Medikamente, die Katzen zu menschlicher Intelligenz verhelfen, eine Entführung, bei der man zum Wohle eines Geigers das Alleinnutzungsrecht auf die eigenen Nieren aufgibt, ein verdorbener Urlaub im Himalaya, der nur durch den Tod eines Fremden seinen Zweck erfüllen könnte und durch Fenster fliegende Menschen, die sich im Teppich einnisten und versorgt werden wollen. All diese abstrakt wirkenden Szenarien haben eine Gemeinsamkeit, die auf den ersten Blick kaum erkannt werden kann. Sie alle sollen als anschauliche Beispiele dabei helfen, sich mit dem Thema der Abtreibung und deren ethische Einordnung auseinanderzusetzen. Die genannten Beispiele wurden von verschiedenen Autoren verfasst und sollen unterschiedliche Positionen und Blickwinkel verdeutlichen.
Die Frage, die sich nun stellt und mit dieser Arbeit beantwortet werden soll, ist die nach der Sinnhaftigkeit solcher Gedankenexperimente. Helfen sie wirklich, sich dem Thema der Ethik der Abtreibung auf eine unverfänglichere oder verständlichere Weise zu nähern? Oder sorgen sie auf Grund des entstehenden Interpretationsspielraums nicht doch eher zu einer Entfremdung vom eigentlichen Thema? Ist dies eventuell sogar gewollt? Oder ist das Thema der Abtreibung an manchen Stellen einfach als so großes Tabuthema aufgefasst worden, dass nur ein symbolisches Gedankenexperiment die Möglichkeit erschafft, sich mit dem Thema näher auseinanderzusetzen?
Die genannten Gedankenexperimente sollen in der folgenden Arbeit detaillierter aufgegriffen und näher betrachtet werden. Differenzen in den bestehenden Interpretationsspielräumen sollen dabei herausgearbeitet werden. Dabei ist es gewollt, dass die Gedankenexperimente an einigen Stellen durch zu genaue Betrachtung ad absurdum geführt werden, im Hinblick darauf, dass Gegner entsprechender Haltungen sich ebenfalls an den Schwächen der Szenarien orientieren würden. Es soll versucht werden, die Aussagen der Autoren ohne Gedankenexperimente zu formulieren, wodurch sich herausstellen soll, ob das Gedankenexperiment seinen Zweck erfüllt hat. Am Ende dieser Arbeit soll eine Überlegung folgen, warum gerade bei diesem Thema Gedankenexperimente eine so große Rolle zu spielen scheinen.
Inhaltsverzeichnis
- Einführung
- Genveränderte Katzen - Widerlegung des Potentialitätsarguments
- Geigerrettung statt Selbstbestimmung – Abtreibung bei unfreiwilliger Schwangerschaft
- Kompromissbereite Lebensrettung - ein Gegenbeispiel zu Thomsons Geigerrettung
- Ungeplante Verantwortung – Thomsons People-Seeds und Fischers Modifikationen
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit befasst sich mit der ethischen Einordnung der Abtreibung anhand verschiedener Gedankenexperimente. Der Schwerpunkt liegt auf der Analyse, ob diese abstrakten Szenarien tatsächlich dazu beitragen, die Thematik auf eine verständlichere und unverfänglichere Weise zu beleuchten oder ob sie durch den entstehenden Interpretationsspielraum eher zu einer Entfremdung vom eigentlichen Thema führen.
- Ethische Bewertung von Abtreibung
- Analyse von Gedankenexperimenten zur Abtreibung
- Potentialitätsargument und dessen Widerlegung
- Recht auf Selbstbestimmung vs. Verpflichtung zur Lebensrettung
- Ungeplante Schwangerschaft und Verantwortung
Zusammenfassung der Kapitel
Einführung
Die Arbeit stellt verschiedene Gedankenexperimente vor, die im Kontext der Abtreibungsethik verwendet werden. Dazu gehören Tooleys „intelligente Katze“, Thomsons „Geigerbeispiel“ und Fischers „Kompromissbereite Lebensrettung“, sowie Thomsons „People-Seeds“. Die Einführung stellt die Frage nach der Sinnhaftigkeit dieser Gedankenexperimente und beleuchtet die verschiedenen Interpretationsspielräume, die sie eröffnen.
Genveränderte Katzen - Widerlegung des Potentialitätsarguments
Tooleys Gedankenexperiment mit der genveränderten Katze dient der Widerlegung des Potentialitätsarguments. Es stellt die Frage, ob ein Wesen, das das Potential hat, ein menschliches Intelligenzlevel zu erreichen, bereits ein Recht auf Leben hat. Tooley argumentiert, dass das Potential allein nicht ausreicht und dass der Vergleich mit einer befruchteten Eizelle die Problematik verdeutlicht.
Geigerrettung statt Selbstbestimmung – Abtreibung bei unfreiwilliger Schwangerschaft
Thomsons „Geigerbeispiel“ stellt die Frage nach der moralischen Verpflichtung, den eigenen Körper für das Leben eines anderen zur Verfügung zu stellen. Das Szenario kann auf eine durch Vergewaltigung eingeleitete Schwangerschaft übertragen werden und beleuchtet das Spannungsverhältnis zwischen Selbstbestimmung und Lebensrettung.
Kompromissbereite Lebensrettung - ein Gegenbeispiel zu Thomsons Geigerrettung
Fischers Gedankenexperiment setzt sich ebenfalls mit der Frage auseinander, ob man für das Leben eines anderen eigene Interessen zurückstellen sollte. Er vergleicht seine Variante mit Thomsons „Geigerbeispiel“ und stellt fest, dass im Unterschied zu Thomsons Szenario eine Verpflichtung zur Lebensrettung gegeben sein könnte.
Ungeplante Verantwortung – Thomsons People-Seeds und Fischers Modifikationen
Thomsons „People-Seeds“ widmen sich der Frage nach der Verantwortung für eine Schwangerschaft, insbesondere im Kontext von ungeplanten Schwangerschaften trotz Verhütung. Fischer erweitert diese Gedankenexperimente und untersucht, ob ungeplante Verantwortung automatisch eine moralische Verpflichtung zur Schwangerschaft darstellt.
Schlüsselwörter
Die Arbeit behandelt die ethischen Aspekte der Abtreibung anhand von Gedankenexperimenten. Die wichtigsten Schlüsselwörter sind: Abtreibungsethik, Potentialitätsargument, Recht auf Leben, Recht auf Selbstbestimmung, moralische Verpflichtung, ungeplante Schwangerschaft, Gedankenexperimente.
- Arbeit zitieren
- Philipp M. Jauernig-Biener (Autor:in), 2014, Abtreibung fern der Realität, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1313453