Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Der Ressourcenfluch - ein Erklärungsansatz
2.1 Die Qualität der Institutionen
2.2 Die wirtschaftlichen Gefahren
3. Fallbeispiel Bolivien
3.1 Der bolivianische Fluch
3.2 Der Aufbruch
3.3 Das Lithiumprojekt in Bolivien
3.4 Soziale Herausforderungen auf lokaler und nationaler Ebene
3.5 Ökologische Herausforderungen
4. Chancen und Risiken
5. Fazit
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Holländische Krankheit
Abbildung 2: Lage Bolivien
Abbildung 3: Anteil der Bevölkerung mit ungenügendem Zugang zu Grundbedürfnissen (2012)
Abbildung 4: Die erhofften Vorteile durch die Lithiumindustrie in den lokalen Gemeinden
1. Einleitung
Bolivien sitzt möglicherweise auf einem der größten Schätze unserer Zeit. Über 50 % der globalen Lithiumreserven werden unter dem bolivianischen Salzsee, Salar de Uyuni, der sich auf über 3600 Metern Höhe befindet, vermutet (Beutler 2011). Lithium, das nicht umsonst auch als „das weiße Gold“ bezeichnet wird, ist gerade dabei, zum Rohstoff der Zukunft zu werden. Lithium kommt in vielen Bereichen zum Einsatz, doch durch seine hohe Energiedichte eignet es sich besonders gut für die Herstellung von Lithium-Ionen-Batterien und findet sich inzwischen in fast allen technischen Geräten wieder (Droppelmann 2016). Vor allem für die postfossile Mobilität spielt es eine bedeutende Rolle. Die Nachfrage nach dem begehrten Alkalimetall steigt immer weiter an und so wird prognostiziert, dass die Zahlen sich bis 2025 verdoppeln und bis 2030 sogar vervierfachen. Damit schnellt auch der Preis auf dem Weltmarkt in die Höhe. 2001 lag der Preis pro Tonne noch bei 1450 US-Dollar, 2009 schon bei 6000 US-Dollar und 2018 erreichte der Preis einen neuen Zwischenrekord von 17 000 US-Dollar pro Tonne (Beutler 2011).
Doch wie man in der Geschichte vieler der sogenannten Entwicklungsländer beobachten kann, geht Ressourcenreichtum nicht unbedingt immer mit einem langfristigen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Aufstieg einher. Ganz im Gegenteil, in vielen Ländern, wie auch in Boliviens Vergangenheit, hat sich der Ressourcenreichtum in unterschiedlichen Bereichen negativ ausgewirkt und als Fluch herausgestellt. Dabei standen in der Betrachtung bisher jedoch vor allem wirtschaftliche Folgen im Vordergrund und weniger die sozio-ökologischen.
Aktuell rangiert Bolivien im Human-Development-Index (HDI) im hinteren Mittelfeld und gehört zu den ärmsten Ländern Lateinamerikas (Will, Fischer 2014). Jedes vierte Kind in Bolivien leidet unter permanenter Unterernährung. Vor allem im Department Potosi auf dem Altiplano, in welchem sich auch die Lithiumreserven befinden, ist die Armut besonders groß (Ziegler 2008). Für Bolivien könnte der Reichtum an Lithium das Sprungbrett in eine verheißungsvolle Zukunft bedeuten. Gerade auch deswegen, weil die bolivianische Regierung ein erneutes Ausbluten zu verhindern versucht und sich der Chancen bewusst ist. Für die Bewohner des Altiplanos könnte sich die Lage jedoch auch weiter verschlimmern, denn der Abbau des Lithiums birgt auch sozio-ökologische Risiken und Konfliktpotenziale.
Gerade diese Chancen und Risiken werden im Folgenden nach einer kurzen Einführung in das Thema des Ressourcenfluchs diskutiert, um abschließend die Frage beantworten zu können, inwiefern der Lithiumabbau unter der Regie der bolivianischen Regierung die sozialen Konfliktpotenziale und die Umwelt um den Salar de Uyuni berücksichtigt.
2. Der Ressourcenfluch - ein Erklärungsansatz
Von ressourcenreichen Ländern wird erwartet, dass sich die Wirtschaft positiv entwickelt und die Bevölkerung von den Einnahmen profitieren kann. Häufig ist jedoch genau das Gegenteil der Fall und so resultiert aus dem Ressourcenreichtum nicht selten wirtschaftlicher Zerfall, steigende Armut, steigende Korruption und gewaltsame Konflikte (Kracht 2012). Dass Rohstoffreichtum jedoch nicht zwangsweise zu einem Fluch wird, beweisen Länder wie z.B. Norwegen, Botswana oder auch Chile. Diese Positivbeispiele zeigen jedoch, dass nicht grundsätzlich der Existenz von Rohstoffen Probleme angehaftet sind, sondern dass die Probleme Ursachen haben, die im menschlichen Umgang mit ihnen zu suchen sind. Die Politik mit ihren dazugehörigen Institutionen muss auf der einen Seite mit angemessenen Mitteln auf die ökonomischen Herausforderungen reagieren und andererseits darauf achten, nicht an sich selbst zu scheitern (Eichelkraut 2007). Die Gründe für den Ressourcenfluch sind vielfältig ineinander verstrickt und nicht alle oder auch nur teilweise auf die betroffenen Länder zutreffend. Die Frage wie sich ein ressourcenreiches Land entwickelt hängt maßgeblich davon ab, wie das System aufgebaut ist und wie die Entscheidungsträgerinnen damit umgehen. Es ist kein Geheimnis, wie der Rohstoffreichtum für Entwicklung genutzt werden kann, doch die eigentliche Frage ist, wieso dies so selten geschieht (von Haldenwang 2012).
2.1 Die Qualität der Institutionen
Die Institutionen stellen die Vermittler zwischen Staat und Gesellschaft den Richtungs- und Geschwindigkeitsgeber der volkswirtschaftlichen Entwicklung im Zusammenhang mit Ressourcenreichtum dar (Eichelkraut 2007). Ob es in einem Land zum Rohstofffluch oder zu einem Segen kommt, hängt maßgeblich von der Qualität der Institutionen und der Regierungsführung ab. Staaten, in denen der Ressourcenreichtum zum Segen wurde, verfügten erwiesenermaßen bereits vorher über qualitativ gute Institutionen. Auf der anderen Seite nimmt die Qualität der Institutionen im Verlauf eines Rohstoffbooms in Ländern immer weiter ab, deren Institutionen bereits vor der Entdeckung der Ressource schlecht waren (Collier 2017). Dabei werden Institutionen als „gut“ definiert, wenn die Rechtsstaatlichkeit konsequent durchgesetzt wird und durch Gewaltenteilung gegenseitige Kontrolle gegeben ist (Acemoglu 2005). Die Rohstofferträge werden bei Staaten mit gutem institutionellem Aufbau frei von Partikularinteressen verteilt und zukunftsorientiert investiert. Wichtig ist zudem, dass der politische Entscheidungsprozess transparent ist, um ein Vertrauen der wirtschaftlichen Akteure zu generieren (Eichelkraut 2007). Von qualitativ „schlechten“ Institutionen hingegen wird kein nachhaltiges Wachstum gefördert. Sie zeichnen sich durch eine ineffiziente Allokation der Rohstoffe aus und infolge von Patronage und Korruption den Einfluss von Sonderinteressen. So ist die Wahrscheinlichkeit für den sogenannten „Rent-Seeking-Effekt“ in Ländern mit schlechter Regierungsführung und hoher Korruption deutlich erhöht. Mit dem „Rent- Seeking“ ist der Konflikt um Teilhabe an den Gewinnchancen der Ressource durch verschiedene Akteure und Akteursgruppen gemeint. Damit gehen jedoch bedeutende Wohlstands- und Wachstumsverluste einher, da der Fokus von wirtschaftlichen und politischen Akteuren kaum auf produktiven, gesellschaftsorientierten Investitionen, sondern vielmehr auf ökonomischen Privilegien liegt. Der Rent-Seeking-Effekt schadet damit nicht nur einer möglichen Entwicklung, sondern begünstigt weiterhin Korruption, Lobbyismus und Klientelismus, was sich verheerend auf ein Land auswirken kann (Schärer 2015). Dies kann im schlimmsten Fall die Rechtsstaatlichkeit untergraben und im Kampf um Macht sogar zu gewaltsamen Konflikten bis hin zu Bürgerkriegen führen (Collier 2017).
2.2 Die wirtschaftlichen Gefahren
Die größte wirtschaftliche Gefahr, vor der ein ressourcenreiches Land steht, ist die sogenannte Holländische Krankheit. Zwar steht die Theorie der Holländischen Krankheit in enger Verbindung mit den Einnahmen aus Erdöl, weshalb es in der Betrachtung immer einer Differenzierung bedarf. Allerdings kann die Holländische Krankheit oftmals auch auf Länder projiziert werden, die Gewinne aus mineralischen Rohstoffen verbuchen. Laut Collier (2017) verändert sich dabei der Markt durch die zunehmende Ausrichtung eines Landes auf den Rohstoffexport und dadurch erzielte hohe Erlöse in immensem Ausmaß. Durch einen boomenden Rohstoffsektor entstehen Außenhandelsüberschüsse, die eine Aufwertung der eigenen Währung zur Folge haben. Andere Exportgüter verlieren an Wettbewerbsfähigkeit auf dem internationalen Markt und so kann es zu einer Verdrängung von Sektoren mit hohem Wachstumspotenzial kommen (Collier 2017). Wenn der Desindustrialisierungsprozess in Gang kommt, dann behindert dies den wirtschaftlichtechnologischen Fortschritt und auch das Wissen und die Erfahrung in diesem Bereich, weshalb die Folgen noch nach Abklingen des Booms zu spüren sind (Morales Anaya, Alarcon und Gonzales 2016). Des Weiteren steigt mit hohen Exporteinnahmen die inländische Nachfrage nach handelbaren und nicht-handelbaren Gütern. Die überschüssige Nachfrage nach handelbaren Gütern wird aus dem Ausland durch Importe befriedigt. Dabei wird die Wettbewerbsposition von inländischen Firmen gegenüber ausländischen geschwächt, da durch das Erstarken der eigenen Währung die Importpreise sinken. Durch die erhöhte Nachfrage nach nicht-handelbaren Gütern kann es gleichzeitig auch zu einer Verschiebung vom Sektor der handelbaren Güter zu dem der nicht-handelbaren kommen, was die Desindustrialisierung eines Landes weiter vorantreibt (siehe Abb. 1) (Schärer 2015).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Holländische Krankheit (Schärer 2015: 12)
Zudem sind Länder mit einer starken wirtschaftlichen Konzentration auf wenige Rohstoffe, anfällig für externe Schocks. Die betroffenen Staaten sind stark an die jeweiligen Rohstoffpreise auf dem Weltmarkt gebunden und damit auch ihr Wirtschaftswachstum. Mit den schwankenden Preisen lässt sich nur schwer wirtschaften. Externe Schocks, die mit einer Volumenerhöhung des geförderten Rohstoffes oder einer Preiserhöhung auf dem Weltmarkt einhergehen, können zur bereits erklärten Holländischen Krankheit führen. Auf der anderen Seite überschätzen Staaten bei steigenden Rohstoffpreisen den Etat und in einer nachfolgenden Abschwungphase müssen Investitionsprojekte abgebrochen werden, was einen enormen Unsicherheitsfaktor darstellt (de Mevius, Albarracin 2009). Auch wird der Schuldenaufbau interessanter, wenn die Zinsen durch Kapitalzufluss oder die Holländische Krankheit sinken. Bei geringer werdenden Rohstoffpreisen stehen die Länder dann vor einer großen Schuldenlast (Eichelkraut 2007).
3. Fallbeispiel Bolivien
3.1 Der bolivianische Fluch
Abbildung 2: Lage Boliviens
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Bolivien liegt zentral in Südamerika (siehe Abb. 2) und ist nach Haiti das zweitärmste Land Lateinamerikas. 60 % der Bevölkerung leben unter der nationalen Armutsgrenze, obwohl es gleichzeitig einen Überfluss an fruchtbarem Boden, Artenvielfalt und vor allem an Bodenschätzen gibt. Der Reichtum ist jedoch so ungleich verteilt wie in kaum einem anderen Land. Weltweit befindet sich Bolivien bei der Ungleichverteilung auf dem siebten Platz (Droppelmann 2016). Auf Bolivien lastet der Rohstofffluch. Schon seit des 19. Jahrhunderts ist Bolivien von seinen Rohstoffexporten abhängig. Es fand nie ein großes Wirtschaftswachstum statt, welches aus einer nur sehr schmalen Produktpalette resultiert. Nur aus Erdöl und Erdgas, Bergbauerzeugnissen und Quinoa werden über 80% der Exporteinnahmen generiert, was Bolivien sehr anfällig für externe Schocks macht. Zudem wurden in Bolivien die Rohstoffe nicht wertsteigernd weiterverarbeitet und mussten zum Teil mit Verlust wieder eingekauft werden (Droppelmann 2016). Das ist jedoch nicht der einzige Grund, weshalb Bolivien trotz der Rohstoffe ein armes Land ist. Löbel (1995) führt die vergleichsweise hohen Produktionskosten im Abbau der Metalle an, welche die Gewinne verringern. Dabei spielen die Höhen- und Binnenlage, schlechte Infrastruktur, eine ungenügende Ausbildung der Bergleute, eine Überalterung von Minen, sowie eine Ausbeutung der Ressourcen ohne neue Erschließungen, eine große Rolle. Außerdem ist Bolivien seit jeher von schwachen Institutionen geprägt und Gelder sind im Korruptionssumpf versunken (Hampel und Schielke 2014).
3.2 Der Aufbruch
Viele Bolivianer setzten große Hoffnungen in den 2006 ins Amt gehenden, ersten indigenen Präsidenten, Evo Morales. Der sozialistisch orientierte Präsident versprach eine Abkehr vom neoliberalen Wirtschaftssystem und eine Zuwendung zu nationalen Interessen und sozialer Gerechtigkeit (Ströbele-Gregor 2012). Und tatsächlich ließ Morales seinen Worten Taten folgen. Schon drei Monate nach Amtsantritt verstaatlichte er die Erdöl- und Erdgasproduktion im Tiefland. Dabei wurden private Förderunternehmen zwar nicht enteignet, jedoch gewann der Staat dadurch mit Hilfe des staatlichen Unternehmens YPBF wieder die Kontrolle über die Gewinne. (Radhuber 2013). Dadurch mussten die Unternehmen nun rund 80% der Einnahmen an den Fiskus abtreten und die Bekämpfung der Armut wurde in die Wege geleitet. Per Gesetz müssen die Einnahmen in Bildungs-, Gesundheits- und Infrastrukturprojekte eingesetzt werden. Auch in anderen Bereichen erlangte der Staat die Souveränität durch Aktienankäufe über die Wirtschaft zurück. Zum ersten Mal in der Geschichte erhielten rund ein Viertel der Bolivianer Gelder wie Schulgeld, eine Rente oder Muttergeld. Die extreme Armut konnte von 41% auf 32% reduziert werden (Ziegler 2008). 2009 konnte Bolivien ein Wirtschaftswachstum von 4% erreichen und Schulden wurden beinahe um die Hälfte reduziert. Damit sind die Schwierigkeiten, in denen sich Bolivien befindet, trotzdem nicht einfach weggewischt. Zwar wurde das Mindesteinkommen um 18,2 Prozent heraufgesetzt, was jedoch bei den Beschäftigten des informellen Sektors, die etwa 66% ausmachen, nicht ankommen wird. Auch mangelt es der MAS, der Partei Morales' an qualifizierten Kadern. (Ziegler 2008). Das Problem der Exportabhängigkeit von Rohstoffen ist damit ebenfalls nicht gelöst und Evo Morales möchte die Wirtschaft mit einem Investitionsplan in die Entwicklung eigener Industrien diversifizieren. Dabei sollen die großen Lithiumvorkommen im Salar de Uyuni, der größten Salzpfanne der Erde, eine bedeutende Rolle spielen. Doch das Thema Lithium ist in Bolivien ein sensibles und so kommt es trotz der relativ stabilen Politik immer wieder zu Aufständen und Straßenblockaden (Droppelmann 2016). Nur wenige Jahre später verkündete Morales seinen Rücktritt, nachdem er durch eine Verfassungsänderung seine vierte Amtszeit in die Wege leiten wollte. Bei der anschließenden Wahl kam es zu Unstimmigkeiten der Ergebnisse, woraufhin gewalttätige Proteste im ganzen Land ausbrachen (Ebmeyer 2019). Bei der Wahl rund ein Jahr später Ende 2020 übernahm der ehemalige Finanzminister unter Evo Morales, Luis Arce, das Präsidentenamt. Wie die zukünftige Politik unter Arce aussehen wird, steht noch in den Sternen, doch es deutet sich an, dass er den Weg Morales fortführen wird.
3.3 Das Lithiumprojekt in Bolivien
Bis heute konnte Bolivien keine nennenswerten Mengen des dem Staat gehörenden Lithiums im Salar de Uyuni fördern (Grieger 2019). Um Lithium zu gewinnen, wird Salzlauge mit Wasser und Soda gemischt und filtriert. Beim anschließenden Eindampfen in Verdampfungsbecken bleibt Lithiumkarbonat übrig. Der staatliche Konzern CAMBIOL soll dabei die Wertschöpfung des Alkalimetalls mithilfe des Dreistufenplans umsetzen: Das Lithium soll vom Staat abgebaut, industrialisiert und anschließend vermarktet werden. Die Zusammenarbeit mit anderen Staaten oder Unternehmen sind so lange erwünscht, wie sie sich der bolivianischen Kontrolle unterordnen. Bolivien nimmt im Jahr 2011 fünf Millionen US-Dollar in die Hand, um ein Pilotprojekt zu starten und die den Umweltverhältnissen am besten angepasste Technologie für den Abbau zu erforschen (Grieger 2019). Die Technologien aus den benachbarten ganzjährig trockenen Abbaugebieten Argentiniens und Chiles können aufgrund der wechselnden Feuchtigkeitsperioden am Salar de Uyuni nicht einfach übernommen werden. Recht schnell zeichnet sich ab, dass die staatliche Bergbaugesellschaft auf ausländische Hilfe angewiesen sein würde, da es an geeigneter Technik und Wissen mangelt. Das deutsche Unternehmen ACISA kann sich gegen weitere internationale Bewerber durchsetzen und zusammen mit dem bolivianischen Staatsunternehmen Yacimientos de Litio Bolivianos wird ein Gemeinschaftsunternehmen gegründet. Dieses Gemeinschaftsunternehmen bekommt das Recht, 70 Jahre lang die Lithiumvorkommen abzubauen. Mit 51% Aktienanteil verbleibt dabei die Kontrolle über das Gemeinschaftsunternehmen beim Staat (Grieger 2019). Mit chinesischer Hilfe wurde zudem 2014 in Potosi eine Pilotfabrik zum Bau von Lithiumbatterien entwickelt, was einen Grundstein für den Traum Morales legte: eine bolivianische Produktion von Elektroautos (Droppelmann 2016). 2019 ist es dann tatsächlich soweit und Bolivien stellt ein erstes eigens entwickeltes Elektroauto vor. Der Weg für eine Auto- und Batterieindustrie ist jedoch noch lang, da es vor allem an Infrastruktur und Fachkräften mangelt. Skeptiker des gesamten Projekts sehen auch Schwierigkeiten im Umgang mit möglicher Umweltverschmutzung, sowie sozialen Konflikten in der Gegend des Salar de Uyuni. Auch, so die Kritiker, stellt der Lithiumabbau auf der einen Seite eine Diversifizierung der Wirtschaft dar, doch auf der anderen Seite könnte Bolivien erneut ins offene Messer laufen. Wenn nämlich die umliegenden Quinoabauern, die mit ihrem Exportgut ein gutes Viertel der bolivianischen Exporteinnahmen erwirtschaften, in die Lithiumindustrie abwandern sollten, könnte dies ein Problem in Hinsicht auf die Holländische Krankheit werden (Romero Valenzuela 2018).
3.4 Soziale Herausforderungen auf lokaler und nationaler Ebene
Sowohl in nationalen als auch in lokalen Informationskampagnen wird das Lithiumprojekt als eine Initiative angepriesen, die sowohl für die Bolivianer als Gesamtes aber auch für die Region Potosi im Speziellen ökonomische Vorteile mit sich bringt. Insbesondere in der ärmsten Region des Landes stößt dies auf große Resonanz. Der Anteil unbefriedigter Grundbedürfnisse ist im dünn besiedelten Hochland rund um den Salar sehr hoch (siehe Abb.3).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Anteil der Bevölkerung mit ungenügendem Zugang zu Grundbedürfnissen (2012) (Romero Valenzuela 2018: 154)
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