Chantal Mouffe bedient sich in ihrem Aufsatz „Wittgenstein, Political Theory and Democracy“ einiger Konzepte des Philosophen Ludwig Wittgenstein und stellt sie in den demokratietheoretischen Kontext der Diskussion um zwei, sich scheinbar diametral gegenüberstehende, Vorstellungen von Demokratie. Beide Modelle, namentlich das der „Radikalen Demokratie“ nach Chantal Mouffe und Ernesto Laclau auf der einen Seite und das der „Deliberativen Demokratie“, in Deutschland hauptsächlich durch Jürgen Habermas bekannt, sind Konzeptionen von Demokratie. Beide Modelle beschreiben Demokratie als einen Prozess und erklären nach einer eingehenden Durchleuchtung die Idealform von Demokratie in Hinblick auf die gewonnen Ergebnisse.
Die Lehre Wittgensteins, die nach Mouffe einen Beweis für die Unzulänglichkeit des deliberativen Modells bieten soll, birgt in Wahrheit eine Betrachtungsweise, die ein modernes, Gegensätze überschreitendes Verständnis von Demokratie liefen kann. Die einen Gegensatz zweier Modelle beschreibenden akademischen Lehren sind hinsichtlich einer modernen, sich ständig im Wandel befindlichen Politik nicht mehr zeitgemäß und heben sich gegenseitig auf.
Die vorliegende Arbeit ist eine überarbeitete, erweiterte Fassung einer Hauptseminararbeit, die ich im Sommersemester 2007 dem Institut für Politikwissenschaft der Freien Universität Berlin im Rahmen eines Hauptseminars zur Agonalität des Politischen vorgelegt habe.
In der Vorbemerkung seines Werkes über die „Geistesgeschichtliche Lage des heutigen Parlamentarismus“ erkennt Carl Schmitt, dass das Charakteristikum der politischen Diskussion, nämlich das Argument im eigentlichen Sinne, im Begriff ist zu verschwinden.
Für Schmitt war der „heutige Parlamentarismus“ derjenige der frühen zwanziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts, der sich in einem Deutschland abspielte, das sich nach einer Niederlage im noch nicht allzu fernen ersten Weltkrieg neu definieren musste, und dessen politischer Kurs innerhalb der kommenden Jahre noch lange nicht festgelegt sein sollte.
Die Lage des Parlamentarismus, argumentiert Schmitt weiter, sei deshalb so kritisch weil sich in der modernen Massendemokratie die öffentliche Diskussion zu einer leeren Formalität entwickelt habe.
Parteien etwa, seien in diesem Kontext soziale oder wirtschaftliche Machtgruppen, welche nur danach trachteten auf der Ebene des größten gemeinsamen Vorteils Kompromisse zu schließen und Koalitionen zu bilden. Schmitt spricht in diesem
Inhaltsverzeichnis
- Einführung
- Erstes Kapitel
- Demokratie, Pluralismus und ihre Paradoxa
- Zweites Kapitel
- Staatsbürgerschaft
- Drittes Kapitel
- Das deliberative Modell der Demokratie
- Das deliberative Modell nach Seyla Benhabib
- Viertes Kapitel
- Chantal Mouffe und Ludwig Wittgenstein
- Lebensformen
- Fünftes Kapitel
- Wittgenstein und Staatsbürgerschaft
- Konzepte der Regelbefolgung
- Staatsbürgerschaft als agonaler Prozess
- Sechstes Kapitel
- Kritik am Ansatz Mouffes
- Zusammenfassung und Schlussfolgerung
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit Chantal Mouffes Kritik am deliberativen Modell der Demokratie, wie es von Jürgen Habermas vertreten wird. Sie analysiert Mouffes Argumentation, die auf Konzepte des Philosophen Ludwig Wittgenstein zurückgreift, und untersucht, wie diese Kritik ein alternatives Verständnis von Demokratie eröffnet, das auf der Agonalität des Politischen basiert.
- Die Paradoxa des Pluralismus und die Herausforderungen der Demokratie in modernen Gesellschaften
- Das deliberative Modell der Demokratie nach Jürgen Habermas und seine Kritik durch Chantal Mouffe
- Die Rolle von Ludwig Wittgensteins Philosophie für ein alternatives Verständnis von Demokratie
- Die Bedeutung von Staatsbürgerschaft und der agonalen Prozess der politischen Willensbildung
- Die Grenzen und Möglichkeiten einer radikalen Demokratie im Kontext der modernen Gesellschaft
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einführung, die die Problematik des Parlamentarismus in der modernen Massendemokratie beleuchtet und die Bedeutung von Chantal Mouffes Konzept der „wirklichen Demokratie“ hervorhebt. Das erste Kapitel befasst sich mit den Paradoxa des Pluralismus und den Herausforderungen, die sich aus der Vielfalt von Lebensformen und Interessen für die Demokratie ergeben. Das zweite Kapitel untersucht die Rolle der Staatsbürgerschaft in einer pluralistischen Gesellschaft und die Frage, wie sich die „Substanz“ einer demokratischen Gemeinschaft im Wandel der Zeit definiert. Das dritte Kapitel stellt das deliberative Modell der Demokratie nach Jürgen Habermas vor und analysiert seine Kritik durch Seyla Benhabib. Das vierte Kapitel widmet sich Chantal Mouffes Bezug auf Ludwig Wittgenstein und untersucht, wie dessen Philosophie ein alternatives Verständnis von Demokratie ermöglicht. Das fünfte Kapitel analysiert Wittgensteins Konzepte der Regelbefolgung und die Bedeutung von Staatsbürgerschaft als agonaler Prozess. Das sechste Kapitel schließlich kritisiert Mouffes Ansatz und diskutiert die Grenzen und Möglichkeiten einer radikalen Demokratie.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die deliberative Demokratie, die radikale Demokratie, Chantal Mouffe, Jürgen Habermas, Ludwig Wittgenstein, Pluralismus, Staatsbürgerschaft, Agonalität, Diskursmodell, Lebensformen, Regelbefolgung und politische Willensbildung. Die Arbeit analysiert die Kritik am deliberativen Modell der Demokratie und untersucht, wie ein alternatives Verständnis von Demokratie auf der Basis von Wittgensteins Philosophie entwickelt werden kann.
- Quote paper
- Christopher Plato (Author), 2007, Deliberative- und radikaldemokratische Sprachspiele, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/131058