Die vorliegende Arbeit erläutert den Begriff „Immobilienrente“ beziehungsweise „umgekehrte Hypothek“ im Wesentlichen. Hauptziel wäre eine mögliche Kommerzialisierung in Österreich beziehungsweise im DACH-Raum. Als Erstes soll dieses Finanzprodukt klar von den bisherigen Möglichkeiten abgegrenzt werden, Chancen sowie Hürden für beide Vertragsparteien und zudem der derzeitige Marktanteil aufgezeigt werden.
Immobilienrente: Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was ist eine Immobilienrente (umgekehrte Hypothek)?
Eine Immobilienrente, auch bekannt als umgekehrte Hypothek, Rückwertshypothek, Verzehrhypothek oder reverse mortgage, ist ein Finanzprodukt, bei dem der Eigentümer einer Immobilie eine regelmäßige Rentenzahlung erhält, im Austausch für ein Pfandrecht auf seiner Immobilie. Der Eigentümer behält das Wohnrecht bis zu seinem Tod. Nach seinem Tod wird die Immobilie verkauft, um die ausstehende Schuld zu begleichen. Ein eventueller Überschuss geht an die Erben.
Wie funktioniert der Ablauf eines Immobilienrentenvertragsabschlusses?
Der Prozess beginnt mit einer Bewertung der Immobilie. Wichtige Faktoren sind der Verkehrswert und die Lage der Immobilie. Der Gläubiger (Investor) berechnet basierend auf dem Verkehrswert, dem Alter und der voraussichtlichen Lebenserwartung des Eigentümers die monatliche Rentenzahlung. Ein Pfandrecht wird im Grundbuch eingetragen. Die Rentenzahlung läuft bis zum Tod des Eigentümers. Danach können die Erben das Darlehen ablösen oder die Immobilie wird verkauft, um die Schuld zu begleichen. Ein eventueller Überschuss geht an die Erben.
Welche Vorteile bietet eine Immobilienrente für den Eigentümer?
Die Immobilienrente bietet eine Möglichkeit, die Rente aufzubessern und im gewohnten Umfeld zu wohnen. Das Eigenheim dient als Sicherheit und wird nicht sofort verkauft. Es ist eine flexible Lösung zur Altersvorsorge.
Welche Risiken birgt eine Immobilienrente für den Eigentümer?
Ein Risiko besteht in der Abhängigkeit vom Gläubiger und der Bonität des Gläubigers. Im Falle eines Konkurses des Gläubigers könnte die Rentenzahlung gefährdet sein. Die Erben könnten nach dem Tod des Eigentümers mit der Ablösung des Darlehens belastet sein, falls der Wert der Immobilie gesunken ist. Änderungen an der Immobilie bedürfen oft der Zustimmung des Gläubigers.
Welche Vorteile bietet eine Immobilienrente für den Gläubiger (Investor)?
Für Investoren bietet die Immobilienrente eine langfristige, gut verzinste Anlagemöglichkeit. Die Kundenforderungen steigen kontinuierlich, wodurch die jährlichen Zinsgewinne beträchtlich ansteigen. Es besteht die Möglichkeit, mit diesen verbrieften Forderungen zu handeln.
Welche Risiken birgt eine Immobilienrente für den Gläubiger (Investor)?
Ein großes Risiko ist die Langlebigkeit des Eigentümers. Wenn der Eigentümer deutlich länger lebt als prognostiziert, kann der Investor ein Verlustgeschäft machen. Ein weiteres Risiko ist die Verwertbarkeit der Immobilie nach dem Tod des Eigentümers. Eine schlechte Lage oder der Zustand der Immobilie könnten den Verkauf erschweren.
Wie unterscheidet sich eine Immobilienrente von einer Leibrente?
Der Hauptunterschied liegt im Eigentumsübergang: Bei der Leibrente geht das Eigentum an der Immobilie bereits beim Vertragsabschluss auf den Rentenzahler über. Bei der Immobilienrente behält der Eigentümer das Eigentum.
Wie ist die Besteuerung der Rentenzahlungen geregelt?
Die Besteuerung der Rentenzahlungen hängt von verschiedenen Faktoren ab und ist nicht einheitlich geregelt. Im Allgemeinen wird eine privat genutzte Immobilie nicht mit Immobilienertragssteuer besteuert. Übersteigen die Rentenzahlungen jedoch den Wert der Immobilie, unterliegen sie der Einkommenssteuer. Es gibt Grauzonen und Auslegungsspielraum.
Gibt es bereits Anbieter von Immobilienrenten in Österreich?
Es gibt zwar einzelne Anbieter, aber noch keinen nennenswerten Anbietermarkt. Die meisten Anbieter sind gemeinnützige Stiftungen. Eine Kommerzialisierung ist aufgrund rechtlicher und psychologischer Hürden (Akzeptanz der Kunden) noch nicht vollzogen.
Welche Faktoren sind für eine erfolgreiche Kommerzialisierung von Immobilienrenten in Österreich wichtig?
Eine erfolgreiche Kommerzialisierung erfordert die Überwindung von rechtlichen Hürden, die Schaffung eines effizienten Prozesses für die Abwicklung der Verträge und die Steigerung der Akzeptanz bei potentiellen Kunden. Die Unsicherheit bezüglich der staatlichen Altersvorsorge könnte die Nachfrage steigern.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
Problemstellung
Aufbau der Arbeit
2. Wie funktioniert die Immobilienrente?
3. Ablauf eines Immobilienrentenvertragsabschlusses
4. Beispielrechnung
Eigenkapital vs. Fremdkapital
Exkurs Leibrente
5. Geschichte und Entwicklung der Immobilienrente
Exkurs „Der Fall Jeanne Calment"
6. Interviews mit potentiellen Gläubigern sowie Kunden
7. Chancen sowie die Risiken für beide Vertragsparteien:
8. Wie kann eine Kommerzialisierung in Österreich stattfinden?
9. Besteuerung der Rentenzahlungen
10. Conclusio
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Das gebundene Sachvermögen „Eigenheim“ mit dem offenen Schuldsaldo zu Gunsten des Gläubigers gegenübergestellt, eigene Darstellung, 2019
Abbildung 2: Auswertung der Befragung potenzieller Kunden zum Thema „Wichtigkeit bei einer evtl. Immobilienrente gereiht nach Wertigkeit“, eigene Darstellung, 2019
Die folgende Arbeit erläutert den Begriff „Immobilienrente“ bzw. „umgekehrte Hypothek“ im Wesentlichen. Hauptziel wäre eine mögliche Kommerzialisierung in Österreich bzw. im DACH-Raum.
Als erstes soll dieses Finanzprodukt klar von den bisherigen Möglichkeiten abgegrenzt werden, Chancen sowie Hürden für beide Vertragsparteien und zudem der derzeitige Marktanteil aufgezeigt werden.
Einleitung
In den derzeitigen Medien hört man verstärkt wieder die Begrifflichkeit „Babyboomer1 “ bzw. die verkürzte Version „Boomer“, dies ist natürlich keineswegs abwertend zu verstehen. Dieser Wortlaut wird aber bestimmt noch häufiger zu hören sein. Kurz und bündig beschreibt Boomer ein volkswirtschaftliches, sozial wirtschaftliches sowie politisches Dilemma welches für Zündstoff sorgt.
Jener österreichische Bürger der in der Zeit von 1956-1969 zur Welt kam darf sich offiziell so nennen2. Einerseits werden diese Pensionsantritte die staatliche Pensionsversicherung extrem belasten und für ein gewaltiges Defizit in der Pensionskasse sorgen. Andererseits habe eben diese Individuen eine äußerst lange Lebenserwartung. Laut Lebenserwartungsrechner der Statistik Austria hat eine am 01.01.1960 geborene Frau eine durchschnittliche Lebenserwartung von exakt 85,36 Jahren. Berücksichtigt man das durchschnittliche und tatsächliche Pensionsantrittsalter von 59,3 Jahren (20182) so ergebe sich eine durchschnittliche Pensionsdauer von 26,06 Jahren!
Eben diese Tatsache führt in weiterer Folge zu dürftigen staatlichen Pensionszahlungen sowie nicht sicher planbaren Pensionsbezügen. Genau hier kommt die moderne Finanzdienstleistungsbranche ins Spiel und versucht passende Produkte anzubieten. Der Anteil an Eigentumsbesitzern (Wohnhaus, Eigentumswohnung) bei dieser demographischen Bevölkerungsschicht ist hier klarerweise am höchsten und zudem meist lastenfrei.
Das Gros des Vermögens dieser genannten Altersgruppe ist und bleibt das privat genutzte Eigenheim (bzw. Eigentumswohnung), dieses gilt es zu berücksichtigen. Aufgrund einer gewissen Rechtssicherheit und die zudem örtliche Abwesenheit der Kinder der Bommer nehmen die Eigenheimtransaktionen (bzw. Rechtsgeschäfte betreffend ein privat genütztes Eigenheim) auch im höheren Alter immer mehr zu. Kurz gesagt: Die „frischen“ Pensionisten werden immer mobiler und haben „mehr“ Zeit zum Geld-aus-geben, nur wer im Erwerbsalter Vermögen angehäuft hat kann in der Pension mehr ausgeben als er einnimmt. Wer dies nicht machte hat aber sehr wohl die Möglichkeit sein Eigenheim sozusagen „doppelt“ zu nutzen. Doppelt im Sinne von: einerseits im gewohnten Eigenheim zu wohnen, andererseits eine zusätzliche monatliche Rentenzahlung für sein Eigenheim zu bekommen. Wie genau dies funktionieren kann, welche Vor- sowie Nachteile dies birgt wird in dieser Arbeit ausführlich behandelt.
Problemstellung
Zwar gibt es am österreichischen Markt schon einzelne Anbieter für umgekehrte Hypotheken, aber eben noch keinen nennenswerten Anbietermarkt. Speziell in den USA ist dieses Finanzdienstleistungsprodukt ja schon lange am Markt, in Österreich gibt es die sogenannte Leibrente welche verwandt mit der Immobilienrente ist (auf die Unterschiede wird noch eingegangen). Dominiert wird der bisherige Immobilienrentenmarkt im DACH-Raum von vorwiegend gemeinnützigen Stiftungen. Es gilt zu klären wie eine Kommerzialisierung in Österreich stattfinden kann um einerseits attraktive Angebote für die Eigentumsbesitzer schaffen zu können und andererseits ob zufriedenstellende Renditen für die Anbieter überhaupt möglich sind. Weiteres und dies wird im empirischen Teil der Arbeit noch behandelt, gilt es zu klären ob und wie stark die Boomer überhaupt auf solch ein Angebot reagieren. Laut den bereits etablierten Anbietern gibt es ein enormes Potential für die Immobilienrente.
Aufbau der Arbeit
Als erstes soll geklärt werden, wie genau die Immobilienrente überhaupt funktioniert. Was sind die Grundvoraussetzungen und wie erfolgt die Abgrenzung zu verwandten Begrifflichkeiten? i Der zweite Punkt stellt den empirischen Teil der Arbeit dar, potentielle Kunden werden befragt und geben eine Rückmeldung bzw. eine Kritik ab.
Als dritter Punkt und dies ist natürlich maßgeblich für eine evtl. Marktreife, gilt es zu klären unter welchen Umständen jeder Vertragspartner aus diesen Geschäft profitieren kann. Letzter und abschließender Part beinhaltet Statements von bereits etablierten Anbietern, sowie potentiellen zukünftigen Anbietern.
Wie funktioniert die Immobilienrente?
Grundsätzlich gilt es als aller erstes die bekannten Begrifflichkeiten einzuordnen. Die klassische Immobilienrente ist auch bekannt als umgekehrte Hypothek, Rückwertshypothek, Verzehrhypothek sowie reverse mortagage (die englische Version welche auch bei uns gebräuchlich ist), es gibt leider keine „korrekte“ Bezeichnung. Zudem ist die Bezeichnung Umkehrhypothek irreführend, da das Produkt nicht zwingend auf eine Rückführung des Darlehens am Ende der Laufzeit abzielt. Wir verwenden daher den Begriff Immobilienrente-da diese weniger irreführend ist.
Die kommerzielle Vermarktung dieses Produktes begann in den USA-daher gibt es keine „korrekte“ Übersetzung in die deutsche Sprache. Im angloamerikanischen Bereich ist die Redewendung „eat your bricks“ als Synonym stark verbreitet. Diese Phrase verbildlicht den langsamen „Verzehr“ oder auch „Aufbrauch“ der eigenen vier Wände. Bei der Immobilienrente wird nur ein Pfandrecht im Grundbuch eingetragen, Eigentümer bleibt weiterhin der Rentenbezieher. Dies ist wohl der wichtigste Unterschied zur Leibrente-dies wird später noch detaillierter differenziert.
Die Rentenzahlungen enden in der Regel mit dem Ableben des Rentenbeziehers. Die Gestaltung der monatlichen Rente (Indizierung, begrenzte Laufzeit) bzw. einem evtl. höheren Betrag am Anfang der Rentenzahlungsdauer, erfolgt individuell. Der Besitzer des Eigenheimes hat nun den Vorteil, dass er weiterhin in seinem gewohnten Umfeld wohnen kann und zudem seine Rente enorm aufgebessert ist. Der Rentenzahler ist bloß Gläubiger bzw. Darlehensgeber, das Darlehen wird also nach und nach erst „aufgebaut“. Bei Ableben des Rentenbeziehers kann das Darlehen entweder von den Erben des Eigenheimbesitzers abgelöst werden, somit bleibt die Immobilie im Besitz der Erben. Oder aber und daher ist eine gute Verwertung der Immobilie maßgebend, die Immobilie wird vom Gläubiger veräußert und ein evtl. Überschuss wird an die Erben ausbezahlt. Dies war nur ein kurzer Überblick und soll helfen nachstehende Abläufe besser zu verstehen.
Ablauf eines Immobilienrentenvertragsabschlusses
Grundvoraussetzung für eine Immobilienrente ist ein Eigentum, welches im Besitz des zukünftigen Rentenbeziehers sein muss. Grundsätzlich ist jeder Form von Eigentum denkbar, angefangen von bloßen Baugrundstücken, Baurechten bis hin zu Häusern. In der Praxis werden jedoch nur gut verwertbare Häuser sowie Eigentumswohnungen in Betracht gezogen. Sehr wichtig ist hierbei, dass die Liegenschaften in einer attraktiven Örtlichkeit liegt. Der erste Schritt für ein attraktives Immobilienrentengeschäft bildet eine Bewertung der Immobilie. An dieser Stelle soll erwähnt werden, dass das größte K.O.-Kriterium für solch ein Geschäft eine schlechte Lage ist. Beispielsweise wird kein Gläubiger ein Haus kaufen wollen, welches zwar gut in Schuss ist, aber in einer ländlichen Gemeinde mit sehr hoher Abwanderung steht. Das Risiko für ein Verlustgeschäft ist einfach zu hoch, zumal die Bereitschaft der Erben solch ein Darlehen abzulösen doch geringer ist als in Stadtnähe. Fast alle Gläubiger in Österreich sowie Deutschland zahlen den Rentenbeziehern meist maximal um die 70% des festgestellten Verkehrswertes als Rente aus. Daher sollte man sich auch keine utopischen Summen vorstellen. Die Veräußerer müssen ein definiertes Mindestalter aufweisen, man spricht meist von 70 Jahren.
Nun weiß der Investor also schon wie viel die Immobilie wert ist, zudem weiß er wie alt die Rentenbezieher aktuell sind. Der nächste Schritt besteht darin, dass voraussichtliche Sterbealter des Schuldners festzustellen, dies geschieht meist mit Hilfe des staatlichen Statistikamtes- welches so gut wie in jedem Staat vorhanden ist. Anhand dieser Daten kann anschließend schon ein Angebot erstellt werden.
Sofern der Veräußerer mit dem Angebot zufrieden ist wir ein Pfandrecht im Grundbuch eingetragen. Dies funktioniert ähnlich wie bei einem üblichen Tilgungsdarlehen-jedoch baut sich die Schuld erst nach und nach auf.
Nun beginnt auch schon die vereinbarte Rentenzahlung. Der Vertrag erlischt bei Ableben des Verkäufers. Danach besteht für etwaige Erben die Möglichkeit das Darlehen abzulösen und die Immobilie in Familienbesitz zu belassen, oder aber der Gläubiger veräußert die Immobilie und ein evtl. „Überschuss“ wird an die Erben ausbezahlt. Es stellt sich jedoch durchaus die Frage: „Wie hoch solch ein Überschuss sein wird?“, da natürlich Kosten für diesen Prozess anfallen. Sollte der Rentenbezieher in eine Pflegebedürftigkeit geraten oder in ein Altenheim übersiedeln müssen, so wird die Rentenzahlung natürlich weitergeführt. IdR. wird dies alles vertraglich vereinbart um hier effizient handeln zu können.
Beispielrechnung
Bevor wir eine Beispielrechnung illustrieren gilt es die verschiedenen Parameter zu erklären.
1. Wert der Immobilie: Verkehrs wertschätzung der Liegenschaft durch einen dafür geeigneten Sachverständigen
2. Lebenserwartung des Kunden: Dies wir mit Hilfe des staatlichen Statistikamtes eruiert
3. Beleihungsgrenze: maximale Darlehenshöhe in Relation zum Wert der Immobilie
4. Zinskosten
5. Finanzierungsnebenkosten: Kosten für Bearbeitung, Beglaubigung, Kontoführung, Gutachten, usw
Unser fiktiver Kunde ist alleinstehend, 70 Jahre alt (also 1950 geboren), Besitzer eines Einfamilienhauses in guter Lage (laut Sachverständigengutachten hat dieses einen Verkehrswert von 350.000,-), die Immobilie ist frei von Lasten. Der Kunde hat noch viel vor und möchte daher seine Pension aufwerten.
Aus kalkulatorischen Unsicherheitsgründen hinsichtlich einer evtl. Verwertung der Liegenschaft in der Zukunft beleihen wir die Liegenschaft mit maximal 60% des geschätzten Gutachtens. Maximale Beleihwertegrenze daher € 210.000,-.
Durchschnittliche Lebenserwartung laut Lebenserwartungsrechner 84 Jahre-also noch 14 Jahre Lebensdauer. Zinssatz 6 % p.a. effektiv (Kreditkosten bereits inkludiert).
Formel (jährliche nachschüssige Rentenzahlung3 ):
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Hier sieht man deutlich, dass bei einer zögerlichen Beleihungsgrenze eine (im Verhältnis zum Immobilienwert) doch recht überschaubare monatliche Rente zu erwarten ist. In der Regel können einzelne Anbieter auch noch einen Risikozuschlag für eine evtl. längere Lebensdauer verlangen (dieser wirkt sich natürlich neuerlich auf die Rente aus). Auch die „Discounted-Cashflow-Methode4 “, kurz „DCF-Methode“ genannt, könnte hier angewandt werden. Die obige Rechnung ist jedoch die einfachste welche verwendet werden kann.
Wie bereits erwähnt endet die Rentenzahlung meist mit dem Ableben des Rentenbeziehers. Es gibt in Europa aber auch in den USA verschiedenste Ausprägungen was den Ausgang des Immobilienrentenvertrages betrifft. Es wurde bereits erwähnt, dass das Darlehen von den Erben abgelöst werden kann und die Immobilie bleibt im Besitz der Erben. Die zweite Variante wäre, dass der Gläubiger die Immobilie verkauft und ein evtl. Überschuss in die Erbmasse des Rentenbeziehers wandert.
Bei einigen Anbietern endet der Vertrag auch mit Auszug bzw. Übersiedelung in ein Altenheim. Auch gibt es vielfach Garantiezeiten für die Rentenauszahlung, d.h. im Falle eines sehr frühzeitigen Ablebens werden die Rentenzahlungen an die Erben fortgesetzt, dies sind aber alles individuelle Vereinbarungen und können von Fall zu Fall unterschiedlich sein. Die Grundidee der Immobilienrente anbei schematisch und grob dargestellt-dies soll verdeutlichen wie eigentlich die Nutzung der selbstbewohnten Immobilie optimal, bis zum Ableben des Eigenheimbesitzers, erfolgen kann:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die obige Grafik zeigt eine effiziente Nutzung der Immobilie, in diesem Fall unter der Annahme eines Eigentumswohnungskaufes mit Hilfe einer Finanzierung. Zur Erläuterung gilt festzuhalten, dass Eigenkapital gleich dem gebundenen Sachvermögen des Eigenheimbesitzers ist (also quasi bereits getilgte Wert) und das Fremdkapital der Schuldsaldo des Gläubigers. Nach 25 Jahren erreichen wir das Tilgungsende (die Zins- sowie Tilgungskurve wurde in diesem Fall nicht berücksichtigt) um in darauffolgenden Jahr (Pensionsantritt des Eigenheimbesitzers) eine Umkehrhypothek zu beantragen. So erhöht sich der Anteil des Schuldsaldos kontinuierlich und der gebundene Sachvermögensanteil sinkt. Die Immobilie wird somit “verzehrt“, so lässt sich ein logischer Rückschluss auf die Namensgebung “Umkehrhypothek“ bzw. “Verzehrhypothek“ herstellen.
Exkurs Leibrente
Häufig wird die sogenannte Leibrente mit der Immobilienrente verwechselt. Der wichtigste und wohl auch bedeutendste Unterschied ist, dass bei der Leibrente bereits bei Vertragsabschluss der Besitz der Immobilie auf den Rentenzahler übergeht. Daher ist eine evtl. Ablöse mit den Hinterbliebenen des Rentenbeziehers (Veräußerer der Immobilie) so gut wie ausgeschlossen. Der Vertrag erlischt mit dem Tode des Rentenbeziehers. IdR. werden keine Überschüsse an die die Erben ausbezahlt (da es rein rechtlich ja keine Immobilie zum Erben gibt). Diese Form der Rentenaufbesserung mittels eigener Immobilie, bei gleichzeitigen Wohnrecht bis zum Tode, erfährt bis dato noch die häufigste Anwendung (Im DACH-Raum).
Geschichte und Entwicklung der Immobilienrente
Die Immobilienrente wie wir sie kennen gibt es wieder erwarten schon sehr lange. Im Mittelalter herrschte ein kirchliches Zinsverbot, wer damals eine Häuslichkeit besaß und dringend Kapital benötigte-konnte mithilfe der Immobilienrente dieses Zinsverbot umgehen und sich so ohne Verachtung oder gar herrschaftlichen Bestrafung Kapital ausleihen. Die Kommerzialisierung dieses Produktes begann in den USA, 1961 (!) wurde die erste Immobilienrente, wie wir Sie kennen, kreiert und an Herrn Nellie Young ausbezahlt5. Vorerst fristete die Immobilienrente noch ein Schattendasein, aufgrund des Fehlens einer ordentlichen staatlichen Pensionsvorsorge fand dieses Produkt aber immer mehr Abnehmer. Natürlich trug die allseits bekannte Umsatzaffinität der amerikanischen Geldhäuser auch zum Absatz das seinige bei. Es kam soweit, dass erste Steuererlässe auch dieses Thema in Angriff nehmen mussten. 1983 entschied der Kongress erstmalig über die weitere Handhabe der Immobilienrente.
Es folgten weitere Erlässe über die maximale Höhe des Darlehens, maximale Kosten für den Schuldner usw. Im Entstehungsjahr dieser Arbeit (2020) gibt es in den USA eine staatliche Absicherung für Immobilienrenten. Genauer gesagt gibt es eine staatliche Absicherung für das „Risiko“ der Langlebens, der Staat übernimmt die Versicherungsprämien die nötig sind um das „Langlebensrisiko“ abzudecken (das durchaus wichtigste Risiko des Langlebens wird noch genauer thematisiert). Auch werden möglich Zinsrisiken vom Staat versichert. Diese Sachverhalte führen dazu, dass einerseits die Geldhäuser besser kalkulieren können und anderseits die Rentner auch eine gewisse Sicherheit empfinden. Des Weiteren führt dies zu mehr Anbietern und weiteres zu günstigeren Konditionen.
Nun kennen wir Entwicklung der Immobilienrente, den Ablauf sowie den Unterschied zur klassischen Leibrente Exkurs „Der Fall Jeanne Calment"6
Da das Prinzip der Leibrente ja schon länger bekannt ist gibt es hierzu auch schon zahlreiche Erfahrungsberichte. Ein Fallbeispiel ist besonders erwähnenswert: Jeanne Louise Calment war im Jahre 1875 in Frankreich geboren und führte allen Anschein nach ein gesundes Leben. Sie schaffte sich eine Eigentumswohnung in Paris an, welche Sie ursprünglich Ihrem Enkel vererben wollte. Dieser verstarb aber im Alter von 36 Jahren und so entschloss sich Frau Calment, die damals 90 Jahre alt war, die Wohnung gegen Zahlung einer Leibrente von 2500 Francs einen damals 47-jährigen Rechtsanwalt zu verkaufen. Frau Calment wurde sage und schreibe 122 Jahre alt und überlebte den eigentlichen Käufer der Eigentumswohnung bei weitem, der Rechtsanwalt verstarb im Alter von 77 Jahren, daraufhin musste die Witwe die Rentenzahlungen fortsetzten. Im Laufe der Zeit bekam Frau Calment 900.000 Francs an Rente bezahlt, dies übersteig den Marktpreis der Immobilie um das Doppelte. Wir sehen also, dass dieses Finanzkonstrukt ohne entsprechende Absicherung ordentlich nach hinten losgehen kann.
Es folgt nun der empirische Teil der Arbeit, im Zuge der Feldstudie wurden einerseits potentielle Rentner sowie baldige Rentner befragt, andererseits auch Repräsentanten potentieller Geldhäuser.
Interviews mit potentiellen Gläubigern sowie Kunden
Stellungnahme zu diesem Produkt verschiedenster Finanzdienstleister. Es wurden mehrere Geldhäuser befragt- leider wollen diese nicht namentlich genannt werden.
Als erstes wurde ein leitender Angestellter aus der Marktfolge einer in Deutschland sowie Österreich sehr verbreiteten Bank befragt. Diese Bank ist für Ihre regionalen und ländlichen Filialen bekannt. Als größtes Manko wurde hier die mangelnde Nachfrage genannt, gleich darauf mit nur wenig Abstand die Problematik bettreffend der Verwertung im Ablebensfall des Rentenbeziehers.
Sehr wohl war hier gleich offensichtlich, dass die evtl. Hypotheken gut gelegen sein sollten, auf keinen Fall möchte die Bank eine unverkäufliche Immobilie besitzen. Als nächster Punkt wurde die Diskrepanz mit den derzeitigen Regularien und die Darstellbarkeit für den Kunden genannt. Dieses Institut möchte auf keinen Fall derzeit dieses Produkt anbieten. Mangelnde Erfahrung sowie das Fehlen eines effizienten Prozesses tragen das Ihrige bei.
Als zweites wurde ein Produktmanager einer österreichischen Bausparkasse befragt. Zu meinem Erstaunen wurde dieses Produkt schon öfters diskutiert und eine mögliche Markteinführung besprochen. Jedoch hat sich die Führungsebene final immer gegen die Markteinführung entschieden. Das größte Problem war hier die mangelnde Verwertbarkeit der Immobilie, dicht gefolgt aber schon über das Risiko einer evtl. Langlebigkeit und einhergehend über den weiteren Vorgang zum Ende der Rentenzahlung. Man wollte hier schlicht nicht ein Produkt einführen, welches einen doch komplexen Prozess erfordert und zudem keinerlei (wenigstens ähnliche) Erfahrungswerte existieren. Zitat des Produktmanagments:
...eines der Hauptprobleme liegt darin, wenn Kunden das Vertragsende erleben sollten, da sich bezüglich Verwertung oder allenfalls Stundung offene Fragen ergeben.
Problematisch war auch, dass keine Zins- und Tilgungsraten bezahlt werden, was unseren ABB widerspricht.
Weiteres müsste der Verwendungszweck "Pflege" wiederholt nachgewiesen werden.
Als drittes wurde ein in Niederösterreich ansässiger Finanzdienstleister befragt, dieser gab an in der Vergangenheit bereits mehrere Immobilienrenten verkauft zu haben. Nun aber hat er das Problem, dass keine Bank mehr daran interessiert sei. Er habe auch zahlreiche Studien und Auswertungen durchgeführt, leider war er nicht gewollt diese Informationen mit mir zu teilen.
Als letztes Institut wurde wieder eine österreichische Bausparkasse befragt. Diese hat das Produkt nach nur dreijähriger Angebotsphase wieder vom Markt genommen. Mangels Nachfrage wurde dies eingestellt, die gesamt abgeschlossenen Geschäfte hielten sich im einstelligen Bereich.
Abschließend möchte ich noch festhalten, dass fast alle Institute Interesse an der Immobilienrente hegen, aber niemand möchte der erste Anbieter am Markt sein (bzw. erst wieder am Markt sein sobald wirklich eine Nachfrage herrscht). Sollte einerseits die Nachfrage steigen und andererseits auch schon gewissen Erfahrungswerte von etwaigen Mitbewerbern existieren-so wird auch die Angebotsseite massiv wachsen.
Nun folgen Auswertungen über Interviews mit potentiellen Kunden.
Für diesen Teilbereich wurden 20 potentielle Kunden befragt. Alle Probanden waren zwischen 60.-70. Lebensjahr und hatten ein lastenfreies Eigenheim im Bezirk Villach, Villach-Land sowie Spittal/Drau. Es standen fünf Möglichkeiten zur Auswahl, die Auswahlmöglichkeit mit der höchsten Wertigkeit sollen auf Platz 1 gewählt werden usw
Anbei die Auswahlmöglichkeiten:
a) Die Rente soll bis zum Lebensende ausbezahlt werden
b) Der Gläubiger soll im Konkursfall abgesichert sein, sodass die Rentenzahlungen nicht gefährdet sind
c) Die Eigentumsverhältnisse bleiben unangerührt
d) Die Rente soll einer Indexierung unterliegen
e) Ein eventuelles Guthaben soll nach Ableben oder Auszug an die Erben ausbezahlt werden
Folgende Grafik veranschaulicht die Wertigkeiten in ansteigender Reihenfolge:
Wertigkeit
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Auffallend ist hier, dass die Eigentumsverhältnisse auf alle Fälle nicht angetastet werden sollen. Das errichtete Eigenheim soll weiterhin in Privatbesitz bleiben. Erst bei Ableben oder Auszug soll diese verwertet werden dürfen und (falls dies der Fall ist) ein eventueller Überschuss an die Erben ausbezahlt werden. Hier spielt auch sicherlich eine Rolle ob es vorgesehene Erben gibt oder nicht. Die potentiellen Kunden wollen zudem, dass die Rente bis zum Ableben oder eben Auszug ausbezahlt werden soll. Eine zeitliche Befristung der Rentenzahlung ist also nicht besonders attraktiv. Das Thema der Kaufkrafterhaltung (Indexierung der Rente) und die Konkursabsicherung des Gläubigers rangieren auf den letzten Plätzen. Aufgrund der langanhaltenden wirtschaftlichen Stabilität in Österreich ist dies wohl nicht so arg gefürchtet.
Chancen sowie die Risiken für beide Vertragsparteien:
Chancen für die Gläubiger:
Das anhaltende Zinstief sorgt für anhaltenden Unmut bei den Geldhäusern. Mit klassischen Spareinlagen ist so gut wie kein Gewinn mehr zu erzielen, ähnliches gilt für das Darlehensgeschäft (sinkende Einnahmen für die Banken bei gleichzeitig immer höheren Eigenkapitaleinlagerungen).
Es wird händeringend nach attraktiven Alternativen gesucht. Der größte Vorteil besteht darin, dass ein potentieller Gläubiger (nachfolgend kurz „Investor“ genannt) langfristige, durchaus gut verzinste Kundenforderungen hypothekarisch verbriefen kann. Weiteres und dies ist sozusagen das „I-Tüpfelchen“, werden die Kundenforderungen konstant höher.
Da die Zinsen jährlich dem aushaftenden Saldo aufgeschlagen werden, steigen die jährlichen Zinsgewinne für den Investor beträchtlich. Auch steht, rein theoretisch, ein Handel mit solchen verbrieften Kundenforderungen nichts im Wege. Die Geldhäuser in Europa hätten somit ein weiteres und gut handelbares Finanzprodukt am Markt.
Chancen für die Schuldner:
Die Vorteile für die potentiellen Kunden liegen auf der Hand, jedoch ist vor allem wesentlich ob es vorgesehen Erben gibt oder nicht. In Zeiten steigender Immobilienpreise und praktisch keinerlei Erbschaftssteuern werden potentielle Erben eher nichts von einer Immobilienrente wissen wollen. Weiteres gilt es noch eine gewisse psychologische Barriere in den Köpfen der Rentenbezieher zu überwinden. Fakt ist, dass dieses Produkt der einfachste Weg ist um die Rente aufzubessern. Stark zunehmende Absatzzahlen in Nordamerika zeigen dies. Aufgrund strenger werdende Stresstests der Geldhäuser genießen die Kunden zunehmende Rechtssicherheit.
Risiken für die Gläubiger:
Ein extrem großes Risiko besteht darin, dass der Kunde überdurchschnittlich alt wird und dieser das Eigenheim quasi ohne Gegenleistung (der maximale Beleihwert wurde in Form der Rentenzahlung bereits ausbezahlt) bewohnt. Zudem wird die Immobilie stärker „abgewohnt“ (da länger bewohnt).
Sollte dieser Fall eintreten, so wird kein Institut den Gläubiger auf die Straße setzte, dies würde einerseits ethischen Grundsätzen widersprechen, andererseits natürlich für enorme negative Publicity sorgen. Ein weiteres Risiko besteht darin, dass die Immobilie evtl. schwer zu verkaufen ist. Beispielsweise weil diese nicht mehr den Vorstellungen der Käufer entspricht, die Örtlichkeit an Attraktivität eingebüßt hat oder es großen Investitionsbedarf gibt. Dieser Sachverhalt führt zu relativ überschaubaren Beleihungsgrenzen. Wie bereits erwähnt gibt es für das Risiko des Langlebens in den USA bereits etablierte Versicherungsprodukte, welche dies relativ genau versichern können.
Risiken für die Schuldner:
Ein gewaltiges Risiko für die Schuldner besteht darin, dass die Bonität des Gläubigers bis zum Ableben gegeben sein muss. Im schlimmsten Fall setzten die Rentenzahlungen aus und kein Institut ist gewollt diese weiterzuführen.
Eben auch für dieses Risiko gibt es in den USA staatlich gestützte Ausfallsversicherungen. Ein weiteres Manko besteht darin, dass die Bonität der Schuldner bereits ausgeschöpft ist. Möchte der Bewohner beispielsweise etwas an seiner Immobilie ändern bekommt er eher kein zusätzliches Darlehen. Dies führt uns schon zum nächsten Problem, für eine Änderung an der Immobilie bedarf es der Zustimmung des Gläubigers.
Ebenso gilt, sobald die Schuldner sich für die Immobilienrente entschieden haben und diese bereits eine gewisse Zeit läuft-gibt es für die Schuldner kein Zurück mehr. Eine evtl. Ablöse des Darlehens wird dann schwer möglich sein.
Wie kann eine Kommerzialisierung in Österreich stattfinden?
Allergrößte Hürde für die Anbieter ist wohl die derzeitige Vereinbarkeit der aktuellen Regularien hinsichtlich pfandrechtlicher Hypotheken und die Verwendung dessen als Pensionszahlungen an die Immobilienbesitzer. Zur Klärung der Frage wie eben eine ordentliche Marktdurchdringung stattfinden kann wird die rechtliche Fragestellung bei Seite gelassen.
Vor allem aber muss die psychologische Hemmschwelle bei den potentiellen Kunden aber erst überwunden werden. In einem sehr konservativen Land wie Österreich wird Eigentum großgeschrieben. Wir möchten hier nicht die prognostizierte Unfinanzierbarkeit der künftigen Pensionen thematisieren-sehr wohl aber die immer unsicherer werdenden Pensionsbezugshöhen sowie die steigenden Lebenshaltungskosten und einhergehend der Wunsch nach größerer finanzieller Freiheit in der Pension.
Früher oder später werden Alternativen gesucht werden müssen, genau hier kommt die Immobilienrente ins Spiel. In den USA dauerte der Prozess zwischen der ersten abgeschlossenen Immobilienrente bis hin zur richtigen Kommerzialisierung über 22 Jahre7 (!). Sobald die Unsicherheit über die staatlichen Pensionsbezüge also zunimmt können wir erst mit einer wirklichen Nachfrage dieses Produktes rechnen. Zudem gilt es zu klären, wie ein effizienter Prozess im Geldhaus zu schaffen wäre. Die Veräußerung oder Ablöse der Erben des offenen Schuldsaldos muss auf alle Fälle zügig von statten gehen. Gemäß dem Motto „Zeit ist Geld“ ist eine schnelle Verwertung maßgeblich für den wirtschaftlichen Erfolg des Geldgebers. Auch sind demographische Entwicklungen zu berücksichtigen, wie eingangs der Arbeit bereits erwähnt kommen nur Immobilien in guter Lage in Frage. Genau diese Gegebenheit könnte den Preisunterschied von Land zu Stadt noch erhöhen. Auf alle Fälle müssten erst entsprechende Gesetzesänderungen zu Gunsten der Immobilienrente verabschiedet werden um die Kalkulationen für beide Seiten der Vertragsparteien genauer und sicherer machen zu können.
Der Tenor der befragten Geldhäuser war einstimmig: Erst bei entsprechender Nachfrage wird dieses Produkt (wieder) eingeführt.
Mit wachsender Globalisierung und Harmonisierung der unterschiedlichen Gesetzgebungen wird früher oder später ein etablierter Anbieter aus dem Nordamerikanischen Raum wohl auch bei uns Fuß fassen.
Abschließend gilt es noch zu erwähnen, dass dieses Produkt nur für eigenkapitalstarke Gläubiger geeignet ist. Wenn überhaupt wird dieses Produkt nur eine Sparte des gewöhnlichen Geschäftsbereiches darstellen. Dies kann sich natürlich mit steigender Spezialisierung, höherem Marktanteil sowie bereits gewinnbringenden, abgeschlossenen Immobilienveräußerungen (nach Ableben des Schuldners) ändern. Es stellt sich vor allem die Finanzierung dieser Geschäfte als extrem schwierig dar. Angenommen ein Geldhaus erwirbt zehn Immobilien und zahlt den Rentenbeziehern im Durchschnitt € 1000,-/Monat über 14 Jahre aus. So ergeben sich kalkulatorische Rentenzahlungen von € 168.000,-. Erst nach 14 Jahren können Sie etwas „ernten“. Logischerweise wird ein Privatinvestor hierfür keine finanzierende Bank finden können. Auffallend viele Versicherungen hegen an diesem Produkt Interesse bzw. führen dies in ihrem Portfolio, dies ist natürlich optimal um laufende Kundenprämienzahlungen anzulegen.
Besteuerung der Rentenzahlungen8
Hier soll noch kurz auf die Steuerthematik eingegangen werden. Wichtig ist hier, dass wir lediglich von einer privat genutzten Immobilie sprechen. Da rein rechtlich eine Immobilienrente bloß eine Darlehnsauszahlung darstellt wird diese weder mit einer Immobilienertragssteuer versteuert noch unterliegt diese der Einkommenssteuer. Würden aber die Rentenzahlungen den Wert der Immobilie übersteigen, so unterliegen diese der Einkommenssteuer. Grundsätzlich gibt es hier aber noch einige Grauzonen und relativ viel Auslegungsspielraum.
Bei der Leibrente gibt es hier, aufgrund doch einigen jährlichen Fällen, mehr Steuerklarheit. Maßgeblich ist hier eine Hauptwohnsitzbefreiung um keine Immobilienertragssteuer zahlen zu müssen. Des Weiteren dürfen hier auch die Summe der Rentenzahlungen den Wert der Immobilie nicht übersteigen, da ansonsten dies Zahlungen einkommenssteuerpflichtig sind.
Dies alles gilt lediglich für Österreich.
Conclusio
Das Thema Pension wird uns wohl noch weiterhin beschäftigen (müssen). Eine Verwertung des Eigenheimes im Ruhestand bei gleichbleibenden Besitzverhältnissen ist und bleibt eine logisch einfache und attraktive Idee zur Aufbesserung der Rente. Grundsätzlich ist das bewohnte Eigenheim Vermögen bzw. Erspartes, welches gebunden ist und es spricht nichts dagegen sein Erspartes im Ruhestand auszugeben.
Die obigen Grafiken haben gezeigt, dass dieses Produkt vor allem für eigenkapitalstarke Firmen und Institutionen eine perfekte Möglichkeit wäre um das Kapital, bei anhaltenden niedrigen Zinsen, gewinnbringend zu anzulegen. Auch Staats- sowie Pensionsfonds haben derzeit ja das Problem keine passenden Anlagemöglichkeiten zu finden. Es wird sich zeigen ob es Finanzdienstleistungsunternehmen gelingen wird diese Idee auch in ein wirtschaftliches Geschäft umzusetzen. Vor allem der Pensionseintritt des „letzten großen Schwungs“ der Babyboomer wird uns noch Rätsel aufgeben.
Potential wäre dann also genug vorhanden. An Kreativität hat es den Geldhäusern jedenfalls noch nie gemangelt. Es ist davon auszugehen, dass praktisch noch kein potentieller Kunde weiß, dass es solch ein Produkt überhaupt gibt. Nachfrage muss entstehen bzw. erst erschaffen werden. Im Entstehungsland der Immobilienrente sorgte erst eine staatliche Versicherung bzw. Absicherung der Rentenbezieher sowie Rentenzahler für attraktive Angebote. Zwar stellte sich in der Vergangenheit heraus, dass eine zu hohe Regulation durch den Staat für langfristige negative Effekte sorgte, aber bei äußerst sensiblen Themen dies doch von Vorteil wäre. De facto hängt also alles vom Willen oder Unwillen der Gesetzgeber ab. Zahlreiche ergebnislose Reformen der Regierung hinsichtlich der Förderung der privaten Pensionsvorsorge lassen zurzeit aber noch wenig Hoffnung auf Erfolg zu.
Erste Versuche der Kommerzialisierung dieses Produktes gibt es auch schon in reichen Städten Südostasiens. Meine Interviews haben gezeigt, dass es bereits ernsthafte Produkteinführungsabsichten gab, jedoch nie eine wirkliche Nachfrage bestand. Dies alles könnte sich in absehbarer Zeit jedoch noch ändern. Wenn wir mit einer ähnlich langen Entwicklungsspanne wie in den USA rechnen, so werden wir erst in gut 25 Jahren marktreife Produkte anbieten können.
Literaturverzeichnis
Statistik Austria, Lebenserwartungsstatistik ( 2019) ,https://www.statistik.at/Lebenserwartung/Start.jsp
Statistik Austria, Bevölkerungsprognosen (2019), http://www.statistik.at/web de/statistiken/menschen und gesellschaft/bevoelkerung/demogra phische prognosen/bevoelkerungsprognosen/index.html, Wien
Statistik Austria, Pension und Renten (2019), http://www.statistik.at/web de/statistiken/menschen und gesellschaft/soziales/sozialleistunge n auf bundesebene/pensionen und renten/index.html, Wien
American Advisors Group, reverse mortgages (2012), The History oft the Reverse Mortgage, http://www.statistik.at/web de/statistiken/menschen und gesellschaft/soziales/sozialleistunge n auf bundesebene/pensionen und renten/index.html, Kalifornien (USA)
Bundesministerium für Finanzen Österreich, Bewertung von Renten und wiederkehrende Nutzungen und Leistungen (2019), https://service.bmf.gv.at/Service/Anwend/Steuerberech/Par16/Par16.aspx, Wien
Wirtschaftslexikon24.com, Finanzmathematik (2018), http://www.ifip.tuwien.ac.at/lehre/267082/vorlesung%20finanzmathematik.pdf, Deutschland
Focus.de, Immobilienrente & Umkehrhypothek-Diese Rente ist sicher (2012), https://www.focus.de/immobilien/kaufen/immobilienrente-und-umkehrhypothek-diese-rente- ist-sicher aid 817776.html, München
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1 Vgl. Klaus Hurrelmann & Erik Albrecht, Die sechs Generationen der Nachkriegszeit, Seite 76-88, 2014
2 Quelle: Homepage Statistik Austria/ Soziales/Pensionen und Renten
3 Vgl. Dirk Noosten, Investitionsrechnung, Seite 71-79, 2018
4 Gabler Wirtschaftslexikon, Online Ausgabe, https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/discounted- cashflow-verfahren-54535/version-372901
5 Vgl. Guerin Jessica, The History of the HECM: A Detailed Timeline. The Reverse Review.,2012: Seite 40-45
6 Vgl. Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw, Reverse Mortages, Seite 85, 2009
7 Vgl. Vgl. Guerin Jessica, The History of the HECM: A Detailed Timeline. The Reverse Review.,2012: Seite 55-67
8 Vgl. Berufungsentscheidung des unabhängigen Finanzsenates, GZ.RV/ 2685-W/12, Manz.at/
- Arbeit zitieren
- Markus Jaut (Autor:in), 2020, Umkehrhypothek als alternative Altersversorgung in Österreich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1312123