachteiligten Familien sind einem erhöhten Risiko einer Fehl- oder Mangelernährung ausgesetzt. Zurückzuführen ist diese Unterversorgung darauf, dass „die verfügbaren Ressourcen kaum ausreichen, um die Versorgung einer Familie optimal zu decken.“ (Weimann 2018, S. 70 )
Regarding the mixed childhood diet, associations with social status seem to be broadly similar to those reported in adults: low social class populations consume less from the ‘healthy’ side of the food palette, in particular fruit and vegetables, and more from the ‘unhealthy’ side, in particular confectionary and soft drinks. (Kersting et al. 2016, S. 30)
Die Studien der KiGGS Welle 21 bestätigten den Zusammenhang zwischen einem niedrigem sozialökonomischen Status und dem Ernährungsverhalten (vgl. Kuntz et al. 2018, S. 47). Belegt wurde, umso niedriger der sozialökonomische Status eines Kindes ist, umso häufiger werden zuckerhaltige Getränke konsumiert und umso weniger werden frisches Obstund Gemüse gegessen (vgl. Kuntz et al. 2018, S. 50).
Nicht nur fehlende finanzielle Mittel sind ausschlaggebend für eine Fehlernährung, sondern ebenso ein mangelndes Wissen über eine gesundheitsbewusste Ernährung, ein fehlendes Gesundheitsbewusstsein oder die Unkenntnis, gesunde Lebensrnittel preiswert zu kaufen und diese zu verarbeiten (vgl. Weimann 2018, S. 71). Zudem wird in einkommensschwachen Familien häufiger preiswerteres Fast Food, als gesündere unverarbeitete Lebensrnittel konsumiert (vgl. Kuntz et al. 2018, S. 50). Die Aufnahme von kalorienreicher, jedoch nährstoffarmer Nahrung ist häufiger bei sozioökonomisch schlechter gestellten Bevölkerungsgruppen nachzuweisen (vgl. Kohler-Gehring 2019, S. 148).
3.2.2 Bewegungsmangel als Gesundheitsrisiko für Kinder
Von Armut betroffene Kinder leben mit ihren Familien häufig in benachteiligten Wohngebieten. Diese sind nicht selten von einer unterdurchschnittlich entwickelten Infrastruktur an Spielplätzen, Grünflächen und Sportangeboten in Vereinen geprägt. Hieraus lassen sich die eingeschränkten Möglichkeiten einer bewegungsaktiven Freizeitgestaltung im Freien (vgl. Kuntz et al. 2018, S. 55) sowie eine niedrigere sportliche Aktivität (vgl. Kuntz et al. 2018, S. 51) ableiten. Benachteiligten Kindern ist es aus Kostengründen seltener möglich, in Sportvereinen aktiv zu sein. Zudem spielen sportliche Aktivitäten im Erziehungsverhalten häufig nur eine untergeordnete Rolle, wenn Eltern die gesundheitsfördernde Relevanz nicht kennen (vgl. Kohler-Gehring 2019, S. 148).
3.2.3 Adipositas als Gesundheitsrisiko für Kinder
Aufgrund von Fehlernährung und mangelnder sportlicher Aktivität kann bei Kindern mit einem niedrigen sozioökonomischen Status häufiger Übergewicht festgestellt werden (vgl. Kuntz et al. 2018, S. 51). Belegt wurde dies sowohl durch die KiGGS-Studien als auch durch die Schuleingangsuntersuchungen. Es konnten Folgeerkrankungen, wie Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen und Insulinresistenzen festgestellt werden, die die kindliche Entwicklung negativ beeinflussen und Auswirkungen bis in das Erwachsenenalter nach sich ziehen. Eine Stigmatisierung der Betroffenen aufgrund von Adipositas kann zudem das psychosoziale Wohlbefinden, z. B. hinsichtlich des Selbstwertgefühls mindern (vgl. Robert Koch-Institut 2020, S.l).
3.2.4 Auswirkungen auf die Zahngesundheit bei Kindern
Stasch et al. (2022) weisen mit einer Studie aus Österreich nach, dass in Abhängigkeit vom Sozialstatus der Eltern auch die Zahngesundheit von Kindern betroffen ist. Untersucht wurde der Kariesbefall von Milchzähnen bei Kindern mit einem Durchschnittsalter von 8 Jahren (ebd., Abs. 7). Es wurde nachgewiesen, dass eine erhöhte Kariesprävalenz in sozioökonomischen Unterschieden zu begründen ist (ebd., Abs. 10). Zurückzuführen ist dies auf einen erhöhten Zuckerkonsum und einer geringeren Inanspruchnahme von zahnärztlichen Kontrollen in sozioökonomisch schlechter gestellten Haushalten (ebd. Abs. 13). Die Studie geht weiterhin davon aus, dass in der Folge auch bleibende Zähne kariös sein werden (ebd., Abs. 7).
3.2.5 Psychische Auswirkungen auf die Gesundheit von Kindern
Armut kann nicht nur physische Gesundheitsfolgen nach sie ziehen, sondern es kann ebenso ein Zusammenhang zwischen einem niedrigen sozioökonomischen Status zu einer krankhaften psychischen Entwicklung von Kindern hergestellt werden (vgl. Weimann 2018, S. 77).
In finanziell unterversorgten Familien wachsen Kindern häufig mit wenig emotionaler Wärme sowie wenig positiv wirkenden Eindrücken auf, die für die kindliche Entwicklung von elementarer Bedeutung sind. Folgen daraus sind psychosoziale Belastungen des Kindes. Psychische Auffälligkeiten spiegeln die Verhaltensmuster der Eltern wider. Wenn Eltern aufgrund von Mangelerfahrungen zu „Unsicherheit, Aggression, Unzufriedenheit, Gleichgültigkeit oder Resignation“ (Weimann 2018, S. 77) neigen, so können Kinder diese Verhaltensweisen übernehmen. Den finanziellen Druck den die Eltern erfahren, geben sie als psychischen Druck an ihre Kinder weiter. Häufig fehlen in diesem Zusammenhang auffangende soziale Netzwerke, die Kindern die Möglichkeit bieten, auf Bezugspersonen zu treffen, die ihre Entwicklung positiv beeinflussen. Psychisch belastend wirkt auf Kinder, wenn sie erleben, dass der familiäre finanzielle Mangel sie aus den Teilhabemöglichkeiten an der Gesellschaft ausschließt. Deutlich wird dies, wenn sie andere Kinder z. B. nicht zu Geburtstagen in die eigene Häuslichkeit einladen können oder sie nicht an Schulausflügen oder Freizeitaktivitäten teilnehmen können. Daraus resultieren wiederum fehlendende Freundschaften und emotionale Zuwendung durch Gleichaltrige (vgl. Weimann 2018, S. 81). Kinder erleben sich daher benachteiligt und ausgegrenzt im Vergleich zu sozioökonomisch besser gestellten Gruppenmitgliedem. Zudem erleben Kinder eine erhöhte psychische Anspannung bei belastenden Situationen, wenn die familiäre Kommunikation aufgrund von Unterversorgungslagen gestört ist und innerhalb der Familie keine Möglichkeit besteht, Problematiken zu besprechen (vgl. Weimann 2018, S. 77 f.).
Armutsfolgen bedeuten für Kinder erhöhten Stress, der, auch im Zusammenhang mit wenig Zuwendung durch die Eltern, als entwicklungsgefährdend zu beurteilen ist. Psychische Belastungen zeigen sich im Schulverhalten, wenn Kinder gereizt, unsicher, aggressiv, unzufrieden oder gleichgültig auf die im Schulalltag auf sie zukommenden Herausforderungen reagieren. Rückschlüsse können u. a. auch auf das Ernährungsverhalten der Kinder gezogen werden. Wenn Kinder ohne Frühstück oder mangelemährt in die Schule gehen, leidet darunter auch die Konzentrationsfähigkeit (vgl. Weimann 2018, S. 79 f.).
Kinder stehen der emotionalen und sozialen Vernachlässigung, einhergehend mit dem Gefühl, über Situationen keine Kontrollen mehr zu haben, hilflos gegenüber. Dies kann in der Folge zu chronischen Depressionen führen (vgl. Weimann 2018, S. 81).
Belastende Situationen in der Familie und daraus resultierende Problemlagen in der Schule führen bei Kindern zu deviantem Verhalten, dass sich in Aggressivität, Rückzugsverhalten, im Gefühl von Einsamkeit oder im Unvermögen, Beziehungen zu Bezugspersonen aufzubauen, äußert. Damit einhergehend ist eine verminderte schulische Leistungsfähigkeit bis hin zur Schulverweigerung zu verzeichnen (vgl. Weimann 2018 S. 82).
4. Möglichkeiten der Gesundheitsförderung durch Schulsozialarbeit an Grundschulen
Im Folgenden sollen der Auftrag und die Ziele der Schulsozialarbeit dargelegt werden. Zudem soll auf den gesundheitsfördernden Auftrag von Schulen eingegangen werden, um schließlich die gesundheitsfördernden Interventionsmöglichkeiten der Schulsozialarbeit darzustellen.
4.1 Auftrag und Ziele der Schulsozialarbeit
Schulsozialarbeit hat in der Lebenswelt Schule den Auftrag, Schüler_innen in ihrer individuellen sozialen, schulischen und beruflichen Entwicklung zu fördern, Eltern und Lehrkräfte bei der Erziehung hinsichtlich des Kindeswohls zu beraten und zu unterstützen und soll zu einer schülerfreundlichen Lernatmosphäre beitragen. Durch präventive und intervenierende Maßnahmen soll für benachteiligte Schüler_innen eine Chancengleichheit hergestellt werden. Dabei fungiert Schulsozialarbeit als Schnittstelle zwischen der Kinder- und Jugendhilfe und der Schule und arbeitet kooperativ mit den Lehrkräften zusammen (vgl. Zipperle & Rahn 2020, S. 261 f.).
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1 Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland des Robert Koch-Instituts.