Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Relevanz
1 Was bedeutet Emotionsregulation
2 Die Entwicklung der Emotionsregulation im Kindesalter
3 Der Einfluss der Eltern-Kind-Beziehung auf die Entwicklung der Emotionsregulation bei Ihrem Kind
4 Ausblick
Methodisches Vorgehen
Fazit
Literaturverzeichnis
Einleitung
Wir alle sind Emotionen kontinuierlich ausgesetzt. Jedoch unterscheiden wir uns sehr darin, wie wir Emotionen empfinden, wahrnehmen, auf sie reagieren, mit ihnen umgehen.
„ Our capacity to regulate emotions is something of a mystery, at once ubiquitous and deeply puzzling, particularly when our ability to regulate emotion fails us" (Gross, 2007, S.87).
Wie James J. Gross es treffend beschreibt ist unsere „ Fähigkeit, Emotionen zu regulieren, bis heute ein Rätsel, das allgegenwärtig und zutiefst rätselhaft ist, insbesondere wenn unsere Fähigkeit, Emotionen zu regulieren, versagt " (Gross, 2007, S.87).
Nach der Durcharbeit der Studienbriefe im Fach Allgemeine Psychologie II, konnte mich der Studienbrief zum Thema Emotionspsychologie und hier insbesondere der Bereich der Emotionsregulation, direkt in seinen Bann ziehen. Die Bedeutung seine Emotionen regulieren zu können und welche Auswirkungen ein Defizit in der Emotionsregulation haben kann, ist mir im Besonderen ins Auge gefallen. Mich hat dieses Thema fasziniert, da es für jeden von uns essenziell ist, sich seiner Emotionen bewusst zu sein, sie so regulieren zu können, wie man es möchte bzw. wie es die Situation erfordert. Die Regulierung von Emotionen wird dabei durch eine Vielzahl genetischer, biologischer und umweltbedingter Faktoren beeinflusst (Le Blanc, Essau, Ollendick T. H., 2017, S.7) und entwickelt sich ab der frühesten Kindheit (Kullik, Petermann, 2012, S. 28).
Insbesondere die Eltern-Kind-Beziehung scheint eine essenzielle Rolle, in der Entwicklung der Emotionsregulation zu spielen. Diese beiden Bereiche, die Entwicklung der Emotionsregulation in der Kindheit und die Beziehung zu den Eltern, habe ich in der vorliegenden Arbeit in Beziehung gesetzt und daraus die eigentliche Fragestellung abgeleitet.
Wie entwickelt sich die kindliche Emotionsregulation und welchen Einfluss hat die Eltern-Kind-Beziehung auf die Entwicklung der Emotionsregulation bei ihrem Kind?
Relevanz
Die Bedeutung der Emotionsregulation lässt sich bereits im einleitenden Teil und auch in den nachfolgenden Kapiteln durchgängig gut erkennen.
Regulierungsprobleme begegnen uns allen tagtäglich, ob im Privat- wie auch Arbeitsleben, in der Interaktion mit Familienangehörigen, Freunden oder Kollegen.
Wie Ralf Oerter und Leo Montada es treffend beschreiben, versetzt die Fähigkeit zur Emotionsregulation eine Personen in die Lage, die Wirkung der eigenen Emotionen beeinflussen zu können und sie nicht einfach nur über sich ergehen zu lassen (Oerter, Montada, 2008, S. 566).
Das Lernen von Emotionsregulationsstrategien scheint zudem eine der wichtigsten Entwicklungsaufgaben darzustellen (Oerter, Montada, 2008, S. 568) das eng mit dem emotionalen Wohlbefinden, der sozialen Kompetenz und dem Risiko für die Entwicklung von emotionalen Störungen verbunden ist (Thompson et al., 2009, S. 128).
So konnte festgestellt werden, dass bei den meisten Störungen in der Kindheit eine schlechte Regulierung der Emotionen beteiligt ist (Macklem, 2008, S.10). Zudem scheint die emotionale Entwicklung eine entscheidende Rolle bei der intellektuellen Entwicklung zu spielen (Le Blanc et al., 2017, S.4). Es lässt sich gut erkennen, dass die Entwicklung und Fähigkeit zur Emotionsregulation essenziell für die emotionale und soziale Entwicklung eines Menschen, ist.
Die Entwicklung wird dabei durch das Temperament, also den individuellen Verhaltensstil beeinflusst und entwickelt sich sowohl durch neurobiologische Reifung, wie auch sozialer Einflüsse (Thompson et al., 2009, S. 128). Die Eltern-Kind-Beziehung scheint hierbei im Besonderen hervorzustechen.
In Forschungsstudien konnte zudem gezeigt werden, dass Kinder, die in einem geschützten Familienrahmen aufwachsen, über bessere Fähigkeiten in der Emotionsregulation verfügen (Thompson et al., 2009, S. 127). Durch die emotionale Zuwendung und aufmerksame Versorgung, die sie durch ihre Bezugspersonen erfahren, ist es Säuglingen möglich erste Erfahrungen mit der Regulation Ihrer Emotionen zu machen und ein Gefühl von Sicherheit zu entwickeln. Diese Erfahrungen stärken eine sichere Eltern-Kind-Beziehung und fördern die kindliche Entwicklung von Emotionsregulationsstrategien (Thompson, Meyer, Jochem, 2009, S. 121).
1 Was bedeutet Emotionsregulation
Für den Begriff der Emotionsregulation, finden sich in der Fachliteratur unzählige Definitionen und Betrachtungsweisen. Eine einheitliche Definition liegt jedoch bis heute nicht vor (Macklem, 2008, S.2).
Nach James J. Gross bezieht sich die Emotionsregulation auf alle Prozesse, die einen Einfluss darauf haben, ob und wann welche Emotion auftritt, wie intensiv wir sie wahrnehmen und wie sie ausgedrückt wird (Gross, 1998, zit. n. Gross, 2015, S.6).
Diese Beschreibung zeigt sehr schön auf, dass es sich dabei um einen dynamischen Prozess handelt (Calkins, Hill, 2007, S. 227), in dem man die eigenen Gefühle beeinflussen kann (Barnow, Reinelt, Sauer, 2016, S.6).
Nach Ross A. Thompson „emotion regulation consists of the extrinsic and intrinsic processes responsible for monitoring emotional reactions, especially their intensive and temporal features, to accomplish one's goals" (Thompson, 1994, zit. nach Thompson, 2015, S. 174).
An dieser Definition lässt sich gut erkennen, dass Emotionsregulation immer zielgerichtet stattfindet und sowohl extrinsische wie auch intrinsische Prozesse für die Überwachung, Bewertung und Anpassung der Emotionsreaktionen verantwortlich sind (Thompson, 1994, zit. nach Thompson, 2015, S.174). Während extrinsische Prozesse sich auf Strategien, die durch andere Personen initiiert werden, bezieht, werden bei intrinsischen Prozessen die Strategien durch und bei sich selbst angewendet (Oerter, Montada, 2008, S. 566). Durch diese Emotionsregulationsprozesse ist es einer Person möglich den emotionalen Zustand zu verändern. Sei es durch Hemmung, Beibehaltung oder Erhöhung der emotionalen Reaktion, als auch deren Dauer und Intensität (Thompson, 2015, S. 174).
2 Die Entwicklung der Emotionsregulation im Kindesalter
Das Saugen und den Blick abwenden sind angeborene Strategien, mit denen Säuglinge die Intensität und Dauer Ihrer Emotionen verändern können. (Holodynski, Friedlmeier, 2006, S. 118). Die Reflexe sind für den Säugling jedoch nicht ausreichend, um alle seine inneren physiologischen Bedürfnisse zu befriedigen, weshalb er auf zusätzliche Unterstützung durch seine Umwelt angewiesen ist. (Cicchetti, Ganiban, Barnett, 1991, S. 18). Die Bezugspersonen spielen hierbei eine wesentliche Rolle, um den Säugling, bei der Veränderung seines emotionalen Zustandes, zu helfen (Cicchetti et al., 1991, S. 19). Sie ergänzen in der Interkation mit dem Kind die noch „ fehlenden bzw. unentwickelten Teile ” (Oerter, Montada, 2008, S. 555). Diese Art der Strategie wird als extrinsische, bzw. interpersonale Emotionsregulation verstanden. Das Kind nutzt seine Bezugspersonen als externe Quelle um seine Emotionen zu regulieren. (Oerter, Montada, 2008, S. 566).
Aus dieser durch die Bezugspersonen initiierten Regulierung der Emotionen entwickeln Kinder im Laufe des zweiten Lebensjahres eine unabhängigere Form der Regulierung, indem Sie ihre Bezugspersonen aktiv bei der Regulierung unterstützen können (Holodynski, Friedlmeier, 2006, S.128) und immer mehr Anteile der Regulation selbstständig ausführen. (Oerter, Montada, 2008, S. 560). Dies kennzeichnet den Übergang zur intrinsischen, bzw. intrapersonalen Emotionsregulation.
Säuglinge lernen sich bewusst von anderen zu unterscheiden, sich ihrer eigenen Absichten und Erwartungen zusammen mit denen anderer bewusst zu werden und die beiden getrennt wahrzunehmen (Holodynski, Friedlmeier, 2006, S.119).
Da sich mit Beginn des Kleinkindalters auch die motorischen Fähigkeiten, sowie die sprachlichen Kompetenzen erweitern, ist es dem Kleinkind nun immer öfter möglich Strategien zur Emotionsregulation selbst anzuwenden (Kullik, Petermann, 2012, S. 34) und sich mitzuteilen. Insbesondere durch die Interaktion mit der Familie und weiteren Bezugspersonen entwickeln sie so immer vielschichtigere Strategien, um Ihre Emotionen zu regulieren (Underwood, Rosen, 2012, S. 52).
Bis zum Grundschulalter gelingt Kindern immer weiter der „ Wechsel von der inter- zur intrapersonalen Regulation“ (Lohaus, Vierhaus, 2019, S.181). Nach Manfred Holodynski und Wolfgang Friedlmeier erreichen Kleinkinder bis zur Einschulung einen der wichtigsten Meilensteine in der Entwicklung Ihrer Emotionsregulation. Sie sind zunehmend in der Lage, emotionale Handlungen zu unterdrücken und sie zu einem späteren Zeitpunkt auszuführen. (Holodynski, Friedlmeier, 2006, S.144). Das bedeutet sie lernen Befriedigungen aufzuschieben, sie zu hierarchisieren und sie mit ihrem sozialen Umfeld zu koordinieren (Holodynski, 2006, S. 85).
Ab dem Grundschulalter gelingt es Kinder bereits ihre eigenen Gefühle und Emotionen, durch ihre Vorstellungen und Gedanken, bewusst selbstständig zu regulieren (Kullik, Petermann, 2012, S. 40).
3 Der Einfluss der Eltern-Kind-Beziehung auf die Entwicklung der Emotionsregulation bei Ihrem Kind
„Beziehungen sind Lernorte emotionaler Entwicklung wie auch emotionaler Dysregulation,, (In-Albon, 2013, S.42).
Wie in den vorherigen Kapiteln ersichtlich wird, stellt die Entwicklung der Emotionsregulation eine wesentliche Entwicklungsaufgabe dar.
Die Fähigkeiten zur Emotionsregulation entwickeln sich jedoch erst mit der Zeit und unter anderem durch die soziale, sowie emotionale Interaktion mit den Bezugspersonen (Fiese, Winter, 2011, S.140).
Durch die Unterstützung der Eltern, lernen Kinder die eigenen Gefühle und Emotionen immer besser zu verstehen, sie zu beherrschen, mit Ihnen umzugehen und sie zu verarbeiten (Kullik,Petermann, 2012,S. 103). Nach und nach ist es den Kindern dann immer öfter möglich ihre Emotionen, durch geeignete Strategien, selbst zu kontrollieren (Kullik,Petermann, 2012, S. 101). Für die emotionale Entwicklung ist es deshalb bedeutend, dass Eltern sensibel und feinfühlig auf das Verhalten Ihrer Kinder reagieren (Holodynski, 2006, S.84). Dadurch können Sie die emotionale Erregung ihres Kindes in überschaubaren Grenzen halten (Thompson et al., 2009, S. 101) und es bei der Bewältigung von negativen Emotionen unterstützen (Kullik,Petermann, 2012,S. 100 f.). Eltern leiten Ihre Kinder bei ihrer emotionalen Entwicklung an und ermutigen Sie, Strategien zur Emotionsregulation immer öfter anzuwenden und kulturelle Erwartungen zu verstehen. Dies erreichen sie insbesondere durch die familiäre Interaktion, Gespräche und den sensiblen Umgang mit den Gefühlen Ihrer Kinder (Thompson, 2015, S.180). Auch Körperlicher Kontakt, Aufmerksamkeit und Sprache fördern die soziale sowie emotionale Entwicklung des Kindes und stärken zudem die Bindung zwischen dem Kind und seinen Bezugspersonen (Stoycos et al., 2020, S.142). Kinder erfahren so früh in Ihrer Entwicklung soziale Unterstützung, in dem Ihnen vermittelt wird, dass ihre Gefühle wichtig sind und wie sie mit schwierigen, belastenden Situationen und den daraus resultierenden Emotionen umgehen können (Thompson, 2015, S.180).
Das entstandene Vertrauensverhältnis, welches sich in dieser Beziehung zu den Eltern, entwickelt, steigert zudem das Vertrauen des Kindes in sich selbst. Diese Tatsache ermutigt das Kind seine Umgebung freier zu erkunden und die regulatorischen Fähigkeiten zu üben. Das Kind entwickelt so immer weiter Vertrauen in sich und seine Fähigkeiten, mit emotionalen Situationen umzugehen (Perry, Calkins,2018, Chapter 1).
Kindern, denen bei Ihrer emotionalen Entwicklung eine sichere Bindung zu einer Bezugsperson verwehrt bleibt, scheinen anfälliger für emotionale Störungen zu sein. Fehlt ein sensibler Ansprechpartner, der mit Ihnen über ihre emotionalen Erfahrungen spricht und wird auf ihre Emotionen zudem nicht angemessen reagiert, können sie nur schwer ein Verständnis für Emotionen entwickeln. Insbesondere in emotional herausfordernde Situationen ist es ihnen nur schwer möglich die eigenen Emotionen angemessen zu regulieren (Thompson, 2015, S.182).
4 Ausblick
„As is the case with any new and vital area of science, the study of emotion regulation has generated many more questions than answers" (Gross, 2013, zit. n. Gross, 2015, S. 12).
Das Themengebiet der Emotionsregulation scheint unendlich. Für die Wissenschaftler ergeben sich durch die Forschungsarbeiten und Studien laufend neue Fragen und Unklarheiten. Auch viele Antworten und Ergebnisse, die Sie im Laufe Ihrer Arbeit erhalten, scheinen weitere Fragen auf zu werfen. Selbst bei der Begrifflichkeit konnte bis heute keine einheitliche Definition gefunden werden.
Eine weitere dringlichen Frage die Wissenschaftler bis heute beschäftigt ist, inwieweit sich der Begriff Emotion vom Begriff Emotionsregulation trennen lässt. In beiden Fällen sind jeweils Prozesse involviert, die entweder die Entstehung der Emotion regeln, oder wie wir mit dieser Emotion umgehen. Viele Situation erfordern beides. Jedoch führt nicht jede erlebte Emotion, wie beispielsweise Ärger oder Wut, zu einer Emotionsregulation. Erst durch unsere Bewertung dieser Emotion und Anpassung an unsere Wünsche und Vorstellung handelt es sich um Emotionsregulation.
Auch warum Menschen Ihre Emotionen regulieren, andere Menschen jedoch darauf verzichten. Welche Strategien sie aus welchem Grund einsetzen und wie sie die verschiedenen emotionalen Ziele hierarchisieren, konnte bis heute noch nicht eindeutig geklärt werden (Gross, 2015, S.12 f.).
Für Stoycos et al. scheint es essenziell zu sein weiter darin zu forschen, inwieweit sich eine schlechte Emotionsregulation der Eltern auf die Kinder überträgt und wie sich eine ungenügende Emotionsregulation lang- und kurzfristig auf das zwischenmenschliche Zusammenleben auswirkt (Stoycos et al., 2020, S.149).
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