In dieser Arbeit soll aufgewiesen werden, in welcher mentalitätsgeschichtlichen und kulturhistorischen Lage sich Spanien dieser Zeit befand, um dessen Werk eine gerechte Interpretation beimessen zu können, da nur so der wahre Stellenwert seiner außergewöhnlichen Persönlichkeit als Dichter begriffen werden kann.
Die Beschäftigung mit Miguel de Cervantes Saavedra und dessen Werk bedarf keinerlei Rechtfertigung, wenn man bedenkt, welch gewaltigen Anklang dieser sowohl bei Zeitgenossen als auch bei vielen Intellektuellen nach seiner Zeit fand. Thomas Mann schrieb in seinem Essay „Meerfahrt mit Don Quijote“ über dessen Hauptwerk: „Der Don Quijote ist ein Weltbuch, - für eine Weltreise ist das gerade das Rechte. Es war ein kühnes Abenteuer, ihn zu schreiben, und das rezeptive Abenteuer, das es bedeutet, ihn zu lesen, ist den Umständen ebenbürtig.“ Schon bei dieser Eloge Manns auf das ingenium Cervantes‘ lässt sich sehen, dass im Laufe der Rezeptionsgeschichte seiner Person immer mehr Ehre zu Teil wird. Dies gipfelt 2002 in der vom Osloer Nobelkomitee organisierten Wahl des „El ingenioso hidalgo Don Quixote de la Mancha“ zum besten Buch der Welt, bei der 100 renommierte Schriftsteller votierten. Cervantes Ingeniösität wird auch an dem seinerseits aufgebrachten ironischen Paradox des Don Quijote unverkennbar: „ Ein Paradox besteht nun darin, daß ein Buch, das sich gegen den verhängnisvollen literarischen Einfluss wendet, so viel Einfluss ausgeübt hat.“
Dieser Stellenwert ist aber keine Selbstverständlichkeit für einen Spanier seiner Epoche, noch waren die damaligen epochalen Umstände förderlich für seine positive Rezeption, da er gegen den Strom der eigenen Epoche schwimmend, sich zunächst einmal von der allgemeinen europaweiten mit Vorurteilen überladenen Auffassung über Spanien, die später als „leyenda negra“ gebrannt markt werden sollte, abheben musste. So ist es gerade Cervantes, der als fortlebender Humanist seiner Zeit, mit seinem Werk ein „Symbol für das Menschsein“ schuf, wobei er den Schaffungstrieb in der inneren Zerrissenheit begründet sieht, dass die nüchterne Realität nach und nach „die Ideen des Guten und Wahren“ verdrängte. Die Kenntnisnahme dieser neuartigen, säkularen Welt schmerzt ihn sehr und er trauert in seinen Werken, vor allem in seinem letzten Werk „Mühen und Leiden von Persiles und Segismunda“ um die verlorene Multikulturalität Spaniens, die der iberischen Halbinsel einst zu einer intellektuellen Blüte verholfen hatte.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Lage in Spanien - Konstruktion einer „leyenda negra“
- 3. Der Stellenwert des Miguel de Cervantes
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht den Stellenwert des spanischen Dichters Miguel de Cervantes im Kontext der spanischen Geschichte und Kultur. Ziel ist es, Cervantes' Werk vor dem Hintergrund der "Leyenda Negra", dem negativen Bild Spaniens in Europa, zu interpretieren und seinen außergewöhnlichen Einfluss auf die Literatur zu beleuchten.
- Die "Leyenda Negra" und ihre historischen Wurzeln
- Die gesellschaftliche und kulturelle Lage Spaniens zur Zeit Cervantes'
- Cervantes' Werk als Ausdruck seiner Zeit und seiner Persönlichkeit
- Die Rezeptionsgeschichte von Cervantes' Werk in Spanien und Europa
- Cervantes als humanistischer Gegenpol zur "Leyenda Negra"
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung hebt die immense Bedeutung des Werks von Miguel de Cervantes hervor und verweist auf Elogen wie die von Thomas Mann. Sie betont die zunehmende Wertschätzung Cervantes' im Laufe der Rezeptionsgeschichte, kulminierend in der Wahl seines Don Quijote zum besten Buch der Welt im Jahr 2002. Die Einleitung stellt die "Leyenda Negra", das negative Bild Spaniens, als Kontext für Cervantes' Werk dar und kündigt die Absicht an, Cervantes' Position innerhalb dieser geschichtlichen und kulturellen Lage zu untersuchen, um seinen wahren Stellenwert als Dichter zu erfassen. Cervantes wird als fortlebender Humanist seiner Zeit präsentiert, dessen Werk ein "Symbol für das Menschsein" darstellt, geprägt von der Trauer über den Verlust der spanischen Multikulturalität.
2. Lage in Spanien - Konstruktion einer „leyenda negra“: Dieses Kapitel beleuchtet die historische Konstruktion der "Leyenda Negra", des negativen Stereotyps Spaniens in Europa. Es beginnt mit der Definition des Begriffs und untersucht dessen historische Ursachen, beginnend mit der "Sizilianischen Vesper" und der darauf folgenden Expansionspolitik Aragons. Der Machtzugewinn Spaniens im 16. Jahrhundert, verbunden mit der spanischen Inquisition und den brutalen Maßnahmen in Mittel- und Südamerika, trug maßgeblich zur Verbreitung des negativen Bildes bei. Das Kapitel analysiert die Rolle von Übertreibungen und Auslassungen in der damaligen Medienlandschaft, die zur Verstärkung der "Leyenda Negra" beitrugen und zitiert hierfür die Schrift „Wessen man sich gegen Spanien versehen soll“ von Theophilus Wahrmundt von Todtenheim. Es wird zudem die Diffamierung der spanischen Sprache selbst als Teil dieser Kampagne dargestellt, im Gegensatz zur späteren „leyenda blanca“, die die negativen Aspekte einfach umkehrte. Die Rezeption Friedrich Schlegels, der den Wohlklang und die Feinfühligkeit der spanischen Sprache hervorhob, wird als Beispiel für eine positive Gegenreaktion erwähnt.
3. Der Stellenwert des Miguel de Cervantes: Dieses Kapitel kündigt eine Untersuchung der Rezeptionsgeschichte von Cervantes an, sowohl im spanischsprachigen Raum als auch im europäischen Ausland. Es deutet an, dass die Analyse der Rezeption Cervantes' entscheidend ist, um seinen wahren Stellenwert als Dichter zu verstehen und ihn in den Kontext der vorherigen Kapitel einzubetten, insbesondere im Verhältnis zur "Leyenda Negra". Der Fokus liegt auf dem Verständnis der vielschichtigen Rezeption und wie diese die Wertschätzung des Werkes über die Jahrhunderte beeinflusst hat. Das Kapitel verspricht einen Einblick in die verschiedenen Perspektiven auf Cervantes und sein Werk, welche im weiteren Verlauf des gesamten Textes detailliert behandelt werden.
Schlüsselwörter
Miguel de Cervantes, Don Quijote, Leyenda Negra, Spanien, Kulturgeschichte, Mentalitätsgeschichte, Rezeptionsgeschichte, Humanismus, spanische Literatur, spanische Sprache, Europa.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Analyse des Stellenwerts von Miguel de Cervantes im Kontext der „Leyenda Negra“
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit untersucht den Stellenwert des spanischen Dichters Miguel de Cervantes im Kontext der spanischen Geschichte und Kultur, insbesondere in Bezug auf die "Leyenda Negra", das negative Bild Spaniens in Europa. Ziel ist die Interpretation von Cervantes' Werk vor diesem Hintergrund und die Beleuchtung seines Einflusses auf die Literatur.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt die "Leyenda Negra" und ihre historischen Wurzeln, die gesellschaftliche und kulturelle Lage Spaniens zur Zeit Cervantes', Cervantes' Werk als Ausdruck seiner Zeit und Persönlichkeit, die Rezeptionsgeschichte seines Werks in Spanien und Europa, und Cervantes als humanistischen Gegenpol zur "Leyenda Negra".
Welche Kapitel umfasst die Arbeit und worum geht es in jedem Kapitel?
Kapitel 1 (Einleitung): Hervorhebung der Bedeutung von Cervantes' Werk, Einführung der "Leyenda Negra" als Kontext und Ankündigung der Untersuchung von Cervantes' Position innerhalb dieser Lage. Cervantes wird als fortlebender Humanist präsentiert, dessen Werk ein "Symbol für das Menschsein" darstellt.
Kapitel 2 (Lage in Spanien - Konstruktion einer „leyenda negra“): Analyse der historischen Konstruktion der "Leyenda Negra", Untersuchung der historischen Ursachen (z.B. Sizilianische Vesper, spanische Inquisition), Rolle von Übertreibungen und Auslassungen in der damaligen Medienlandschaft und die Diffamierung der spanischen Sprache. Die Rezeption Friedrich Schlegels wird als positives Gegenbeispiel erwähnt.
Kapitel 3 (Der Stellenwert des Miguel de Cervantes): Untersuchung der Rezeptionsgeschichte von Cervantes' Werk im spanischsprachigen Raum und im europäischen Ausland. Analyse der Rezeption als entscheidend für das Verständnis seines wahren Stellenwerts im Kontext der "Leyenda Negra".
Welche Schlüsselwörter sind relevant für diese Arbeit?
Miguel de Cervantes, Don Quijote, Leyenda Negra, Spanien, Kulturgeschichte, Mentalitätsgeschichte, Rezeptionsgeschichte, Humanismus, spanische Literatur, spanische Sprache, Europa.
Welche Ziele verfolgt die Arbeit?
Die Arbeit zielt darauf ab, Cervantes' Werk vor dem Hintergrund der "Leyenda Negra" zu interpretieren und seinen außergewöhnlichen Einfluss auf die Literatur zu beleuchten. Sie möchte seinen wahren Stellenwert als Dichter erfassen und ihn als humanistischen Gegenpol zur "Leyenda Negra" präsentieren.
Wie wird die Bedeutung von Cervantes' Werk dargestellt?
Die Arbeit betont die immense Bedeutung von Cervantes' Werk, verweist auf Elogen wie die von Thomas Mann und die Wahl seines Don Quijote zum besten Buch der Welt im Jahr 2002. Sie zeigt die zunehmende Wertschätzung Cervantes' im Laufe der Rezeptionsgeschichte.
Wie wird die "Leyenda Negra" in der Arbeit behandelt?
Die "Leyenda Negra" wird als historisch konstruiertes negatives Bild Spaniens in Europa dargestellt und als wichtiger Kontext für das Verständnis von Cervantes' Werk und seiner Rezeption analysiert. Die Arbeit untersucht die historischen Ursachen und die Rolle von Übertreibungen und Auslassungen in der Verbreitung dieses negativen Bildes.
- Arbeit zitieren
- Fred Benthien (Autor:in), 2019, Der Stellenwert des Miguel de Cervantes Saavedra, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1323583