Lokaljournalismus für ein junges Publikum. Ein inhaltsanalytischer Vergleich von Online-Zeitungen und ihrem Auftritt auf Instagram


Bachelorarbeit, 2022

44 Seiten, Note: 1,3

Johanna Bernklau (Autor:in)


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Anlagenverzeichnis

1. Einleitung

2. Theorieteil
2.1 Prävention: Definition
2.2 Schädlicher Substanzkonsum im Jugendalter
2.2.1 Klassifikation „schädlicher Gebrauch“
2.2.2 Epidemiologie des Substanzkonsums im Jugendalter
2.2.3 Ätiologie von Substanzkonsumstörungen
2.2.4 Relevante gesundheitspsychologische Modelle
2.3 Zusammenfassung des Theorieteils

3. Anwendungsteil
3.1 Suchtprävention im Setting Schule
3.2 Präventionsprogramm „Aktion Glasklar“
3.2.1 Allgemeine Informationen
3.2.2 Evaluation
3.3 Präventionsprogramm „Be Smart – Don’t Start“
3.3.1 Allgemeine Informationen
3.3.2 Evaluation
3.4 Präventionsprogramm „Unplugged“
3.4.1 Allgemeine Informationen
3.4.2 Evaluation
3.5 Zusammenfassender Vergleich der Programme

4. Diskussion
4.1 Empfehlungen zum Einsatz der untersuchten Programme
4.2 Kritische Reflexion des Vorgehens

5. Fazit und Ausblick

6. Anlagen

7. Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

BZgA Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung

HAPA Sozialkognitives Prozessmodell des Gesundheitsverhaltens

IFT Institut für Therapie- und Gesundheitsforschung

SE Selbstwirksamkeitserwartung

SKT Sozialkognitive Theorie von Bandura

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1 Umwelt-Vulnerabilitäts-Modell für die Einflussfaktoren bei der Entwicklung riskanten und abhängigen Verhaltens

Abb. 2 vereinfachte Skizze zur sozial-kognitiven Theorie nach Bandura

Abb. 3 Sozial-kognitives Prozessmodell gesundheitlichen Handelns

Tabellenverzeichnis

Tab. 1 Ergebnisse der internationalen Kontrollstudie zur Überprüfung der Wirksamkeit des Programms Unplugged

Anlagenverzeichnis

Anl. 1 Risikofaktoren für die Entwicklung eines problematischen Konsums

Anl. 2 Inhalte der 12 Unterrichtseinheiten des Präventionsprogramms „Unplugged“

1.Einleitung

„Die Gesundheitspsychologie beschäftigt sich mit der Bedeutung psychischer Merkmale und Prozesse für die Gesundheit und Krankheit des Menschen.“ (Bengel & Deinzer, n. d.) Daraus abgeleitete Theorien und Modelle zur Entstehung und Aufrechterhaltung gesundheitsbezogenen Verhaltens bilden eine grundlegende Säule zur Konstruktion und Evaluation präventiver Interventionsprogramme. (Deutsche Gesellschaft für Psychologie [DGPs], 2023) Ein relevantes Einsatzgebiet solcher Programme ist die Prävention von Substanzkonsum im Jugendalter. Je nach Substanz und Konsummuster geht ein erhebliches Gesundheitsrisiko von psychotropen Substanzen aus. Während die akute Intoxikation u. a. das Risiko einer Überdosierung birgt, gefährden insbesondere auch substanzbedingte Folgeerkrankungen die Gesundheit. So steht die in Deutschland am häufigsten konsumierte Substanz Alkohol mit zahlreichen psychiatrischen, neurologischen und internistischen Erkrankungen in Verbindung. (Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur, 2012, S. 144–145) Insgesamt sind in Industrieländern etwa 30 % aller Todesfälle in der Population der 15-29-Jährigen auf Substanzkonsum zurückzuführen. (Thomasius, 2019, S. 2) Fatal ist zudem, dass das Einstiegsalter bezüglich des Alkohol- oder Tabakkonsums zu sinken scheint. (Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur, 2012, 148, 154) Da Kinder und Jugendliche einen große Zeitraum ihres außerfamiliären Lebens in der Schule verbringen (Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur, 2012, S. 24), kommt der Implementierung von effektiven schulbasierten Programmen, die den Konsum von psychotropen Substanzen vorbeugen, eine besondere Bedeutung zu. Die vorliegende Arbeit soll daher der Forschungsfrage nachgehen, inwieweit sich bereits niederschwellige und einfache Maßnahmen zur schulischen Prävention von schädlichem Substanzgebrauch eignen. Hierfür sollen insgesamt drei Beispielprogramme herangezogen werden, um diese hinsichtlich der theoretischen Fundierung, der Wirksamkeit und der Praktikabilität zu vergleichen.

Zu Beginn dieser Arbeit wird zunächst auf den zentralen Begriff der Prävention eingegangen, um die für den weiteren Verlauf relevanten Fachbegriffe zu definieren. Den Kern des Theorieteils bildet jedoch die Zusammenstellung wichtiger störungsspezifischer Informationen rund um das Störungsbild des schädlichen Substanzgebrauchs, wobei sich hier möglichst auf das Alter der Adoleszenz konzentriert wird. Neben einer Definition des Störungsbegriffs liefert dieses Kapitel Daten zur Verbreitung von Substanzkonsum im Jugendalter, um die Relevanz für präventive Maßnahmen zu verdeutlichen. Außerdem werden ätiologische sowie gesundheitspsychologische Modelle und Theorien angerissen, da diese für die Konstruktion und Evaluation von Interventionsprogrammen eine wichtige Rolle spielen. Im Anwendungsteil erfolgt nach einer knappen Einführung in das Thema schulische Suchtprävention eine Auseinandersetzung mit den Programmen „Aktion Glasklar“, „Be Smart – Don’t Start“ sowie „Unplugged“. Zunächst wird jede Maßnahme einzeln beleuchtet, damit im Anschluss ein zusammenfassender Vergleich angestellt werden kann. Die Diskussion beinhaltet eine abschließende Empfehlung in Bezug auf die analysierten Programme sowie eine knappe kritische Reflexion des eigenen Vorgehens.

2. Theorieteil

2.1 Prävention: Definition

Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) definiert Prävention im Gesundheitswesen als einen „Oberbegriff für zielgerichtete Maßnahmen und Aktivitäten, um Krankheiten oder gesundheitliche Schädigungen zu vermeiden, das Risiko der Erkrankung zu verringern oder das Auftreten zu verzögern.“ (2022) Dabei lassen sich präventive Maßnahmen zum Beispiel nach dem sog. Spezifitätsmodell kategorisieren, welches vorrangig im Kontext der Suchtprävention Anwendung findet. Die Kategorisierung in universelle, selektive und indizierte Prävention geschieht hier vor dem Hintergrund der Spezifität und des Maßes der Gefährdung. (Franzkowiak, 2018, S. 7) Zielgruppe der universellen Prävention ist die Allgemeinheit, hierunter fallen z. B. Schulprogramme zur Förderung der Lebenskompetenzen. Selektive Prävention fokussiert Risikogruppen und indizierte Prävention richtet sich schließlich an Personen mit manifesten Problemen. (Paulik, Rabeder-Fink & Uhl, 2012, S. 21) Unabhängig von der Zielgruppe kann außerdem zwischen verhältnisorientierten und verhaltensorientierten Präventionsmaßnahmen unterschieden werden. Die Ansätze unterscheiden sich darin, ob sie sich auf die Lebens- und Arbeitsverhältnisse beziehen (Verhältnisprävention) oder, ob sie unmittelbar am Gesundheitsverhalten des Einzelnen ansetzen (Verhaltensprävention). Ein Begriff, welcher häufig im Zusammenhang mit der Prävention verwendet wird, ist Gesundheitsförderung. In Abgrenzung zur Prävention, die in erster Linie die Verringerung von Risikofaktoren zum Ziel hat, versucht die Gesundheitsförderung eher allgemeine Ressourcen und Schutzfaktoren zu fördern. (Robert Koch-Institut [RKI], 2023)

2.2 Schädlicher Substanzkonsum im Jugendalter

2.2.1 Klassifikation „schädlicher Gebrauch“

Im Kapitel 5 des Klassifikationssystems „ICD“ (international classification of diseases) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wird der „schädliche Gebrauch“ im Bereich der „Psychischen und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen“ (F10-F19) aufgeführt. Damit ist der schädliche Gebrauch (F1x.1) neben dem Abhängigkeitssyndrom (F1x.2) eine eigenständige Diagnose. Innerhalb der Gruppe der Störungen durch psychotrope Substanzen wird bei der Kodierung die Art der Substanz an dritter Stelle, das klinische Erscheinungsbild an vierter und weitere Differenzierungen an fünfter Stelle gekennzeichnet. (Dilling, Mombour & Schmidt, 2015, S. 110)

Der schädliche Gebrauch wird definiert als ein „Konsummuster psychotroper Substanzen, das zu einer Gesundheitsschädigung führt“, welche sowohl körperlicher, als auch psychischer Art sein kann. (Dilling et al., 2015, S. 113) Die diagnostischen Leitlinien besagen daher, dass eine tatsächliche Schädigung der psychischen oder physischen Gesundheit stattgefunden haben muss. Im ICD-11 wird als Diagnosekriterium die Verursachung eines gesundheitlichen Schadens an Dritten durch den Konsumenten ergänzt. (Bühringer, Behrendt & Endrass, 2020, S. 847) Es wird außerdem erläutert, welche Bedingungen keinen schädlichen Gebrauch beweisen. Hierzu zählen z. B. negative soziale Folgen oder die gesellschaftliche Ablehnung des Konsumverhaltens bzw. der Substanz. Auch erfüllt die akute Intoxikation (F1x.0) oder ein „Kater“ (hangover) nicht den für die Diagnose erforderlichen Gesundheitsschaden. (Dilling et al., 2015, S. 114) Seit dem ICD-11 kann zusätzlich eine zeitliche Komponente herangezogen werden. Die Diagnosekriterien müssen mindestens 12 Monate (bei episodischem Substanzgebrauch) oder 4 Wochen (bei nahezu täglichem Gebrauch) bestehen. (Bühringer et al., 2020, S. 847) Zuletzt besagt die Hierarchieregel, dass der schädliche Gebrauch nur dann diagnostiziert wird, sofern kein Abhängigkeitssyndrom (F1x.2), keine psychotische Störung (F1x.5) oder keine andere spezifische alkohol- oder substanzbedingte Störung vorliegt. (Dilling et al., 2015, S. 114)

Im Gegensatz zum ICD wurde die Unterscheidung zwischen Substanzmissbrauch und -abhängigkeit im DSM nicht beibehalten. Seit der Einführung des DSM-5 wurden der Substanzmissbrauch und die Substanzabhängigkeit im Rahmen der Diagnose „Substanzgebrauchsstörung“ zusammengeführt. (Ullrich, 2018, S. 209) Durch diese Differenzen in der Klassifizierung des ICD-10 (bzw. ICD-11) und DSM-5 sind die Prävalenzraten in Bezug auf die entsprechenden Diagnosen nur begrenzt vergleichbar. (Bühringer & Behrendt, 2018, S. 335)

2.2.2 Epidemiologie des Substanzkonsums im Jugendalter

Für einen groben Überblick zur Epidemiologie des Substanzkonsums im Jugendalter sollen an dieser Stelle relevante Ergebnisse des Alkoholsurveys 2021 der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) herangezogen werden, obwohl daraus nicht die Verbreitung zu schädlichem Gebrauch im Speziellen hervorgeht. Die Untersuchungen der BZgA beziehen sich auf den Alkoholkonsum, das Rauchverhalten sowie den Cannabiskonsum Jugendlicher (und junger Erwachsener) im Jahr 2021 und wurden im Rahmen von repräsentativen Querschnittsbefragungen (n = 7.002) durchgeführt. (Orth & Merkel, 2022, S. 3)

Im Jahr 2021 gaben 57,5 % der befragten 12-17-Jährigen an, schon mindestens einmal im Leben Alkohol getrunken zu haben. Im Vergleich dazu beträgt die Lebenszeitprävalenz für das Rauchen 17,1 % und für den Konsum von Cannabis 9,3 %. Alkohol ist damit die Droge, die von den Jugendlichen am wahrscheinlichsten konsumiert wird. (Orth & Merkel, 2022, S. 3–5) Dabei wird deutlich, dass mehr männliche als weibliche Jugendliche regelmäßig Alkohol zu sich nehmen. Insgesamt beläuft sich die 12-Monate-Prävalenz von regelmäßigem (wöchentlichem) Alkoholkonsum auf 8,7 %. Ein Anteil von 3,6 % gaben einen durchschnittlichen Alkoholkonsum an, der für Erwachsenen bereits als gesundheitlich riskant eingestuft wird. Ein Konsummuster, welches immerhin 11 % der Jugendlichen in den letzten 30 Tagen praktizierten, ist das sog. Rauschtrinken. Insgesamt ist in Bezug auf Alkoholkonsum eine deutliche Reduktion, um etwa 30 Prävalenzpunkte, im Zeitraum von 2001 bis 2021, zu beobachten. (Orth & Merkel, 2022, S. 3–4) Ähnlich verhält es sich beim Tabakkonsum. Der Anteil rauchender Jugendlicher lag im Jahr 2001 noch bei 27,5 %, d.h. der Anteil ist um etwa 10 % gesunken. (Orth & Merkel, 2022, S. 4) Ein entgegengesetzter Trend ist dahingegen beim Konsum von Cannabis erkennbar. Im Vergleich zum Jahr 2011 erhöhte sich sowohl die Lebenszeitprävalenz als auch die 12-Monate-Prävalenz. Allerdings ist der Anteil der Cannabiskonsumenten weitaus geringer als die der Tabak- und Alkoholkonsumenten. Einen regelmäßigen Cannabiskonsum gaben nur 1,6 % der Befragten an. (Orth & Merkel, 2022, S. 5)

Unter den illegalen Substanzen ist Cannabis jedoch mit Abstand am verbreitetsten. Die Drogenaffinitätsstudie der BZgA für das Jahr 2019 zeigt, dass jeder zehnte (10,6 %) 12- 17-Jährige im bisherigen Leben schonmal eine illegale Droge konsumiert hatte, wobei der Konsum von Cannabis den Löwenanteil ausmacht. Die Lebenszeitprävalenzen anderer illegaler Drogen (Ecstasy, LSD, Heroin, usw.) betragen jeweils weniger als ein Prozent. (Orth & Merkel, 2020, S. 9)

2.2.3 Ätiologie von Substanzkonsumstörungen

Da Erkenntnisse zu Ätiologie und Verlauf von Substanzkonsumstörungen unmittelbaren Einfluss auf die Entwicklung von präventiven Ansätzen haben (Bühringer et al., 2020, S. 849), soll in Kürze ein Überblick über relevante Ansätze und Modelle erfolgen. In zahlreichen empirischen Studien wurden bereits eine Vielzahl an unterschiedlichen Einflussfaktoren auf den Substanzkonsum bei Kindern und Jugendlichen festgestellt. (Bühringer & Behrendt, 2018, S. 338) Es ist dabei allgemein von einem multidimensionalen Zusammenspiel aus (neuro)biologischen, genetischen, psychologischen, sozialen und gesellschaftlichen Einflüssen auszugehen (bio-psycho-soziales Modell). (Ullrich, 2018, S. 211) Ein Konzept, dass eine statistisch gewonnene Einordnung von Einflussfaktoren anstrebt, ist das sog. Risiko- und Schutzfaktorenkonzept. Anl. 1 kann für eine beispielhafte Zusammenführung von Risikofaktoren in Bezug auf problematischen Substanzkonsum herangezogen werden. Ein Problem, das bei diesem Ansatz besteht, ist die weitestgehend atheoretische Zusammenstellung einer Vielzahl an unterschiedlichsten Faktoren, welche z. B. keine Einordnung nach Relevanz im Entwicklungsverlauf zulassen. (Bühringer & Behrendt, 2018, S. 338–339) Ätiologische Modelle, die das Zusammenspiel möglichst vieler Faktoren zu integrieren versuchen, sind jedoch derart komplex, dass diese nicht mehr empirisch geprüft werden können. Aus diesem Grund werden solche komplexen ätiologischen Modelle auch als heuristisch bezeichnet. (Bühringer et al., 2020, S. 849)

Ein Beispiel für ein umfassendes heuristisches Modell, das auch entwicklungsbiologische und -psychologische Erkenntnisse mit einbezieht, ist das Umwelt-Vulnerabilitäts-Modell. Es werden hierbei die Übergänge zwischen den verschiedenen „Phasen“ des Konsums, von der anfänglichen Abstinenz, über den riskanten Konsum und den schädlichen/ abhängigen Konsum, bis hin zur Remission oder zur chronischen Konsumstörung, beleuchtet. Abb. 1 veranschaulicht, welche Einflüsse (neben substanzbezogenen Faktoren) über die Entwicklungsstufen riskanten oder abhängigen Verhaltens hinweg besonders zu berücksichtigen sind. (Bühringer et al., 2020, S. 850)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1 Umwelt-Vulnerabilitäts-Modell für die Einflussfaktoren bei der Entwicklung riskanten und abhängigen Verhaltens (Quelle: Bühringer et al., 2020, S. 850)

Für den Übergang von Abstinenz zu risikoarmem sowie zu riskantem Konsum sind z. B. vorwiegend umweltbezogene und soziale Faktoren von zentraler Bedeutung. Dazu zählen Aspekte, wie das Modelllernen, aber auch Bedingungen, wie Zugang, Verfügbarkeit oder Preis der Substanz. Im Gegensatz dazu dominiert beim Übergang zum schädlichen Gebrauch und zum abhängigen Verhalten insbesondere der Einfluss individueller Vulnerabilitätsfaktoren. (Bühringer et al., 2020, S. 849-850) Da spezifisch der schädliche Gebrauch in dieser Arbeit thematisiert wird, soll im Folgenden näher auf potenzielle Vulnerabilitätsfaktoren eingegangen werden, die laut dem Modell ausschlaggebend für die Entwicklung von schädlichem Konsumverhalten sind. Relevant sind hier insbesondere entwicklungsbiologische bzw. entwicklungspsychologische Anteile. In der Zeit der Adoleszenz bestehen die höchsten Inzidenzraten für Konsumstörungen, was u. a. darauf zurückzuführen ist, dass Jugendliche eine besonders hohe Orientierung an Modellen aus der Peergroup, sozialen Netzwerken sowie anderen Medien aufweisen. (Bühringer et al., 2020, S. 853) Darüber hinaus ist die Risikowahrnehmung und die kognitive Kontrolle aufgrund von neuronalen Umbauprozessen vergleichsweise noch schwach ausgeprägt. (Bühringer et al., 2020, S. 854) Abgesehen von der Adoleszenz beeinflussen neurobiologische Aspekte und die kognitive Kontrolle auch über die restliche Lebenszeit die individuelle Vulnerabilität. Hinzu kommen genetische Faktoren, die zusammen mit Umweltfaktoren eine familiäre Häufung von Konsumstörungen verursachen. Immerhin wird die Erblichkeit von Substanzkonsumstörungen auf 50 % geschätzt. (Bühringer et al., 2020, S. 850) Außerdem werden Mechanismen des Lernens und der Motivation als wichtige Wirkfaktoren gesehen. Behaviorale Modelle erklären die Substanzstörungen beispielsweise so, dass die Substanzeinnahme als instrumentelles Verhalten den Zweck erfüllt, die mit der Substanzwirkung korrelierenden Konsequenzen herzustellen. Der Konsum wird dabei durch die als positiv erlebten Effekte (z. B. Entspannung) positiv verstärkt und gleichzeitig über die Beendigung negativ erlebter Zustände (z. B. innere Anspannung) negativ verstärkt. (Bühringer et al., 2020, S. 852) Nicht zuletzt spielen aber auch Komorbiditäten eine erhebliche Rolle bei der Entstehung von substanzbezogenen Störungen. Die Selbstmedikationshypothese geht dabei davon aus, dass die regelmäßige Substanzeinnahme teilweise zur Regulierung von Symptomen psychischer Störungen (z. B. Angststörungen) aufgenommen wird. (Bühringer et al., 2020, S. 853)

2.2.4 Relevante gesundheitspsychologische Modelle

In der Gesundheitspsychologie wird versucht Gesundheitsverhalten mithilfe von Theorien und Modellen zu erklären und vorherzusagen. Unter dem Begriff Gesundheitsverhalten wird jegliches Verhalten verstanden, „das die Gesundheit fördert und langfristig erhält, Schäden und Einschränkungen fernhält und die Lebenserwartung verlängert“. (Lippke & Renneberg, 2006, S. 43) Es kann sich jedoch ebenso um die Unterlassung eines Risikoverhaltens handeln, also die Reduzierung oder Unterlassung von Verhaltensweisen, die die Gesundheit gefährden. (Lippke & Renneberg, 2006, S. 43) Im Folgenden sollen beispielhaft Modelle vorgestellt werden, die sich in Bezug auf das Risikoverhalten des schädlichen Substanzkonsums anwenden lassen.

Ein in verschiedenen Bereichen gut untersuchtes und in Interventionsprogrammen integriertes Modell ist die sozial-kognitive Theorie von Bandura (SKT). (Daniel, Jansen & Baumann, 2020, S. 39) Der Fokus dieses Modells liegt auf den Prozessen, die zu einer Intentionsbildung führen, da kurzfristige und langfristige Ziele eine wichtige Voraussetzung für das Ändern des (Gesundheits-)Verhaltens sind. Abb. 2 veranschaulicht, dass die Ziele eines Menschen grundlegend von der Selbstwirksamkeitserwartung (SE), der Ergebniserwartung sowie von soziokulturellen, behindernden und unterstützenden Faktoren bedingt wird.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2 vereinfachte Skizze zur sozial-kognitiven Theorie nach Bandura (Quelle: Egger, 2011, S. 44)

Besonders dominierend und für Banduras Theorie zentral ist die SE, die im Kern aussagt, wie groß das Vertrauen in die eigene Kompetenz ist, ein Verhalten ändern zu können. Dies geht auch mit der Überzeugung einher, schwierige Aufgaben und Situationen aktiv beeinflussen zu können und wirkt sich wiederum darauf aus, wie groß die Toleranz bei aufkommenden Schwierigkeiten ist, bevor aufgegeben wird. (Daniel et al., 2020, S. 38) Die SE wird insbesondere durch eigene Erfolgserfahrungen gestärkt. Beobachtungslernen und verbale Verstärkung können jedoch auch eine Teilrolle spielen. (Lippke & Renneberg, 2006, S. 44) Die Ergebniserwartung, welche zum Teil von der SE abhängt, äußert sich auf insgesamt drei Ebenen. Positive und auch negative Ergebniserwartungen können eine physische Komponente („wenn ich auf der Party nicht zu viel trinke, dann habe ich am nächsten Tag keinen Kater“), eine soziale Komponente („wenn ich auf der Party nicht zu viel trinke, dann mache ich mich vor den anderen nicht lächerlich“) sowie eine selbstevaluierte Komponente („wenn ich auf der Party nicht zu viel trinke, dann bin ich stolz auf mich“) beinhalten. (Lippke & Renneberg, 2006, S. 42) Einen Einfluss auf potenzielle Verhaltensveränderungen haben außerdem soziokulturelle, behindernde und unterstützende Faktoren, wie z. B. die soziale Unterstützung. Insgesamt bedingen also alle genannten Teilkomponenten die Bildung von kurzfristigen Zielen („auf der heutigen Party will ich nur so viel trinken, dass ich noch voll zurechnungsfähig bin“) und langfristigen Zielen („wenn ich in Zukunft Alkohol trinke, dann nur in geringen Mengen“). (Lippke & Renneberg, 2006, S. 42) Eine Schwäche, die die SKT aufweist, ist, dass sie keine volitionalen Aspekte integriert, d. h. es bleibt offen, welche Prozesse zwischen der Intentionsbildung und der tatsächlichen Umsetzung des geplanten Verhaltens stattfinden.

Ein weiteres vielfach geprüftes Modell, welches Konstrukte der SKT aufgreift, dabei aber sowohl motivationale als auch die bisher unberücksichtigten volitionalen Aspekte integriert, ist das sozialkognitive Prozessmodell des Gesundheitsverhaltens (Health Action Process Approach; HAPA). (Schwarzer, Lippke & Luszczynska, 2011, S. 162) Wie Abb. 3 veranschaulicht, durchläuft ein Mensch laut dem Modell chronologisch verschiedene Phasen mit jeweils unterschiedlichen wirksamen Variablen. Zusammenfassend passieren in der motivationalen Phase zunächst konflikthafte Entscheidungs- und Motivierungsprozesse, welche in einer Zielsetzung münden. Die dadurch eingeleitete volitionale Phase beinhaltet die Planung und Integration des neuen Verhaltens in den Alltag. (Lippke & Schüz, 2019, S. 304)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3 Sozial-kognitives Prozessmodell gesundheitlichen Handelns (Quelle: Lippke & Schüz, 2019, S. 304)

In der anfänglichen Motivationsphase gilt die Person zunächst als Non-Intender („Ich beabsichtige nicht meine Rauchgewohnheiten zu verändern“) und wird, bis es zu einer Zielsetzung gekommen ist, insbesondere von Kognitionen beeinflusst. Die Risikowahrnehmung, also die subjektive Einschätzung der eigenen Verwundbarkeit („Mein Risiko eine Tabakabhängigkeit zu entwickeln ist hoch“), löst bei wahrgenommener Bedrohung eine Abwägung von Handlungsergebnissen aus („Wenn ich aufhöre auf Partys mitzurauchen, setze ich mich keinem Risiko aus eine Sucht zu entwickeln“ und „…werde ich womöglich ausgegrenzt.“). Abhängig davon und von der SE („Ich bin davon überzeugt, dass ich eine mir angebotene Zigarette ablehnen kann, selbst, wenn ich der einzige Nicht-Rauchende wäre“) entsteht im nächsten Schritt potenziell eine konkrete Zielsetzung („Ich möchte von nun an nein sagen, wenn mir jemand auf einer Party eine Zigarette anbietet.“). Die Bildung dieser Intention stellt den Übergang zur Volitionsphase dar. (Schwarzer et al., 2011, S. 162–163) Die Person gilt nun als Intender und das beabsichtigte Verhalten wird geplant, um es im nächsten Schritt auch tatsächlich umsetzen zu können. Dieser letzte Schritt wird als aktive Phase der Volitionsphase bezeichnet. Als Actor ergreift die Person nun die Handlungsinitiative und -aufrechterhaltung und versucht Distraktoren abzuschirmen. Die erfolgreiche Integration des neuen Verhaltens ist auch davon abhängig, ob personale und soziale Ressourcen genutzt werden können, wenn Hürden überwunden werden müssen. Die SE ist nicht nur zu Beginn ausschlaggebend, sondern übt auch in der Volitionsphase einen entscheidenden Einfluss auf den weiteren Verlauf aus. (Lippke & Schüz, 2019, S. 304–305)

2.3 Zusammenfassung des Theorieteils

Im Folgenden sollen die wichtigsten Erkenntnisse des Theorieteils wiederholt werden und die Zusammenhänge der einzelnen Schritte hergestellt werden. Zu Beginn der Arbeit erfolgte eine knappe Definition des Begriffs der Prävention, um den thematischen Hintergrund der Arbeit zu verdeutlichen und wichtige Begriffe im Kontext zu erläutern. Unter Prävention fallen zielgerichtete Maßnahmen, die dazu dienen, Gesundheitsschädigungen und Krankheiten zu vermeiden, das Risiko zu verringern oder auch das Auftreten zu verzögern. (BMG, 2022) In einem nächsten Schritt wurde ein grober Überblick zum Störungsbild des schädlichen Substanzkonsums hergestellt, um störungsspezifische Aspekte hervorzuheben, die beim Einsatz präventiver Maßnahmen zu berücksichtigen sind. Zusammenfassend kann berichtet werden, dass schädlicher Gebrauch nach ICD-10 eine tatsächliche Schädigung der psychischen oder physischen Gesundheit beinhaltet. (Dilling et al., 2015, S. 113) Die Relevanz präventiver Maßnahmen kann anhand von epidemiologischen Daten nachvollzogen werden. Aus dem Alkoholsurvey 2021 der BZgA geht z. B. hervor, dass insbesondere der Alkohol- und Tabakkonsum und in Bezug auf illegale Substanzen Cannabis unter Jugendlichen verbreitet ist. (Orth & Merkel, 2022, S. 3–5) Theoretische Ansatzpunkte für präventive Maßnahmen und Programme sind in ätiologischen Modellen zu finden. Allgemein ist in Bezug auf die Entstehung von schädlichem Substanzgebrauch von einem multidimensionalen Zusammenspiel aus (neuro)biologischen, genetischen, psychologischen, sozialen und gesellschaftlichen Einflüssen auszugehen. (Ullrich, 2018, S. 211) In der Adoleszenz sind hier insbesondere Aspekte, wie der neuronale Umbau und die daraus resultierende verzögerte kognitive Kontrolle sowie allgemein die sehr starke Orientierung an der Peergroup zu berücksichtigen. (Bühringer et al., 2020, S. 849–850) Weitere wichtige Aspekte, die eine theoretische Grundlage für präventive Maßnahmen bilden, entstammen der Gesundheitspsychologie. Durch die Aufarbeitung zweier gängiger und geprüfter Modelle für das Gesundheitsverhalten (SKT; HAPA) konnten wichtige Einflussfaktoren ausgemacht werden, die das Gesundheitsverhalten vorhersagen können. Als besonders relevant wird z. B. die SE gesehen, die sowohl an der Intentionsbildung als auch bei der Handlungsumsetzung und -aufrechterhaltung beteiligt ist. (Lippke & Renneberg, 2006, S. 58) Auf Grundlage des Theorieteils wird nun das Thema Prävention im schulischen Kontext eingeleitet, um im Anschluss ausgewählte Programme zu evaluieren und zu vergleichen.

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Ende der Leseprobe aus 44 Seiten

Details

Titel
Lokaljournalismus für ein junges Publikum. Ein inhaltsanalytischer Vergleich von Online-Zeitungen und ihrem Auftritt auf Instagram
Hochschule
Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt
Note
1,3
Autor
Jahr
2022
Seiten
44
Katalognummer
V1327854
ISBN (Buch)
9783346822420
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Lokaljournalismus, Online-Zeitungen, Instagram, Katapult, Ostsee-Zeitung
Arbeit zitieren
Johanna Bernklau (Autor:in), 2022, Lokaljournalismus für ein junges Publikum. Ein inhaltsanalytischer Vergleich von Online-Zeitungen und ihrem Auftritt auf Instagram, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1327854

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