Grundlagen und Definitionen des Talentmanagement. Aufbau und Ablauf einer Talentmanagement-Strategie


Studienarbeit, 2009

45 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1: Gliederung und Einführung
1.1 Überblick - Executive Summary
1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit
1.3 Wandel als Ursache für die Entwicklung des Talentmanagements
1.3.1 GesellschaftlicherWandel
1.3.2DemographischerWandel
1.3.3 Ökonomischer Wandel

Kapitel 2: Grundlagen und Definitionen
2.1 Begriffsklärungen
2.1.1Definition"Talent", "Qualifikation", "Kompetenz"
2.1.2Bestimmungsfaktorenmenschlichen Verhaltens
2.2 Talentmanagement
2.2.1 Definition'Talent-Management"
2.2.2 Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu anderen "Human Resources Management-Ansätzen"
2.2.3 Die Aufgabe des Managements zur Gestaltung einer Wertschöpfungssituation

Kapitel 3: Aufbau und Ablauf einer Talentmanagement- Strategie
3.1. Methoden des Talentmanagements
3.2. Die Phasen einerTalentmanagement- Strategie
3.2.1. Identifizieren und Gewinnen
3.2.2. Entwickeln
3.2.3. Einsetzen
3.2.4. Binden & Motivieren
3.2. Probleme und Fehler im Talentmanagement- Prozess
3.3. Messung des Erfolgs des Talentmanagements

Kapitel 4: Anwendungsfelder des Talent-Managements
4.1. Aufgaben des TM in beispielhaften Unternehmen
4.2. Wozu benötigt ein Unternehmen Talentmanagement?

Kapitel 5. Fazit

Literaturverzeichnis

Kapitel 1: Gliederung und Einführung

1.1. Überblick / "executive summary"

In einer globalisierten Wirtschaft nimmt der Wettbewerb zwischen den Unternehmen an Schärfe zu.

Um sich behaupten zu können, muss das Management der modernen Unterneh­mung besonderes Gewicht auf ihre strategischen Erfolgfaktoren legen. Diese liegen bei der komplexen Wertschöpfung in einervon der Industriegesellschaft zur Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft entwickelten Gesellschaft vor allem in den Qualifikationen der Menschen.

Talentmanagement als fortschrittliche und auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Perso­nalarbeit hat hier einen bedeutenden Stellenwert. Die Rekrutierung und Bindung von qualifiziertem und erfolgreichem Personal erfordert professionelles Wissen über Qua­lifikationsanforderungen in den Arbeitsprozessen, wie auch über Diagnostikvon Qua­lifikationen und Strategien der Entdeckung und Gewinnung talentierter Menschen. Außerdem sind praktikable Methoden zu entwickeln, die Arbeitszufriedenheit von talentierten Menschen und ihre Identifikation mit dem Unternehmen und seinen Zie­len zu erhöhen.

Der Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit liegt auf der Frage, wie Personalstrategien und Arbeitsgestaltung dazu beitragen können, talentiertes und qualifiziertes Personal sowohl zu gewinnen, wie auch zur dauerhaften Entfaltung seines Leistungspotentials in der Unternehmung zu bewegen.

Die einzelnen Phasen des Talentmanagement-Prozesses werden dargestellt und Probleme und Fehler in der Talentmanagement-Praxis analysiert.

1.2. Zielsetzung und Aufbau derArbeit

Ein wesentliches Ziel erfolgreichen Personalmanagements im Unternehmen besteht darin, Wege und Mittel zu finden und einzusetzen, um hochwertige, leistungsfähige und motivierte Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu gewinnen und sie auch langfristig im Unternehmen halten zu können. "Talentmanagement“ soll vor allem wichtige Posi­tionen und Funktionen in einem Unternehmen, sog. "Schlüsselfunktionen", möglichst hochwertig besetzen. Dazu bedarf es einer besonderen Organisation der langfristi­gen Sicherstellung der richtigen Besetzung und Pflege solcher Stellen, sowie der an­gemessenen Gestaltung derArbeitsbedingungen und Arbeitssysteme und derAn- reiz- und Entlohnungssysteme. Dies ist ein wichtiges Thema für Psychologen, da sowohl die psychologische Arbeitsanalyse von Führungspositionen wie auch die Eig­nungsdiagnostik von Management-Nachwuchs von besonderer Bedeutung sind.

Zum Zeitpunkt der hier vorliegenden Arbeit kann jedoch noch nicht vorausgesetzt werden, dass es dafür allumfassende Möglichkeiten und „Rezepte“ gibt, die eine sol­che Besetzung sicherstellen.

Es mangelt noch an Literatur über dieses Aufgabenfeld, da die Notwendigkeit sich erst in den letzten Jahren deutlich verstärkt hat. Bis zum heutigen Tag sind die Me­thoden nicht vollständig ausgefeilt. Sie werden jedoch stetig verändert und verbes­sert. Der Bereich befindet sich noch im Aufbau und wird in den nächsten Jahren stets neue Erkenntnisse mit sich bringen.

Leider verweigern viele Firmen der Forschung auch Zugangsmöglichkeiten zu ihren Daten und eigenen Erhebungsergebnissen. Dadurch sind die durch exakte wissen­schaftliche Arbeit gewonnenen Erkenntnisse noch relativ rar. Eine stärkere Koopera­tion zwischen Wissenschaft und Praxis wäre aberfür beide Seiten ein Gewinn. Der Know-How-Transfer aus der Wissenschaft würde manche Personalpraxis befruchten, und im Gegenzug könnte eine Öffnung der Betriebe zu verbesserten wissenschaftli­chen Erkenntnissen beitragen. Die hier vorliegende Arbeit soll zunächst einen Über­blick über die wichtigen theoretische Rahmeninformationen des Talentmanagements herstellen; eine empirische Erprobung mancher der noch nicht ausreichend überprüf­ten Thesen und Praxisvorschläge wäre wünschenswert.

In dieser Arbeit sollen folgende Fragestellungen bearbeitet und beantwortet werden:

- Welchen Einfluss haben der demographische, ökonomische und gesellschaft­liche Wandel aufdie Beziehung zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern?
- Wozu bedarf es des Talentmanagements?
- Welche Kernbereiche gilt es innerhalb des Talent-Managements zu fokussie­ren?
- Wie soll eine Talentmanagement-Strategie realisiert werden?
- Wie kann man das Potenzial der Mitarbeitenden messen?

Die Arbeit gliedert sich dazu in fünf Kapitel:

In Kapitel 1 und 2 wird zunächst eine Einführung gegeben und wichtige Begriffe des Talentmanagements geklärt.

Damit soll ein Grundwissen vermittelt werden, das als Basiswissen dem Verständnis des Themas dient.

In Kapitel 3 wird dargestellt, wie und wo Talentmanagement eingesetzt wird welche Defizite bislang in der Personalpraxis vorliegen.

Kapitel 4 widmet sich dem Talentmanagement in seiner Anwendung.

Am Schluss der Arbeit wird in Kapitel 5 ein kurzes Fazit gezogen.

1.3 Wandel als Ursache für die Entwicklung des Talentmanagements

Deutschland erlebt derzeit wie auch alle anderen Industriestaaten auf der Welt einen bedeutenden Wandel in wirtschaftlicher, sozio-kultureller, technologischer und de­mographischer Hinsicht.

Vor allem der zunehmende Globalisierungsprozess führt zu einem steigenden Wett­bewerbsdruck.

Neben der Globalisierung gibt es eine Reihe weiterer Faktoren, die sich auf die Un­ternehmen schon heute auswirken und auch in der Zukunft von steigender Bedeu­tung sein werden: das sind eine zunehmende Vernetzung von Akteuren und Organi­sationen, eine Entgrenzung und Virtualisierung derwirtschaftlichen Prozesse und ein verstärkter Kostendruck, kürzere Produktlebenszyklen bei verlängerten Entwick­lungszeiten, sowie drohenderVerlust von Marktanteilen und Kunden. Es ist notwen­dig, sich von der breiten Masse zu unterscheiden und besserzu sein als die Konkur­renz. Dies ist nur dann möglich, wenn das Unternehmen Trends und Veränderungen rechtzeitig erkennt und auf sie reagiert. Aber auch proaktive Gestaltung der eigenen Bedingungen ist ein Gebot der Stunde. Nicht erst, wenn Veränderungen in den Um­gebungsbedingungen bereits eingetreten sind, muss agiert werden, sondern das Feld muss kreativ und mit Weitsicht aufbereitet werden, damit das Unternehmen zum gestaltenden Element im Geschehen werden kann und einen Vorsprung vor den Konkurrenten erreicht. Da Mitarbeiter und ihrWissen die Grundlage dieses Vor­sprungs darstellen, nimmt das Personalmanagement zunehmend eine Schlüsselrolle ein. Der demographische Wandel bedeutet, dass es immer weniger Geburten gibt und daher der Nachwuchs ausbleibt. Dies wirkt sich dann auch auf Firmen aus, die fehlende Arbeitskräfte in den Fachberufen wie auch bei den Führungskräften ver­zeichnen und zunehmend auf eine Arbeitskräfteknappheit zusteuern. Dieser Mangel entfacht den so genannten „Warfor Talents“. Dabei können Unternehmen selbst ent­scheiden, ob sie um „Talente“ kämpfen oder verstärkt die eigenen Mitarbeiter dazu ausbilden, Führungspositionen übernehmen zu können. Die ohnehin schon schwer zu findenden Talente müssen noch intensiver umworben und entwickelt werden.

Vor allem in Bezug aufdas Bildungsmanagement in den Unternehmen besteht ein erhöhter strategischer Handlungsbedarf.

Der Wettbewerb zwischen den Firmen ist hart und die Wettbewerbsarena internatio­nal. Und in diesem internationalen Wettbewerb kann nur erfolgreich sein, wer das Potenzial seiner Mitarbeiter langfristig und strategisch ausbaut und nutzt. Es hilft we­der allein eine ausgereifte Technologie noch allein die Qualität des Produkts. Nicht Kapital, sondern Mitarbeiter sind die Schlüsselressource fürden Unternehmenser­folg. Es bedarf starker Service- und Kundenorientierung. Und um dies leisten zu kön­nen müssen hoch motivierte, kundenorientierte und lernwillige Mitarbeiter Teil des Unternehmens sein.

Die Anforderungen an Betriebe steigen in den letzten Jahren mit steigender Ge­schwindigkeit. Dies ist vor allem dadurch bedingt, dass der Konkurrenzkampf im Wettbewerb in einer globalisierten Welt zunimmt, der Wettkampf der Nationen um die besten Bildungssysteme stattfindet und vor allem in den Industriestaaten eine demo­graphische Entwicklung eingetreten ist, die durch einen Mangel an Nachwuchs ge­prägt ist. Bei quantitativem Mangel an menschlicherArbeitskraft ist eine qualitative Verbesserung das Mittel der Wahl.

1.3.1 Gesellschaftlicher Wandel

Die Industriegesellschaft des zwanzigsten Jahrhunderts, die auf Massenproduktion und den Primat der Gütererzeugung ausgerichtet war, hat sich in eine Dienstleistungs- und eine Wissens- und Informationsgesellschaft gewandelt. Damit entstehen in allen gesellschaftlichen Bereichen neue Anforderungen und neue Her­ausforderungen. In der Ökonomie entstehen auch durch die zunehmende Globalisie­rung derWirtschaft immer härtere Wettbewerbsbedingungen, in denen sich die Men­schen behaupten müssen. Die demokratische Gesellschaft und das parlamentari­sche System fordern vom Bürger und der Bürgerin neben der Erfüllung von ökonomi­schen Aufgaben aber auch eine aktive Mitwirkung im politischen Feld. Partizipation, politisches Interesse und die Auseinandersetzung mit den Gefahren der Entwicklung auch im ökologischen Bereich fordern vom Einzelnen die Entwicklung verschiedener Qualifikationen im beruflichen, politischen aberauch im privaten Feld. Vor allem El­tern haben damit zu kämpfen, ihrem Nachwuchs die Qualifikationen zu vermitteln, sich unter den geänderten Bedingungen behaupten zu können. Die Entwicklung von Talenten spieltsich deshalb in verschiedenen Funktionsfeldern ab.

Die besten Entfaltungschancen in solchen hoch entwickelten Gesellschaften hat das "Multitalent", das sich in einer Vielzahl von Feldern gut behaupten kann.

1.3.2 Demographischer Wandel

In den westlichen Industriestaaten zeigte sich in den vergangenen Jahrzehnten eine - in den verschiedenen Staaten unterschiedlich deutliche - Abnahme der Geburten­quote. Dadurch entsteht eine Veralterung der Gesellschaften, die nur sehr bedingt durch Zuwanderung auszugleichen ist. Diewenigen Menschen derjungen Generati­on sind deshalb besonders gefordert, Bildung zu erwerben um qualitativ hochwertige Arbeit verrichten zu können. Die Ressource "menschliche Arbeitskraft" und "Qualifi­kation" ist angesichts eines hohen Innovationsbedarfes zur zentralen Quelle gesell­schaftlichen und ökonomischen Erfolges geworden. Und diese Ressource wurde in den vergangenen Jahrzehnten insbesondere durch politische Strategien immer stär­ker verknappt: die Ausbildung dauert immer länger und Arbeitskräfte wurden immer früher aus dem Erwerbsleben gedrängt oder gelockt. Der demographische Wandel stellt inzwischen eine hohe Anforderung an die Wandlungsfähigkeit sowohl politi­scher Strategien als auch betrieblicher Strategien und Einstellung gegenüber älteren Arbeitskräften. Nicht nur junge Talente sind zu entdecken und zu fördern, sondern auch Talente von Menschen in höherem Lebensalter müssen ermutigt, ausgebildet und weiter qualifiziert werden. Nicht nur die Verlängerung der Lebensarbeitszeit ist eine ökonomische Erfordernis, sondern auch der Einbezug aller Alterskohorten in das lebenslange Lernen, die Strategien der kontinuierlichen Qualifizierung und Wei­terbildung.

1.3.3 Ökonomischer Wandel

Die moderne Ökonomie ist vor allem geprägt durch a) eine zunehmende Globalisie­rung derWirtschaft und b) eine Wirtschaftsordnung, die marktwirtschaftliche Kompo­nenten verbindet mit einer "shareholderValue Orientierung"1 auf der einen Seite und mit derzunehmenden Anforderungen, die sozialen Verwerfungen durch staatliche Eingriffe im Sinne von "sozialer Marktwirtschaft" zu korrigieren. Globalisierung heißt, dass die Bewegung von Gütern, Kapital, Informationen, Arbeitskräften und Kulturin­halten sich auf die ganze Welt erstreckt. Kapitel bewegt sich in Richtung billiger Ar­beitskräfte, aber auch Arbeitskräfte werden immer mobiler. Vor allem gut ausgebilde­tes Personal mit interkulturellen und Sprachfähigkeiten bleibt nicht mehr auf heimi­schen Arbeitsmärkten, sondern sucht sich wie das Kapital heute die besten "Stand­ortbedingungen". Der Kampf um High Potentials oder der "Warfor Talents" ist also nicht mehr im nationalen Rahmen zu sehen, sondern international anzulegen. Eben­so besteht aber auch die Gefahr, bei Unzulänglichkeiten im eigenen Personalmana­gement wichtiges Personal an die internationale oder nationale Konkurrenz zu verlie­ren. Was früher als Forderung an das Personal formuliert wurde - es hatte mehr­sprachig, interkulturell erfahren, ungebunden und mobil zu sein - kehrt als Anforde­rung an die Firmen zurück. Das mobile, qualifizierte Personal ist wählerisch gewor­den und verlangt nicht nur nach guten Vertrags- und Arbeitsbedingungen, sondern auch nach einem interessanten lokalen Umfeld. So wird die gute Ausstattung einer Kommune mit Kultur- und Bildungseinrichtungen, Erholungsmöglichkeiten und einem zuträglichen ökologischen Klima zum Standortfaktor für Personalmarketing.

Die Shareholder Value Orientierung wird in den Unternehmen häufig schon abgelöst durch eine "Stakeholder Value Orientierung"2: Nicht nur der Kapitalgeber spielt eine Rolle bei Management-Entscheidungen, sondern auch das Schlüsselpersonal als StakeholderGruppe ist in seinen Interessen zu berücksichtigen. Erfolgreiche Unter­nehmensführung besteht zu einem großen Teil aus strategisch ausgerichteter Perso­nalarbeit. Qualifikationen als erfolgskritische Faktoren bedürfen gezielter Strategien derAnwerbung, Behandlung, Entwicklung und Pflege. Und hier wird auch antizyk­lisch zu investieren sein - sowohl von den Betrieben selbst als auch vom Staat, der mit seinem Bildungssystem eine wesentliche Voraussetzung für die Entwicklung und Entfaltung von Talenten zurVerfügung stellen muss.

Im Wirtschaftsbereich stellen wir fest, dass angesichts zunehmend gesättigter Märk­te, dem zunehmenden Entstehen von Käufermärkten und der Niedriglohnkonkurrenz aus Schwellen- und Entwicklungsländern es immerwichtigerwird, hochwertige Pro­dukte zu erstellen und die Anpassung an neue Erfordernisse mit hoch qualifiziertem, kreativem und innovativem Personal regelmäßig zu erhalten.

Qualitätsmanagement, Produktinnovation, kreative Lösungen, gute Arbeitsorganisa­tion, Organisationskultur und Kundenorientierung gelten als Erfolgsfaktoren für Un­ternehmen, die wettbewerbsfähig bleiben wollen.

Um all dies in den Betrieben zu realisieren, steigen die Anforderungen an das Perso­nal in allen Bereichen. Talentmanagement ist dabei eine wesentliche Erfordernis, um praxisnahe Qualifikationen zu erhalten.

Kapitel 2: Grundlagen und Definitionen

2.1 Begriffsklärungen

2.1.1. Definition von "Talent", "Qualifikation" und "Kompetenz":

1. Talente sind komplexe Begabungen. Sie stellen Potentiale dar, die Menschen, die mit Talenten ausgestattet sind, besondere Leis­tungen und Erfolge möglich machen.

2. Qualifikationen sind definiert als komplexe Handlungs­Potentiale, die sich aus Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnissen zusammen setzen, und die sich in fachlichen, sozialen, methodi­schen oder innovatorischen Formen als Befähigungen zur Lösung von Problemen erweisen. Nach Franzke (1989)3 ist Qualifikation "...die Gesamtheit der subjektiv-menschlichen Voraussetzungen oder Handlungspotentiale, die das Subjekt zur Bewältigung dieser Anforderungen (Anforderungen = "Gesamtheit der Qualifikations­anforderungen des Arbeitsplatzes, des Berufes oder des Arbeits­und Berufslebens") besitzt oder benötigt."

3. Kompetenzen sind Verhaltensfähigkeiten, die anwendungs­und zielorientiert zu bestimmten Problemlösungen und der Erfül­lung bestimmter Aufgabenelemente eingesetzt werden können.

Zu 1. "Talent":

Der Begriff „Talent“ wird in verschiedenen Bereichen unterschiedlich definiert. Die für mein Thema interessanten Definitionen habe ich im folgenden aufgelistet, da ich ge­nau diese für passend halte. Sie beschreiben das Konstrukt „Talent“ relativ gut.

Zu allererst stellt sich die Frage: Weshalb gibt es Menschen, denen alles leicht zu fallen scheint, die alles erreichen? Warum sind einige schon in der Chefetage wäh­rend andere deren Anweisungen befolgen?

Was hebt solche Menschen von einer „gewöhnlichen“ Führungskraft ab? Was macht sie zu Talenten, die jederTop- Konzern gerne zu seinen Mitarbeiter/inne/n zählen würde?

Abgeleitet vom lateinischen „talentum“ bedeutet Talent eine besondere Gabe bzw. Fähigkeit.

Man kann darunter eine „angeborene Anlage zu guten bzw. besonderen Leistungen auf bestimmten Gebieten“ verstehen (Brockhaus).

In anderen Definitionen werden Talente als

- allgemeine Fähigkeiten von Menschen, vorhandene Potenziale und Kom­petenzen zu entfalten,
- Mitarbeiter eines Unternehmens, die einen besonderen Beitrag zum Ge­schäftserfolg erbringen,
- "Top-Performer", d. h. Personen, die in einem Aufgabenbereich über­durchschnittliche Leistungen erbringen,
- "High Potentials", d. h. Personen, die durch ihre Leistungsvoraussetzun­gen ein hohes Potenzial für besondere Führungs- und Fachfunktionen mitbringen, also Spitzenleistungsträger, die
- die Strategie des Unternehmens aktiv umsetzen,
- das Unternehmensdasein sichern,
- innovative Ideen haben und den Wandel vorantreiben,
- erfolgskritische Schlüsselpositionen besetzen,

verstanden.

Die besondere Fähigkeit dertalentierten Person muss effektiv eingesetzt werden, um erfolgreich zu sein.

Talente sind die Basis fürVerhaltensweisen, die man häufig anwendet und die zu einem Nutzen führen, der außergewöhnlich ist und dadurch auffällt. Idealerweise kann außerordentliche Leistung nurdann erreicht werden, wenn es eine Passung zwischen den individuellen Talenten und dem individuellen Arbeitsplatz gibt. Diese gilt es zu finden und zu schaffen.

Die herrschende Meinung geht davon aus, dass ein Mensch zu Wissen kommt, in­dem er andere beobachtet und effektives Verhalten von diesen lernt und/oder ko­piert.

Dabei muss man nun zwischen Fertigkeiten, Wissen und Kenntnissen unterscheiden und diese gegenüber dem Talent abgrenzen. Auf dieses kommt es jedoch gerade an.

Viele werden mit den besten Absichten sagen, dass jeder Mensch alles lernen kann was erwill, man Talent also schaffen könne.

Gute Manager sind derAuffassung, dass Menschen sich nicht gravierend verändern können: Das Potenzial eines Menschen bestehe aus ihren individuellen Denk- und Verhaltensstrukturen.

Daher können nur die Menschen Bestleistungen erbringen, die auch Talent für den jeweiligen Job haben.

Talent besteht aus sich wiederholenden Mustern, aus denen eine individuelle Sicht­weise und spezifisches Verhalten entsteht.

„Talent“ gibt es in drei verschiedenen Formen:

1. Die erste macht das „Warum“ einer Person aus, ihre Motivation.
2. Die zweite ist das „Wie“ einer Person, die Art ihres Denkens.
3. Und zuletzt das „Wer“ ist die Frage nach der Art, wie sie sich verhält.

Die Kombination dieser drei Formen ergeben das Wesen des Menschen was seine Talente anbelangt und bleibt über das Leben hinweg stabil.

Also können unter "Talente" sämtliche Spezialisten und Führungskräfte, die kritische Positionen im Unternehmen besetzen können, fallen. Die Frage nach dem Anteil an Positionen innerhalb eines Unternehmens, die ausschließlich mit Talent besetzt sein sollten, ist nicht klar zu beantworten. Dies hängt sowohl von der Unternehmenskultur als auch von der Strategie, dem Bedarf und somit von den verfolgten Zielen des Un­ternehmens ab. In wissensintensiven Unternehmen wird sie relativ hoch sein, in ver­arbeitenden Betrieben relativ niedrig. Nur selten wird der Fokus darauf gerichtet, alle Stellen mit Talenten zu besetzen, da dies sowohl sehr schwierig als auch unrentabel für das Unternehmen erscheint. Talentmanagement nimmt in aller Regel eine Min­derheit der Mitarbeiter in den Blick. Genau diese werden dann verstärkt gefördert.

Ein neues Buch von Malcolm Gladwell mit dem Titel "Überflieger-warum manche Menschen erfolgreich sind und andere nicht" ist 2008 im Campus-Verlag erschie­nen4. Darin wird versucht, das "Geheimnis" erfolgreicher Menschen zu analysieren. Gladwell zeigt am Beispiel des amerikanischen Präsidenten Barack Obama auf, dass es im wesentlichen ein Verdienst von Institutionen - vor allem Schulen und Hoch­schulen - war, das Talent von Barack Obama, dem amerikanischen Präsidenten, zu entdecken und gezielt zu fördern. Obama sei ein außerordentlich talentierter Mensch; notwendig sei aber, dass ausreichend Möglichkeiten geboten wurden, dieses Talent zu fördern, so dass es sich entfalten konnte.

Auch Bill Gates hatte das Glück, frühzeitig in einer Privatschule den Zugang zu Computern zu bekommen und dann von einer Firma beschäftigt zu werden, die ihn nach Erledigung seiner Kernarbeit frei programmieren ließ. Außerdem bot die Uni­versity ofWashington die Möglichkeit an, ein Computerterminal nachts zwischen zwei und sechs Uhr zu nutzen. Das hat Gates intensiv genutzt, so dass er, als er im Alter von 20 Jahren seine Computerfirma gründete, bereits sieben Jahre lang pro­grammiert hatte.

Gladwell formuliert in einem Spiegel-Interview, dass selbst talentierte und begabte Menschen eine Umgebung brauchen, in der es möglich ist, das eigene Talent inten­siv einzusetzen und intensiv zu üben. Er formuliert deshalb "wenn wir überTalent reden, reden wir über die Bereitschaft, hart zu arbeiten"5. Talent hat demnach als wichtigste Komponente die Motivation, das eigene Talent zu entwickeln. Diese kann auch als Schlüsselqualifikation beschrieben werden: Fleiß, Anstrengungsbereitschaft, Ausdauer, Disziplin, Hartnäckigkeit sind die wichtigsten Komponenten. Aber ohne Chance und Gelegenheiten, diese Komponenten auszuleben, kann sich das Talent nicht entfalten. Die Besten kommen nicht von allein an die Spitze, sondern Erfolg ist vor allem eine Funktion von Auffassungen und Regeln, die eine Gesellschaft hat, also eine Funktion der Kultur. Und diese Kultur muss so ausgeprägt werden, dass Einstellungen und Entfaltungschancen für Talente maximal gefördert werden. Ganz allgemein ist die Erkenntnis, dass sich Erfolg aus verschiedenen Komponenten zu­sammensetzt, bereit bei Kurt Lewin in seiner allgemeinen Verhaltensformel enthal­ten: "Verhalten ist eine Funktion von Person und Umwelt" (s. nächstes Kapitel).

Ebenso kann man bei den vier Gründern der Software-Firma SAP, Klaus Tschira, Hasso Plattner, Dietmar Hopp und Hans-Werner Hector, von "Talenten" reden. Die vier verließen IBM und gründeten ein Unternehmen, das sie zu einem Weltkonzern entwickelt haben. Die vier Gründer konnten zeigen, wie man durch konsequenten Einsatz von Informationstechnologie im Unternehmen Transparenz schaffen und damit Erfolg planbarer machen kann. Und zum Erfolg gehört für SAP auch der Ein­satz von Talentmanagement im eigenen Unternehmen. Der Einsatz von Mitarbei­ter/innen aus den verschiedensten Disziplinen und eine konsequente Internationali­sierung waren Schlüsselfaktoren für den Erfolg dieserTalente: SAP hat ein Modell entwickelt, das die weltweite Arbeitsteilung nutzt und beinhaltet nach einem Artikel aus Financial Times vom 17. Februar 2009 "...Technik gezielt einzusetzen, Talente von außen anzulocken, die eigenen Talente konsequent zu fördern und die Chancen einer heterogenen Welt zu nutzen"6.

Zu 2. "Qualifikation"

Qualifikationen sind Komplexe aus Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnissen in ver­schiedenen Feldern. Gängig ist in der Literatur eine Einteilung in fachliche Qualifika­tionen - Problemlösungsfähigkeiten in fachlichen, disziplinären, Fragen -, soziale oder gesellschaftliche Qualifikationen - Fähigkeiten im Umgang mit Menschen -, me­thodische Qualifikationen - Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten beim Einsatz von Methoden und Instrumenten zur Erfüllung von Arbeitsaufgaben -, und in jüngerer Zeit auch das spezielle Feld der sog. innovatorischen Qualifikationen - Fähigkeiten zur kreativen Neuentwicklung und Neugestaltung von Produkten, Verfahrensweisen, Organisationsmuster etc.

Das folgende Schaubild zeigt die verschiedenen Dimensionen menschlicher Qualifi­kationen auf:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Andere Autoren unterscheiden prozessgebunde und nicht prozessgebunde Qualifika­tionen, funktionale und extrafunktionale Qualifikationen (s. Franzen, 1989) und be­ziehen damit neben arbeitsbezogenen auch Handlungspotentiale in den Qualifikati­onsbegriff ein, die sich nicht auf berufliche oderArbeitsplatz-Anforderungen bezie­hen.

Zu 3. "Kompetenz":

Talente und Qualifikationen sind Handlungs- und Problemlösungspotentiale. Kom­men sie im Rahmen von Arbeitsanforderungen oder Problemlösungen aktiv zum Tragen, so spricht man von Handlungskompetenzen, kurz "Kompetenzen". Hier wird also der Anwendungs- und Handlungsbezug und der Erfolg bei der Erfüllung von Aufgaben oder dem Lösen von Problemen in den Vordergrund gestellt. Professionali­tät und Kompetenz sind die beiden Anforderungen, die Führungskräften die Entfal­tung ihrerTalente und Qualifikationen ermöglichen.

Gerd Heursen (1989)7 definiert in Anlehnung an Noam Chomsky Kompetenz als kognitives Regelsystem, mit dessen Hilfe Handlungen generiert werden können.

Auch hier wird die operative Komponente des Kompetenz-Begriffs im Bereich der Fähigkeitsdefinitionen betont.

[...]


1 18 Rappaport, A. ShareholderValue. Stuttgart: Schäffer-Poeschel, 1999.

2 s. z. B. Walker, S. & Marr, J. Stakeholder power Cambridge, Mass.: Perseus Publishing, 2001 und Philips, R. Stakeholder Theoryand Organizational Ethics. Berrett-Koehler Publishers, 2003.

3 Franzke, R. Qualifikation. In: Lenzen, D. (Hrsg.) Pädagogische Grundbegriffe, Band 2, Frankfurt: Rowohlt, 1989, S. 1290.

4 Malcolm Gladwell Überflieger-warum manche Menschen erfolgreich sind und andere nicht Frank­furt: Campus, 2008

5 In: DerSpiegel, Nr. 3, 2009, S. 118.

6 o. V. Erfolg nach Plan. Der Erfolg der TSG Hoffenheim hat weniger mit dem Geld von SAP- Mitgründer Dietmar Hopp zu tun, als mit dessen Geschäftsmodell: Datenerfassung, die alles transpa­rent und optimierbar macht - das hat schon SAP zum Aufstieg verholfen. Financial Times Deutsch­land, Dienstag, 17. Februar2009, S. 24

7 Heursen, G. Kompetenz - Performanz. In: D. Lenzen (Hrsg.) Pädagogische Grundbegriffe, Band 2, Reinbek: Rowohlt,1989, s. 877-885.

Ende der Leseprobe aus 45 Seiten

Details

Titel
Grundlagen und Definitionen des Talentmanagement. Aufbau und Ablauf einer Talentmanagement-Strategie
Hochschule
Bayerische Julius-Maximilians-Universität Würzburg
Note
1,0
Autor
Jahr
2009
Seiten
45
Katalognummer
V131653
ISBN (eBook)
9783640375295
ISBN (Buch)
9783640375097
Dateigröße
1064 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Talentmanagement, Grundlagen, Definitionen, Aufbau, Ablauf, Talentmanagement-Strategie
Arbeit zitieren
cand. psych. Juliana Rost (Autor:in), 2009, Grundlagen und Definitionen des Talentmanagement. Aufbau und Ablauf einer Talentmanagement-Strategie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/131653

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