In dieser Arbeit wird der Frage nachgegangen, wie die ungarische Politik auf die Probleme der Wirtschaftskrise reagiert und welchen Beitrag die Bevölkerung dazu leistet. Einerseits wird der Ausgangspunkt die Forschungsfrage, wie die Regierungspartei FIDESZ unter dem Ministerpräsidenten Viktor Orban versucht das Land aus der Wirtschaftskrise zu führen und welche gesellschaftlichen Transformationen sich dabei verfolgen lassen, sein. Andererseits wird geklärt, welchen Einfluss die Bevölkerung auf die Bewältigung der Wirtschaftskrise nimmt. Im Speziellen, ob der Kurs der derzeitigen Regierung und das Aufkommen von rechtsradikalen Parteien durch die Grundgesinnung und die damit verbundene leichtere Empfänglichkeit der Bevölkerung für Rechtsextremismus und Nationalismus ausschlaggebend ist.
Der Autor dieser Arbeit geht davon aus, dass eine Bevölkerung nur durch Wahlen die Möglichkeit zur politischen Partizipation hat. Die Klärung, inwieweit eine bottom-up Einwirkung auf die ungarische Wirtschafts- und Sozialpolitik, vorliegt, wird den Hauptteil des theoretischen Parts in Anspruch nehmen. Ist eine Gesellschaft radikalen Veränderungs- und Exklusionsprozessen aufgeschlossener, so ist ihr Einfluss auf die nationalistisch-rechte Politik im Land ein gewaltiger. Die These dazu ist, dass bei der Bewältigung der Wirtschaftskrise zwei sich ergänzende und auf sich einwirkende Strömungen im ungarischen Staat eine Wechselwirkung bilden. Nämlich jene eines Bottom-up und Top-down Modells.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung und Definition der Fragestellung
1. Darstellung der Parteienlandschaft Ungarns
a) Die derzeitigen oppositionellen Parteien
b) Die gegenwärtige Regierungspartei
2. Die Wirtschaftskrise und ihre Folgen für Ungarn
a) Kerndaten als projizierter Überblick
b) Hausgemachte Wirtschafts- und Sozialpolitik?
3. Sozialkapital als Erklärungsansatz für Rechtsextremismus in einer Gesellschaft
a) Interpersonelle Netzwerke
b) Bridging und Bonding als zentrale Funktionen von Sozialkapital
c) Der Zusammenhang zwischen Sozialkapital, Rechtsextremismus und Nationalismus
d) Untersuchung der Annahmen durch einen analytischen Ländervergleich
e) Die Schlussfolgerung zur Bottom-up-These
4. Selbstbild der Nation Ungarn
a) Eine historische Betrachtung
b) Eine aktuelle Betrachtung
5. Viktor Orban zwischen Nostalgie und Reformen
a) Die historische Wandlung der ungarischen Demokratie
b) Ein Wirtschaftlicher Ausnahmezustand als Rechtfertigung für politische-, soziale- und kulturelle Transformationen
c) Der „Mafia-State“ und sein Visionär
6. FIDESZ Ausweg aus der Krise
a) Die Wirtschaftsprobleme und das reformatorische Entgegenwirken
b) Das zehn Punkte-Programm als Trendwende
c) Gegenwind aus der Opposition
7. Ein Faktencheck des Status quo
8. Ausblick
9. Conclusio
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungen
EU Europäische Union
BIP Brutto Inlands Produkt
FIDESZ Fiatal Demokraták Szövetsége Bund Junger Demokraten
JOBBIK Jobbik Magyarországért Mozgalom Bewegung für ein besseres Ungarn
MSZP Magyar Szocialista Párt Ungarische Sozialistische Parte
LMP Lehet Más a Politika Die Politik kann anders sein
Einleitung und Definition der Fragestellung
In der folgenden Arbeit werde ich der Frage nachgehen, wie die ungarische Politik auf die Probleme der Wirtschaftskrise reagiert und welchen Beitrag die Bevölkerung dazu leistet?
Einerseits wird mein Ausgangspunkt die Forschungsfragen, wie die Regierungspartei FIDESZ, unter dem Ministerpräsidenten Viktor Orban, versucht, das Land aus der Wirtschaftskrise zu führen und welche gesellschaftlichen Transformationen sich dabei verfolgen lassen, sein. Andererseits werde ich versuchen zu klären, welchen Einfluss die Bevölkerung auf die Bewältigung der Wirtschaftskrise nimmt? Im Speziellen ob der Kurs der derzeitigen Regierung und das Aufkommen von rechtsradikal Parteien durch die Grundgesinnung und die damit verbundene leichtere Empfänglichkeit der Bevölkerung für Rechtsextremismus und Nationalismus ausschlaggebend ist?
Ich gehe in dieser Arbeit davon aus, dass eine Bevölkerung nur durch Wahlen die Möglichkeit zur politischen Partizipation hat. Die Klärung, inwieweit eine bottom-up Einwirkung auf die ungarische Wirtschafts- und Sozialpolitik, vorliegt, wird den Hauptteil meines theoretischen Parts in Anspruch nehmen. Ist eine Gesellschaft radikal Veränderungs- und Exklusionsprozessen aufgeschlossener, so ist ihr Einfluss auf die nationalistisch-rechte Politik im Land ein gewaltiger.
Meine These dazu ist, dass bei der Bewältigung der Wirtschaftskrise zwei sich ergänzende und auf sich einwirkende Strömungen im ungarischen Staat eine Wechselwirkung bilden. Nämlich jene eines Bottom-up und Top-down Modells.
Dabei gehe ich von der Annahme aus, dass die derzeitigen Reformen in Ungarn, welche sich z.B. durch Enteignung ausländischer Unternehmen, die Kriminalisierung von Obdachlosigkeit und die Einführung einer Flat-tax auszeichnen, der Wirtschaft, durch Abfluss von Auslandskapital, mehr schaden als helfen und die Abwärtsspirale nur voranreiben.
Die Relevanz des Themas zeigt sich vor allem dadurch, dass Ungarn, als einstmaliges wirtschaftliches Musterland der ehemaligen Ostblockländer, am schlimmsten von der Wirtschaftskrise betroffen war. In keiner Demokratie Europas entwickelte sich in weiterer Folge eine solche Welle an wirtschaftlichen und sozialen Transformationsprozessen. Ungarn soll in dieser Arbeit als Beispiel dienen, dass es in einem gemeinsamen Europa keine Chance mehr für eine nachhaltige positive Wirtschaftsentwicklung gibt, welche auf Nationalismus gegründet ist.
Bei der Wahl meiner Literatur stütze ich mich, um einen westeurozentristischen Blick zu vermeiden auf die Ansichten von Auslandsungarn, welche die Lage in ihrer Heimat durchwegs kritisch betrachten. Mein Dank gilt hier meinem Studienkollegen György Korsos, der mir bei der Übersetzung von ungarischer Literatur und Internetquellen behilflich war. Eine weitere fundierte Miteinbeziehung der Thematik aus ungarischer Perspektive, ist durch meine fehlenden Sprachkenntnisse leider nicht möglich.
Daher wird sich meine Methode auch auf einen quantitativen Zugang stützen.
1. Darstellung der Parteienlandschaft Ungarns
Im Folgenden werde ich die Parteienstruktur in Ungarn näher thematisieren, um einen Überblick über die derzeitige Situation und Ausgangslage in der ungarischen Innenpolitik zu zeigen.
a) Die derzeitigen oppositionellen Parteien
- Die sozialistische MSZP unter der Führung von Attila Mesterhazy hat zwar das meiste Potential die FIDESZ-Alleinregierung zu brechen, leidet aber noch immer unter den Nachwirkungen der Korruptionsskandale der 90er und 2000er Jahre.
- Die Grüne Partei LMP ist sehr schwach organisiert und wird daher wenig Gehör im öffentlichen Diskurs geschenkt.
- Die Partei DK, also demokratische Koalition, wurde von Ferenc Gyurcsany gegründet, welcher von September 2004 bis April 2009 ungarischer Ministerpräsident und von 2007 bis April 2009 Vorsitzender der MSZP war. Er verließ die MSZP im Oktober 2011.
- Die von Timea Szabo und Benedek Javor im Februar gegründete Partei Dialog für Ungarn (PM) ist ebenfalls im grünen Parteienspektrum anzusiedeln und entstand durch eine Abspaltung aus der LMP.
- Die mitte-links Partei Together 2014 wurde vom ehemaligen Ministerpräsident Gordon Bajnai im Dezember 2012 aus drei Bürgerorganisationen aus der PM heraus gegründet. Bajnai war vom 14. April 2009 bis zum 29. Mai 2010 Ministerpräsident Ungarns. Er wurde durch ein Misstrauensvotum gegen seinen Vorgänger, Regierungschef Ferenc Gyurcsány, gewählt.
- Die liberale Partei MLP wurde im April 2013 von Gabor Fodor gegründet. Spielte aber in den folgenden Wahlen keine Rolle.
- Die rechtsextremistische Partei JOBBIK wurde im Jahr 2003 gegründet und erfreut sich seit dem wirtschaftlichen Abschwung und den Korruptionsskandalen des linken Parteienspektrums immer größerer Beliebtheit. Die Grundthemen der Partei sind Ordnung, Sicherheit und Verantwortlichkeit (Körösenyi/Fodor/Dieringer 2013, S. 357-419).
b) Die gegenwärtige Regierungspartei
Die Partei FIDESZ machte in ihrer Geschichte einige Transformationsprozesse durch:
- von 1988-1990 sah sich die Partei als eine liberal-alternative Bewegung.
- von 1990-1993 machte FIDESZ ein liberaler politisch-dezentralisierter Charakter aus.
- von 1994-2002 entwickelte sich unter Viktor Orban eine Auffassung von Zentralisierung.
- von 2003-2009 stand Viktor Orban an der Spitze von FIDESZ und propagierte eine Partei, welche auf seine Persönlichkeit zugeschnitten war.
- ab 2010 ist die politische Triebfeder vor allem die Wandlung von Gesellschaft und Wirtschaft zu einem „Mafiasystem“ (siehe Punkt 5.c) (vgl. Magyar 2013).
Bei den Parlamentswahlen 2002 und 2006 wurde FIDESZ unter Viktor Orban jeweils geschlagen. 2002 verlor er das Rennen um den Ministerpräsidenten an den Sozialisten Peter Madgyessy und 2006 an Ferenc Gyurcsany. Trotz der Niederlage blieb Orban seine Rolle als unumstrittener Parteiführer erhalten. Speziell seine zweite Niederlange empfand er als demütigend und so begannen Transformationsprozesse innerhalb der Partei, mit denen er sich erhoffte, bei den nächsten Parlamentswahlen an die Macht zu kommen. FIDESZ wurde von einer demokratischen zu einer hierarchisch strukturierten Partei, welche in seiner Person zentralisiert war (vgl. Bozoki 2012).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Entwicklung der Mandate bei den ungarischen Parlamentswahlen seit der Wende
Wie aus Abbildung 1 ersichtlich, erreichte FIDESZ bei der ungarischen Parlamentswahl 2010 263 Mandate, was fast 53% der Stimmen ausmacht.
(Anm.: Das Jahr 2014 ist hier als Bezug für den Punkt 8, Ausblick, im weiteren Verlauf dieser Arbeit angeführt, da es außerhalb des hier skizzierten historischen Zeitraumes liegt.)
Dieser Erdrutschsieg brachte FIDESZ eine Zweidrittelmehrheit in der Legislative, obwohl nur knapp über die Hälfte der Stimmen an die Partei gingen (Szalai 2013, S. 34-48). Damit konnte eine Umgestaltung des Staates beginnen, auf die ich in weiterer Folge noch eingehen werde. Die Möglichkeit dieser Umgestaltung gründet in der prekären wirtschaftlichen Lage des Landes und der damit verbundenen schlechten Situation für die ungarische Bevölkerung. Die Folgen der Wirtschaftskrise für Ungarn werde ich im nächsten Kapitel näher thematisieren, um dann versuchen zu zeigen, dass auch die ungarische Bevölkerung ihren Anteil an der Politik der Regierung hat.
2. Die Wirtschaftskrise und ihre Folgen für Ungarn
Die Wirtschaftskrise ist nicht nur Anstoß meines Forschungsausganges, wie eine konservativ nationalistisch geprägte Regierung auf solch ein Ereignis reagiert, sondern auch welchen Einfluss die Bevölkerung auf die Bewältigung dieses Dilemmas beiträgt. Ich nehme hier an, dass eine Bevölkerung nur durch die Möglichkeit des Wahlverhaltens einen Einfluss nehmen kann. Immerhin werden dadurch die Repräsentanten und Problemlöser bestimmt, welche die Staatsgeschicke in eine bessere Zukunft lenken sollen.
a) Kerndaten als projizierter Überblick
Bis zum Ende des Jahres 2013 war Ungarns Kreditwürdigkeit sowohl bei der Ratingagentur Standard and Poor´s, als auch bei Fitsh auf „Ramschniveau“ ausgewiesen (vgl. Standard and Poor´s 2014).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Wirtschaftsperformance Ungarns in den Krisenjahren
Mit dieser Ausgangslage erschwert dies das Unterfangen der Regierung, internationale Geldgeber zu finden, welche für die Tilgung der horrenden Staatsverschuldung immanent währen. Wie aus den Eurostat-Daten aus Abbildung 2 ersichtlich, musste die ungarische Wirtschaft in der Wirtschaftskrise (ab 2007) einen deutlichen Dämpfer hinnehmen. Die Gesamtstaatsverschuldung stieg auf 76,8% des Brutto-Inlands-Produktes und der Forint verlor zum Euro deutlich an Boden. Bekam man im Vorkrisenjahr 2004 noch 240 Forint für einen Euro, waren es im Jahr 2013 285. Das Kuchendiagramm zeigt, dass die ungarische Wirtschaftsstruktur einen starken Industrieanteil aufweist, was in Punkt 6 meiner Erläuterungen noch eine Rolle spielen wird, denn genau dort wären ausländische Direktinvestitionen für einen Wirtschaftsaufschwung sehr wichtig. Das BIP-Wachstum im Allgemeinen ist bei Abbildung 2 links unten zu erkennen und belegt, in graphischer Form, deutlich die Situation der gebeutelten ungarischen Wirtschaft. Gab es im Vorkrisenjahr 2005 noch eine starke BIP-Performance mit 4% Wachstum pro Jahr, sackte sie im Jahr 2009 sogar auf -6,8% ab.
Deutliche Indikatoren für den Ausgang der ungarischen Parlamentswahlen 2010.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3: Gewinne und Verluste der Parteien bei den Parlamentswahlen 2010 im Vergleich
Die Bevölkerung wollte eine Trendwende. Die stärkste und direkteste Auswirkung auf die ungarischen BürgerInnen brachte die Wirtschaftskrise mit dem Anstieg der Arbeitslosenquote mit sich. Diese lag im Wahljahr 2006 knapp unter 8% und im Wahljahr 2010 bei 11,2%.
Eine Grundsituation, die auf Veränderungen drängte und daher nicht nur die Absolute Mehrheit von FIDESZ, sondern auch die Wahlerfolge der rechtsextremistischen Partei JOBBIK förderte. Wie in Abbildung 3 zu sehen sind die Verluste der sozialdemokratischen MSZP bei den Wahlen 2010 mit -23,91% ein Rekord bei ungarischen Parlamentswahlen. JOBBIK konnte gegenüber den Wahlen 2006 ein Plus von 14,47% verzeichnen. Den Rechtsruck im Jahre 2010 machte FIDESZ mit einem Zuwachs von 10,70% auf eine absolute Mehrheit von 52,73% perfekt.
b) Hausgemachte Wirtschafts- und Sozialpolitik?
"Jedes Volk hat die Politiker die es verdient..." (nach Joseph Marie de Maistre)
Nach den sechsten Wahlen zum ungarischen Parlament im April 2010 kam es zum erstmaligen Einzug der rechtsextremen JOBBIK. Mit 12,2% der Stimmen konnte die, als faschistisch-nationalistisch eingestufte, Partei den dritten Platz erobern. In ihrem Programm zu den Wahlen 2010 konnte man Anti-Roma-Themen genauso finden, wie einen Aufruf zur Homophobie.
Anders als in Ländern, wo bereits „weiche“ rechts angesiedelte Parteien im Parlament bzw. in einer Regierung vertreten sind und waren (Belgien, Dänemark, Frankreich, Italien, Österreich), kann JOBBIK zu den „harten“ Rechtsextremisten gezählt werden (Jesse/Thieme 2010, S. 459). Zwar ist die Partei FIDESZ Mitglied der Europäischen Volkspartei, durch ihre nationalistischen Tendenzen und ihre restriktive Politik gegen ausländische Grundbesitzer und Minderheiten, stufe ich sie hier als „weiche“ Rechtspartei ein. Warum gerade in Ungarn es FIDESZ und JOBBIK geschafft haben auf eine große Resonanz in der Bevölkerung zu stoßen, kann einerseits auf der Mikro- und andererseits auf der Makroebene untersucht werden. Armin Pfahl-Traughber differenziert drei Ansätze zur Erklärung von Rechtsextremismus:
- einen psychologischen-,
- einen soziologischen- und
- einen politischen Ansatz (Pfahl-Traughber 2006, S. 97).
In weiterer Folge konzentriere ich mich bei der Beantwortung der Fragestellung, warum es gerade im ungarischen Parteiensystem einen starken Überhang von nationalistisch-rechtsgeprägten Parteien gibt, aus der Perspektive des soziologischen Analyseansatzes. Aus der wirtschaftspolitischen Sicht dieser Arbeit soll daher der Fokus auf das „Sozialkapital“, als Analyse- und Definitionsinstrument zur Art und Weise der Verteilung jenes innerhalb einer Gesellschaft, gelenkt werden (Putnam 1993, S. 163-185).
Das Sozialkapital setzt sich aus „Vertrauen“, „Normen“ und „Netzwerken“ zusammen. Speziell betrachtet ist die Komponente des „Netzwerkes“ für diese Analyse immanent, da jene in jeder Gesellschaft vorhanden ist und insbesondere die Mechanismen des „Bonding“ und „Bridging“ regelt. Bonding ist dabei das Resultat des Aufbaus sozialer Grenzen, welche innerhalb von sozialen Netzwerken entstehen. Dem gegenüber versteht sich Bridging als verbindendes Element sozialer Grenzen und Abbaumöglichkeit von Diskriminierung (Pollak 2004, S. 31).
Aus diesen Definitionen stelle ich die Annahme auf, dass je mehr Bonding-Sozialkapital in einer Bevölkerung zu beobachten ist, die Chance von Wahlerfolgen für rechtsextrem- und nationalistisch-geprägten Gruppierungen steigt. Dazu soll im Folgenden der Haupttheorieteil dieser Arbeit zu einer Schlussfolgerung zu obiger Annahme führen.
3. Sozialkapital als Erklärungsansatz für Rechtsextremismus in einer Gesellschaft
In seiner Studie „Making Democracy Work“ stellt Robert Putnam einen Vergleich der Effektivität verschiedener italienischer Regionalregierungen mit Hilfe des Sozialkapitals an. Je höher die Effektivität, desto höher das Sozialkapital (Halpern 2005, S. 7-8).
Ist in einer Gesellschaft die Bereitschaft zur gegenseitigen Unterstützung durch Tauschbeziehungen und das beiderseitige Vertrauen innerhalb von Netzwerken hoch, ergibt sich auch ein höherer Wert für das Sozialkapital. Zentral ist hier, laut Putnam, der Prozess der „Vertrauens-Verleihung“ innerhalb von Netzwerken, sprich interpersonellen Vereinigungen: (Putnam 1993, S. 163-185)
„I trust you, because I trust her and she assures me that she trusts you.“
(Putnam 1993, S. 169)
Einerseits kann man aus dieser Definition schließen, dass Charakteristika der Mikroebene, also der Individuen, zu speziellen Charakteristika der Makroebene, also einer gesamten Gesellschaft, führen (Göhler-Robus 2005, S. 28) und andererseits das Modell des Sozialkapitals als Kennzeichen einer Gesellschaft zur Überwindung des Problems der „Logik des kollektiven Handelns“ (vgl. Mancur Olsen) dienen kann, welches besagt, dass sich die Akteure der Mikroebene selbst dann bei der Erzeugung von Kollektivgüter zurückhalten, auch wenn sie daraus einen Nutzen für sich generieren könnten (Schäfer 2006, S. 17).
Demnach unterstützt das Sozialkapital die Bildung einer „Zivilgesellschaft“, welche durch Interaktion innerhalb einer sozialen Gruppe entsteht. Als Zivilgesellschaft versteht Francis Fukuyama einen öffentlichen Raum in einer Gesellschaft, welcher sich zwischen Privatsphäre auf Mikroebene und dem Staat auf Makroebene verortet lässt. Sie setzt sich aus Interessensgruppen, wie Vereinen, Netzwerken und auch politischen Organisationen zusammen. (Fukuyama 2000, S. 7) Genau auf dieser Ebene ist die politische Partizipation angesiedelt und auch dort entsteht der politische Willensbildungsprozess einer Bevölkerung (Klein 2000, S. 12).
Die Komplexität, welche der Begriff Sozialkapital mit sich bringt, zeigt sich durch seine mannigfaltigen Einflüssen auf die Gesellschaft. Die Definition von Sozialkapital wird in den Sozialwissenschaften differenziert betrachtet. Zur Konzeptualisierung Putnams hat vor allem die These Pierre Bourdieu beigetragen, der das Sozialkapital als Zustand eines symbolischen Kapitals sieht (Göhler-Robus 2005, S. 26). Trotz dem lässt sich weder eine eindeutige Definition, noch eine Standardisierung finden. Jan van Deth sieht eine Gesamtsicht auf Sozialkapital als verfehlt an und verweist darauf, dass sowohl bei der Definition, als auch bei der Standardisierung versucht werden muss auf den Untersuchungskontext einzugehen (van Deth 2008, S. 169). Dabei soll der Wert des Sozialkapitals durch die Untereilung in strukturelle (z.B. Mitgliederzahlen von Vereinen) und kulturelle (z.B. Vertrauen innerhalb einer Gesellschaft) Aspekte näher bestimmt werden (van Deth 2008, S. 160).
In seinem Werk „Bowling Alone“ präzisierte Robert Putnam seine Ausführungen zu Sozialkapital. Er verwendet darin die Begriffe „Social Bridging“ und „Social Bonding“. Hierbei differenziert er die beiden Begriffe, wobei Social Bridging die Förderung von öffentlichen Gütern begünstigt und Social Bonding dagegen ausschließlich die Eigeneinteressen von sozialen und institutionalisierten Gruppen fördert (Rauer 2004, S. 212).
a) Interpersonelle Netzwerke
Nach Putnam setzt sich eine Gesellschaft aus diversen interpersonellen Netzwerken zusammen, welche in ihrer Organisation sowohl vertikal als auch horizontal beschaffen sein können:
„Any society, modern or traditional, authoritarian or democratic, feudal or capitalistic, is characterized by networks of interpersonal communication and exchange, both formal and informal. Some of these networks are primarily „horizontal“, bringing together agents of equivalent status and power. Others are primarily „vertical“, linking unequal agents in asymmetric relations of hierarchy and dependence.“ (Putnam 1993, S. 173)
Die innere Organisation von Gruppierungen gliedert sich in vertikale Netzwerke, also in hierarchische Organisationsstrukturen und horizontale Netzwerke, folglich Individuen, welche in keinem oder geringem Maße in Relation stehen. Als vertikale Netzwerke können Parteien betrachtet werden, was bedeutet, dass nur eine eingeschränkte Anzahl von Individuen erreicht werden können. Anders bei horizontalen Netzwerken, z.B. Vereine, diese quer durch alle Bevölkerungsschichten Bridging berteiben und somit theoretisch alle Individuen einer Gesellschaft einschließen können. Zumeist herrschen allerdings Mischverhältnisse von horizontalen und vertikalen Netzwerken (auch eine Bowlingmannschaft hat einen Kapitän [siehe „Bowling alone“]). Gerade horizontale Netzwerke sind für die Schaffung und Festigung einer Zivilgesellschaft immanent, da sie die Kooperation und Kommunikation in einer Gesellschaft fördern und dadurch Vertrauen schaffen (Putnam 1993, S. 173-174).
Vertikale Netzwerke hindern dagegen das Aufkommen von Vertrauen erstens durch ihre hierarchische Organisationsstruktur und zweitens durch das Abhängigkeitsverhältnis der darin interagierenden Individuen voneinander (Putnam 1993, S. 163-176).
Eine weitere Differenzierung bilden formelle und informelle Netzwerke. Formelle Netzwerke kennzeichnet eine festgeschriebene Organisationsstruktur, welche sowohl die Prinzipien, Regeln und Gesetze, als auch die bei Verstoß zu erwartenden Folgen für das Individuum regeln (Pichler/Wallace 2007, S. 423). Solch ein Gesetzeskatalog oder Statuten zeichnet jede soziale Gruppe, auch Parteien, aus. Für Putnam sind gerade formelle Netzwerke als eine „Schule der Demokratie“ aufzufassen, da dem Individuum in ihnen das Erlangen von „civic skills“ ermöglicht wird. Civic Skills sind unerlässlich für eine pluralistische und demokratische Gesellschaft, da sie gemeinsam mit der oben angesprochenen Organisationstruktur unsoziales Handeln reduzieren und somit „thin trust“ produzieren. Putnam versteht unter thin trust ein ausgeprägtes Vertrauen, was es den Individuen ermöglicht aufeinander zuzugehen und zu interagieren. Daraus kann man schließen, dass formelle Netzwerke, im spezifischen horizontal-strukturierte und nach außen hin offene, die Bildung einer Zivilgesellschaft intensivieren (Putnam 1993, S. 171-176).
Dem gegenüber gibt es natürlich auch nach innen orientierte Netzwerke, welche sich Großteils auf ihre Eigeneinteressen fokussieren. Pamela Pixton sieht diese Netzwerke als kontraproduktiv für die Bildung einer Zivilgesellschaft an. Nach innen orientierte Netzwerke sind z.B. Gewerkschaften oder religiös-orientierte Gemeinschaften (Paxton 2002, S. 272).
Der kontraproduktive Einfluss auf die Zivilgesellschaft geht aus der partiell hierarchischen Organisationsstruktur einerseits und der nach innen gerichteten Interessen sowie der Homogenität der Mitglieder andererseits hervor. Dagegen haben informelle Netzwerke kein starres Regelsystem. Das Organisationssystem wird durch moralische Regeln generiert, welche je nach Gruppe unterschiedlich moralisch definiert sind. Als bestes Bespiel für kann hier die Familie oder der Freundeskreis genannt werden. Entgegen formellen Netzwerken unterstützen informelle Netzwerke nicht das gesellschaftliche Vertrauen der Individuen zueinander, also einen thin trust, sondern einen „thick trust“, wie ihn Putnam nennt. Ich übersetze thick trust mit „ausgedehntem Vertrauen“, da auch der Grundgedanke hinter diesem Begriff, das stark ausgeprägte Vertrauen zwischen den Individuen innerhalb einer Gruppe, dies so definiert. Einen weiteren Grund, warum thick trust eine Verminderung der zivilgesellschaftlichen Performance mit sich bringt, nennt Putnam mit den Abhängigkeitsverhältnissen, welche in vielen informellen Netzwerken herrschen (Putnam 1993, S. 171-176). Das in thick trust entstehende Vertrauen fokussiert sich rein auf bestimmte Menschen und soziale Gruppen (Pichler/Wallace 2007, S. 424).
Trotzdem lassen diese Ansichten aber den Schluss zu, dass informelle Netzwerke auch innerhalb von formellen Netzwerken entstehen können (Rose 2009, S. 62).
Resümierend betrachtet können Netzwerke also aufgrund ihrer inneren Organisationsstruktur in horizontal bzw. vertikal sowie in formell bzw. informell differenziert werden.
b) Bridging und Bonding als zentrale Funktionen von Sozialkapital
Am Grundlegendsten können Netzwerke allerdings durch Social Bridging und Social Bonding unterschieden werden, da jedes Netzwerk entweder Social Bridging- oder Social Bonding Sozialkapital fabriziert. Egal ob das Netzwerk nun formell oder informell bzw. horizontal oder vertikal organisiert ist. Nach Putnam stellt sich die Differenzierung wie folgt dar:
„Examples of bonding social capital include ethnic fraternal organizations (…) and fashionable country clubs. Other networks are outward looking and encompass people across diverse social cleavages. Examples of bridging social capital include the civil rights movement, many youth service groups and ecumenical religious organizations. (…) Bonding social capital provides a kind of sociological superglue whereas bridging social capital provides a sociological WD-40 (Anm.: WD-40 ist eine amerikanische Schmierölmarke) (Putnam 2000, S.22).
Versuchen Gruppen also ihre Ziele danach auszurichten, die Herstellung von Kollektivgütern zu fördern, spricht man von einer Außenorientierung. Diese bewirkt ein Social Bridging, während nach inneren Interessen agierende Netzwerke das Social Bonding vorantreiben (Zmerli 2008, S. 115-116). Netzwerke welche Social Bridging begünstigen nennt man auch „inklusive Netzwerke“, diese werden vor allem in horizontalen und formellen Netzwerken gebildet (Rauer (2004, S. 212).
In inklusiven Netzwerken agieren Individuen unterschiedlichen Geschlechtes, Ethnien und Konfessionen. Es ist ein sozial-grenzüberschreitendes Phänomen, welches für die Bildung einer Zivilgesellschaft immanent ist (Pollak 2004, S. 31). Mareike Göhler-Robus beschreibt inklusive Netzwerke folgendermaßen:
„Die Überbrückung geschieht in der Regel durch weniger intensive institutionalisierte Formen von horizontalen sozialen Beziehungen auf einer mittleren Gesellschaftsebene (Mesoebene). Sie ermöglichen durch ihre Außenorientierung einen wechselseitigen Austausch zwischen den verschiedenen Gemeinschaften mit enger Bindung. Während dem gemeinschaftsbildenden Sozialkapital vorwiegend eine defensiv Versicherungsfunktion zukommt, ist das überbrückende (Bridging) Sozialkapital mit dem Ziel der gemeinschaftsübergreifenden Vernetzung eher offensiv ausgerichtet.“ (Göhler-Robus 2005, S. 30).
Wie zuvor angesprochen ist dafür hauptsächlich die Interaktion zwischen unterschiedlichen sozialen Schichten, Ethnien und Konfessionen in Organisationen beispielhaft zu nennen. In Abbildung 4 soll verdeutlicht werden, wie eine Zivilgesellschaft mit ihren diversen Netzwerken interpretiert werden kann.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 4: Social Bridging - Sozialkapital
Die einzelnen Kreise symbolisieren jene Netzwerke, welche das Social Bridging unterstützen. Innerhalb dieser Kreise verlaufen Zyklen aus Normen, Vertrauen und kollektiven Kooperationen. Anzumerken ist, dass in Abbildung 4 formelle bzw. informelle sowie horizontale bzw. vertikale Organisationsstrukturen nicht berücksichtigt wurden. Die Schnittflächen der Kreise symbolisieren die Überbrückung der sozialen Grenzen zwischen sozialen Netzwerken.
Bei Social Bonding hingegen kommen die sozialen bzw. materiellen Güter Großteils der eigenen Gruppe zugute (Zmerli 2008, S. 115-116). Netzwerke, welche Social Bonding produzieren, werden auch „Exklusive Netzwerke“ genannt (Rauer 2004, S. 212). Social Bonding Sozialkapital entsteht hauptsächlich in informellen Netzwerken und fördert die Bildung von sozialen Grenzen. Im Zusammenhang mit der hier untersuchten Thematik lässt sich als gutes Beispiel, für Exklusive Netzwerke, rechtsextreme und nationalistische Parteien nennen, welche zum einen durch eine starke Gruppenidentität und beitrittserschwerenden Zugangsbarrieren den gruppeninternen Gemeinschaftsgeist fördern, zum anderen aber auch Grenzen aus einer bewussten Differenzierung heraus schafft (Schäfer 2006, S. 61).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 5: Social Bonding – Sozialkapital
Wie in Abbildung 5 ersichtlich, passieren sich die Kreise, welche wieder unterschiedliche Netzwerke verbildlichen. Es kommt zu keinen Schnittstellen, was verdeutlicht, dass das Social Bonding verstärkt wird. In ihnen finden wiederum Zyklen aus Normen, Vertrauen und kollektiven Kooperation statt. Bei Abbildung 5 floss die horizontale, vertikale, formelle oder informelle Organisationstruktur nicht mit ein.
c) Der Zusammenhang zwischen Sozialkapital, Rechtsextremismus und Nationalismus
Wie bis dato gezeigt, lässt sich festhalten, dass eine starke Zivilgesellschaft aufgrund von starken Social Bridging Faktoren die Grundlage für eine demokratisch geprägte Gesellschaft ermöglicht sowie politische Willensbildung und –Lernprozesse miteinschließt. Social Bonding dagegen hemmt diese Entwicklung (Klein 2000, S. 12). Rechtsextremismus, Nationalismus und Antipluralismus sind daher folgen einer schwachen Zivilgesellschaft. Dadurch ist die Bildung von antidemokratischen Entwicklungen wie z.B. in Ungarn eine logische Folge (Pfahl-Traughber 2006, 11-20). Diese gesellschaftlichen Transformationsprozesse werde ich in Punkt 5.b noch stärker thematisieren. Folgend lässt sich der Diskussionspunkt eröffnen, inwieweit eine schwache Zivilgesellschaft die Förderung von Rechtsextremismus unterstützt? Sind Social Bridging und Social Bonding Indikatoren für die Wahltendenzen einer Gesellschaft im Hinblick auf rechtsorientierte Parteien wie FIDESZ und JOBBIK?
Wäre es nach dieser These so, dann würde es in Vergleichsländer, wo ein hohes Social Bonding vorhanden ist, auch eine starke parlamentarische Repräsentation von rechtsextremen Parteien geben. Demzufolge müsste natürlich auch ein niedriges Potenzial an Social Bridging vorhanden sein. Im Falle Ungarns würde man rein objektiv diese antidemokratische und antipluralistische Potenzial annehmen und es durch die Wahlerfolge der Parteien FIDESZ und vor allem JOBBIK feststellen. Um diese Annahme zu untersuchen werde ich im Folgenden einen Vergleich zwischen Ungarn und anderen EU-Ländern (EU= Europäische Union) anstellen und versuchen mit Hilfe der oben angesprochenen Indikatoren die Annahme zu untermauern oder zu widerlegen.
Sollte sich diese These bestätigen, so kann angenommen werden, dass nicht nur die ungarische Regierungspartei FIDESZ ihren nationalistischen Kurs auf der Gesinnung der Bevölkerung gründet, sondern auch das Aufkommen einer noch rechtsorientierteren Gruppierung, die Partei JOBBIK, diesen Trend untermauert. Also die Bevölkerung, durch ihre breite Unterstützung für diesen Kurs und ihre schwache Zivilgesellschaft den Weg der Politik vorgibt und legitimiert. Wenn nicht, ist ein anderer Blickwinkel auf die Thematik zu werfen, indem der Einfluss der Politik auf die Bevölkerung in den Fokus rückt.
d) Untersuchung der Annahmen durch einen analytischen Ländervergleich
Als Messparameter für das Social Bridging werde ich die Mitgliederzahlen in freiwilligen Vereinen und Organisationen einem Ländervergleich unterziehen. Wie oben geschildert ist eine Partizipation in einem freiwilligen Zusammenschluss von Individuen ein signifikantes Kennzeichen für eine starke Zivilgesellschaft. Bei der Wahl der von freiwilligen Vereinen und Organisationen ist es für meinen Vergleich auch fördern, dass nur formelle Netzwerke in den Fokus der Analyse fallen, da diese, durch ihre Orientierung nach außen, explizit Social Bridging pushen (Zmerli 2008, S. 61-64). Dazu kommt noch, dass strukturelle Zugänge bei der Erfassung von Sozialkapital leichter erhalten werden können als kulturelle Aspekte (van Deth 2008, S. 155-160).
Dem gegenüber, werde ich bei der Erhebung des Social Bondings kulturelle Aspekte heranziehen, da es sich auch aus formellen Netzwerken, eigentlich aber aus informellen Netzwerken bilden kann (Paxton 2002, S. 272). Da anzunehmen ist, dass jeder Bürger und jede Bürgerin über ein Netzwerk von Familie und Freunden verfügt, ist ein struktureller Ansatz bei der Erhebung von Social Bonding nicht zweckmäßig. Daher soll, in weiterer Folge, Abbildung 6 verdeutlichen welche Rolle die Familie in den untersuchten Ländern spielt.
Zur Erhebung aller Daten werden die Umfrageergebnisse des „Eurobarometer 223“ dienen. (siehe Abbildungen 6 und 8)
Als Vergleichstheorie werde ich auch den Text „Extremismus in den EU-Staaten im Vergleich“ von Tom Thieme und Eckhard Jesse heranziehen, welche darin den Erfolg von rechtsextremen Parteien in verschiedenen EU-Mitgliedsstaaten untersuchen. Die darin enthaltenen Erklärungsmodelle und Daten sind für meine Erhebung besonders geeignet, da sie die Staaten in drei Kategorien unterteilt:
- Staaten mit dauerhaft erfolgreichen (rechten) Parteien
- Staaten mit vereinzelt oder einmalig erfolgreichen (rechten) Parteien
- Staaten ohne erfolgreiche (rechte) Parteien
Weiters geben die Daten aus dem Jahr 2010 auch eine Voraussicht an, wie sich die Stimmenanteile der rechten Parteien, in den jeweiligen Ländern, in den nächsten Jahren entwickeln hätte sollen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 6: aktives Mitwirken in freiwilligen Vereinen und Organisationen im europäischen Vergleich
Wie in Abbildung 6 ersichtlich wurde im Jahre 2005, also ein Jahr vor den ungarischen Parlamentswahlen, in der JOBBIK nicht ins Parlament einzog und FIDESZ das Rennen um den Ministerpräsidenten gegen die MSZP verlor, unter 25 EU-Staaten eine Umfrage durchgeführt, wie viele BürgerInnen sich in freiwilligen Vereinen oder Organisationen engagieren. Aus der Fragestellung ist zwar nicht nachzuvollziehen, ob es sich dezidiert um Mitgliedschaften in freiwilligen Organisationen handelt, aber im weiteren Text „Eurobarometer 223“ geht allerdings hervor, dass die Thematik als „Associational activity“, also „assoziationsmusterverbindende Tätigkeit“, tituliert wird (Eurobarometer 223 2005, S. 61-70).
Nimmt man den EU-Durchschnitt als Bezugswert her, so wird deutlich, dass nur 29% der Befragten aktiv in freiwilligen Vereinen und Organisationen mitwirken. Signifikant ist auch das starke Gefälle Nord- zu Südeuropa. Schweden (50%) und die Niederlande (49%) sind europaspitze, während in den südeuropäischen Ländern Spanien (15%) und Portugal (11%) fast nur jeder Zehnte Partizipation in einer freiwilligen Organisation ausübt. Bei der hier zu klärenden Fragestellung findet sich Ungarn als drittletzter Staat in der Auflistung. In Ungarn beteiligen sich lediglich 16% der BürgerInnen an gemeinschaftlichen Netzwerken. Dem gegenüber stehen 82%, die nicht aktiv an einer freiwilligen Organisation partizipieren. Zum Vergleich sind es in der Tschechischen Republik 23% auf Seiten der aktiven Beteiliger bzw. 70%, die nicht in einer freiwilligen Organisation mitwirken. Damit nimmt die Tschechische Republik im Ranking von EU-Mitgliedsstaaten nur den 16. Platz ein. Ungarn gar nur den 23. Rang (Eurobaromater 223 2005, S. 66-67).
Resümierend lässt sich festhalten, dass die ungarische Gesellschaft, mit jenen von Portugal, Spanien und Litauen, den niedrigsten Social Bridging-Wert aufweist und damit eine schwache Zivilgesellschaft beherbergt. Das sollte, nach der oben angeführten These dazu führen, dass nationalistische und rechte Parteien in diesen Ländern einen hohen Grad an Wahlerfolgen, sprich Beteiligungen in Regierungen oder starke Oppositionsvertretungen bilden.
Vergleicht man das oben gestellte Resümee mit den Daten in Abbildung 7, so lassen sich diese Annahmen nicht bestätigen. Weder in Spanien, Portugal oder Litauen konnten sich
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 7: Erfolg rechtsextremistischer Partien in Europa
in den letzten 20 Jahren rechten Parteien im innenpolitischen Spektrum erfolgreich festsetzen. Auch in Ungarn lässt sich keine langfristige Positionierung von rechten Parteien innerhalb der letzten Jahrzehnte beobachten. So hat sich auch das Anforderungsprofil der Wähler an nationalistisch-rechte Parteien über die Jahre verändert.
„Galt in den 1980er und 1990er ein antiegalitärerer Rechtspopulismus als idealtypisch für erfolgreiche rechtsextremistische Partien in Westeuropa, gewann in den letzten Jahren als Gegenreaktion auf die zunehmende gesellschaftliche Entnationalisierung, der Sozialpopulismus an Bedeutung.“
(Jesse/Thieme 2010, S. 457)
Obwohl in dieser Abbildung Ungarn eine stagnierende Tendenz vorausprognostiziert wird (Pfeil nach unten), konnte in den Wahlen 2010 (und auch 2014) eine gegenteilige Entwicklung beobachtet werden. Die Wahlen im Frühjahr 2014 zeigen eine klare Stärkung der rechtspopulistischen Partei JOBBIK mit 20,50%. Allerdings wird hier nur der Zeitraum inklusive dem Jahr 2013 untersucht. Vergleicht man aber Ungarn mit anderen Ländern, wie Belgien (Vlaams Belang) oder Österreich (FPÖ), so kann von einer nachhaltigen Tradition rechter Parteien keine Rede sein. Dem gegenüber würde die Theorie bestätigt werden, da Länder wie die Niederlande und Schweden über starke Social Bridging-Werte verfüge und über keine rechte Parteikultur über einen längeren Zeitraum verfügen.
Zusammenfassend muss die Klarheit der Annahme, dass Gesellschaften mit einem hohen bzw. niedrigen Social Bridging-Wert eine stärkere bzw. schwächere Empfänglichkeit gegenüber rechtsextremistischen Gedankengut, ausgehend von Parteien, haben, verschwommen betrachtet werde. Es lassen sich keine klaren Rückschlüsse ziehen!
In Abbildung 8 lässt sich zu den oben getätigten Annahmen die prozentuale Gewichtung der Familie als „important“, also „wichtig“ beobachten. Während sich der EU-Durchschnitt bei 86% bewegt, haben nur 10 von 25 EU-Mitgliedsstaaten einen Wert über 90% auf. Demzufolge ist der Bevölkerung in Griechenland (97%), Luxemburg (94%), Zypern (94%), Malta (93%), Schweden (93%), Großbritannien (92%), Slowakei (92%), Slowenien (92%), Bulgarien (91%) und Ungarn mit 91%. Österreich ist im Übrigen das einzige Land, welches einen Wert unter 80%, nämlich 78% aufweist. Bei den 2004 beigetretenen EU-Mitgliedsstaaten haben sowohl Slowenien, als auch die Slowakei mit 92% den höchsten- und mit 80% Estland den geringsten Wert (Eurobarometer 223 2005, S. 66-67).
Daher lässt sich festhalten, dass die Bevölkerungen Schwedens, Luxemburgs und Zyperns, nach der oben angestellten These, besonders empfänglich für die Propaganda von rechten Parteien sein müssten, da sie deutlich über dem Social Bonding-Durchschnitt aller Staaten liegen. Bei den neuen EU-Staaten, müssten insbesondere Slowenien und die Slowakei über eine hohe Empfänglichkeit verfügen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 8: Wichtigkeit der Familie
Wirft man einen erneuten Blick auf Abbildung 7, so ist ersichtlich, dass bloß die Slowakei und Slowenien, aus den zehn Ländern mit den höchsten Social Bonding-Werten, in den vergangenen 20 Jahren durchgängig erfolgreiche rechte Parteien hervorgebracht haben. Vor allem in der Betrachtung von Griechenland, welches über den höchsten Social Bonding-Wert verfügt, war die Prognose in Abbildung 7 richtig. 2009 erreichte die rechtsextremistische La.O.S. 5,6% der Stimmen bei den griechischen Parlamentswahlen. Vollkommen widerlegt werden kann meine Annahme aber durch das Beispiel Österreich. Österreich verfügt über den geringsten Social Bonding-Wert, aber über die Jahre, im Europavergleich gesehen, die erfolgreichste rechte Partei, die FPÖ. Ein europäisches Unikum dazu ist auch die Regierungsbeteiligung der FPÖ Anfang der 2000er Jahre (Jesse/Thieme 2010, S. 443).
e) Schlussfolgerung zur Bottom-up-These
Damit bleibt nur die Feststellung, dass innerhalb einer Gesellschaft vom Social Bonding nicht automatisch auf die Anfälligkeit einer Bevölkerung auf rechtsextremes und nationalistisches Gedankengut und die dafür stehenden Parteien, geschlussfolgert werden kann! Dazu gibt es auch keine Schlussfolgerung dafür, dass in Länder mit einem geringen Wert von Social Bridging, wie z.B. Ungarn, und in Länder mit starken Social Bonding-Werten, z.B. Griechenland, ein niedriger Social Bridging-Wert zugleich auch einen hohen Social Bonding-Wert, innerhalb eines Staates bedeuten muss. Explizit weist keines der untersuchten 25 EU-Staaten eine ausgewogene Relation von schwachem Social Bridging und starkem Social Bonding auf, was aber für die Empfänglichkeit einer Gesellschaft für nationalistisches und rechts Gedankengut als Voraussetzung gelten sollte.
Speziell im ungarischen Fall kann der Bevölkerung ein extrem niedriges Social Bridging und ein außergewöhnlich hohes Social Bonding nachgewiesen werden. Da aber die These oben widerlegt wurde, ist auch ein Umlegen der Annahme auf Ungarn nicht mehr zulässig. Klar ausgedrückt: die ungarische Bevölkerung hat aufgrund ihrer sozialen Beschaffenheit und Struktur keine besonders höhere Empfänglichkeit für rechte und nationalistische Parteien, als andere Bevölkerungen Europas.
Dies bringt mich zu der Schlussfolgerung, dass die wirtschaftlichen Reformen und gesellschaftlichen Transformationen, welche in Ungarn durchgeführt wurden, nicht durch eine Bottom-up Situation erläutert werden kann. Vielmehr muss die Annahme dahingehend ausgerichtet werden, dass rechte Parteien, ob hart oder weich, aber FIDESZ im Speziellen, durch eine Top-down Situation Veränderungen in Ungarn schaffen. Warum die Bevölkerung, durch den Zuspruch in Form von Wählerstimmen, dennoch die Zustimmung zu den kulturellen-, sozialen-, und wirtschaftspolitischen Transformationen gibt, muss anderswertig erläutert werden.
4. Selbstbild der Nation Ungarn
Wenn die Annahme einer Top-down Situation stimmt, dann muss die ungarische Bevölkerung zumindest eine Empfänglichkeit für das haben, was sie ausmacht. Dazu werde ich im Folgenden versuchen zu erläutern, wie sich die Nation der Ungarn selbst betrachtet, wenn der Lösungsgedanke der Wirtschaftskrise von FIDESZ dahingeht, anderen die Schuld für die derzeitige Situation zuzuschreiben, allerdings keine Verfehlungen im Inland feststellen zu können.
a) Eine historische Betrachtung
„Insgesamt sieht sich die ungarische Bevölkerung seit der Schlacht von Mohacs (Anm. 1526) als Opfer der Unterdrückung durch verschiedene Fremdmächte wie die Osmanen, Habsburger, Nationalsozialisten und schließlich Kommunisten. Niederlagen können im nationalen Gedächtnis dort erinnert werden, wo eine Nation ihre Identität märtyrerisch definiert und auf ein Opfer-Bewusstsein gründet, was wachgehalten werden muss, um Widerstand zu legitimieren.“ (Fritz 2008, S. 132)
Es wurde über die Jahrzehnte ein Selbstbild kreiert, indem die Nation als Opfer stilisiert wurde. Für diese Entwicklung sind auch die Schaffungen von Helden- und Märtyrermythen immanent, da sie helfen eine nationale Identität zu bilden. Bei dieser Entstehung des nationalen Selbstbildes ist sicher auch die Angst vor dem „Tod der Nation“ wichtig (Fritz 2008, S. 132).
Die Behauptung, die Ungarn seien aufgrund der außereuropäischen Wurzeln ihrer Sprache ein in Europa isoliertes, einsames Volk, dessen Existenz durch die Übermacht der sie umgebenden slawischen und germanischen Nachbarn ständig bedroht sei, ist ein immer wiederkehrender Topos.“
(von Klimo 1999, S. 211)
Bezeichnend steht dafür auch die kollektive Holocaust-Schuldzuweisung der Bevölkerung nach dem Zweiten Weltkrieg an das Horthy- und das radikale Pfeilkreuzler-Regime, welches eine Vorläuferorganisation der Nationalsozialisten war. Den restlichen Ungarn wurde in der nationalen Geschichtsschreibung ein heroischer Kampf gegen die faschistischen Besatzer zugewiesen. Dazu wurden die Verfolgten als die „Verfolgten des Nationalsozialismus“ tituliert, um auch einen linguistischen Abwehrmechanismus gegen jegliche Schuld an den Gräueltaten vor und während des zweiten Weltkrieges an den Juden in der Bevölkerung zu implementieren. Durch die Verbannung des Wortes „Jude“ aus dem Sprachgebrauch nach 1945, wurde das Verwischen zwischen Personen, welche aus rassistischen und anderen politischen Gründen unterdrückt wurden, noch verstärkt. Für die ungarische Soziologin Maria Vasarhelyi sind die Jahre nach 1989/90 bezeichnend für die ungarische Identitätssuche. Sie konnte in den letzten 15 Jahren keine Entwicklung der Modernisierung, aber einen Prozess der Restauration feststellen. Schlussendlich drückte die Debatte über den von außen auferlegten Kommunismus das Thema der Holocaustreflexion in den Hintergrund. Eine Neubewertung der Geschichte zielte vor allem auf die Abrechnung mit der sowjetischen Herrschaft und speziell mit dem stalinistischen System ab (Vasarhelyi 2005, S. 188).
b) Eine aktuelle Betrachtung
Vor allem FIDESZ suchte nach historischen Abrissen, welche die Einheit und die Unabhängigkeit der Nation Ungarn betonen sollte. Dabei fand die Zeit des Horthy-Regimes eine Phase der Romantisierung und Mystifizierung. Nach der deutschen Besetzung Ungarns am 19.04.1944 wurde eine unter deutscher Kontrolle stehende Regierung unter Döme Sztojay eingesetzt. Dieser war zuvor ungarischer Botschafter in Berlin und bestätigte Miklos Horthy als Reichsverweser, also als Vertreter der abgesetzten ungarischen Krone. Ihn prägte ein autoritär-konservativer Regierungsstil, welchen er seit 1920 ausübte (Mihok 2005, S. 158-159).
Viktor Orban wurde schnell die Bedeutung der identitätsstiftenden Historiographie bewusst (vgl. Frazon/Horvath 2002). Auf seine Intention wurden einige kulturell-symbolischen Maßnahmen gesetzt:
- Die Feierlichkeiten zum Millennium „1.000 Jahre ungarische Staatsgründung“.
- Die Überstellung der Stephanskrone in das ungarische Parlament.
- Die Errichtung des „Hauses des Terrors“ als nationales Museum in Budapest.
Genau Letzteres zeigt die unterschwelligen Botschaften von FIDESZ und ihren Versuch, die Ansichten der Ungarn zu manipulieren. Das Museum wurde in der Andrassy Straße 60 eröffnet. Genau jenes Gebäude, welches ab 1937 der Sitz der ungarischen Pfeilkreuzler war und danach bis 1952 als Unterkunft für die stalinistische Staatssicherheit diente (vgl. Marsovsky 2014).
Die Vorgabe an die Opfer sowohl des kommunistischen- als auch des Pfeilkreuzler-Regimes gleichermaßen zu gedenken, führt unweigerlich dazu beide Systeme gleichgesetzt zu betrachten. Trotzdem wird die Betrachtung der Thematiken verschoben, indem der Aufarbeitung des Holocausts zwei Räume und der Auseinandersetzung mit der kommunistischen Zeit zwanzig Räume gewidmet sind (Kovacs 2006, S. 98).
„Das zentrale Charakteristikum des Museums ist die Darstellung der ungarischen Nation als Opfer fremder Mächte.“ (Fritz 2008, S. 138)
Nicht nur kulturell, sondern auch unter einem gesamtgesellschaftlichen Aspekt versucht FIDESZ die Gesinnung und die ökonomische Ausrichtung der Bevölkerung zu verändern, um einerseits eine Trendumkehr in der Wirtschaftskrise zu schaffen und andererseits die eigene Machtposition dauerhaft zu festigen. Dazu zählt sicher auch die Änderung der Staatsbezeichnung von „Republik Ungarn“ auf „Ungarn“ (Hemerijck 2013, S. 212).
5. Viktor Orban zwischen Nostalgie und Reformen
Wie es zu jenen, von Anton Hemerijck angeführten, ökonomischen-, sozialen- und kulturellen Veränderungen unter FIDESZ in Ungarn gekommen ist und wie sich diese in Ungarn aktiv ausgewirkt haben bzw. wie sie in die Tat umgesetzt wurden, versuche ich im Folgenden zu skizzieren. Zuvor ein kurzer historischer Abriss:
a) Die historische Wandlung der ungarischen Demokratie
Mit kurzen Unterbrechungen in den Jahren 1918, 1945-1946 und 1956, konnte sich erst ab 1990 Demokratie in Ungarn entwickeln, welche eine gleiche Partizipation aller BürgerInnen ermöglicht. Von 1990 bis 2010 konnte man eine „liberale Demokratie“ in Ungarn vorfinden. Diese teilt der ehemalige ungarische FIDESZ-Kulturminister Andras Bozoki, der das Amt von 2005-2006 inne hatte und nach dem anti-demokratischen Kurswechsel von Viktor Orban zurücktrat, in drei Phasen:
- 1992-2006: Konsolidierte Demokratie mit freien Wahlen und geregelten friedlichen Machtübergaben.
- 2006-2008: Anzeichen des demokratischen Zerfalls durch eine moralische Krise innerhalb der politischen Führung, der Aufstieg des rechtsextremistischen politischen Lagers und aufkommende soziale Spannungen.
- 2008-2010: Die Wirtschaftskrise bewirkt einen schwachen Staat, dessen Negativentwicklung durch eine Minderheitenregierung beschleunigt wird. Er spricht vom Aufkommen eines instabilen innenpolitischen Gefühls.
- Ab 2011 vollzog FIDESZ Ungarn einer Wandlung von einer Konsensualdemokratie zu einer Mehrheitsdemokratie, einhergehend mit der Transformation von einer liberalen zu einer illiberalen Demokratie.
b) Ein Wirtschaftlicher Ausnahmezustand als Rechtfertigung für politische-, soziale- und kulturelle Transformationen
Von 2012 bis Ende 2013 trieb FIDESZ, unter dem Ministerpräsidenten Viktor Orban, die Entwicklung zu einer zentralisierten illiberalen Demokratie voran, was sich an folgenden Gesichtspunkten zeigt:
- die Beseitigung des rechtsstaatlichen „checks and balances“-Systems
- die Beschränkungen von regierungsunabhängigen Institutionen
- ein neues Wahlgesetz, welches ein hegemoniales Parteiensystem begünstigt
- der Austausch von Verfassungsrichtern in der Judikative
- die staatliche Interventionen im Bereich der Privatwirtschaft
- eine überdurchschnittliche Präsenz von Sicherheitsdiensten
- die Schaffung einer neuen restriktiven Zivil- und Strafgesetzgebung
- die Kriminalisierung von Oppositionellen
(Bozoki 2008, S. 200-228)
Andras Bozoki formulierte während seines Vortrages am IWM Wien am 26.03.2014 die Ausgangslage der ungarischen Bevölkerung nach der Wende 1989/90 folgendermaßen:
„After 1989, Hungarians expected not only political democracy but social liberation. Political democracy failed to deliver this. Now people are frustrated and searching for scapegoats. They expect nothing but jobs, economic survival and punishing the elites.“
Die Gründe hinter der Etablierung von FIDESZ sind vielschichtig, lassen sich aber im Zeitraum von 1990-2010 zumeist auf Probleme mit der demokratischen Liberalisierung im Land zurückführen. Die Tradition des vorgeschriebenen Konsenses, als Erbe des Kommunismus, machte die Findung von Zweidrittelmehrheiten im Parlament mühsam und verlangsamte das Reformtempo im Land. Damit ging auch die schwere Umstellung von einem Ein- zu einem Mehrparteiensystem einher, was eine Illusion von Stabilität vermittelte. Bestärkt wurde die Politikdepression der Bevölkerung noch durch ein Versagen der öffentlichen Hand bei der Setzung von Reformen. Reformen, welche den Staat in seiner Autorität stärken und kein Gefühl von Unsicherheit erzeugen sollten. Diese Faktoren führten, gemeinsam mit der globalen Wirtschaftskrise, zu einem plötzlichen und dramatischen Absturz der Kaufkraftparität.
Als Lösung dieser Krise bot sich nur FIDESZ an. Die innerparteiliche Struktur wurde zentralisiert und durch die Person von Viktor Orban eine „boss-democracy“ geschaffen. Durch diesen Personen- und Gruppenbezug wurde ab 2003 eine Identifikation geschaffen, welche die Zugehörigkeit zu FIDESZ mit der Zugehörigkeit zur Nation Ungarn gleichsetzt (vgl. Bozoki 2012).
Unter Viktor Orbans FIDESZ, welche eine Zweidrittelmehrheit in der Legislative aufweist, transformierte sich das politische System von einer liberalen Demokratie zu einer illiberalen oligarchischen Demokratie. Das gedankliche Fundament des Orban-Systems gründet auf fünf Punkte, welche alle Lebensbereiche der Bürger mit einschließen:
- ein nicht auf Wettbewerb ausgelegtes hegemoniales Parteiensystem.
- eine Praxis nationaler Vereinheitlichung, welche Ethnizität gründet, aber gesellschaftlichen Ausschluss und soziale Spaltung produziert.
- einen radikalen Wechsel der Eliten, unter dem Deckmantel der Pragmatik des Antikommunismus.
- eine Machtpolitik basierend auf keiner spezifischen Ideologie, sondern einer zwiespältigen Demokratie.
- die Schaffung eines dauerhaften Ausnahmetzustandes als Rechtfertigung der Aussetzung von üblichen, demokratischen Prozessen und außergewöhnlichen Maßnahmen.
(Lendvai 2010, S. 212-216)
Um den Ausnahmezustand dauerhaft zu rechtfertigen und in dieser Zeitspanne eine nachhaltige Veränderung der Bevölkerung, im Hinblick auf kulturelle und nationalistische Ansichten, und des politischen Systems zu durchzuführen, wird versucht den gesamten Staatsapparat auf FIDESZ zuzuschneiden. Das gilt, wie oben gezeigt, nicht nur für kulturelle und politische Selbstbilder der Bevölkerung und eine als festgeschrieben geltende Nationalidentität, sondern führt auch zu einer wirtschaftlichen Diktatur, welche unter einem nationalistischen Leitbild steht. Den Grundstock der FIDESZ-Wirtschaftspolitik bildet das transformierte Steuersystem, welches auf alle sozialen Schichten ausgelegt (vgl. Bozoki 2012). Somit sollen alle BürgerInnen den Eindruck von Vergünstigungen haben und den Transformationsprozess unterstützen.
Neue Steuern, welche auch „Krisensteuern“ genannt werden, wurden erlassen um auch Banken und Multimillionäre in den Bann des ökonomischen Nationalismus zu bringen. In der breiten Bevölkerung wurde, der durchaus als populistisch angesehene, Schritt mit Wohlwollen aufgenommen, da er nicht die breite Masse, sondern einige wenige Vermögende traf. (Schmidt/Thatcher 2013, S. 387-388) Viktor Orban gab den Schlachtruf nach einem ökonomischen Freiheitskampf gegen ausländische Investoren und überdurchschnittlich reiche Bürger aus. Hintergrund war der Versuch der Regierung das Staatsdefizit unter die Maastricht-Grenze von 3% der Neuverschuldung zu drücken (Lendvai 2010, S. 218).
Das private Pensionssystem wurde verstaatlicht, ohne den Privatversicherten eine Alternative zu ermöglichen. Dies war nur eine von vielen Maßnahmen, welche die sozialpolitische Landschaft Ungarns stark veränderte. Maßnahmen, welche eine Transformation von einem Wohlfahrts- zu einem „arbeitsbezogenen Staat“ nach sich zogen:
- um die Arbeitslosenquote zu senken, wurden gekürzte Zwangspensionierungen durchgeführt.
- Beiträge für Obdachlose wurden zurückgefahren und Obdachlosigkeit später sogar strafrechtlich verfolgt.
- Arbeitslose bekamen lediglich drei Monate Arbeitslosengeld, um nach dieser Zeit als „öffentliche Kraft“ um € 100,-- pro Monat wieder erwerbstätig werden zu können.
- Mehr staatliche Zuwendung erhielten hingegen Hausfrauen, deren Aufgabe, nach FIDESZ, darin besteht für einen Anstieg der Geburtenrate zu sorgen, um das traditionell patriarchalische Konzept von Familie, als nationales Interesse, umsetzen zu können (Hemerijck 2013, S. 208-214).
Wie schon zuvor erwähnt, wurde als übergeordnetes Instrument eine Flat-tax eingeführt, welche auf den Zweck ausgelegt ist, sowohl die Gunst der wohlhabenden- als auch die der oberen Mittelschicht zu gewinnen und diese gegen die Interessen der unteren Mittelschicht und der Armen auszuspielen. Als Begründung nannte Viktor Orban des Öfteren die Wettbewerbsfähigkeit des Landes und den damit verbundenen Ausweg aus der Wirtschaftskrise (Schmidt/Thatcher 2013, S. 390-395). Auch durch diese Maßnahmen sank in den letzten Quartalen Ungarns Status im „Freedom Home Index“ von „free country“ einige Plätze auf „partly free“ (Freedom Home Index 2014).
c) Der „Mafia-State“ und sein Visionär
Maßgeblichen Anteil hatte auch die Entwicklung hin zu einer institutionalisierten korrupten Wirtschaftspolitik (Schmidt-Pfister/Maroff 2012 S. 64-69). Sowohl im Ein- als auch im Verkauf blühten staatlich gelenkte Schattenwirtschaften auf. Dies gipfelte zur Aufnahme von MOL-Chef Zsolt Hernadi auf die Interpolliste. Genauso zwielichtig sind die, unter verschlossenen Türen geführten, Gespräche mit Russlands Präsident Vladimir Putin über den Bau eines neuen Atomkraftwerks nahe der Stadt Paks, durch die russische Firms Rosatom. An inländische Firmen wurden nur noch Aufträge vergeben, wenn diese FIDESZ-nahen Besitzern gehörten. Dazu zählen vor allem die Neubauinitiative von Sportstadien und die Vergabe der nationalen Tabaklizenzen (Tudorei /Matei /Rosca 2009, S. 38).
In seinem Text „Post Communist Mafia State“ kritisiert Balint Magyar ebenfalls die korrupte Wirtschaftspolitik der Regierung Orban. Korruption hat in Ungarn zwar eine lange Tradition, doch wurde dieses System noch nie so manipulativ gegenüber der Bevölkerung angewandt (vgl. Magyar 2013). Meiner Ansicht nach ist die ungarische Bevölkerung durch die Opferidentität und das Vorhandensein eines relativ niedrigen Social Bridging Sozialkapitals in ihrer Mentalität passend dafür ausgelegt von einem „Visionär“ geleitet zu werden, welcher durch gezielte Maßnahmen alle Gesellschaftsschichten erreicht und alles unter ein den Titel eines utopischen Gemeinzieles verpacken kann. Nach Magyar wies Ungarn stets Korruption unter veränderten historischen Kontexten auf:
- von 1948-1989 war unter dem Sozialismus alltägliche Korruption korrektiv ritualisiert.
- von 1990-2010 war die postsozialitische Zeit die Phase der illegalen Parteienfinanzierung und der politisch ökonomischen Demokratie, was zu einer Zerstörung des alten korrektiven Systems führte. Das ging vor allem von der sozialistischen Partei MSZP aus, welche daraufhin ihre Macht an FIDESZ verlor.
- ab 2010 glichen sich poltische und privat-ökonomische Interessen immer mehr an, was zu einer systematischen Korruption unter FIDESZ führte.
Mit „Mafia State“ vergleicht Balint Magyar Ungarn mit einer organisierten kriminellen Vereinigung, in welcher FIDESZ unter Ministerpräsident Orban alle Privilegien auf sich vereint hat. Die Regierungspartei habe den Staat hinter einer Fassade von Demokratie zu einer familieninternen Mafiaorganisation ausgebaut.
„In the wake of the massive and aggressive transformation of wealth structure, the expenses incurred by the power restructuring of the mafia state impose a heavy strain on the economy and at a time of crisis the mafia state resembles an oil dictatorship without oil revenues. New sources are needed to generate revenues that reinforce the power and wealth of the adopted political family. These include flat rate tax, reduction of social expenditure, ransom levied on banks and public utility providers, and above all channelling European Union sources into the coffers of the adopted political family.“ (vgl. Magyar 2013).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 9: ökonomisches Pyramidenschema
Dieser Zustand lässt sich, nach Balint Magyar, unter dem Begriff des „ökonomischen Pyramidenschemas“ am besten skizzieren. Viktor Orban wird als DER Staatsmann stilisiert und in der Öffentlichkeit positioniert (vgl. Magyar 2013). Wie zuvor schon erläutert ist es für einen Staat umso schwieriger sich wirtschaftlich zu erholen, wenn zwar eine innenpolitische Vertrauensbasis und ein, auf einem starken Sozialkapital basierendes, System kommunaler Netzwerke existiert, der Staatschef selbst aber Social Bonding fördert.
Daher ist die Regierung bemüht, ein stets positives öffentliches Bild des Regierungschefs zu fördern und das Aufkommen kontraproduktiver Gedankengänge zu verhindern, welche durch eine starke Zivilgesellschaft gefördert werden. In Folge dessen kam es zu einem Rückgang öffentlicher Diskurse sowie einer Neudefinition, was dem Wohl der Allgemeinheit dient und was für das nationale Interesses immanent ist. Wenn es zu einem öffentlichen Diskurs kommt, dann erinnert die Rhetorik von FIDESZ an einen Mix aus National- und Sozialpopulismus gegen die hochstilisierten Staatsfeinde der Multinationalisten, Kommunisten und Ausländer (vgl. Becket-Weaver 2007, S. 177-182).
6. FIDESZ Ausweg aus der Krise
In diesem Kapitel werde ich die Lösungsansätze der ungarischen Regierung thematisieren und die damit verbundene Reaktion der Opposition.
a) Die Wirtschaftsprobleme und das reformatorische Entgegenwirken
Wie zuvor schon, aus Abbildung 2 ersichtlich, erläutert, sank die Kreditwürdigkeit Ungarns dramatisch und der Forint verlor immer mehr an Wert. Viele BürgerInnen leerten ihre Bankkonten und versuchten ihr Erspartes in Sicherheit zu bringen, um dieses wenigstens partiell noch in sichere Devisen anlegen zu können. Die Herabstufungen durch Standard and Poor´s und Fitch veranlasste Viktor Orban zu der Erklärung, ausländische Spekulanten und eine internationale Verschwörung wären der Grund, was ihm dazu brachte den ungarischen Geheimdienst mit der Suche nach den Schuldigen zu beauftragen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 10: Bruttowertschöpfung nach Wirtschaftsbereichen 2013
Schon 2011 sollte die Neuverschuldung unter die Maastricht-Grenze von 3% fallen und die Staatsverschuldung auf 60% gedrückt werden. Wie ebenfalls aus Abbildung 2 ersichtlich wurden die Ziele klar verfehlt. Das Haushaltsdefizit erreichte 3,8% und die die Staatsverschuldung ist sogar von 75% auf 82% gestiegen. Die eingeführte Flat-Tax von 16%, anstatt zweier Steuersätze von 17% und 32%, hat nachweislich nur den besser verdienenden Haushalten geholfen. Die umgesetzte Sondersteuer auf Formen brachte lediglich den Effekt Investoren zu verunsichern. Das Niveau der ausländischen Direktinvestitionen, welche unerlässlich für eine Überwindung der Wirtschaftskrise wären, sank unter jenes vom Vorkrisenjahr 2008. Im Vergleich liegen diese deutlich unter jenen von Tschechien oder der Slowakei. Wie in Abbildung 10 ersichtlich stellt der Bereich des Verarbeitenden Gewerbes mit 22,6% den größten Teil der Bruttowertschöpfung im Jahr 2013. Genau in diesem Segment fehlen ausländische Investitionen, welche für ein langfristiges Wirtschaftswachstum sorgen können (vgl. Pester Llyod 2014, Ausg. 19).
Konnte beim privaten Konsum in den Jahren 1996-2000 noch eine Steigerung von 2,3% und im Zeitspektrum von 2004-2005 sogar mit einem Wachstum von 5% beobachtet werden, sank dieser Wert in den Krisenjahren 2006-2010 auf -1,7% ab. Für das Jahr 2010 verzeichnete der private Konsum einen Rückgang von -3,6% In den Folgejahren konnte keine Entspannung festgestellt werden: 2011 +0,3%; 2012 -1,7%; 2013 +/- 0%. (vgl. AHK 2014)
b) Das zehn Punkte-Programm als Trendwende
Im Jahre 2010 stellte Viktor Orban seine zehn Wirtschaftsziele für die Legislaturperiode 2010-2014 vor, um Ungarns Wirtschaft aus der Krise zu führen:
I. Abbau der Staatsschulden, größtenteils in Devisen vorhanden, und gleichzeitig der Aufbau von finanziellen Reserven.
II. Eine Steigerung der Industrialisierungsquote, welche am Ende des Prozesses den prozentuell-höchsten Anteil am BIP aller EU-Länder haben soll.
III. Die Transformation des Bankensektors mit dem Ziel, mindestens 50% der Eigentumsquote in ungarischen Händen zu haben. Dadurch ließe sich der Konkurrenzkampf innerhalb des Bankensektors ankurbeln und Kredite leichter lukrieren.
IV. Die Reorganisation der Landbesitzverhältnisse im Landwirtschaftsektor. Zumindest 80% der Agrarflächen sollen im Eigentum von klein- und mittelgroßen ungarischen Landwirtschaftsbetrieben sein.
V. Die Entstehung von Innovationsstandorten für Forschung. Als Beispiel nannte er den Bau des Szeged-Laser-Programms. Der Forschungsanlagenbau soll an Industriestandorte gekoppelt sein und damit für Innovation sorgen.
VI. Eine Steuerentlastung für Arbeiter soll den privaten Konsum anheizen. Zugleich soll aber die Mehrwertsteuer erhöh werden.
VII. Die gesamte Wirtschaft soll auf einem neuen demographischen Fundament neu aufgebaut werden. Durch eine Flat-tax-Lohnsteuer könne das Familiengeld erhöht werden um somit die Geburtsraten zu erhöhen.
VIII. Entwicklung eines neuen Energievertriebssystems, zur Senkung der Verbraucherkosten.
IX. Das Erreichen einer Vollbeschäftigung.
X. Erhöhung des Investitionsvolumens ausländischer Firmen in den Osten Europas, insbesondere Ungarn (Gulde-Wolf/Giorgianni IMF 2011, S. 28-32).
Wie zuvor schon erwähnt, setzten der Ministerpräsident und seine Partei FIDESZ ihre zehn Ziele mit den oben erläuterten Gesetzen und Projekten um. Dabei wurden, der Ideologie FIDESZs folgend, nicht nur wirtschaftliche sondern zugleich auch kulturelle und soziale Reformen durchgeführt.
c) Gegenwind aus der Opposition
Die Mitte-Links-Allianz um den ehemaligen Ministerpräsidenten Gordon Bajnai stellte im Oktober 2013 ein Gegenkonzept zu jenem von FIDESZ auf. Grundgerüst bilden die Forderungen nach einer Abschaffung der Flat-tax und der Einführung einer gestaffelten Einkommensteuer.
„Die Veränderungen, die FIDESZ vor den Wahlen vorgenommen hat, offenbaren, dass sie das Scheitern ihrer Steuerpolitik nun zwar allmählich einsehen, mit ein paar Korrekturen aber nicht die Grundfehler beheben können um die ideologische Motivation dahinter aufzugeben.“
(Gordon Bajnai 22.10.2013, auf Minster.hu)
Alle Mindesteinkommen, also jene um und unter dem Durchschnittslohn, sind seit den Steuerreformen der Regierung um 2% des BIPs mehr belastet als vorher. Die fehlenden Staatseinnahmen machen jährlich 1% des BIPs aus. Gleichzeitig hat, nach Bajnai, die 10-12% der oberen Einkommensschichten, durch die Flat-tax, mehr Einkommen hat. Die dadurch entstehend Steuerlöcher wurden durch Sonderabgaben für Industrie und Banken kompensiert. Das bewirkt einen Investitionsstau und eine Kreditklemme für die ungarische Wirtschaft, welche auch durch die 21 neuen eingeführten Steuern, von denen die Hälfte direkte- und indirekte Verbrauchsabgaben sind, nicht zu kompensieren sind. Dazu wünscht sich die rechtsextreme JOBBIK sogar einen Umsatzsteuersatz von 5% auf Lebensmittel und schon eine Steuerreduktion für Ungarn, welche erst daran denken überhaupt eine Familie gründen zu wollen (vgl. Kahlweit 2013).
7. Ein Faktencheck des Status quo
Ob sich die ungarische Wirtschaft tatsächlich, wie von der Regierung oftmals in zwiespältige Zahlen gegossen, durch diese Programme erholt hat, versuche in weiterer Folge zu untersuchen.
Wie zuvor erwähnt ist Ungarn auf ausländische Investoren angewiesen, um den Wirtschaftsmotor in Schwung zu bringen. Wenn diese aber durch eine Unberechenbarkeit des Gesetzgebers abgeschreckt werden, hat das weitreichende Folgen. Nicht nur durch die Enteignung ausländischer Agrarlandbesitzer wird dieser Trend untermauert. Ausländische Investitionen fließen, wenn auch mit abgeschwächtem Volumen, über die Hintertür ins Land. 2013 kamen 90% der staatlichen Investitionen aus den EU-Fördertöpfen. Genau das hat zur Folge, dass das Geld, was hier investiert wird nur kurzfristig für einen Erholungseffekt sorgt. Genauso wie der gesetzlich limitierte Energiepreis, werden auch die EU-Investitionen nicht dafür sorgen können, die Inflation dauerhaft tief zu halten, da die Exporte stets stärker wachsen, als die Importe. Zuletzt lag der Unterscheid bei 8,8% zu 7,4% (vgl. Pester Llyod 2014, Ausg. 19).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 11: ungarische Ausfuhren nach Ländergruppen / *neue EU-Mitgliedsstaaten **Osteuropastaaten außerhalb EU
In Abbildung 11 ist deutlich zu erkennen, dass Ungarn, seit der EU-Mitgliedschaft 2004, fast unverändert den absoluten Bärenanteil der Exportgüter in die anderen Mitgliedsstaaten exportiert. Mit Deutschland (hellblau), den alten 15-Mitgliedsstaaten (dunkelblau) und den weiteren neuen 13-Mitgliedsstaaten (hellgrün) verbindet Ungarn ein Exportsatz von 78% der Gesamtexportleistung. Daher ist es für FIDESZ ein zweischneidiges Schwert einen Anti-EU-Kurs zu fahren und andererseits vom Export in diese Länder abhängig zu sein.
Das Image eines „Mafia-State“ (vgl. Magyar 2013). fördert nicht gerade das Andocken neuer Investoren, welche bei aller Kritik Orbans, die einzige stabile Säule in der ungarischen Wirtschaft seit der Wende 1989/90 sind. Im extrem wichtigen Wirtschaftzweig Industrie (22,6%, vgl. Abb. 10). lag die Investitionsquote 2013 inflationsbereinigt 8,7% hinter dem Vorjahresergebnis. Dies erklärte Viktor Orban damit, dass große ausländische Unternehmen wie Audi und Mercedes bereits in den letzten Jahren so viel investiert hätten, dass in den nächsten Jahren eben keine deutliche Steigerung zu erwarten sei (vgl. Pester Lloyd 2014, Ausg. 19).
Abbildung 12 ist eine Graphik des ungarischen Wirtschaftsministeriums MTI und dokumentiert den Verlauf der gesamten Investitionsvolumina von 2002 – 2013. Dabei ist deutlich zu erkennen, dass es lange dauern wird, bis das Vorkrisenniveau aus den Jahren 2002 – 2005 wieder erreicht werden kann. Eine unsichere politische Lage im Land tut ihr übriges dazu, ausländische Investoren abzuschrecken.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 12: Entwicklung der Investitionsvolumina
Auch im Bereich Verkehr und Transportwirtschaft wurde im Jahr 2013, nach Angaben des MTI, um 13,2% mehr investiert. Dieser Wirtschaftssektor macht ca. 14% des BIPs aus. Allerdings lassen sich auch hier die positiven Zahlen ausschließlich nur durch Infrastrukturprojekte, gefördert durch die EU, zurückführen. Genauso ausgeprägt ist die Investitionsdominanz des Staates im Sektor Müll- und Wasserwirtschaft. Zwar wuchs dieser Sektor um 79,3%, wurde aber wiederum zu fast 80% aus EU-Geldern finanziert. Nach den, oben skizzierten, eingeführten Gesetzen der Regierung Orban, welche einerseits gegen Menschenrechte verstoßen und andererseits gegen EU-Recht, Stichwort Agrarlandenteignung, fror die EU 13 von 15 Projekten ein. Da es sich bei Wasserwirtschaftsprojekten größtenteils um Hochwasserschutzprojekte handelte war der Aufschrei in der Bevölkerung groß (Anm. einen Mandatsverlust bei den Wahlen 2014 gab es trotzdem nicht). Auch im Wohnbausektor gingen 2013 die Investitionen um 8,2% zurück. Zwar konnte durch die Errichtung von Armenvierteln das Minus deutlich verkleinert werden, allerdings einen nachhaltigen Effekt zur Finanzkonsolidierung des ungarischen Staates stellen solche Projekte aber nicht dar. Exemplarisch für die verfehlte Investitionspolitik sind die Rückgänge in den Bereichen Bildung, Gesundheit und Soziales zwischen 5% und 6%. Bezeichnend für das Orban-Dilemma der wirtschaftspolitischen- und sozialen Gesetzgebung ist das Beispiel der preisdiktierten Energiewirtschaft. Ausländische Netzbetreiber wie die deutschen Konzerne EON und RWE fuhren ihre Investitionen um 24,8% zurück (vgl. The Budapest Beacon 2014). Zwar kann FIDESZ den Ungarn niedrige Stromkosten garantieren, ausländische Investoren sehen die niedrigen Preise aber als unrentabel an und ziehen ihre Gelder aus dem Land ab.
Dazu muss auch noch bemerkt werden, dass auch Großprojekte wie das AKW Paks, errichtet durch das russische Unternehmen Rosatom (siehe S. 26), zwar kurzfristig hohe Wachstumsraten in diesem Wirtschaftssektor beitragen, aber langfristig keine Entspannung zur wirtschaftlichen Talfahrt beitragen (vgl. Pester Lloyd 2013, Ausg. 43). Genau hier zeigt sich der Nationalismus, Populismus und die Korruption von Viktor Orbans FIDESZ, welche nachhaltig Investoren vertreibt und nur danach trachtet eigene Vertrauensleute finanziell zu sättigen.
Auch das BIP-Wachstum im Jahre 2013 ist lediglich auf den Einbruch in den Vorjahren zurückzuführen (vgl. Pester Lloyd 2013, Ausg. 43). Eigentlich befindet man sich, wenn man Abbildung 2 betrachtet auf einem Wachstumslevel von vor 8 Jahren.
8. Ausblick
Während andere vergleichbare EU-Länder, wie Rumänien, Slowakei oder die Tschechische Republik 2014 ein voraussichtliches BIP-Wachstum von ca. 3% zu erwarten haben, wird Ungarn auch in diesem Jahr nur mit 1,5-2% auskommen müssen (vgl. The Budapest Beacon 2014).
Da diese Arbeit nur die Entwicklung bis zum Jahr 2013 mit einschloss, ist der Ausblick aus dieser Warte recht einfach. Bei den ungarischen Parlamentswahlen konnte FIDESZ die Zweidrittelmehrheit und damit die Hoheit über die Legislative halten. Die rechtextremistische JOBBIK konnte ihre Mandate sogar um 3 steigern. Ohne ausländische Investoren und damit verbunden eine engere Kooperation mit der EU, wird es für Ungarn noch schwerer den Weg aus der Wirtschaftskrise zu finden. Die Haltung der Bevölkerung zu diesen Reformen und nationalistischen Kurs wurde durch den Stimmenzuwachs beider Parteien deutlich zum Ausdruck gebracht.
9. Conclusio
In dieser Arbeit soll aufgezeigt werden, wie Ungarn versucht in der Wirtschaftskrise zu agieren. Ungarn, damit habe ich einerseits die Bevölkerung herangezogen, um aufzuzeigen, dass hinter einer Regierung auch eine Gesellschaft steht, welche diese Ideale vertritt oder vielleicht sogar fordert. Meine These, dass eine schwache ungarische Zivilgesellschaft einen nationalistischen Kurs und einen Rechtsruck im Land fördert, musste ich widerlegt zur Kenntnis nehmen. Andererseits meine ich mit Ungarn eine politische Kultur und einen Ministerpräsidenten, einer Partei, welche eine Zweidrittelmehrheit im Parlament inne hat. Ich habe, nach Widerlegung der Behauptung die ungarische Bevölkerung sei empfänglicher für rechtes- und nationalistisches Gedankengut als andere, die Reformen der Regierung Orban genau skizziert und sowohl die Wirtschafts-, Kultur-, und Sozialpolitik durchleuchtet.
Meine Forschungsfragen, wie die Regierungspartei FIDESZ, unter dem Ministerpräsidenten Viktor Orban, versucht, das Land aus der Wirtschaftskrise zu führen und welche gesellschaftlichen Transformationen sich dabei verfolgen lassen und welchen Einfluss die Bevölkerung auf die Bewältigung der Wirtschaftskrise nimmt, konnten dahingehend beantwortet werden, dass die ungarische Bevölkerung zwar nicht offener für rechte Parteien ist, sich aber einen Systemwechsel wünscht und Viktor Orban die Opferrolle, in welcher sich Ungarn gerne sieht, politisch klug ausnutzen kann.
Im Speziellen habe ich thematisiert, ob der Kurs der derzeitigen Regierung und das Aufkommen von rechtsradikalen Parteien durch die Grundgesinnung und die damit verbundene leichtere Empfänglichkeit der Bevölkerung für Rechtsextremismus und Nationalismus legitimiert ist. Die Antwort dieser Forschungsfrage bietet, nach weitreichenden Reformen in den letzten Jahren, auch das Wahlergebnis der Parlamentswahlen 2014, bei dieser JOBBIK und vor allem FIDESZ ihre Mandatsanteile ausbauen bzw. halten konnten. Daher gründet der Kurs der Regierung in einer Unterstützung in der Bevölkerung.
Meine Schlussfolgerungen dadurch sind:
1. Die ungarische Bevölkerung sehnt sich nach den Jahren der Korruption durch die sozialistischen Regierungen in den 1990er und 2000er Jahren nach einer stabilen Regierung, welche Perspektiven vorgibt, trägt aber ihren Teil zur anhaltenden wirtschaftlichen Situation bei, indem sie das derzeitige politische System mit Wahlerfolgen unterstützt.
2. Durch die festsitzenden Enttäuschungen gegenüber den Sozialisten, ist es einfach die Bevölkerung für den Reformkurs von Viktor Orban zu gewinnen, indem er Ungarn als das Opfer ausländischer Geschäftsmacher und der Europäischen Union darstellt und damit das ungarische Selbstbild, als Opfer der Geschichte, untermauert.
3. Geht der anti-europäische Kurs auf Kosten der Auslandsinvestitionen aus dem Privatsektor, welcher sich Großteils durch Exporte in die EU-Mitgliedsstaaten refinanziert. Wie am Beispiel der Hochwasserprojekte fror aber auch schon die EU einige Bauvorhaben ein, was der Unterstützung der Bevölkerung am Kurs Viktor Orbans keinen Abbruch tat und seiner Partei, bei den Wahlen 2014, wieder eine Zweidrittelmehrheit gab.
4. Einerseits sieht sich FIDESZ dem Dilemma gegenüber einen Sündenbock für die Rechtfertigung ihrer kulturellen und sozialen Reformen zu benötigen, auf der anderen Seite ist dieser Sündenbock die einzige Möglichkeit aus dem Abwärtsstrudel der Wirtschaftskrise durch nachhaltige Investitionen auszubrechen.
5. Viktor Orban muss sich entscheiden, was für ihn wichtiger ist: Eine Weiterführung der Transformation des ideologischen-, inklusiven Kurses, der sozialen- und kulturellen Gesinnung seiner Landsleute, oder eine Öffnung und Hinwendung zum europäischen Ausland, welches durch Investitionskapital den wirtschaftlichen Abschwung abfedern könnte, dafür aber nicht mehr als Sündenbock herhalten kann.
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Abbildung 2: Wirtschaftsperformance Ungarns in den Krisenjahren
http://www.faz.net/aktuell/finanzen/devisen-rohstoffe/ungarn-forint-beschleunigt-talfahrt-12111853-b3.html
Datenursprung: Eurostat EU Kommission
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Abbildung 3: Gewinne und Verluste der Parteien bei den Parlamentswahlen 2010 im Vergleich
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Abbildung 4: Social Bridging – Sozialkapital; eigene Darstellung
Datenquelle:
http://imgarcade.com/1/social-capital/
Samstag, 17.05.2014 – 08:02 Uhr
Abbildung 5: Social Bonding – Sozialkapital; eigene Darstellung
Datenquelle:
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Abbildung 6: aktives Mitwirken in freiwilligen Vereinen und Organisationen im europäischen Vergleich
http://ec.europa.eu/public_opinion/archives/ebs/ebs_223_en.pdf
Eurobarometer 223 2005, S. 66: Montag, 19.05.2014 – 18:51 Uhr
Abbildung 7: Erfolg rechtsextremistischer Partien in Europa
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Abbildung 8: Wichtigkeit der Familie
http://ec.europa.eu/public_opinion/archives/ebs/ebs_223_en.pdf
Eurobarometer 223 2005, S. 45
Montag, 19.05.2014 – 20:13 Uhr
Abbildung 9: Ökonomisches Pyramidenschema
http://hungarianspectrum.wordpress.com/2014/02/13/balint-magyar-the-hungarian-post-communist-mafia-state-from-a-critique-of-the-government-to-a-critique-of-the-system/
Freitag, 04.04.2014 – 09:36 Uhr
Abbildung 10: Bruttowertschöpfung nach Wirtschaftsbereichen 2013
http://www.ahkungarn.hu/fileadmin/ahk_ungarn/Dokumente/Wirtschaftsinfos/HU/Statistik/INFO_HU_Bruttoinlandsprodukt.pdf
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http://www.ahkungarn.hu/fileadmin/ahk_ungarn/Dokumente/Wirtschaftsinfos/HU/Statistik/INFO_HU_Aussenhandel_Laendergruppen.pdf
Dienstag, 27.05.2014 – 11:43 Uhr
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http://www.ugyvezeto.hu/cikk/102824/nemzetgazdasagi-beruhazasok-magyarorszagon-2002-2013-i-felev?area=167
Samstag, 17.05.2014 – 08:30 Uhr
(dankenswerte Hilfe bei der Suche und Übersetzung von György Korsos)
[...]
- Arbeit zitieren
- Stephan Anderson (Autor:in), 2014, Ungarn und die Wirtschaftskrise. Wirtschaftspolitische, soziale und kulturelle Transformation der ungarischen Gesellschaft, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1328250