Die im 11. und 12. Jahrhundert einsetzende Urbanisierung im deutschen Raum sowie das nach den Pestepidemien erneute Bevölkerungswachstum ab der Mitte des 15. Jahrhunderts und die damit verbundene Agglomeration einer steigenden Einwohnerzahl auf einem eng begrenzten Gebiet führten folglich zu einem eklatanten Entsorgungsproblem von Siedlungs- und Gewerbeabfällen jeglicher Art, da es noch an einem durchgängig strukturierten System zur Beseitigung derartiger Stoffe mangelte. Aufgrund dessen wurde der Unrat häufig auch auf den Straßen entsorgt, was ein legislatives Einschreiten des Rates im Sinne der städtischen Hygiene und Sauberkeit erforderlich machte. Denn bereits im Mittelalter lässt sich ein Bewusstsein für die gesundheitsbeeinträchtigende Kausalwirkung einer schmutzigen Umwelt nachweisen, boten doch die auf den Straßen entsorgten Fäkalien einen idealen Nährboden für epidemische Infektionskrankheiten, die „das wesentliche Bevölkerungsregulativ des Mittelalters [..] waren“. Eine gepflegte und intakte städtische Umwelt wurde aber nicht nur aus Gründen der Gesundheit angestrebt, sondern auch ein inhärentes Bedürfnis nach Sauberkeit und Wille zur Repräsentation bildeten hierfür Faktoren.
Im ersten Komplex der Arbeit soll zunächst der Zustand der innerstädtischen Verkehrswege thematisiert werden. Dafür werden einige narrative Quellen gegenübergestellt, anhand deren diametraler Aussagen die Schwierigkeit einer möglichst objektiven Bewertung der Sauberkeit in den mittelalterlichen Städten ersichtlich wird. Anschließend werden die maßgeblichen Ursachen für die verschmutzten Straßen dargestellt, bezüglich deren sich für die Obrigkeit die Notwendigkeit ergab regulierend einzugreifen. Im zweiten Komplex stehen jene administrative Maßnahmen im Zentrum des Interesses, die zur Lösung der Entsorgungsschwierigkeiten beitragen sollten. Darauf folgend soll versucht werden, die Wirksamkeit dieser Bemühungen zu rekonstruieren – was allerdings angesichts der nicht widerspruchsfreien Quellen und der sich daraus ergebenden antagonistischen Interpretation seitens der Forschung nicht monovalent möglich ist. Eben jene Forschungskontroverse bezüglich der Bewertung des Sauberkeitszustandes in den deutschen Städten des Spätmittelalters wird unter Punkt vier ausführlicher aufgezeigt werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Der Zustand der Straßen in den spätmittelalterlichen Städten
- Zeitgenössische Beschreibungen des innerstädtischen Straßenwesens – ein ambivalentes Bild
- Würdigung der Sauberkeit der mittelalterlichen Straßen
- Klagen über verschmutzte Straßen
- Ursachen für die verunreinigten Straßen
- Private Unratsbeseitigung der Bürger auf den Straßen
- Innerstädtische Schweinehaltung
- Zeitgenössische Beschreibungen des innerstädtischen Straßenwesens – ein ambivalentes Bild
- Administrative Maßnahmen zur Problemlösung
- Verordnungen zur Verpflichtung der Bürgerschaft
- Aufforderung zur Straßenreinigung
- Verbot der Unratsbeseitigung auf den Straßen
- Bestimmungen zur Schweinehaltung
- Institutionalisierung des Reinigungswesens
- Straßenpflasterung
- Wirksamkeit der Maßnahmen
- Verordnungen zur Verpflichtung der Bürgerschaft
- Die öffentliche Hygiene in den spätmittelalterlichen Städten – Zur Diskussion einer Forschungskontroverse
- Fazit
- Quellen
- Forschungsliteratur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit der Straßenreinigung in den deutschen Städten des Spätmittelalters. Sie analysiert die Ursachen für die Verschmutzung der Straßen, die Maßnahmen zur Problemlösung und die Wirksamkeit dieser Maßnahmen. Die Arbeit untersucht die Forschungskontroverse bezüglich der Bewertung des Sauberkeitszustandes in den deutschen Städten des Spätmittelalters.
- Zustand der Straßen in den spätmittelalterlichen Städten
- Ursachen für die Verschmutzung der Straßen
- Administrative Maßnahmen zur Problemlösung
- Wirksamkeit der Maßnahmen
- Forschungskontroverse bezüglich der Bewertung des Sauberkeitszustandes
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel beleuchtet den Zustand der Straßen in den spätmittelalterlichen Städten. Es werden zeitgenössische Beschreibungen des innerstädtischen Straßenwesens gegenübergestellt, um die Schwierigkeit einer objektiven Bewertung der Sauberkeit zu verdeutlichen. Anschließend werden die Ursachen für die verunreinigten Straßen dargestellt, nämlich die Entsorgung von Abfällen durch die Bürger auf den Straßen sowie die innerstädtische Viehhaltung.
Das zweite Kapitel widmet sich den administrativen Maßnahmen zur Problemlösung. Es werden Verordnungen zur Verpflichtung der Bürgerschaft zur Straßenreinigung, Bestimmungen zur Viehzucht sowie eigene kommunale Tätigkeiten hinsichtlich der Beauftragung von Personal zur Säuberung, Pflasterung und Instandhaltung der Verkehrswege vorgestellt. Abschließend wird versucht, die Wirksamkeit dieser Bemühungen zu rekonstruieren.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Straßenreinigung, die städtische Hygiene, die Umweltgeschichte, das Spätmittelalter, die deutschen Städte, die Ursachen für die Verschmutzung der Straßen, die administrativen Maßnahmen zur Problemlösung, die Wirksamkeit der Maßnahmen und die Forschungskontroverse bezüglich der Bewertung des Sauberkeitszustandes.
- Quote paper
- Anja Großmann (Author), 2008, Straßenreinigung in den deutschen Städten des Spätmittelalters, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/131954