Borderline-Störung. Verhaltensmuster und sozialarbeiterische Interventionen


Diplomarbeit, 2004

86 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1 Beschreibung der Borderline-Persönlichkeitsstörung
1.1 Die Geschichte des Störungsbegriffs
1.2 Definition der Borderline-Persönlichkeitsstörung
1.2.1 Die Entwicklung einer Persönlichkeitsstörung
1.2.2 Allgemeine Kriterien einer Persönlichkeitsstörung nach demDSM-IV
1.2.3 Diagnostische Kriterien der Borderline-Störung nach dem DSM-IV
1.3 Epidemiologie
1.4 Verlauf und Prognose
1.5 Differenzialdiagnose und Komorbidität
1.6 Ätiologie
1.7 Persönlichkeitsstruktur eines Menschen mit Borderline- Erkrankung nach Kernberg
1.7.1 Störung der Entwicklung des Selbst als Ursprung der Borderline-Erkrankung
1.7.2 „Primitive Abwehrmechanismen“
1.7.3 Identitätsdiffusion und pathologische Auffassung von anderen
1.7.4 Fähigkeit der Realitätsprüfung
1.7.5 Zusammenfassung

2 Verhaltensweisen und Symptome von Menschen mit einer Borderline-Störung
2.1 Erläuterung der Kriterien nach dem DSM-IV
2.1.1 Das verzweifelte Bemühen, tatsächliches und vermutetes Verlassenwerden zu vermeiden
2.1.2 Ein Muster instabiler, aber intensiver zwischenmenschlicher Beziehungen, das durch den Wechsel zwischen den Extremen der Idealisierung und Entwertung gekennzeichnet ist
2.1.3 Identitätsstörung: ausgeprägte und andauernde Instabilität des Selbstbildes oder der Selbstwahrnehmung
2.1.4 Impulsivität in mindestens zwei selbstschädigenden Bereichen
2.1.5 Wiederholte suizidale Handlungen, Selbstmordandeutungen oder –drohungen oder Selbstverletzungsverhalten
2.1.6 Affektive Instabilität in Folge einer ausgeprägten Reaktivität der Stimmung
2.1.7 Chronisches Gefühl der Leere
2.1.8 Unangemessene, heftige Wut oder Schwierigkeiten, die Wut zu kontrollieren
2.1.9 Vorübergehende, durch Belastung ausgelöste paranoide Vorstellung oder schwere dissoziative Symptome
2.2 Weitere wichtige Merkmale der Borderline-Störung
2.2.1 Hang zur Depression
2.2.2 Antisozialität und delinquentes Verhalten
2.2.3 Drogenmissbrauch
2.2.4 Essstörungen
2.2.5 Sexualität
2.2.6 Ressourcen
2.3 Zusammenfassung

3 Sozialarbeit mit Borderline-Persönlichkeiten: Behandlungsmethoden und Interventionen
3.1 Dialektisch-Behaviorale Therapie (DBT) nach Linehan
3.1.1 Der dialektisch-behaviorale Behandlungsansatz
3.1.2 Dialektische Strategie
3.1.3 Die Therapeutische Beziehung in der DBT
3.1.4 Sozialarbeiterische Strategien
3.2 Das Kommunikationsmodell: SET
3.2.1 Unterstützung
3.2.2 Mitgefühl
3.2.3 Wahrheit
3.2.4 Ein Fallbeispiel
3.3 Aufgabenbereiche und Bedeutung der Sozialarbeit im Umgang mit psychisch Kranken/ Borderline-Persönlichkeiten
3.4 Der ganzheitlich-systemische Anspruch der Sozialarbeit
3.5 Empowerment
3.5.1 Erlernte Hilflosigkeit
3.5.2 Das Konzept der Salutogenese
3.5.3 Die professionelle Haltung in der Empowerment-Arbeit
3.5.4 Empowerment-Strategien
3.6 Angehörigenarbeit
3.6.1 Die Welt einer Borderline-Persönlichkeit verstehen
3.6.2 Auswirkungen des Borderline-Verhaltens auf den Angehörigen
3.6.3 Verantwortung übernehmen
3.6.4 Grenzen setzen
3.6.5 Hilfe in Anspruch nehmen
3.7 Zusammenfassung

4 Schlussbemerkung

Literaturverzeichnis

5 Anhang
5.1 Therapiephasen in der DBT
5.2 Behandlungsstrategien der DBT
5.3 Beispiele von Strategien in der DBT
5.4 Glossar

Einleitung

Die Borderline-Persönlichkeitsstörung wurde im Bereich der Psychiatrie und Psychotherapie lange Zeit als ein Randphänomen der psychischen Störungen wahrgenommen. In den vergangenen Jahrzehnten ist jedoch ein kontinuierlich steigendes Interesse, insbesondere in der amerikanischen Forschung, zu erkennen. In verschiedenen literarischen Neuerscheinungen wird das Borderline-Phänomen als „Krankheit der Moderne“ bezeichnet, welches Schätzungen zu Folge derzeit die drittgrößte Gruppe psychischer Erkrankungen darstellt.[1] Die Borderline-Störung sowie deren Behandlungsmethoden werden von den verfassenden Psychiatern, Psychologen und Psychotherapeuten in der jüngsten Zeit fast ausschließlich an Hand konkreter Beispiele erläutert. Diese Entwicklung ist auf die in Fachkreisen herrschende Verunsicherung hinsichtlich dieses Störungsbildes zurückzuführen. Lange Zeit wusste man offenbar nicht, was sich hinter der Diagnose „Borderline“ verbirgt und wie man damit umgehen sollte.[2] Der Begriff Borderline (Grenze, Grenzgänger) an sich impliziert die „besondere“ Fähigkeit dieser Menschen, nicht nur sich selbst, sondern auch ihr persönliches Umfeld an ihre Grenzen zu bringen. Warum Menschen mit einer Borderline-Störung eine solche Wirkung haben können und welche konkreten Verhaltensmuster sie aufweisen, stellt neben der Auseinandersetzung mit aktuellen Behandlungsmethoden und sozialarbeiterischen Interventionsschritten ein Schwerpunkt dieser Arbeit dar.

Im ersten Kapitel wird eine allgemeine Beschreibung der Borderline-Störung vorgenommen. Beginnend mit der geschichtlichen Entwicklung des Störungsbegriffs, welche die in Fachkreisen herrschenden verschiedenen Standpunkte bezüglich der Borderline-Störung mit einschließt, wird auf die Entstehung und die Kriterien dieser Persönlichkeitsstörung eingegangen. Nach der Auseinandersetzung mit den aktuellen Daten über Verbreitung, Verlauf und Prognose der Borderline-Störung wird mit der Beschreibung der Persönlichkeitsstruktur von Borderline-Patienten nach Kernberg abgeschlossen.

Der Erläuterung von Symptomen und Verhaltensweisen der Borderline-Störung wird im zweiten Kapitel Raum gegeben. Das Verstehen der komplexen Zusammenhänge der oft unberechenbaren und impulsiven Verhaltensmuster stellt einen grundlegenden Schlüssel zu einer erfolgreichen Behandlung dar. Mit dem Ziel, dieses Verstehen zu ermöglichen und die Lebenssituation einer Borderline-Persönlichkeit möglichst konkret darzustellen, werden zur Beschreibung der Gefühle, Gedanken und Verhaltensweisen betroffene Borderline-Patienten zu Wort kommen.

Die Behandlungsmethoden und sozialarbeiterischen Interventionen ergeben den dritten Teil dieser Arbeit und bauen auf dem Wissen und Verstehen des komplexen Störungsbildes auf. Zunächst wird das dialektisch-behaviorale Behandlungskonzept von Linehan, welches derzeit als Standard in der Borderline-Therapie gilt, erläutert. Nach Linehan basiert eine Verhaltensänderung zum einen auf der von Verständnis, Respekt und Herausforderung geprägten therapeutischen Beziehung. Andererseits muss der Borderline-Patient selbst fähig werden, seine Gefühle und Verhaltensstrategien wahrzunehmen und verantwortlich damit umzugehen. Das Kommunikationsmodell SET stellt eine strukturierte Methode zur Unterstützung dieses Prozesses dar. Beide Modelle können als Richtlinien und Methoden gesehen werden, welche für die Sozialarbeit von erheblichem Wert sind.

Die Sozialarbeit trifft in vielen verschiedenen Arbeitsfeldern auf die Gruppe psychisch Kranker und damit auch auf das Borderline-Phänomen. Der Rolle und den spezifischen Aufgabenbereichen der Sozialarbeit soll im Rahmen dieser Ausarbeitung ein besonderer Stellenwert eingeräumt werden. Die soziale Arbeit mit ihrem ganzheitlich-systemischen Ansatz und dem Ziel der Rehabilitation übernimmt innerhalb der Borderline-Therapie die zentrale Aufgabe der Auseinandersetzung mit dem sozialen Umfeld des Betroffenen und der Bewältigung der Schwierigkeiten im Alltag. Die Herausarbeitung der Bedeutung von sozialer Arbeit mit psychisch kranken Menschen, insbesondere durch den Empowerment-Ansatz und die Arbeit mit Angehörigen, wird innerhalb des letzten Kapitels verdeutlicht.

Eine Grundintention dieser Arbeit liegt in dem Erkennen, dass ohne Kenntnis über eine bestimmte psychische Störung, hier die Borderline-Störung, kein adäquates Eingreifen möglich ist. Dies gilt insbesondere für die Fachkräfte der Sozialen Arbeit, welche hinsichtlich psychologischer Kenntnisse ein klares Defizit aufweisen, aber auch für Psychiater, Psychologen und Psychotherapeuten, welche die Borderline-Störung immer noch als „rotes Tuch“ behandeln.[3] Zum anderen soll die Stellung der Sozialarbeit und deren Interventionsmöglichkeiten als Teil einer interdisziplinären Behandlung eine angemessene Beachtung finden.

Zur Beschreibung der Borderline-Störung werden verschiedene Fachausdrücke verwendet, welche im Anhang erklärt sind. Um ein einfaches und flüssiges Lesen zu erleichtern, wird in den folgenden Ausführungen überwiegend in der männlichen Form berichtet. Wenn nicht anders erwähnt, sind damit beide Geschlechter gemeint. Sowohl für die Borderline-Störung als Krankheitsbild als auch dem betroffenen Patienten werden verschiedene Begrifflichkeiten eingesetzt, die jedoch in ihrer Bedeutung keinen Unterschied machen. Die Bezeichnung „Borderliner“ für Menschen mit einer Borderline-Störung ist nicht mit einer Stigmatisierung von Betroffenen mit ihrer Störung gleichzusetzen.[4]

1 Beschreibung der Borderline-Persönlichkeitsstörung

1.1 Die Geschichte des Störungsbegriffs

Der Begriff „Borderline“ wurde zum ersten Mal 1938 von Adolf Stern verwendet. Bei der Begriffsbestimmung ging es darum, eine Gruppe von Patienten zu beschreiben, welche sich auf einer „Grenzlinie“ zwischen neurotischen und psychotischen Störungen bewegten. Erstens litten diese Patienten, gleich den Neurotikern, unter erheblichen Angstzuständen. Dennoch schien es ihnen deutlich schlechter zu gehen. Im Gegensatz zu neurotischen Menschen fehlte ihnen einerseits ein stabiles Identitätsgefühl, andererseits verwendeten sie zur Konfliktbewältigung größtenteils primitive Abwehrmechanismen[5]. Zweitens konnten die Borderliner durch ihre Fähigkeit zur Realitätsprüfung[6] von den psychotischen Patienten abgegrenzt werden.[7]

1967 veröffentlichte Otto Kernberg, unter Rückgriff auf Modelle von Edith Jacobson, Melanie Klein und Margret Mahler, sein entwicklungspsychologisch-genetisches Konzept zur Borderline-Organisation. Mit dem Begriff der „Organisation“ soll eine Systematik von strukturierten, miteinander in Bezug stehenden psychischen Vorgängen deutlich werden.[8]

Die Kernberg`sche Theorie wird in Bezug auf die Ursachen und die Entstehung der Borderline-Erkrankung zumeist als Erklärungsmodell herangezogen und im weiteren Verlauf dieser Arbeit ausführlicher erläutert.

Die Aufnahme der Borderline-Störung in das DSM-III[9] 1980 basierte sowohl auf der Definition Kernbergs als auch auf den Arbeiten von Gunderson und Singer (1975). Im DSM-IV 1994 wurde den bestehenden acht Kriterien noch das Vorhandensein von dissoziativen Symptomen und paranoiden Vorstellungen in Stresssituationen hinzugefügt. Über die Aufnahme in den Kriterienkatalog gab es zuerst gegensätzliche Meinungen, mittlerweile ist dieser Punkt jedoch reliabel erfassbar und gegenüber anderen psychischen Erkrankungen abgrenzbar.[10]

Die Borderline-Persönlichkeitsstörung wurde im Gegensatz zu anderen psychischen Erkrankungen erst relativ spät als solche definiert und in die psychiatrischen Klassifikationssysteme aufgenommen, in den ICD[11], welcher im deutschsprachigen Raum häufiger genutzt wird, erst 1992. Diese Entwicklung zeigt, dass die Borderline-Störung für einige Psychiater und Psychologen eine schwer zu begreifende und behandelnde Krankheit zu sein scheint. Andreas Knuf schreibt: „... auch erfahrene Therapeuten hatten mir nicht nur einmal die Empfehlung gegeben, mich vor Borderlinern in Acht zu nehmen.“[12] Nach Manson/ Kreger wissen zum einen viele Fachleute der Psychiatrie schlichtweg zu wenig über diese Störung, zum anderen wird die Diagnose Borderline teilweise als eine Verlegenheits- und Modediagnose gestellt bzw. als solche betrachtet. Wieder andere halten eine Borderline-Erkrankung für so schwer wiegend, dass sie ihre Patienten nicht damit belasten wollen oder aber sie nicht genügend darüber aufklären.[13]

Obwohl Borderline derzeit epidemiologisch zu einer der häufigsten behandelten psychischen Störungen gehört[14], ist sie in der Öffentlichkeit kaum bekannt und wird unter Fachkräften recht unterschiedlich wahrgenommen.

1.2 Definition der Borderline-Persönlichkeitsstörung

Die Borderline-Störung wird in der Klassifikation der psychischen Krankheiten zu den Persönlichkeitsstörungen gezählt. Im Folgenden werden deshalb zuerst die Entwicklung und Kriterien einer Persönlichkeitsstörung erläutert, bevor die spezifischen Merkmale der Borderline-Erkrankung selbst benannt werden. Beide Kriterienkataloge sind dem DSM-IV entnommen, da besonders hinsichtlich der

Borderline-Störung hier, im Gegensatz zum ICD-10[15], eine differenziertere, klinische und wissenschaftliche Auflistung der Krankheitsmerkmale vorhanden ist.

1.2.1 Die Entwicklung einer Persönlichkeitsstörung

Gleich nach der Geburt beginnt der Säugling sich an seine Umwelt anzupassen. Seine Bewältigungsstrategien gegenüber den Anforderungen der Außenwelt entwickeln sich aufgrund der genetischen Veranlagung, des Temperamentes und des sich fortentwickelnden Charakters. Diese Anpassungsfähigkeit des Kindes ermöglicht es, auch mit besonders schwierigen Ansprüchen und Situationen der Umwelt zurechtzukommen bzw. in einem extrem belastenden Umfeld zu überleben. Die entwickelten Strategien können jedoch manchmal dazu führen, dass eine gestörte Persönlichkeit entsteht. Verhaltensmuster, welche in der Kindheit dringend notwendig waren, können mit den späteren Anforderungen der Gesellschaft, Berufs- und Arbeitswelt kollidieren und zu einer Desintegration des Betroffenen führen.

Da nicht alle äußeren schweren Belastungen in der Kindheit zu einer Persönlichkeitsstörung führen und andererseits auch Personen aus „gesunden“ Familien an solchen Störungen erkranken können, ist außerdem von einer Vererbung der Anfälligkeit auszugehen, welche den Betroffenen eine Anpassung an belastende Umweltsituationen erschwert.[16]

1.2.2 Allgemeine Kriterien einer Persönlichkeitsstörung nach demDSM-IV

A. Ein überdauerndes Muster von innerem Erleben und Verhalten, das merklich von den Erwartungen der soziokulturellen Umgebung abweicht. Dieses Muster manifestiert sich in mindestens 2 der folgenden Bereiche:[17]

1.1. Kognition (also die Art, sich selbst, andere Menschen und Ereignisse wahrzunehmen und zu interpretieren),
1.2. Affektivität (also die Variationsbreite, die Intensität, die Labilität und Angemessenheit emotionaler Reaktionen),
1.3. Gestaltung zwischenmenschlicher Beziehungen,
1.4. Impulskontrolle

B. Das überdauernde Muster ist unflexibel und tiefgreifend in einem weiten Bereich persönlicher und sozialer Situationen.
C. Das überdauernde Muster führt in klinisch bedeutsamer Weise zu Leiden und Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen.
D. Das überdauernde Muster lässt sich nicht besser als Manifestation oder Folge einer anderen psychischen Störung erklären.
E. Das überdauernde Muster geht nicht auf die direkt körperliche Wirkung einer Substanz (z.B. Droge, Medikament) oder eines medizinischen Krankheitsfaktors (z.B. Hirnverletzung) zurück.

1.2.3 Diagnostische Kriterien der Borderline-Störung nach dem DSM-IV

Ein tiefgreifendes Muster von Instabilität in zwischenmenschlichen Beziehungen, im Selbstbild und in den Affekten sowie von deutlicher Impulsivität. Der Beginn liegt im frühen Erwachsenenalter und manifestiert sich in den verschiedenen Lebensbereichen. Mindestens fünf der folgenden Kriterien müssen erfüllt sein:[18]

1.) Verzweifeltes Bemühen, tatsächliches oder vermutetes Verlassenwerden zu vermeiden.
2.) Ein Muster instabiler, aber intensiver zwischenmenschlicher Beziehungen, das durch einen Wechsel zwischen den Extremen der Idealisierung und Entwertung gekennzeichnet ist.
3.) Identitätsstörung: ausgeprägte und andauernde Instabilität des Selbstbildes oder der Selbstwahrnehmung.
4.) Impulsivität in mindestes zwei potenziell selbstschädigenden Bereichen (Geldausgeben, Sexualität, Substanzmissbrauch, rücksichtloses Fahren, „Fressanfälle“).
5.) Wiederholte suizidale Handlungen, Selbstmordandeutungen oder –drohungen oder Selbstverletzungsverhalten.
6.) Affektive Instabilität infolge einer ausgeprägten Reaktivität der Stimmung (z.B. hochgradige episodische Dysphorie, Reizbarkeit oder Angst, wobei diese Verstimmungen gewöhnlich einige Stunden und nur selten mehrere Tage andauern).
7.) Chronisches Gefühl der Leere
8.) Unangemessene, heftige Wut oder Schwierigkeiten, die Wut zu kontrollieren (z.B. häufige Wutausbrüche, andauernde Wut, wiederholte körperliche Auseinandersetzungen).
9.) Vorübergehende, durch Belastungen ausgelöste paranoide Vorstellungen oder schwere dissoziative Symptome.[19]

1.3 Epidemiologie

Die folgenden epidemiologischen Daten sind hauptsächlich aus dem 2002 erschienenen Buch „Borderline-Störung“ von M. Bohus entnommen. Im Vergleich zu weiteren Angaben aus dem Internet und verschiedener Literatur, stellen diese Daten eine gesicherte und aktuelle Bilanz dar.

Die Prävalenz der Borderline-Störung in der Gesamtbevölkerung beträgt demnach 1,2%[20]. Der Anteil der Frauen ist mit 70% sehr hoch. Die Ursache könnte zum einen in der hohen Betroffenheit der Frauen im Bereich des sexuellen Missbrauches sein, welcher der Borderline-Störung häufig zu Grunde liegt.[21] Andererseits nehmen Frauen häufiger therapeutische Hilfe in Anspruch, demgegenüber Männer mit Borderline-Störung vermutlich eher zu Straffälligkeit und Drogenabhängigkeit neigen und ihre Störung somit seltener erkannt wird.[22] Zum Für und Wider der Thematik von Borderline-Persönlichkeitsstörung als „Frauenkrankheit“ gibt es noch weitere interessante Ausführungen[23], die in dieser Arbeit nicht ausgeführt werden können.

Nach einer Feldstudie in Norwegen nehmen ca. 80% aller von Borderline betroffenen Menschen therapeutische Hilfe in Anspruch. Dies begründet unter anderem den mit 10% recht hohen Anteil von Borderline-Patienten in psychiatrischen und psychotherapeutischen Praxen.[24]

Im privaten Bereich der Borderline-Betroffenen zeigte eine repräsentative Untersuchung, dass nur etwa 20% einen Lebenspartner hatten und 13% verheiratet waren. In Bezug auf die Schulausbildung lagen die Werte im durchschnittlichen Bereich, dem hingegen ein enormer Teil der befragten Borderliner keine Arbeitsstelle aufweisen konnte (20% waren Vollzeit, 8% Teilzeit beschäftigt). Inwiefern eine abgeschlossene Berufsausbildung vorhanden war ist nicht nachzuvollziehen, jedoch gibt Bohus an, dass die Betroffenen hauptsächlich soziale Berufe wie Krankenschwester oder Altenpfleger ausübten.[25]

1.4 Verlauf und Prognose

Der Beginn der Borderline-Störung wird zumeist auf das junge Erwachsenenalter festgelegt. Jerschke nimmt auf Grund seiner Untersuchungen eine Aufteilung in zwei Gruppen vor. Demnach bedarf eine erhebliche Anzahl von Borderline- Betroffenen bereits im Alter von 14 Jahren stationärer Hilfe. Hier besteht in vielen Fällen ein Zusammenhang mit teilweise lebensbedrohlichen Verhaltensweisen wie Essstörungen, Selbstverletzung oder Suizidversuchen. Die zweite Gruppe beansprucht eine stationäre Therapie erstmals mit 24 Jahren.[26]

Wird die Hilfe von den Betroffenen regelmäßig in Anspruch genommen, so kann zwei Dritteln von ihnen geholfen werden.[27] Die Abbruchrate bei Borderline-Patienten ist jedoch sehr hoch. Bohus spricht im Bezug auf unspezifische bzw. tiefenpsychologische Behandlungen von etwa 75%[28]. Erfolgt keine therapeutische Hilfe, sieht die Prognose äußerst schlecht aus. Die Suizidrate liegt laut dem DSM-IV bei 8-10%. Am höchsten ist sie im jungen Erwachsenenalter. Bei Borderline-Patienten, welche diese Altersphase überwunden haben und sich in guter therapeutischer Behandlung befinden, klingt die Störung häufig in ihrer Extremität ab und es kommt zu einer Stabilität hinsichtlich ihrer Beziehungen sowie ihres Berufes.[29]

1.5 Differenzialdiagnose und Komorbidität

Menschen mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung weisen zu einem recht hohen Anteil zusätzliche psychische Störungsbilder auf. Im Vordergrund stehen dabei depressive Störungen (Lebenszeitprävalenz ca. 98%) und Angststörungen (Lebenszeitprävalenz ca. 90%), sowie schwere Schlafstörungen (ca. 50%). Substanzmissbrauch liegt bei 40% der Frauen und 60% der männlichen Patienten vor.[30] Von Essstörungen betroffen sind etwa 14% der Borderline-Persönlichkeiten.[31]

Nach Zanarini werden bei Borderline-Patienten folgende weitere Persönlichkeitsstörungen diagnostiziert: Dependente Persönlichkeitsstörung (50%), Ängstlich-Vermeidende Persönlichkeitsstörung (40%), Paranoide Persönlichkeitsstörung (ca. 40%, vor allem männliche Patienten), Passiv-aggressive Persönlichkeitsstörung (25%), Histrionische Persönlichkeitsstörung (15%).[32] Außerdem weisen besonders im forensischen Bereich männliche Patienten neben ihrer Borderlinestruktur auch narzisstische und antisoziale Persönlichkeitszüge auf.[33]

Dulz/ Schneider sprechen sich allerdings dagegen aus, im Zusammenhang mit der Borderline-Persönlichkeitsstörung von Komorbidität zu sprechen. Eine ausgeprägte Symptomatik eines Kriteriums der Borderline-Störung ergebe keinen Grund von einer zusätzlichen Krankheitsbild zu sprechen. Um beispielsweise eine Borderline-Störung mit Drogenproblematik oder depressiven Affekten zu beschreiben, wird von ihnen der Begriff der Kosymptomatik bevorzugt.[34]

1.6 Ätiologie

Die Borderline-Störung wird zu den sogenannten frühen Störungen gezählt. Frühe traumatisierende Erfahrungen, insbesondere Formen von sexuellem und körperlichem Missbrauch vor allem ausgehende von Bezugspersonen, sowie schwere emotionale Vernachlässigungen sind biographisch in hohem Maß[35] vorhanden. Dementsprechend sind ähnliche Symptome wie bei der Posttraumatischen Belastungsstörung zu erkennen. Traumatisierende Kindheitserfahrungen führen jedoch nicht unweigerlich zu einer Borderline-Persönlichkeitsstörung.[36]

Im Folgenden wird das Erklärungsmodell von Kernberg beschrieben, welches als „repräsentatives Modell der psychodynamischen Sicht der Borderline-Störung bezeichnet werden kann und sich klinisch bewährt hat“[37].

1.7 Persönlichkeitsstruktur eines Menschen mit Borderline- Erkrankung nach Kernberg

Der Psychoanalytiker Otto Kernberg versuchte als Erster ein Verständnis für das Krankheitsbild der Borderline-Störung zu entwickeln und erarbeitete eine ausführliche systematische Beschreibung dieses Störungsbildes.[38] Für Kernberg gibt es drei wesentliche Züge, welche die Struktur der Persönlichkeit von Borderline-Patienten ausmachen. Diese drei Züge: „Primitive“ Abwehrmechanismen, Identitätsdiffusion und die Fähigkeit zur Realitätsprüfung bilden eine Art Basis, auf welcher die entsprechenden, im DSM-IV benannten Symptome und Verhaltensweisen teilweise aufbauen oder darauf zurückzuführen sind. Bevor diese drei Kriterien ihre Erläuterung finden, soll noch ein weiterer Schritt zurück gegangen und mit der Entwicklung des Selbst einer Borderline-Persönlichkeit begonnen werden.

1.7.1 Störung der Entwicklung des Selbst als Ursprung der Borderline-Erkrankung

Die Ich-Entwicklung erfolgt bereits in der frühen Kindheit. Laut Mahler durchläuft das Kind zwischen dem fünften Monat bis ca. zum 3. Lebensjahr verschiedene Phasen der Ablösung und Individuation. In der Beziehung zur Mutter oder einer anderen Bezugsperson erlebt das Kind die Diskrepanz zwischen der Sehnsucht nach Nähe und dem Bedürfnis, selbständig zu werden. Die erfolgreiche Bewältigung dieser Phase trägt zur Entstehung eines gesunden Selbstbildes bei. Hierbei ist eine liebevolle und ausreichende Unterstützung in der Fähigkeit zur Abgrenzung gegenüber der Umwelt und anderen Personen maßgeblich. Das Kind muss die Möglichkeit haben, sich als eigenständiges Wesen wahrzunehmen.[39]

Dieser erste wichtige Entwicklungsschritt ist nach Kernberg bei Borderline-Persönlichkeiten gelungen. Im Gegensatz zu Psychotikern können sie zwischen der eigenen Person und anderen differenzieren und aufgebaute Ich-Grenzen aufrecht erhalten. Zur Entstehung eines stabilen Selbst ist jedoch noch ein zweiter grundlegender Schritt notwendig. Das sich entwickelnde Kind erkennt die Personen seiner Umwelt zunächst als zwei verschiedene Wesen. Erlebt das Kind seine Mutter als einfühlsame und tröstende Person, wird sie als „total gut“ wahrgenommen; Kernberg spricht von einem libidinös-bestimmten Objektimage. Eine Bezugsperson kann demgegenüber auch als aggressives Objektbild empfunden werden, beispielsweise wenn sie sich zornig und wütend zeigt. Diese gegensätzlichen Gefühle nimmt das Kind auch in sich selbst wahr („Selbstimages“). Der hier vorhandene Spaltungsvorgang von Kindern in „gute“ und „böse“ Teile ist normal und wird bei einer gesunden Entwicklung im Laufe der Zeit durch deren Integration ersetzt. Dies ist vor allem dann möglich, wenn die befriedigenden und lustvollen, also positiven Erfahrungen zwischen Mutter bzw. Bezugsperson und Kind überwiegen und so das Urvertrauen aufgebaut werden kann. Dieses Urvertrauen „gewährleistet in gewissem Umfang eine Abschwächung oder Neutralisierung der angsterzeugenden und desorganisierenden Wirkungen übermäßiger Frustrationen“[40].

Bei Menschen mit Borderline-Störung ist dagegen von einer Kindheit auszugehen, welche durch schwere Enttäuschungen geprägt wurde, so dass keine oder eine unzureichende Integration von libidinösen und aggressiven Selbst- und Objektimages statt finden konnte. Die Spaltung verhilft dem Kind dazu, sich selbst und das Objekt, von dem es enttäuscht wurde und welches es trotzdem liebt, zu schützen. Nach Kernberg ist eine solche misslungene Integration die Hauptursache für nicht-psychotische Ich-Störungen. Die Betroffenen können sich zwar durch ihre stabilen Ich-Grenzen als Individuum wahrnehmen, leiden aber unter einem nicht integrierten Selbstkonzept. Für sie sind die „guten“ Objekt- und Selbstbilder soweit von den „bösen“ entfernt, dass sie diese unmöglich miteinander vereinbaren können.[41]

Diese Fehlentwicklung des Selbst, die grundlegende Ich-Schwäche von Menschen mit Borderline-Störungen lassen die folgenden, von Kernberg beschriebenen Kriterien der Persönlichkeitsstruktur verständlich werden. Zwischen diesen Merkmalen besteht ein sehr enger Zusammenhang: Sie fließen teilweise ineinander über, sind voneinander abhängig und bauen aufeinander auf.

1.7.2 „Primitive Abwehrmechanismen“

Das Vorhandensein bzw. die Betätigung von Abwehrmechanismen ist im Allgemeinen bei allen Menschen angelegt. Sie dienen dazu, „Triebe und Wünsche mit den Geboten und Verboten der Realität in Einklang zu bringen“[42]. Wittichen definiert den Begriff als „eine automatische, unbewusste Reaktion auf eine Bedrohung, die oft durch Konflikte oder Angst ausgelöst wird“[43].

Auf Grund der in der Kindheit nicht bewältigten Integration ambivalenter Gefühle und Erlebnisse herrschen bei Borderline-Persönlichkeiten die sogenannten „primitiven“ Abwehrmechanismen vor. Im Gegensatz zu reiferen Abwehrmechanismen, welche eingesetzt werden um bestimmte Wahrnehmungen beispielsweise zu verdrängen oder zu rationalisieren, setzt hier die Abwehr schon bei der Wahrnehmung eines Konfliktes oder eines Widerspruches an sich ein. Borderline-Patienten betrachten andere Personen sowie sich selbst in hohem Maße nur in Extremen. Dem oft benannten Schwarz-Weiß-Denken liegt der Abwehrmechanismus der Spaltung zu Grunde. Das eigene Ich wird durch den Vorgang der Spaltung in gute und böse Teile vor widersprüchlichen Erlebnissen oder Gefühlen und den damit verbundenen Ängsten zu schützen versucht. Die Abspaltung der „nur bösen“ Bereiche ermöglicht es, die „nur guten“ Bereiche in sich zu bewahren und damit ein Stück Sicherheit zu gewinnen. Da in der Realität jedoch beide Bereiche häufig gleichzeitig existieren, kann der Spaltungsmechanismus auch versagen. Die Betroffenen können dadurch nach Lohmer in „schwere Konfusions- und Verwirrungszustände geraten, in denen zwischen Liebe und Hass nicht mehr unterschieden werden kann und das konfuse Selbst sowie die konfusen Objekte als in zahlreiche verschiedene Selbst- und Objektfragmente zersplittert erlebt werden können“[44].

Eng mit dem Prinzip der Spaltung verbunden bzw. darauf aufbauend werden weitere Abwehrmechanismen eingesetzt:

Primitive Idealisierung: Eine andere Person wird ausschließlich als „gut“ und „lieb“ wahrgenommen, alle negativen Eigenschaften werden ausgeblendet.

Entwertung: Der Entwertung geht im „Alles-oder-Nichts-Prinzip“ die Idealisierung voraus. Das Gegenüber wird nun als gänzlich wertloses, schlechtes Objekt erlebt.

Omnipotenz: Ein Gefühl von grenzenloser Macht, welches letztlich auch zur Entwertung anderer führt, ermöglicht den Rückzug in eine Welt von Größen- und Allmachtsfantasien. Insbesondere narzisstische Persönlichkeiten nützen die Omnipotenz, um so ihr zerbrechliches Selbst zu schützen.

Projektive Identifizierung: Negativ besetzte Gefühle der eigenen Person werden in eine andere Person hinein gelegt. Das Gegenüber wird mit diesem Gefühl identifiziert, welches es bei sich selbst auch tatsächlich empfindet. Zwischen den beiden Personen findet eine typische Art der Verschmelzung der Gefühlsbereiche statt, die dann auch dazu führt, dass die sonst stabilen Ich-Grenzen einbrechen können. Die Borderline-Persönlichkeit kann damit eigene negative Anteile in einer anderen Person „aufbewahren“ und zu kontrollieren versuchen.[45]

1.7.3 Identitätsdiffusion und pathologische Auffassung von anderen

Der verinnerlichte Spaltungsmechanismus aus der frühen Kindheit der Borderline-Patienten macht es ihnen letztlich unmöglich, ein stabiles Selbst aufzubauen. Durch diesen Mechanismus kommt es zu einer „instabilen Wahrnehmung und Einschätzung des eigenen Verhaltens sowie zum Fehlen eines eindeutigen Gefühls der Identität der eigenen Person“[46]. Identitätsdiffusion meint damit einen Mangel an Integration des Selbstkonzeptes oder des Konzepts anderer wichtiger Objekte.[47]

Dieses wackelige, schwammige Selbstbild und die damit verbundene fehlende innere Stabilität haben zur Folge, dass andere Menschen oft eine Angst erzeugende und verunsichernde Wirkung haben. Die bei Borderline-Patienten häufig vorkommenden Reaktionsschwankungen sind auf dieser Instabilität gegründet. Das Selbst, die Selbstachtung, der Selbstwert und Gefühle gegenüber der eigenen Person sind im höchsten Maße von äußeren Situationen abhängig.[48]

Von Kernberg werden weitere typische Charakterzüge, welche mit dieser Störung der verinnerlichten Objektbeziehung zu tun haben, benannt. Er spricht von einem Mangel „an der Fähigkeit zu echten Schuldgefühlen und tieferer Anteilnahme gegenüber anderen Menschen“, eine realistische Einschätzung und Einfühlung sei kaum möglich. Zum Schutze des Selbst versuchen Borderline-Persönlichkeiten die für reifere Beziehungen notwendige emotionale Tiefe zu verhindern. Die vorhandenen, einseitig bewerteten und nicht integrierten Objektimages verhindern zudem eine ausreichende Ausbildung und Integration des Über-Ichs, in dessen Folge primitive Triebe übermächtig und auf andere Personen projiziert werden.[49]

Auf Grund dieser geringen Über-Ich-Entwicklung und der „mangelnden Ich-Integration und Reifung von Gefühlen, Werten, Zielen und Interessen bleibt dem Borderline-Patienten ein wirkliches Verständnis für höhere, reifere und differenziertere Persönlichkeitsaspekte anderer Menschen größtenteils verwehrt“[50].

1.7.4 Fähigkeit der Realitätsprüfung

Als drittes wichtiges Kriterium der Diagnosestellung bei Borderline-Patienten wird von Kernberg die Realitätsprüfung benannt, welche auf die Untersuchungen von Frosch (1964) zurück gehen. Realitätsprüfung basiert auf der Fähigkeit, „das Selbst vom Nicht-Selbst und intrapsychische Wahrheiten und Reize von solchen äußeren Ursprungs zu unterscheiden und die eigenen Affekte, das eigene Verhalten und die eigenen Gedankeninhalte im Rahmen üblicher sozialer Normen einzuschätzen“[51].

Borderline-Patienten erleben die Wirklichkeit im Zuge ihrer Identitätsdiffusion und ihrer pathologischen Objektbeziehungen oft sehr subjektiv. Die Umgebung wird dadurch als fremdartig wahrgenommen oder der Betroffene fühlt sich ihr nicht zugehörig. Zudem spricht Frosch von einer Veränderung der Beziehung zur Realität, das heißt ein Mensch mit Borderline-Störung reagiert übertrieben oder unangepasst auf reale Situationen, welche er korrekt eingeschätzt hat. Beide Merkmale kollidieren jedoch nicht mit der Fähigkeit zur Realitätsprüfung an sich, welche bei Borderline-Persönlichkeiten grundsätzlich vorhanden ist.[52]

Einzig in extrem belastenden Situationen, welche den Patienten unter enormen Stress setzen, kann es zu kurzzeitigen psychotischen Episoden kommen, wodurch die Realität verzerrt wahrgenommen wird.[53]

1.7.5 Zusammenfassung

Die Beschreibung Kernbergs zur Entstehung der Borderline-Störung basiert darauf, dass es Betroffenen durch verschiedene beschwerliche äußere Umstände nicht möglich war, eine eigene Identität aufzubauen. Die Borderline-Persönlichkeit ist zwar imstande, sich als eigene Person wahrzunehmen, doch fehlt ihr die grundlegende Integration von guten und bösen Objekt- und Selbstbildern. Der kindliche Abwehrmechanismus der Spaltung bleibt dadurch bestehen und bewirkt das für Borderline typische, in Extreme ausgerichtete Denken und Verhalten. Auf Grund dieser Entwicklung besteht eine tiefe Verunsicherung gegenüber anderen Personen in derer Folge weitere primitive Abwehrmechanismen zum Eigenschutz eingesetzt werden. Das Ausmaß der Identitätsdiffusion zeigt sich in den impulsiven und unberechenbaren Verhaltensmustern der Borderline-Persönlichkeit, welche im folgenden Kapitel beschrieben werden.

[...]


[1] Gneist, 1996, 11; Dulz/ Schneider, 1997, Prolog

[2] Dulz/ Schneider, 1997, Einführung

[3] Dulz/ Schneider, 1997, 1

[4] In der autobiographischen Literatur sowie den von Autoren angeführten Beispielen, bezeichnen sich die betroffene Borderline-Patienten unter anderem selbst als „Borderliner“.

[5] Nähere Erläuterung unter 1.7.2

[6] Siehe 1.7.4

[7] Pfeifer / Bräumer, 1997, 18

[8] Bohus, 2002, 3

[9] Diagnostisches und statistisches Manual Psychischer Krankheiten des Verbandes Amerikanischer Psychiater

[10] Bohus, 2002, 4

[11] Internationale Klassifikation Psychischer Krankheit

[12] Knuf (Hg.), 2002, 5

[13] Mason/ Kreger, 2003, 32

[14] Laut dem Deutschen Medizin-Netz 1999 leiden 15 % aller psychiatrisch stationär behandelten Patienten am Borderline-Syndrom. Im DSM-IV (Saß) wird die Anzahl der Borderline-Patienten im ambulanten Bereich mit ca. 10 % und im stationären Bereich mit etwas 20 % angegeben

[15] Im ICD-10 wird die Borderline-Störung als ein Typ der emotional instabilen Persönlichkeitsstörung aufgelistet. Zusätzliche Kennzeichen sind: Störung des Selbstbildes, unklare Ziele und „innere Präferenzen“, sowie die Neigung zu intensiven, aber unbeständigen Beziehungen, welche zu wiederholten emotionalen Krisen mit Suiziddrohungen oder selbstschädigendem Verhalten führen können. Möller/ Laux/ Deister, 2001, 359

[16] Ohlham/ Skodol in Wittichen, 1998, 203f

[17] Saß (DSM-IV), 2003, 753f

[18] Saß (DSM-IV), 2003, 777

[19] Die Kriterien werden in Kapitel 2 ausführlich erläutert

[20] Im DSM-IV wird mit ca. 2% gerechnet. Widinger und Weissmann (1992) gehen von 1,1-1,8% aus.

[21] Untersuchungen in den USA zeigen, dass mehr als 50% der stationär behandelten Borderline- Patienten Inzest erlebt haben. Geuter, 2001, 38

[22] Kreisman/ Straus, 1992, 33

[23] Vor allem Kreisman/ Straus, 1992, 30-36 stellen die verschiedenen Gegenpositionen gut dar.

[24] Bohus, 2002, 10; vgl. außerdem Fußnote 10

[25] Bohus, 2002,10

[26] Jerschke et. al., 1998 nach Bohus, 2002, 11

[27] Geuter, 2001, 39; nach dem Deutsche Medizin-Netz 1999 werden über 40% der Borderline- Patienten nach einer intensiven stationären Behandlung wieder gesund.

[28] Bohus, 2002, 11

[29] Saß (DSM-IV), 2003, 775f

[30] Dulit et. al., 1990 nach Bohus, 2002, 11

[31] Zanarini et. al., 1989 nach Bohus in Katschnig, 2000, 67

[32] Zanarini et. al., 1998b nach Bohus, 2002,12

[33] Herpertz/ Saß, 2003, 88

[34] Dulz/ Schneider, 1997, 58

[35] Mehr als 70 % aller Borderline-Patienten sind nach Bohus von Vernachlässigung oder

Missbrauch betroffen.

[36] Möller/ Laux/ Deister, 2001, 359; Bohus in Katschnig et al., 2000, 69

[37] Etzersdorfer in Katschnig et al., 2000, 87

[38] Geuter, 2001, 36; Kernberg, 1983, 1983

[39] Mahler nach Kreisman / Straus,1992, 80f

[40] Kernberg, 1983, 191

[41] Kernberg, 1983, 189-193

[42] Möller/ Laux/ Deister, 2001, 518

[43] Wittichen, 1998, 411

[44] Lohmer in Kernberg/ Dulz/ Sachsse, 2000, 76f

[45] Lohmer in Kernberg/ Dulz/ Sachsse, 2000, 76f; Hofmann, 2002, 132-146

[46] Möller/ Laux/ Deister, 2001, 352

[47] Kernberg, 1993, 15

[48] Pfeifer/ Bräumer, 2002, 24

[49] Kernberg, 1983, 57-59

[50] Kernberg, 1983, 59

[51] Frosch nach Kernberg, 1993, 16

[52] Frosch nach Kernberg, 1993, 16

[53] Saß (DSM-IV), 2003, 774

Ende der Leseprobe aus 86 Seiten

Details

Titel
Borderline-Störung. Verhaltensmuster und sozialarbeiterische Interventionen
Hochschule
Katholische Hochschule Freiburg, ehem. Katholische Fachhochschule Freiburg im Breisgau
Note
1,7
Autor
Jahr
2004
Seiten
86
Katalognummer
V131824
ISBN (eBook)
9783640383962
ISBN (Buch)
9783640384242
Dateigröße
808 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Diplomarbeit ist eine wissenschaftliche Arbeit mit vielen Zitaten von Betroffenen, so dass die Arbeit praxisorientiert und leicht verständlich ist. Die sozialarbeiterischen Interventionen sind mehr allgemein gefasst und beinhalten Tipps und Konzeptionen im Umgang mit Borderline - Persönlichkeiten und ihren Angehörigen. (deswegen auch die Note 1,7, ansonsten wäre es wäre 1,0 geworden)
Schlagworte
Borderline-Störung, Verhaltensmuster, Interventionen
Arbeit zitieren
Andrea Sieber (Autor:in), 2004, Borderline-Störung. Verhaltensmuster und sozialarbeiterische Interventionen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/131824

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