Entwicklungsbedingte und altersuntypische Ängste im Grundschulalter


Hausarbeit, 2009

20 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Begriffdefinitionen
2.1. Angst
2.2. Furcht
2.3. Phobie
2.4. Panik

3. Entwicklungsbedingte Ängste
3.1. Körperkontakt-Verlustangst
3.2. Fremdeln (auch: Achtmonatsangst)
3.3. Trennungsangst
3.4. Vernichtungsangst
3.5. Todesangst
3.6. Ängste im Grundschulalter

4. Altersuntypische Ängste
4.1. Klassifikation
4.1.1. Klassifikation nach DSM-IV
4.1.2. Klassifikation nach ICD-10

5. Unterschiede zwischen den Geschlechtern

6. Risikofaktoren

7. Zusammenfassung

8. Diskussion

9. Literatur

1. Einleitung

Angststörungen sind sowohl im Erwachsenen- als auch im Kindesalter die am weitesten verbreiteten psychischen Störungen. Nimmt man alle Angststörungen zusammen, machen diese einen hohen Anteil an den behandlungsbedürftigen psychopathologischen Störungen im Kindes- und Jugendalter aus; nach neueren epidemologischen Studien sind es mindestens zwischen zehn und 15 Prozent (Bernstein, Borchardt & Perwien, 1996; McGree et al., 1990; Poulton et al., 1997; siehe auch Petermann 2002). Die jüngste Forschung hat zudem gezeigt, dass Angststörungen im Kindesalter einen Risikofaktor für psychische Störungen im Erwachsenenalter darstellen und dass die Komorbidität mit anderen psychischen Störungen eher die Regel als die Ausnahme ist (Essau, 2003). Darüber hinaus zeigen Studien mit Erwachsenen, „dass Angststörungen mit frühem Beginn zu Chronizität tendieren und mit langfristiger psychosozialer Beeinträchtigung einhergehen“ (Regier et al.; Wittchen et al.; siehe Essau, 2003). Mehrere Längsschnittstudien bestätigen diese Entwicklung. Trotz dieser alarmierenden Ergebnisse ist die Forschung in diesem Bereich immer noch ein Stiefkind im Vergleich zu den Forschungsaktivitäten für Angststörungen im Erwachsenenalter (Schneider & Blatter in Petermann & Reinecker, 2005). Eine intensivere Beschäftigung mit diesem Thema scheint mir daher nicht nur wünschenswert sondern notwendig, bedenkt man die hohe Prävalenz von Angststörungen im Kindes- und Jugendalter und will man in Zukunft bessere Präventions-, Diagnose- (Früherkennung) und Behandlungsmöglichkeiten erreichen.

Die vorliegende Arbeit ist das Ergebnis einer Beschäftigung mit dem Thema Ängsten bei Kindern im Grundschulalter und soll einen Überblick über die verschiedenen Störungsarten geben. Dabei soll hauptsächlich unterschieden werden zwischen entwicklungsbedingten Ängsten (z.B. Fremdeln, Angst vor Monstern, Trennungsängste) und altersuntypischen Ängsten (z.B. umweltbedingte Ängste), also krankmachenden Ängsten im klinischen Sinne. Dabei liegt der Schwerpunkt auf den entwicklungsbedingten Ängsten, da die Anzahl an klinisch relevanten Störungen zu groß ist, um sie hier einzeln näher beschreiben zu können.

Bevor auf die „natürlichen“ Ängste eingegangen wird, soll zunächst eine Begriffsdefinition für Angst und die drei damit zusammenhängende Emotionen Furcht, Phobie und Panik gegeben werden. Anschließend sollen die altersuntypischen Ängste von Kindern und Jugendlichen beschrieben und die zu deren Diagnose geeigneten beiden Klassifikationssysteme DSM-IV und ICD-10 vorgestellt werden. Im Anschluss daran folgt die Betrachtung aus der Perspektive der Differentiellen Psychologie, um dem Anspruch der Integrationen dieses Faches gerecht zu werden (neben der Entwicklungspsychologie). Hierbei soll sich auf die Unterschiede zwischen den Geschlechtern konzentriert werden. Schließlich sollen noch die wichtigsten Risikofaktoren für eine Angsterkrankung im Kindes- und Jugendalter aufgezeigt werden.

Da aus Platzgründen nicht näher auf die Frage, wie Kinder mit ihren Ängsten umgehen bzw. wie sie sie bewältigen, eingegangen werden kann, soll an dieser Stelle kurz darauf eingegangen werden. Denn Kinder verfügen über zum Teil erstaunlich kreative Strategien mit ihren Ängsten umzugehen. So ist es „nicht überraschend, dass Emotionen und Rituale, die ein Gefühl von Kontrolle erhöhen, während der Kindheit und Jugend häufig auftreten“ (Essau, 2003). Evans et al. (1997) haben in einer Studie u.a. folgende Gewohnheiten bei Kindern gefunden, mit der Kinder versuchen ihre Ängste zu bewältigen: Vorliebe für täglich wiederkehrende Abläufe, Vorliebe dafür, Speisen auf eine bestimmte Art zu essen, darauf bestehen, dass bestimmte Dinge an „ihrem Platz“ sind. Somit können Ängste zwar schon früh zu Zwängen führen. Andererseits können Ängste aber auch eine Quelle der Kreativität sein und zu neuen Entwicklunge]n führen, wie Helbing (2007) und Rogge (2004) vermuten.

Außer Acht gelassen werden müssen auch die zum Teil gravierenden sozialen Folgen, die übermäßige und lang anhaltende Ängste für Betroffene und deren Familien haben können. So sind Kinder mit Angststörungen oft einsam, selten beliebt und häufig von ihren Klassenkameraden sozial vernachlässigt (Essau, 2003). Dies kann zu Problemen innerhalb der Familie führen, was wiederum die Ängstlichkeit steigert, so dass ein Teufelskreis entsteht, dem häufig nur mit Hilfe therapeutischer Intervention zu entkommen ist, vorausgesetzt, das Problem wird überhaupt erkannt.

Mit Sicherheit von Bedeutung ist dann auch die Frage, inwieweit Ängste bereits bei Kindern und Jugendlichen zu Depressionen oder anderen psychischen Störungen führen können. So erscheinen Depressionen in vielen Studien und Statistiken nicht nur als die häufigste aller psychischen, sondern auch als die häufigste aller chronischen Krankheiten, unter denen Kinder und Jugendliche leiden, wie Lüdtke (2003) in seiner Diplomarbeit berichtet. In der vorliegenden Arbeit kann aus Prioritätsgründen jedoch nicht weiter auf den Zusammenhang zwischen Ängsten und Depressionen eingegangen werden.

Auf die Methoden zur Erfassung von Ängsten und deren Interventionsmöglichkeiten muss in dieser Arbeit ganz verzichtet werden. Gleiches gilt für die Entstehung von Ängsten (genetische Disposition und Umwelteinflüsse) sowie für die Erklärung von Ängsten (theoretische Konzepte). Hier soll auf Zusammenstellungen in der Literatur (z.B. Essau, 2003) verwiesen werden.

2. Begriffdefinitionen

Zur besseren Abgrenzung und zum Verständnis der Begriffe Angst, Furcht, Phobie und Panik sollen zunächst Begrifferklärungen und -definitionen dargestellt werden, wie sie in der gängigen Literatur anzutreffen sind. Dennoch kann aus Platzgründen hier nur ein sehr kleiner Ausschnitt der vorhandenen Definitionen aus den verschiedenen Betrachtungswinkeln vorgestellt werden.

2.1. Angst

Der deutsche Begriff Angst leitet sich aus dem Lateinischen bzw. Griechischen ab und hat folgende ursprüngliche Bedeutungen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Cecilia A. Essau (2003) beschreibt Angst als „eine zukunftsorientierte Emotion, gekennzeichnet durch Befürchtungen und das Gefühl, zukünftige, möglicherweise bedrohliche Situationen nicht kontrollieren zu können“. Somit ist Angst eine komplexe emotionale Erfahrung, die sich auf verschiedenen Ebenen ausdrückt. Sie hat körperliche, kognitive und behaviorale Komponenten (Essau, 2003). Beispiele für Angstsymptome sind erhöhte Herzfrequenz, Erröten, Übelkeit und Magenbeschwerden (alle körperlich), Vergesslichkeit, Gedanken an Verunreinigung und Konzentrationsschwierigkeiten (alle kognitiv) sowie Vermeidungsverhalten, Weinen oder Schreien, Stottern und Daumenlutschen (alle bevavioral; modifiziert nach Barrios & Hartmann, 1997; siehe auch Essau, 2003). An anderer Stelle bemerkt Essau (2003) weiter: „Im Gegensatz zur Furcht und zur Phobie ist Angst ein diffuseres Gefühl von sperriger Spezifität“.

Nach Rogge (2004) geht Angst nicht selten mit Gefühlen der Ohnmacht einher, einer Ohnmacht, die das Gefühl vermittelt, die Gefahrensituation nicht meistern zu können. Dies gilt insbesondere für soziale, erziehungsbedingte Ängste, deren Ursachen in der Nahwelt des Kindes liegen. Gerade diese Ängste stellen sich dem Kind häufig bedrohlich dar und besetzen ganze Persönlichkeitsanteile, sie berühren sein Urvertrauen und Selbstwertgefühl negativ (Rogge, 2004).

In der biologischen Psychologie wird Angst meist als ungerichtete (diffuse), peripher-physiologische, zentralnervöse und subjektive Überaktivierung bei der Wahrnehmung von Gefahren definiert (Birbaumer & Schmidt, 1991).

Die normale – oder auch „gesunde Angst“ – ist ein Alarmzeichen für den Organismus, das ihn in die Lage versetzt, einer tatsächlichen oder vermuteten Bedrohung gegenüberzutreten und sie zu bewältigen bzw. zu beseitigen (Essau, 2003). So kann die Angst, bei einer Klassenarbeit eine schlechte Note zu erhalten, dazu führen, dass das Kind sich auf die Arbeit vorbereitet. Somit sind Ängste ein natürlicher Schutzmechanismus mit lebenserhaltender Funktion und können helfen, die Identität zu wahren. Im klinischen Kontext wurde ein zu geringes Maß an Angst vor allem bei antisozialen Persönlichkeiten und bei Personen mit manischen Zuständen festgestellt, wie Langs und Zapotoczky (siehe Kasper & Möller, 1995) berichten.

Mit der Angst verwandte Gefühlszustände sind Furcht, Phobie und Panik. Diese sollen in den folgenden Punkten beschrieben werden.

2.2. Furcht

Helbing (2004) liefert eine anschauliche Explikation von Furcht: „Furcht ist eine bestimmte Alarmreaktion auf ein bestimmtes Objekt, einen Reiz, eine konkrete Situation, also eine gegenwärtige Gefahrensituation“. Hier wird deutlich, dass der Furcht ein spezifischer Inhalt, auf die sich die Furcht bezieht, zugrunde liegt.

[...]

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Entwicklungsbedingte und altersuntypische Ängste im Grundschulalter
Hochschule
Universität Hamburg  (Fachbereich Psychologie)
Note
1,7
Autor
Jahr
2009
Seiten
20
Katalognummer
V131273
ISBN (eBook)
9783640373079
ISBN (Buch)
9783640373130
Dateigröße
488 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Entwicklungsbedingte, Grundschulalter
Arbeit zitieren
André Aude (Autor:in), 2009, Entwicklungsbedingte und altersuntypische Ängste im Grundschulalter, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/131273

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