In dieser Hausarbeit wird der Frage nachgegangen, wie Gotthold Ephraim Lessing seine weiblichen Figuren in den beiden Trauerspielen des 18. Jahrhunderts "Miß Sara Sampson" und "Emilia Galotti" ausgestaltet und welche charakterlichen Eigenschaften vor allem den weiblichen Dramenfiguren zugeschrieben werden. Konstitutiv für das bürgerliche Trauerspiel dieses Jahrhunderts scheint die über alle Maße zu erhaltende Tugend zu sein, die sich stets durch die Verführung bedroht sieht und die erst im Tod der Protagonistinnen zu ihrer Vollkommenheit gelangt. Sowohl die Trauerspiele "Miß Sara Sampson" als auch "Emilia Galotti" verschreiben sich eben jener Konzeption. Zahlreiche Interpretationen kreisen um den Grund des Untergangs der tugendhaften Protagonisten, ohne dabei auf einen zufriedenstellenden Nenner hinsichtlich einer umfassenden Interpretation zu kommen. Besonders, so Fick, scheint sich Emilia Galotti eines richtigen Verstehens zu entziehen, obwohl die Grundzüge der Handlung von „großer Klarheit“ sind.
Vor dem Hintergrund der großen Menge an Interpretationsansätzen der beiden Trauerspiele soll in dieser Hausarbeit der Versuch unternommen werden, aufzuzeigen, welche Rolle explizit den weiblichen dramatis personae zukommt. Aus der gegenwärtigen Forschungslage soll die Lektüre der oben genannten Trauerspiele vor dem Hintergrund einer konkreten Fragestellung erfolgen. Unter der Berücksichtigung des sozialen Rahmens, den Lessing seinen Stücken explizit zuweist, wenn er sie im familiären, patriarchal geprägten Raum verortet, werden die weiblichen Charaktere Sara Sampson, Marwood, Emilia Galotti und Gräfin Orsina hinsichtlich ihres Anteils am Konflikt und ihrer Position im Tugend-Laster-Schema untersucht und miteinander vergleichend in Beziehung gesetzt.
Mit Blick auf die sprachliche Figurenkonzeption und -konstellation sowie der Motivation soll die unterschiedliche Akzentuierung und Entwicklung durch Lessing herausgearbeitet werden. Wichtig dabei ist, dass weniger ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen historischen und sozialen Zusammenhängen und den literarischen Entwürfen der Weiblichkeit zu sehen ist. Stattdessen werden die literarischen Weiblichkeitsentwürfe als Produkt eines äußeren und inneren Einflusses verstanden, der hier in seiner Bandbreite offengelegt werden soll. Zum Schluss erfolgen die vergleichende Zusammenschau und zugleich eine Konkretisierung der literarischen Weiblichkeitsentwürfe, wie sie in den Dramen vorkommen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Gegenwärtige Forschungspositionen
- Textanalyse
- Die tugendhaften Töchter
- Miss Sara Sampson
- Emilia Galotti
- Die verlassenen Mätressen
- Marwood als „neue Medea”
- Zwischen Philosophie und Wahn- Gräfin Orsina
- Die tugendhaften Töchter
- Vergleich der Weiblichkeitsentwürfe im lessingschen Trauerspiel
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit untersucht die Weiblichkeitsentwürfe in Lessings Trauerspielen „Miss Sara Sampson“ und „Emilia Galotti“. Dabei wird der Fokus auf die Rolle der weiblichen Figuren und ihre Positionierung im Tugend-Laster-Schema gelegt. Die Analyse berücksichtigt den sozialen Rahmen der Stücke und die sprachliche Figurenkonzeption, um die unterschiedliche Akzentuierung und Entwicklung der weiblichen Charaktere herauszuarbeiten.
- Die Rolle der weiblichen Figuren im Tugend-Laster-Schema
- Die Darstellung von Weiblichkeit im 18. Jahrhundert
- Der Einfluss von sozialem Kontext auf die Figurenzeichnung
- Die sprachliche Charakterisierung der weiblichen Figuren
- Die Spannung zwischen Tugend und Leidenschaft
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung
Die Einleitung führt in die Thematik der Weiblichkeitsentwürfe in Lessings Trauerspielen ein und skizziert die Forschungslücke, die diese Arbeit schließen möchte.
Gegenwärtige Forschungspositionen
Dieses Kapitel präsentiert einen Überblick über die aktuelle Lessing-Forschung und beleuchtet verschiedene Interpretationen der Trauerspiele. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Frage, wie die weiblichen Figuren in den Kontext von Tugend und Laster eingeordnet werden und welche Rolle die Spannung zwischen Vernunft und Affekt spielt.
Textanalyse
Die Textanalyse untersucht die weiblichen Figuren in den beiden Trauerspielen. Dabei werden die tugendhaften Töchter Sara Sampson und Emilia Galotti sowie die verlassenen Mätressen Marwood und Gräfin Orsina hinsichtlich ihres Anteils am Konflikt und ihrer Position im Tugend-Laster-Schema beleuchtet.
Vergleich der Weiblichkeitsentwürfe im lessingschen Trauerspiel
Dieses Kapitel vergleicht die verschiedenen Weiblichkeitsentwürfe, die in Lessings Trauerspielen vorkommen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Themen Weiblichkeitsentwürfe, bürgerliches Trauerspiel, Tugend und Laster, Lessing, „Miss Sara Sampson“, „Emilia Galotti“, sprachliche Figurenkonzeption, sozialer Kontext, feministische Literaturwissenschaft.
- Quote paper
- Elvira Graf (Author), 2021, Lessings Weiblichkeitsentwürfe in "Miß Sara Sampson" und "Emilia Galotti". Zwischen Tugend und Leidenschaft, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1318903