Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Definition Sport
2.1 Differenzierung des Leistungssports zum Breitensport
2.2 Der Weg zum NLZ - Sportler
3 Einordnung des Stressbegriffs
3.1 Stress als Risikofaktor
3.1.1 Stress als Einfluss auf die physische Gesundheit
3.1.2 Stress als Einfluss auf die psychische Gesundheit
3.2 Selbstregulation im professionellen Leistungssport
4 Auftreten von Stressoren im Jugendleistungssport
4.1 Auftreten von internen Stressoren im Jugendleistungssport
4.2 Auftreten von externen Stressoren im Jugendleistungssport
5 Auswirkungen von Stress auf die sportliche Leistung
5.1 Im Mikrozyklus
5.2 Im Meso-und Makrozyklus
6 Die Bedeutung von psychischer Regeneration im Leistungssport
7 Zusammenfassung
8 Fazit
Literaturverzeichnis
Danksagung
Ich möchte mich an dieser Stelle ganz herzlich bei allen Menschen bedanken, welche zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen haben.
Ein ganz herzlicher Dank gilt an meinen Dozent Herrn Daniel Stredak, welcher mich im Laufe der Arbeit fachkundig und konstruktiv betreute.
Abschließend bedanke ich mich bei meiner Freundin, welche allzeit Geduld und Motivation besaß, mich stets zu unterstützen und in einer sehr turbulenten Zeit gut durch diese Studienarbeit zu begleiten.
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Die Verteilung der Nachwuchsleistungszentren in Deutschland
Abbildung 2: Talent - Entwicklungspyramide DFL
Abbildung 3: Bewertung von Stress
Abbildung 4: Stress und Lebensalter
Abbildung 5: Komponenten der Selbstregulation
Abbildung 6: Stress im Leistungssport - Clusterübersicht
Abbildung 7: Übersicht Mikro-Meso-Makrozyklus
Abbildung 8: Abnahme der Trainingsleistung beim Burnout - Syndrom.
Abbildung 9: Durchschnittliche Ausfallzeit
Abbildung 10: Übersicht Folgen von Übertraining
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Einleitung
„Das Leben ist ein ständiger Anpassungsprozess an die Umstände, in denen sich Menschen gerade befinden“ (Uchino et al., 2007, S. 608 ff.). Diese stetigen Veränderungen des Alltags als auch im sportlichen Kontext bewirken Stress, welcher sowohl Positiv- als auch Negativeinflüsse generiert (vgl. Schüler, Wegner, Plessner, 2020, S. 582). Themenschwerpunkt der vorliegenden Arbeit ist die thematische Auseinandersetzung mit dem Kontext der Stressbelastung im Kinder- und Jugendfußball im Leistungssport. So sollen Aussagen wie beispielsweise „Sport steigert das [psychische] Wohlbefinden und fördert die Lebensqualität“ (Schüler, Wegner, Plessner, 2020, S. 552), welche mittlerweile evident zu sein scheinen, überprüft werden. Vorab kann bereits gesagt werden, dass sportliche Aktivität, sowohl breitensportlich als auch leistungssportlich, nicht bei jedem Menschen die gleiche Wirkung auf die individuelle psychische Gesundheit hat (vgl. Schüler, Wegner, Plessner, 2020, S. 552). Im Bereich des Leistungssports wird nahezu täglich Sport getrieben, wodurch laut der ersten evidenten Annahme die Leistungssportler ein überdurchschnittlich hohes psychisches Wohlbefinden aufweisen müssten. Im Gegensatz dieser Annahme werden aber auch immer wieder Schlagzeilen laut wie jene, welche die deutsche Fußballwelt am 10. November 2009 erschütterte: Robert Enke, damaliger Nationaltorhüter Deutschlands, beging Nähe seiner Heimatstadt Suizid (vgl. Welt.de, 2009). Er litt unter schweren Depressionen, welche durch private Schicksalsschläge, seine schwere Kindheit sowie durch starken sportlichen Druck ausgelöst wurden (vgl. NDR.de, 2021). Sein Leben wurde, neben persönlich geprägten Ereignissen auch durch den Sport negativ beeinflusst. Die vorliegende Arbeit soll untersuchen, wie bereits im Kinder- und Jugendspitzensport immens große Stressbelastungen, ausgelöst durch beispielsweise Kaderdruck, Elternerwartungen oder durch den persönlichen Ehrgeiz, die psychische Gesundheit beeinträchtigen. Zudem wird die Einflussnahme des psychischen Wohlbefindens in Korrelation mit dem sportlichen Erfolg gesetzt. Im Verlauf der Arbeit wird Erfolg definiert als sportlich beabsichtigte, willkürliche Leistung, welche vollkommende Zufriedenheit erzielt (hat). Aus Gründen des Leseflusses wird ausschließlich das männliche Genus verwendet. Das weibliche und diverse Genus ist gleichermaßen gemeint.
2. Definition Sport
Im Gegensatz zu anderen Begriffen lässt sich der Sportbegriff nicht einheitlich wissenschaftlich definieren. Sport umfasst sowohl körperliche als auch sportliche Aktivitäten. Körperliche Aktivitäten umfassen „... alle Bewegungen, die durch Skelettmuskeln hervorgerufen werden und zur Verausgabung von Energie führen“ (USDHHS, 1996, passim). Dazu zählen sowohl alltagssportliche Aktivitäten wie beispielsweise das tägliche Fahrradfahren zur Arbeit oder das Treppensteigen in den vierten Stock als auch Freizeitaktivitäten (z.B. Gartenarbeit) (vgl. Schüler, Wegner, Plessner, 2020, S. 3f). Im engeren Vergleich sieht der Leistungssport folgende Definition vor: Leistungssport ist eine „... strukturierte körperliche Aktivität, die sich zumeist durch eine [sehr] hohe Intensität kennzeichnet ...“ (Schüler, Wegner, Plessner, 2020, S. 4).
2.1 Differenzierung des Leistungssports zum Breitensport
Anknüpfend an die im vorangegangenen Punkt genannte Definition des Leistungssportes lässt sich enger beschreiben, dass der Leistungssport im Wesentlichen das Ziel verfolgt, hohe Leistungen im Wettkampf zu erreichen. Der Breitensport umfasst hingegen eher sportliche Aktivitäten, welche nicht wettkampforientiert, sondern vielmehr den Spaß in den Vordergrund setzen. Im Zentrum des Vergleichs zwischen Leistungs- und Breitensport steht, dass der Leistungssport einen maßgeblich höheren Trainingsaufwand aufweist (trainingsorientiert) als der Breitensport (Freizeitsport) (vgl. Wormer, 2016, S. 2). Gegenwärtig sei zu erwähnen, dass der Leistungssport sich zentral aus der Masse des Breitensports „ernährt“. Daraus lässt sich schließen, dass sich der „Konkurrenzkampf ‘ bereits an der Basis bildet und im Kader des Leistungssports ausgebaut wird (vgl. Wormer, 2016, S. 3).
2.2 Der Weg zum NLZ - Sportler
Das Akronym „NLZ“ steht sportartunabhängig für den Begriff des „Nachwuchsleistungszentrums“. Der größte Verband in Deutschland ist der Deutsche Fußball - Bund (DFB) mit 7.171.232 Mitgliedern, 127.606 Mannschaften und 24.316 Vereinen (Stand 2021/2022) (vgl. DFB.de, 2022). Insgesamt sind laut der Deutschen Fußball - Liga (DFL) 56 Leistungszentren in Deutschland verteilt, davon jeweils 18 in der 1. und 2. Bundesliga, elf in der 3. Liga und neun in der Regionalliga/Oberliga (vgl. DFL-Leistungszentrum.de, 2022).
Anmerkung der Redaktion:
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1. Die Verteilung der Nachwuchsleistungszentren in Deutschland (Quelle: https://www.leistungszentren.de/)
Dabei durchläuft ein Spieler, meist in sehr jungen Jahren, bereits die Basisförderung. Diese findet meistens in Heimatvereinen oder an Schulen statt. Sollte der Spieler dort überzeugen, wird er in die Talentförderung aufgenommen. Diese findet bereits in Leistungszentren oder Eliteschulen des Fußballs statt. Die zweithöchste Stufe der Talententwicklung stellt die Eliteförderung dar. Diese findet in U-Nationalmannschaften und Leistungszentren, ähnlich wie die höchste Stufe, der Profibereich, statt. Kommen die Spieler an der Spitze der Pyramide an, befinden sie sich meist bereits in der deutschen Fußballbundesliga (vgl. DFL-Leistungszentren.de, 2022).
Anmerkung der Redaktion:
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2. Talent - Entwicklungspyramide DFL (Quelle: https://www.leistungszentren.de/)
Einordnung des Stressbegriffs
Eine Schülerumfrage aus dem Jahr 2009 ergab, dass nahezu 85% der Schüler und Schülerinnen in den letzten 90 Tagen Stress hatten (vgl. AP, 2009, passim). Eine weitere Umfrage ergab, dass 18% der Männer und 39% der Frauen häufig überfordert sind von Aufgaben in ihrem Leben (vgl. Pryor et al., 2010, passim). Zu erkennen ist, dass sowohl junge als auch ältere Menschen beiden Geschlechts Stressbelastungen ausgesetzt sind. Dabei ist zu verstehen, dass Stress stets spontan und ohne Vorwarnung auftreten kann, jedoch keine einheitliche wissenschaftliche Definition vorliegt. Der Autor der vorliegenden Arbeit definiert Stress nach Myers wie folgt: „Prozess, durch den wir bestimmte Ereignisse (Stressoren) wahrnehmen und darauf reagieren. Stressoren können [dabei] als Bedrohung oder als Herausforderung bewertet werden“ (Myers, 2014, S. 525). Der individuelle Stress kommt demnach nicht durch das Auftreten des Ereignisses, sondern durch die Bewertung des Ereignisses (vgl. Myers, 2014, S. 525f.). Aus sportlicher Sicht kann dabei das Beispiel angeführt werden, dass Spieler X den Gang in ein Stadion mit 70.000 Zuschauern als Herausforderung sieht, Spieler Y hingegen sieht dabei das erhöhte Risiko des Scheiterns. Aus biomedizinischer Sicht kann davon ausgegangen werden, dass eine kurz anhaltende Stressbelastung, welche als Herausforderung (Sicht Spieler X) angesehen wird, sich positiv auswirken kann. So wird beispielsweise das Immunsystem aktiviert und eine bessere Schmerztoleranz erreicht (vgl. Segerstrom, 2007, S. 326ff.). Blascovich fand heraus, dass Hochleistungssportler jeden Alters geradezu aufblühen, wenn sie unter Stressbelastungen stehen. Sie sind motivierter und erregter, Spitzenleistungen abzurufen (vgl. Blascovich et al., 2004, S. 683ff.).
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3. Bewertung von Stress (Eigene Darstellung, in Anlehnung an Myers, 2014, S. 526)
3.1 Stress als Risikofaktor
„Starker und langanhaltender Stress kann sich schädlich auswirken“ (Myers, 2014, S. 526). Eine Untersuchung ergab, dass Menschen, welche mindestens einmal ihren Job verloren haben, ein erhöhtes Risiko für letale kardiovaskuläre Erkrankungen, beispielsweise einen Herzinfarkt, aufweisen (vgl. Sullivan, Von Wächter, 2009, S. 1265ff.). Es wurde demnach nachgewiesen, dass zwischen Körper und Geist eine Wechselbeziehung besteht. Dabei wird unter drei wesentlichen Stressoren unterschieden: Katastrophen, bedeutsame Veränderungen im eigenen Leben und Ärger im Alltag (daily hassles) (vgl. Myers, 2014, S. 526). Neben den Katastrophen (beispielsweise Krieg oder Naturereignisse (Erdbeben)) spielen sowohl Veränderungen im eigenen Leben (Schwangerschaft, Tod einer nahstehenden Person) als auch daily hassles (Ärger mit Vorgesetzten, Veränderung der finanziellen Situation) eine wesentliche Rolle (vgl. Gerrig, Dörfler, Roos, 2018, S. 477). Veränderungen im eigenen Leben werden dabei oft sehr intensiv wahrgenommen. Psychologen fanden dabei heraus, dass der alltägliche Stress im jungen Erwachsenenalter besonders hoch ist (vgl. Myers, 2014, S. 526f.).
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4. Stress und Lebensalter (Quelle: Newport, Pelham, 2009, passim)
In der vierten Abbildung kann erkannt werden, dass der Anteil von Stressbelastungen unabhängig vom Lebensalter tendenziell höher bei Frauen als bei Männern ausfällt. Die Abbildung ist sowohl gültig für den alltäglichen Stress als auch für den Stress, welcher im Hochleistungssport existent ist. Die Wechselwirkung zwischen wahrgenommenen Stress und körperlicher beziehungsweise seelischer Gesundheit wird insbesondere belastet, wenn mehrere Krisen gleichzeitig erlebt werden (Beispiel: Sportlicher Ehrgeiz (Druck) kumuliert mit Druck des Trainers) (vgl. Myers, 2014, S. 527). Im folgenden Teil der Arbeit wird die Beeinflussung von Stress auf die physische und auf die psychische Gesundheit untersucht.
3.1.1 Stress als Einfluss auf die physische Gesundheit
„Stress kann zu erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen“ (Schüler, Wegner, Plessner, 2020, S. 588). Inwiefern die Stressbelastung auf die physische Gesundheit niederschlägt beziehungsweise krankheitsfördernd ist, hängt von zwei zentralen Faktoren ab. Zum einen von der individuellen Stärke des Stressors als auch von der individuellen Vulnerabilität (Anfälligkeit) für Stress (vgl. Hoyer, Knappe, 2020, S. 322). Gerber und Schilling wiesen 2018 nach, dass eine Stressbelastung im sportlichen Kontext Einfluss nehmen kann auf Folgekrankheiten wie beispielsweise Krebserkrankungen, Infektionskrankheiten, gastrointestinale (Magen - Darm - Trakt betreffend) Krankheiten oder chronischen Kopfschmerzen (vgl. Gerber, Schilling, 2018, S. 93ff.). Eine Metaanalyse zeigte auf, dass gestresste Leistungssportler ein mehr als 40% angestiegenes Risiko aufzeigen, im Verlauf des Lebens an einer kardiovaskulären Krankheit zu erkranken (vgl. Kivimäki et al., 2006, S. 982ff.). Zudem zeigt eine stetige Stressbelastung das gleich hohe Risiko für einen Herz- oder Hirninfarkt auf wie die etablierten Risikofaktoren (z.B. Rauchen, Diabetes, familiäre Vorbelastung) (vgl. Yusuf et al., 2004, S. 97ff.).
3.1.2 Stress als Einfluss auf die psychische Gesundheit
Neben den Stressbeeinträchtigungen auf physiologischer Ebene weist Stress auch einen engen Bezug in der psychologischen Ebene auf (vgl. Kessing, Agerbro, Mortensen, 2003, S. 1177ff.). Ein wesentlicher Unterschied zwischen der physiologischen und der psychologischen Ebene besteht darin, dass im Gegensatz zur physiologischen Ebene spontane und unkontrollierbare Stressbelastungen deutlich stärkere Folgen auf das Wohlbefinden haben (vgl. Schüler, Wegner, Plessner, 2020, S. 590). Exemplarisch kann Bezug auf den Zusammenhang zwischen Disstress (negativer Stress) und Depressionen eingegangen werden. Erstmalig auftretende depressive Episoden sind maßgeblich an das Vorhandensein von Stresssituationen im Leben (oder in daily hassles - Phasen) gekoppelt (vgl. Paykel, 2001, S. 4ff.). Die Psychologin Siegrist untersuchte im Jahr 2008, dass Personen mit temporär langfristigen hohen Stressbelastungen ein um 80% erhöhtes Risiko hatten, während der „Follow - Up - Phasen“ (Phasen, in denen die Stressbelastung exorbitant ansteigt) eine depressive Störung zu entwickeln (vgl. Siegrist, 2008, S. 115ff.).
3.2 Selbstregulation im professionellen Leistungssport
Die Selbstregulation beschreibt die Fähigkeit, Stress und (daraus) entstehende Emotionen kontrollieren zu können und kontextbezogen individuell richtig zu reagieren. Je höher die Fähigkeit der Selbstregulation ausgeprägt ist, desto höher ist die emotionale Intelligenz des Sportlers (vgl. Brasseur et al., 2013, S. 1ff.). Ein bekannter Sportler, welcher keine hohe Ausprägung der Selbstregulation aufweist, ist Képler Laveran Lima Ferreira, besser bekannt als Pepe. Der damalige Spieler, unter anderem bei Real Madrid als auch portugiesische Nationalspieler, schadete wiederholt seiner Mannschaft, da er Gegenspieler unter enormen Stresssituationen boxte, mehrfach auf Gegner eintrat oder „Kopfnüsse“ verteilte (vgl. Laborde et al., 2017, S. 22). Da dieses Verhalten auf und neben dem Wettkampf für die eigene Person, jedoch auch für die Mannschaft, schädigend ist, benötigt es ein möglichst hohes Maß an Regulation des Selbst. Karoly versteht unter dieser Regulation im (Jugend-) Sport internale oder transaktionale Prozesse, die Sportlern ermöglichen, ihre gewünschten zielgerichteten Handlungen zu verfolgen. So sollen spontane Reaktionen vermieden werden und durch absichtsvolle Mechanismen und Fertigkeiten ersetzt werden (vgl. Karoly, 1993, S. 23ff.). Folglich sollen demnach die eigenen Emotionen und das eigene Handeln auf dem Sportplatz, im Training oder im Wettkampf in einem gewissen Maße kontrolliert und beherrscht werden können (vgl. Laborde et al., 2017, S. 22). Den stetig wiederholten Aussetzern von Pepe, welche viele Platzverweise nach sich zogen, hätte eine trainierte Selbstreflektion Schutz, sowohl gegenüber den Gegnern, der eigenen Person und der Mannschaft, gebieten können. Emotionen können maßgeblich in zwei Richtungen „gelenkt“, also reguliert, werden. Sowohl können negative Emotionen, wie beispielsweise Wut oder Hass, unterdrückt werden (vgl. Laborde, 2017, S. 23). Dies wäre bei dem Fallbeispiel des portugiesischen Nationalspielers Pepe ratsam, da er Fehlentscheidungen aufgrund seiner negativen Emotionen traf. Andererseits können neben den auftretenden negativen Emotionen positive Gefühle (Emotionen) verstärkt werden und somit eine bessere Leistung generiert werden. Dies trifft zum Beispiel dann zu, wenn eine Person lustlos oder gelangweilt trainiert. Mit der richtigen Intervention, beispielsweise positiven Selbstgesprächen, kann die Hürde der Unlust überwunden werden (vgl. Laborde, 2017, S. 23). Neben den zwei Lenkungen der Emotionen bestimmt desgleichen die Fähigkeit, eine (emotionale) Handlung aufrechtzuerhalten, die sportliche Leistung (vgl. Kuhl, Kazén, Koole, 2006, S. 408ff.).
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5. Komponenten der Selbstregulation (Eigene Darstellung, in Anlehnung an Schüler, Wegner, Plessner, 2020, S. 447)
4 Auftreten von Stresssituationen im Jugendleistungssport
Anfänglich ist es wichtig zu erwähnen, dass Kinder und Jugendliche im Leistungssport unterschiedlichen Leistungsmotivationen unterliegen. Diese Leistungsmotivationen können nur individuell differenziert werden. So wird unterschieden in erfolgsmotivierte und misserfolgsorientierte Kinder und Jugendliche. Erfolgsorientierte Sportler sind stets bestrebt, trotz Misserfolge, unbewältigte Aufgaben zu überwinden. Misserfolgsorientierte Menschen wollen Misserfolge gar nicht erst entstehen lassen und wählen zwischen Aufgaben nur jene, welche sicher bewältigt werden können (vgl. Oerter, 1998, S. 70). Misserfolgsorientierte Kinder und Jugendliche weisen eine deutlich höhere Stressanfälligkeit auf als Kinder, welche mit Misserfolgen umgehen können und diese als Herausforderung ansehen. Darüber hinaus erfolgt eine Trennung zwischen aufgaben- und leistungsorientierten Kindern und Jugendlichen. Dabei sehen Sportler Aufgaben, welche erledigt werden müssen, als vornehmlich wichtiger an als die Leistung, welche daraus erzeugt wird. Feststellen lässt sich, dass aufgabenorientierte Athleten wesentlich bessere Chancen im Leistungssport aufweisen (vgl. Oerter, 1998, S. 70). Leistungsorientierte Kinder und Jugendliche legen den Fokus maßgebend auf das zu erwartende externe Feedback als auf die Leistung, welche zum Erfolg führen kann. Demnach sind diese Sportler höchst stress- und belastungsanfällig. Die folgende Grafik zeigt auf, welche vielgestaltigen Einwirkungen auf die Stressbelastung im Leistungssport existieren. Dabei ist die Grafik von innen (Stress im Leistungssport) nach außen zu lesen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
6. Stress im Leistungssport - Clusterübersicht (Eigene Darstellung)
Umgangssprachlich können Stressauslöser, demnach Stressoren, aus unterschiedlichen Dimensionen entstammen und je nach Art und Intensität Eustress (positiver Stress) als auch Disstress (negativer Stress) auslösen. Im Jugendleistungssport spielt der Faktor der „Elternbegleiterrolle“ (umfasst sowohl Eltern, Großeltern etc.) einen wesentlichen Auslöser für Stress. Eltern haben Erwartungen, zum Beispiel, dass das Kind im Fußball ein Tor schießt oder sind dann besonders stolz, wenn das Kind eine richtige Entscheidung im Wettkampf trifft. Jean - Jacques Rousseau sagte bereits 1762 zu der Eltern - Kind - Erwartung: „Du bist mein Glück, mein Kind, mein Werk; von deinem Glück erwarte ich mein eigenes; täuschst du meine Hoffnung, so stiehlst du mir zwanzig Jahre meines Lebens und bist das Unglück meiner alten Tage“ (zitiert nach o.V., 2019, S. 5). Auf diese Faktoren reagieren Kinder ganz unterschiedlich. Aufgabenorientierte Sportler sehen sich dieser Aufgabe gewappnet und fokussieren ihr ganzes Können auf diese Aufgabe, wobei leistungsorientierte Sportler es den Eltern recht machen wollen und demnach ihr Fokus auf den Eltern liegt. Im Verlauf der vorliegenden Arbeit werden die diversen Stressoren verortet und nach internen, demnach den Sportler betreffend, und externen, demnach durch die Umwelt einfließende, Stressoren geordnet. Exemplarisch werden Beispiele aus unterschiedlichen Sportarten gegeben.
4.1 Auftreten von internen Stressoren im Jugendleistungssport
In der sechsten Abbildung ist ein zentraler Punkt angegeben, der einer der größten Stres- soren abbildet: das Selbst. Der Sportler stellt an sich mehrere Etappen beziehungsweise Herausforderungen im Wettkampf oder im Training. So kann beispielsweise der Fußballstürmer im Wettkampf das Ziel haben, mindestens 30 Tore über die B-Jugend-Saison verteilt zu erzielen. Ein anderer Stürmer, der zweitklassig spielt, kann jedoch das Ziel vor Augen haben, 15 Tore pro Landesliga-Saison zu erzielen. Wer die größeren Erwartungen an sich hat, ist individuell nicht einschätzbar. Es kommt sowohl auf die eingangs erwähnte Leistungsmotivation an als auch auf die individuelle Belastungsschwelle. Ein aufgabenorientierter Stürmer wird sich das Ziel fest anstecken und versuchen, sein Ziel maßgebend zu erreichen, ohne den Stressor der Außenwirkung (z.B. Medien) mit einzubeziehen. Der leistungsorientierte Stürmer hingegen wird sich die Außenwirkung sehr zu Nutze machen, um beispielsweise seine Motivation hoch zu halten oder positives Feedback zu erlangen. Nachteilig bewirkt es jedoch, dass negatives Feedback oft zu Stress und einer chronischen Belastung führen kann, welche dann mit Leistungsabfall einhergeht. Neben den Erwartungen spielt auch der Faktor „Stolz“ eine entscheidende Rolle. Der Selbststolz einer Person umfasst sein Selbstwertgefühl. Mit zunehmendem Alter kann es jedoch dazu kommen, dass aus dem gesunden Stolz ein krankhaftes Selbstwertgefühl entsteht, welches in der Regel einen Negativeinfluss generiert (vgl. Oerter, 1998, S. 71). Es ist anzusehen, dass Stress neben der physischen und psychischen Einwirkung auch eine Einflussnahme auf das Selbst einer Person hat.
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