Rückenschulung beim Reiten


Seminararbeit, 2002

27 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Die Dressur des Pferdes
2.1 Die Anatomie des Pferdes
2.2 Das Pferd im Reitsport

3 Der Mensch als Reiter
3.1 Oberkörper und Kopf als Stabilisierungszentrum
3.1.1 Anatomie
3.1.2 Zusammenspiel der Körperteile
3.1.3 Ideale Haltung auf dem Pferd – In Dressur- und leichtem Sitz
3.1.4 Balance in der Pferdebewegung
3.2 Das Becken als Bewegungszentrum
3.2.1 Anatomie
3.2.2 Zusammenspiel der Körperteile
3.2.3 Ideale Haltung auf dem Pferd
3.2.4 Balance in der Pferdebewegung
3.3 Schultergürtel und Hände als Unabhängigkeitszentrum
3.3.1 Anatomie
3.3.2 Zusammenspiel der Körperteile
3.3.3 Ideale Haltung auf dem Pferd
3.3.4 Balance der Einwirkung
3.4 Beine als Zentrum des Gleichgewichts und der Losgelassenheit
3.4.1 Anatomie
3.4.2 Zusammenspiel der Körperteile
3.4.3 Ideale Haltung auf dem Pferd
3.4.4 Gefühlsbalance in der Pferdebewegung

4 Bewegungen des Menschen und Anwendung beim Reiten
4.1 Therapeutisches Reiten
4.2 Transfer auf Alltagssituationen
4.2.1 Sitzen
4.2.2 Stehen
4.2.3 Gehen
4.2.4 Heben und Tragen

5 Zusammenfassung

6 Zitate
6.1 Reiten nach Dr. med. Klaus-Dieter Thomann (S.153-154)
6.2 Reiten nach Andrea Ernst. (S.66)

7 Abbildungsverzeichnis

8 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

„Die Kunst des Reitens besteht darin, die Schwerkraftlinie des Pferdes mit der des Reiters in eine gemeinsame Senkrechte zu bringen."

Du Paty (1769), Musketier beim französischen König

Der Reitsport hat seinen Reiz vor Allem in der Tatsache, dass er aus der Kombination von zwei Lebewesen besteht, von denen jeder für sich körperliche Leistungen bringen muss. Nur wer dieses Zusammenspiel der verschiedenen, zum Teil sehr defizilen Bewegungen des Reiters und den kräftigen, majestätischen Bewegungsabläufen des Pferdes beherrscht, kann das faszinierende am Reitsport verstehen und erleben. Bei der Betrachtung der Rückenschulung beim Reiten aus biomechanischer und motorischer Sicht, wird sowohl der Pferderücken wie auch der Reiterrücken betrachtet werden.

In dieser Arbeit soll es nicht darum gehen, neue oder alternative Lehren zu konzipieren. Vielmehr liegt der Schwerpunkt dieser Arbeit darin, die von der Natur vorgegebene Anatomie und Biomechanik, gekoppelt mit der traditionellen Reitlehre, die schon im 17. -19. Jahrhundert ihren Ursprung fand (SCHULTE, BEATRIX) dahingehend zu nutzen, dass funktionelle Zusammenhänge und spezifische Möglichkeiten der osteopathischen Behandlung bei Reiter und Pferd aufbereitet werden.

Zu Beginn der Arbeit wird zunächst beschrieben werden, wofür das Dressurreiten dient und welche Lernziele für den Sportpartner Pferd damit verbunden sind.

Nach einer Einführung in die Anatomie des Pferdes mit einem Vergleich zum menschlichen Skelett, wird die Erläuterung der Bemuskelung des Pferdes dabei helfen, Grundzusammenhänge der traditionellen Reitlehre zu verstehen. Es wird schon in der Literaturrecherche deutlich, welche bedeutende Rolle die Wirbelsäule des Pferdes sowie die Verlagerung des Körperschwerpunktes des Pferdes beim Reiten spielt.

In gleicher Weise wird im Anschluss die menschliche Wirbelsäule unter dem Gesichtspunkt betrachtet werden, welche Rolle sie beim Reiten hat und welche Vor- und Nachteile sich aus dem Reitsport für die Wirbelsäule des Reiters ergeben.

2 Die Dressur des Pferdes

Das Wort ‚Dressur’ beinhaltet einen negativ geprägten Begriff, nämlich den des ‚Dressierens’. Das Dressieren hat inzwischen einen sehr fraglichen Ruf in der Zeit der modernen Pädagogik. Es stellt sich daher die Frage, warum eine Dressur im alten Sinne bei den Pferden noch immer betrieben wird. In der Bevölkerung wird des öfteren davon gesprochen, dass Pferde dressiert werden, damit sie bestimmte Lektionen abspulen um Turnierrichter oder unbedarfte Zuschauer zu beeindrucken. Nach dieser Interpretation sind alle Übungen nur Zirkuskunststückchen, vergleichbar mit dem Durchspringen eines brennenden Reifens. (GRIFFITHS, SIAN)

Im Reitsport hingegen wird mit der Pferdedressur eigentlich etwas ganz anderes bezweckt, nämlich die gymnastizierende Arbeit des Pferdes. Das Pferd ist von der Natur nicht als Reittier vorgesehen worden. Zwar haben Menschen im Laufe der Geschichte das Pferd nach ihren Ansprüchen als Reit- und Fahrpferd gezüchtet, dennoch ist das Pferd von seinem Rücken und seiner Anatomie her eigentlich nicht dazu geschaffen, Lasten auf seinem Rücken zu tragen.

2.1 Die Anatomie des Pferdes

Frage: Was macht man, wenn ein Pferd das Schlüsselbein gebrochen hat?

Antwort: Ab ins Museum, wäre das erste Pferd mit einem Schlüsselbein!!!

Weisheit aus der Pferdeanatomie

Betrachtet man das Pferd einmal von der Seite, so fällt auf, das die Hauptmasse des Körpers, weit vorne aufgehängt ist. (sh. Abb1)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1 Die äußeren Körperteile (aus HÖLZEL, WOLFGANG, S. 47)

Die Brust- und Lendenwirbelsäule des Pferdes sind von ihrer natürlichen Haltung her flitzebogenförmig vom Kreuzbein (Kruppe) nach vorne zu den Schultern gespannt und dort aufgehängt. Bei der genauen Betrachtung der Wirbelsäule kann man sehen, dass die Dornfortsätze im Bereich des 14. -16. Brustwirbels nahezu senkrecht stehen, während die Dornfortsätze davor nach hinten zeigen, und die Dornfortsätze dahinter nach vorne. Der Höhepunkt der Aufwölbung der Wirbelsäule liegt also an dieser Stelle, so wie bei einem Gewölbe der Schlussstein der wichtigste Punkt für die Stabilität darstellt, so ist es auch mit dem Höhepunkt der Aufwölbung des Pferdedrückens (sh. Abb. 2).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2 Wirbelsäule und Rücken, (aus HÖLZEL, WOLFGANG, S. 49)

Da die Hüftgelenke höher liegen, als die Schultergelenke ergibt sich, dass das größte Gewicht des Pferdes auf der Vorhand liegt. Das ist für das Pferd kein Problem, da es mit seiner Anatomie auf diese Lastenverteilung eingestellt ist. Kommt nun aber das Gewicht des Reiters zusätzlich auf den Pferderücken, so steigt die Belastung der Vorhand in unnatürlichem Maße an. Daher hat man sich von jeher Gedanken gemacht, wie man das Pferd vor Überbelastung der Vorhand schützen kann. Wie SIAN GRIFFITHS auf der Internetseite www.distanzreiten-online.de veröffentlicht, war man bisher in dem Glauben, die Vorhand des Pferdes durch ein vermehrtes trainieren der Hinterhand entlasten zu müssen. Untersuchungen haben nach ihren Angaben jedoch ergeben, dass das praktisch nicht möglich ist und sogar in der stärkeren Versammlung (hierbei tritt das Pferd mit der Hinterhand vermehrt unter seinen Körperschwerpunkt, wobei das Tempo verlangsamt, der Rhythmus aber beibehalten bleibt) eher eine stärkere Belastung der Vorhand auftritt. „Falsch wäre nun jedoch die Schlussfolgerung, die gymnastische Arbeit des Pferdes wäre damit hinfällig und man könne sein Pferd einfach vor sich hin laufen lassen (GRIFFITHS, SIAN).“ Bei näherer Betrachtung des Bewegungsablaufs wird deutlich, dass durch das vermehrte Untertreten der Hinterhand das Pferd gezwungen ist, den Rücken runder zu machen. Dieses Rundmachen des Rückens in der Bewegung wird auch als Bascule bezeichnet. Das Gegenteil wäre der durchhängende Rücken oder das Hohlkreuz des Pferdes, allgemein als weggedrückter Rücken bezeichnet (SCHULTE, BEATRIX). Wichtig ist, dass das Genick, der Atlaswirbel, immer höchster Punkt bleibt und das Pferd niemals im 3.oder 4. Halswirbel abknickt. Man spricht sonst von einem falschen Knick, mit dem kein Aufwölben des Rückens möglich ist.

2.2 Das Pferd im Reitsport

Soll das Zusatzgewicht des Reiters nun mit von dem Pferderücken getragen werden, so müssen Rücken und Bauchmuskulatur des Pferdes verstärkt trainiert werden und nicht wie früher angenommen die Hinterhandmuskulatur. Das Pferd hat mehr als 200 Muskelpaare. An den Muskeln können viele verschiedene Verletzungen, wie z.b. Muskelrisse, Zerrungen, Blutergüsse, etc. auftreten. Ein guter Muskelaufbau ist wichtig, damit das Pferd den Reiter und sein Gewicht tragen kann, ohne Schäden, z.b. am Rücken davonzutragen. (sh. Abb. 3)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3 Die Muskulatur des Pferdes (aus www.pferdesaloon.de/anatomie.htm)

Je nach Einsatz des Pferdes in verschiedenen Reitsportbereichen, werden die Muskelgruppen verschieden trainiert. „Optisch unterscheiden sich ein Gewichtheber und ein Marathonläufer ganz erheblich voneinander. Ebenso ein Dressurpferd von einem Distanz- oder Vielseitigkeitspferd. Die großen Muskelpartien eines Dressurpferdes wirken sich im Distanzsport eher negativ aus, denn sie benötigen wesentlich mehr Energie und eine entsprechende Kühlung (GRIFFITH, SIAN).“ – vgl. Abb.2

Die fein abgestimmte Mechanik der Wirbelsäule und der Muskulatur des Pferdes, kann sehr leicht gestört werden. Wenn ein Pferd z.b. auf der Stallgasse ausrutscht, oder hinfällt, mit der Hüfte an einer Kante hängen bleibt oder die Hufeisen falsch sitzen. Die verursachten Schmerzen führen, zu Muskelverspannungen und diese Fehlimpulse ihrerseits verursachen mechanische Fehlreize an der Wirbelsäule. Selbst Haken auf den Zähnen, die mit Zahnsteinklumpen zu vergleichen sind und welche die Kaumechanik bei jedem Mahlen behindern und damit die Kaumuskulatur überreizen, reizen gleichzeitig die Halswirbelsäule. Das kann man sich so erklären, dass die Nerven dieser Muskeln von dem Gebiss her kommen und die Fehlreize auch zur Halswirbelsäule weiterleiten. Ein so geplagtes Pferd wird sich nicht willig durchstellen lassen und wird nicht wirklich locker im Genick sein. (SCHULTE, BEATRIX)

Im Anschluss wird die Rückenwölbung des Pferdes in verschiedenen typischen Bewegungsanforderungen in der Gangart Trab verdeutlicht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4 Die Rückenwölbung (GRIFFITH, SIAN)

Leider werden im Reitsport noch immer viel zu oft schmerzbringende Probleme de Pferde im Ansatz nicht erkannt oder Pferde so geritten, dass sie unter dem Reiter mit weggedrücktem Rücken und falscher bzw. keiner Bemuskelung in diesem Bereich laufen müssen, was zu nicht überblickbaren Schäden führen kann.

Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass das Pferd durch seine anatomisch gegebene kräftige Hinterhand in der Lage ist, das Reitergewicht ohne gesundheitliche Schäden zu tragen. Dies ist aber nur dann möglich, wenn das Pferd die Hinterbeine anwinkelt, den Rücken dadurch aufwölbt, seinen Körperschwerpunkt nach hinten verlagert und so mehr unter den Schwerpunkt tritt.

Dressur im Sinne der Pferdefachleute kann daher als gymnastizieren der Pferde gesehen werden. Sie ist notwendig, damit ein Pferd überhaupt erst in die Lage ist einen Reiter ohne gesundheitliche Beeinträchtigung zu tragen.

Wie zu Beginn der Arbeit von DU PATY zitiert, muss der Reiter es schaffen „die Schwerkraftlinie des Pferdes mit der des Reiters in eine gemeinsame Senkrechte zu bringen“. Der Reiter muss demnach in der biomechanisch vorgegebenen Lotlinie sitzen, d.h. in den natürlichen Biegungen seiner Wirbelsäule.

Für das Pferd gibt es nichts schlimmeres, als wenn der tiefste Punkt des Sattels nach hinten verlagert ist, und das Reitergewicht über die oft nach hinten herausgearbeiteten Sattelkissen über diesen Bereich hinaus transportiert wird. Für die Aufwölbung des Pferderückens ist das dramatisch, weil der Reiter mit seinem Gewicht voll im Antrieb des Pferdes landet. Selbst ein ausgewachsenes Pferd wird diesen Belastungen auf Dauer nicht standhalten. Erst recht aber wird ein junges Pferd, dessen Muskulatur noch nicht gut entwickelt ist, den Rücken mit großer Wahrscheinlichkeit wegdrücken - also ins Hohlkreuz gehen, weil es versucht, dem Reitergewicht auszuweichen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 5 Vergleichende Darstellung des Menschen- und Pferdeskelettes nach Schönbeck (aus HÖLZEL, WOLFGANG, S. 48)

Der Vergleich der Sportpartner Pferd und Mensch in Abbildung 5 zeigt die Ähnlichkeit der Knochengerüste und hilft, dabei Abläufe in der Bewegung des Pferdes noch besser zu verstehen. Gleichzeitig wird hiermit die Überleitung zum menschlichen Körperbau erreicht. Da das Thema der Arbeit die Rückenschulung beim Reiten ist, wird nun, wie zuvor schon bei der Betrachtung der Rückenschulung des Pferdes zunächst der menschliche Rücken anatomisch erläutert werden. Später wird dann der Sitz des Reiters auf dem Pferd und abschließend die Wirkung des Reitsports auf den Rücken betont werden. Hier soll aber schon ganz deutlich gemacht werden, dass nur ein gut geschulter Pferderücken auf einen Menschenrücken positiven Einfluss haben kann und umgekehrt.

[...]

Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
Rückenschulung beim Reiten
Hochschule
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg  (Sportwissenschaft)
Veranstaltung
Seminar. Sport als Bewegungswissenschaftliches Phänomen
Note
2
Autor
Jahr
2002
Seiten
27
Katalognummer
V13261
ISBN (eBook)
9783638189552
ISBN (Buch)
9783638822305
Dateigröße
948 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Reiten, Rücken
Arbeit zitieren
Jana Beauvais (Autor:in), 2002, Rückenschulung beim Reiten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/13261

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