Kindheitskonstruktionen in Kinderbüchern der DDR

Schüler, Pionier, Rebell


Magisterarbeit, 2008

119 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Zu den Begriffen Kindheit und Kindheitskonstruktionen

2. Kindheit in der DDR

3. Zur Bedeutung von Kinderbüchern in der DDR

4. Anlage und Methode der Untersuchung

5. Kindheitskonstruktionen in den Kinderbüchern
5.1. Der Pionier
5.2. Das arbeitende Kind
5.3. Der Schüler
5.4. Kinder als Lehrer
5.5. Kinder in Geschlechterrollen
5.6. Der Rebell
5.7. Das Kind abseits der Gesellschaft

6. Schlussbetrachtung

Literaturverzeichnis
Textkorpus
Literatur

Bildnachweise

Abkürzungsverzeichnis

Anhang
A. Grafik zum Schulwesen der DDR
B. Inhalts- und Autorenangaben

Antennenaugust

Den Wolken ein Stück näher

Der kleine Zauberer und die große

Die Feuertaufe

Ede und Unku

Ich bin die Nele

Insel der Schwäne

Käuzchenkuhle

Kaule

Pianke

Robinson Crusoe

Salvi Fünf oder Der zerrissene Faden

Timur und sein Trupp

Trini

Wie der Stahl gehärtet wurde

Einleitung

Kindheit in der Deutschen Demokratischen Republik war stark beeinflusst von der sozialistischen Ideologie, die sich durch alle Ebenen der gesellschaftlichen Struktur zog. Auch das Bildungssystem blieb davon nicht verschont. Vielmehr war dies sogar der zentrale Ort um die jungen Generationen für den Sozialis-mus zu begeistern. Doch was verstand man in der DDR unter dem Begriff Kind ? Wie sah das Kindheitsbild aus? Gab es nur das starre Konstrukt der so-zialistischen Persönlichkeit, das von jedem Kind als Idealbild anerkannt und erreicht werden sollte? Dies sind zentrale Fragen, auf die diese Arbeit Antwor-ten sucht. Es werden daher anhand einer Qualitativen Inhaltsanalyse von 15 Kinderbüchern, die im Literaturunterricht von den Schülern[1] gelesen werden sollten, sieben Kindheitskonstruktionen aufgedeckt und untersucht. Im ersten Kapitel werden erst einmal unterschiedliche Ansätze zur allgemeinen Definition von Kindheit aufgezeigt um auf den Begriff der Kindheitskonstruktion zu kom-men, der dieser Arbeit zugrunde liegt. Im zweiten Kapitel wird dann mit Hilfe der Forschungsliteratur geklärt, was Kindheit in der DDR ausmachte, welche Institu-tionen an der Erziehung beteiligt und welche Erziehungsziele vorherrschend waren. Das dritte Kapitel beschäftigt sich dann mit der Bedeutung von Kinder-büchern in der DDR und gibt einen Einblick in das Verständnis von Literatur als persönlichkeitsentwickelndem Medium, welches im Literaturunterricht der DDR eine wichtige Rolle spielte. Im vierten Kapitel werden Anlage und Methode der Untersuchung kurz dar- und das Kategoriensystem aufgestellt, welches die Grundlage dieser Arbeit bildet. Im fünften Kapitel erfolgt dann die Darstellung der Kindheitskonstruktionen in den Kinderbüchern an Textbeispielen aus den untersuchten Büchern. Dabei werden sieben Unterkapitel, die mit den Katego-rien der Untersuchung identisch sind, aufgemacht, und anhand der Textbeispie-le die verschiedenen Kindheitskonstruktionen erläutert: Der Pionier, Das arbei-tende Kind, Der Schüler, Kinder als Lehrer, Kinder in Geschlechterrollen, Der Rebell und Das Kind abseits der Gesellschaft. In der Schlussbetrachtung wer-den die Kindheitskonstruktionen noch einmal zusammengefasst und mit den

Eigenschaften der sozialistischen Persönlichkeit, die im zweiten Kapitel be-schrieben wurden, verglichen.

Hinweisen möchte ich noch auf die im Anhang dieser Arbeit befindlichen In-haltsangaben der 15 Kinderbücher, die in dieser Form weder in der Fachlitera-tur noch im world wide web bisher zu finden waren.

1. Zu den Begriffen Kindheit und Kindheitskonstruktionen

„Der Mensch in seiner Entwicklung zwischen Geburt und Pubertät“[2] – das ist die Definition, die man unter dem Lemma Kind im Wörterbuch Pädagogik findet. Die zeitliche Einteilung der Lebensphase Kindheit[3] und die Abgrenzung zu an-deren Lebensphasen stellte schon immer ein Problem in der wissenschaftlichen Beschäftigung dar. Phillip Ariès versuchte mit seinem gleichnamigen Werk eine „Geschichte der Kindheit“[4] zu schreiben, und ist damit der erste, der Kindheit im Laufe der Geschichte untersucht hat. Er arbeitet in seinem Buch heraus, dass der Lebensabschnitt Kindheit zu verschiedenen Zeiten auch unterschiedlich eingeteilt wurde. Während beispielsweise im Mittelalter ein Mensch als erwach-sen galt, sobald er auf dem Bauernhof mitarbeiten konnte, was unter Umstän-den schon mit fünf oder sechs Jahren sein konnte, gelten heute junge Men-schen oftmals frühestens dann als erwachsen, wenn sie rechtsfähig sind. Selbst diese Einteilung ist je nach Staat unterschiedlich. Während man beispielsweise in der Bundesrepublik Deutschland mit 18 Jahren vollständig rechtsfähig wird, müssen junge Menschen in den USA auf ihren 21. Geburtstag warten, um in den Genuss aller Rechte und Pflichten zu kommen. Ebenfalls eine rechtliche Definition stellen die UN-Kinderrechte dar. Danach gilt als Kind wer noch nicht 18 Jahre alt ist.[5] Das ist in sofern interessant, da es sich bei der UN-Kinderrechtskonvention um eine von den meisten Staaten der Welt unterschrie-bene politische Charta handelt, man also von einer weltweiten Übereinkunft sprechen könnte, wann – rechtlich gesehen – Kindheit endet.

Eine ganz andere Möglichkeit sich dem Begriff Kindheit zu nähern, bieten Wis-senschaftler, die sich aus Sicht der Entwicklungspsychologie mit diesem be-schäftigt haben. Sie versuchen eine genauere Kategorisierung der Lebenspha-se Kindheit zu erstellen, indem sie die kindliche Entwicklung betrachten. Os­wald Kroh[6] geht beispielsweise in seiner Reifungstheorie von verschiedenen Phasen aus: Frühe Kindheit, Schulfähigkeit und Reifezeit. Lotte Schenk- Danzinger[7] erweitert Krohs Theorie später, indem sie die Unterscheidung zwi-schen Reifen und Lernen herausarbeitet. Demnach sei Entwicklung vom Rei-fungsgeschehen zwar gesteuert, gleichzeitig aber auch ein von der Umwelt stark beeinflusster Lernprozess.[8] Jean Piaget[9], der als Hauptvertreter der kogni-tiven Entwicklungspsychologie gilt, legt seinen Blick stärker auf die geistige Entwicklung von Kindern. Seiner Vorstellung nach schreitet kognitive, also geis-tige, Entwicklung in Stadien voran, die aufeinander aufbauen.[10] Diese Theorie wiederum nutzt Kohlberg, um ein Stufenmodell der moralischen Entwicklung zu erstellen.[11]

Neben diesen entwicklungspsychologischen Konzepten gibt es auch aus sozio-logischer Sicht Annahmen darüber was Kindheit ist. Die Sozialisationsforschung befasst sich hierbei mit dem gesellschaftlichen Leben von Kindern, diese wer-den hier als „produktiv realitätsverarbeitende Subjekte“[12] verstanden. Es wirken also Einflüsse auf die Kinder ein, die sie selbst reflektieren und dann in irgend-einer Weise darauf reagieren. Das Kind wird hier erstmals als Subjekt verstan-den, dass nicht nur von der Umwelt beeinflusst wird, sondern auch umgekehrt selbst seine Umgebung beeinflusst. Kinder sind nicht mehr Werdende, sondern Seiende, sie werden als vollständige Mitglieder der Gesellschaft betrachtet, die, wie schon erwähnt, Einfluss auf ihre Umwelt nehmen und so auch ihre eigene Lebenswelt mitproduzieren.[13]

Kinder als Akteure zu sehen kennzeichnet auch die Neue Kindheitsforschung[14], die in den letzten Jahren durch ihren veränderten Blick – nicht mehr auf das Kind, sondern mit den Augen des Kindes – sowohl neue methodische Ansätze als auch neue wissenschaftliche Erkenntnisse erarbeiten konnte. So wird bei-spielsweise in neueren Studien nicht mehr vom Schüler, sondern vom Kind ge-sprochen, und anstatt über Kinder zu sprechen, kommen sie durch Interviews, Erzählcafes u.a. selbst zu Wort. Innerhalb der Kindheitsforschung können zwei Perspektiven ausgemacht werden: Die eine Perspektive, die als Kinderfor-schung bezeichnet werden kann, betrachtet Kinder als Akteure mit eigenen Rechten und eigenen Lebenswirklichkeiten. Kindheit wird hier als eigene sozia-le Gruppe mit eigenem Status betrachtet. Der Begriff Kind kann also als eine Strukturkategorie verstanden werden. Kindheit wird dabei als Lebensphase be-griffen, die nach der lang dominierenden entwicklungspsychologischen Per-spektive, die oben schon angesprochen wurde, nun als „gesellschaftlich institu-tionalisierte Alterszugehörigkeit“[15] erkannt wird.[16] Mit der anderen Perspektive, die man als Kindheitsforschung bezeichnen kann, werden rechtliche, institutio-nelle, staatliche und/oder diskursive Konstruktionen von Kindheit untersucht.[17] Der Begriff der Konstruktion erfreut sich in den letzten Jahren großer Beliebtheit im wissenschaftlichen Betrieb, und ist in den Disziplinen, die sich mit Kindheit beschäftigen, zu einem neuen Paradigma geworden. Dieter Kirchhöfer entwi-ckelt in seiner Arbeit eine Vertiefung dieser Sichtweise, wenn er Kindheit defi-niert als „eine konkrete Erscheinungsform der allgemeinen gesellschaftlichen Verhältnisse“[18] und diese Konstruktion mit der von Alter, Geschlecht und Nation vergleicht. Er sieht Kindheit nicht nur als Struktur, sondern als Prozess, als „so-ziale Bewegungsform“[19], die Teil einer „umfassenden gesellschaftlichen Pra-xis“[20] ist.

Gerold Scholz erklärt die Konstruktion von Kindheit zunächst in einfachen Wor-ten: „Ich spreche über die Konstruktionen, die sich Erwachsene von Kindern machen.“[21], und weist damit auf die Perspektive vom Erwachsenen auf das Kind hin.[22] Die Vorstellung, die wir Erwachsene vom Kind und damit auch von der Kindheit haben, sind „selbstbezogene Projektionen“[23]. Die Tatsache, dass Kinder sowohl als „Inkarnation des Liebenswürdigen und der Unschuld“[24], als auch als „Monstrum“ gesehen werden, zeigt, dass Kinder als Projektionsfläche genutzt werden.[25] Scholz paraphrasiert diese These Georges Devereuxs wie folgt:

„Das Kind [...] wird entsprechend der Vorstellungen der Erwachse-nen erzogen. Was diese dann als Forscher beobachten, ist nicht die Natur des Kindes, sondern Produkt ihrer Erziehung. Wann immer Forscher Kinder anschauen, blicken sie in den Spiegel.“[26]

Diese Perspektive auf das Kind ist an sich aber auch schon wieder eine Kon-struktion, da man annehmen könnte, wenn man nur den kulturellen bzw. gesell-schaftlichen Einfluss ausschalten könnten, würde das „wahre“ Kind zu finden sein. Natur und Gesellschaft werden bei dieser Vorstellung in ein Spannungs-feld gesetzt.[27]

Eine weitere sehr interessante Kindheitskonstruktion macht Scholz in dem Wort Kind selbst aus. Wenn konkret empirische Angaben zu Erwachsenen gemacht werden „beziehen sich die Aussagen auf die Zugehörigkeit zu einem der beiden Geschlechter“[28] anstatt von Mensch zu sprechen. Wenn aber das Verhalten von Mädchen und Jungen in der Grundschule betrachtet wird, wird überwie-gend der geschlechtsneutrale Begriff Kind verwendet.[29] Scholz kommt deshalb zu dem Schluss, „dass alle Aussagen über Kinder Konstruktionen sind“[30], und plädiert dafür, sich nicht damit aufzuhalten, wer wann die Kindheit entdeckt oder erfunden zu haben scheint, „in der Wahrnehmung der Erwachsenen ist Kindheit heute eine Realität“[31], wie auch immer man Kindheit im einzelnen auch defi-niert. Die Projektionen, die auf das Kind geworfen werden, werden sich nicht ausschalten lassen, aber sie können reflektiert werden. Damit mag das Phäno-men vielleicht entzaubert sein, der Grundgedanke geht aber nicht verloren.[32]

Scholz stellt in seinen Ausführungen zur Konstruktion der Kindheit die These auf, dass Kindheitsbilder „in den Tiefenstrukturen mit dem Selbstbild von Ge-sellschaften verbunden“[33] sind. „Sie sind nicht aufgesetzt, sie betreffen den Kern der Vorstellungen, Wünsche und Ängste einer Gesellschaft.“[34] Als Beispiel bringt Scholz Umfragen an, die er an Studierende in Frankfurt (West) und Neu-brandenburg (Ost) wenige Tage nach dem Fall der Mauer und dann noch ein-mal im Wintersemester 1997/98 durchgeführt hat. Gefragt wurde, was Kinder von Erwachsenen unterscheidet. Die Studierenden in Frankfurt haben bei der ersten Befragung die Kinder grundsätzlich als die besseren Menschen darge-stellt, während in Neubrandenburg vor allem die Erziehungsbedürftigkeit ge-nannt wurde. In der Befragung die dann Jahre später ebenfalls mit Studienan-fängern durchgeführt wurde, waren die Antworten eher gemischt. Es wurde auf der einen Seite die Offenheit und Kreativität der Kinder angesprochen, auf der anderen Seite wurde in den Antworten aber ebenso ein Misstrauen gegenüber Kindern laut.[35] Scholz arbeitet aus diesem Beispiel drei Verallgemeinerungen heraus, die zu seiner These führen, Kindheitsbilder seien „in den Tiefenstruktu-ren mit dem Selbstbild von Gesellschaften verbunden“[36]:

Erstens: Vorstellungen von Erwachsenen O ber Kinder sind zeitabhängig.[37]

Erwachsene neigen dazu, Krisensysteme der Gesellschaft im Diskurs über Kin­der und Kindheit zu bearbeiten. Sie reden also über Kinder, meinen aber eigentlich etwas anderes, zum Beispiel den Verlust von Sicherheit. Kindheit wird also, wie oben schon erwähnt, zur Projektionsfläche.[38]

Zweitens: Die Vorstellungen der Erwachsenen über Kinder sind weitgehend medieninduziert.[39]

Wenn über Kinder und Kindheit geredet wird, so beruhen die zugrunde liegen-den Vorstellungen bzw. Bilder nicht auf eigenen Erfahrungen mit Kindern und ihrer Lebenswelt, sondern sind von Medien beeinflusst. Scholz bringt ein Bei-spiel an, das diese Medieninduziertheit gut darstellt: Studierende, die Scholz danach fragte, wie hoch die Zahl der Kinder sei, die in Hessen nur mit einem Elternteil aufwachsen, nannten Zahlen zwischen 40 und 60 Prozent. Die tat-sächliche Zahl lag zu diesem Zeitpunkt bei gerade einmal 11 Prozent. Scholz führt diese hohen Zahlen bei der Umfrage auf die Debatte um die veränderte Kindheit, die seit ca. 1989 in der Grundschulpädagogik behandelt wird, und die Kinder als „Opfer veränderter gesellschaftlicher Verhältnisse“[40] betrachtet, zu-rück. Die Probleme, die Kinder in der Schule hätten bzw. die Probleme die Leh­rer mit den Schülern hätte, seien begründet in Defiziten in den Familien, die von den Schulen und ihren MitarbeiterInnen sozusagen aufgefangen werden müss-ten. Möglich sei aber auch, dass die Probleme in der Institution, in der sie auf-tauchten – der Schule selbst nämlich – begründet lägen. Beide Erklärungsver-suche wurden in dieser Debatte vertreten und aus der jeweiligen Perspektive begründet. Mittlerweile ist man in Fachkreisen darauf gekommen, dass eine Pädagogik mit einem „defizitären Kindheitsbild“[41] nicht möglich ist.[42] Man er-kennt an diesem Beispiel sehr schön, wie unterschiedlich das gleiche Problem (wenn es denn eines ist) verstanden und begründet werden kann.

Drittens: Die Sicherheit, mit der Studierende in Neubrandenburg Kinder für er-ziehungs- und belehrungesbedürftig halten, basierte auf einer kommunistischen Geschichtsvorstellung.[43]

Scholz begründet diesen Punkt damit, dass die jeweils nachfolgende Generati­on „auf den Schultern der vorhergehenden“[44] stehe.

„Der wissenschaftlich begründete Materialismus bot eine Utopie, von der er behauptete, sie würde sich logisch und folgerichtig einstellen. [...] Denn nicht nur das Ziel, sondern auch der Weg stand fest.“[45]

Sowohl Weg als auch Ziel könnten aber nur die Erwachsenen kennen, nicht die Kinder. Aus dieser Vorstellung ergibt sich zwangsläufig, dass eine Wissens-vermittlung vom Erwachsenen zum Kind stattfinden muss, inklusive der „Ein-bindung in das utopische Projekt“[46].

Scholz geht im Weiteren davon aus, dass es “die Ambivalenz der Kindheitsvor-stellungen ist, die es so schwer macht, rational mit Kindern umzugehen“[47]. Wie oben schon erwähnt existieren sich scheinbar ausschließende Bilder vom Kind – das göttliche neben dem teuflischen Kind. Das Problem ist aber laut Scholz nicht, dass diese Vorstellungen nebeneinander existieren, sondern, dass diese stark miteinander verwoben sind[48]:

„Parallel zum Prozeß der Zivilisation werden Stationen deutlich, an denen sich der Bereich der ‚Kindheit’ allmählich herauszubilden be-ginnt. Als soziales und kulturelles System, das in zunehmendem Maß die Welt von Kindern und Erwachsenen auseinanderdividiert, dient er dabei zugleich als Vorwand für die ambivalenten Projektio-nen der Erwachsenen, die diesen Bruch verschleiern oder rückgän-gig machen möchten. In diesem Sinn sind sie immer beides: Täter und Opfer“[49]

Immer, wenn jemand über Kinder spricht oder schreibt, handelt es sich also eigentlich um eine Konstruktion, ein Bild das sich derjenige von dem Kind macht. Auch die so genannten „Klassiker“ der Pädagogik tragen in ihren päda-gogischen Konzepten ihre jeweils eigenen Kindheitskonstruktionen. Jean-Jacques Rousseau beispielsweise, der als „Entdecker der Kindheit“ gehandelt wurde und auch teilweise immer noch wird, konstruiert das Kind als ein von äu-ßeren Einflüssen – sprich: der Gesellschaft – zu schützendes Lebewesen. Er beginnt seinen Roman „Emile oder Über die Erziehung“ folgendermaßen: „Al-les, was aus den Händen des Schöpfers kommt, ist gut; alles entartet unter den Händen des Menschen.“[50]. Das Kind wird als etwas reines, unschuldiges etc. dargestellt, das durch die Korruption der Gesellschaft selbst korrupt wird. Selbst der Erzieher soll sich bei der Erziehung zurückhalten und nur die Umwelt für den Zögling gestalten. Der wahre Erzieher sei nach Rousseau nämlich die Um-welt selbst.[51] Das ist eine gerade zur Entstehungszeit des Romans fast schon revolutionäre Vorstellung von Kindheit und Erziehung. Und sie ist eben genau dies: eine Vorstellung, eine Konstruktion.

Der Konstruktionsbegriff in der erziehungswissenschaftlichen Forschung ist wissenschaftshistorisch gesehen noch ein junger Begriff, bietet aber die Mög-lichkeit hinter den eigentlichen Text zu schauen. Denn es geht nicht darum, wer mit welcher Definition vom Kind Recht behält, weil all diese Vorstellungen Reali-täten sind, eben weil sie in der Vorstellung der Erwachsenen vorhanden sind. Interessant ist die Reflexion darüber, was hinter diesen Kindheitskonstruktionen steckt und welche Intentionen diese mit sich tragen. Denn wenn Kindheit von den Erwachsenen konstruiert wird, dann tragen diese Konstruktionen auch bei-spielsweise zur Vorstellung von Gesellschaft bei, und damit auch zu dessen Konstruktion. Wenn in dieser Arbeit also von Kindern und Kindheit gesprochen wird, so wird auch und vor allem von der Konstruktion von Kind und Kindheit gesprochen.

2. Kindheit in der DDR

Forschungen, die sich um die Deutsche Demokratische Republik bemühen, gibt es nicht erst seit dem Mauerfall. Die DDR selbst besaß eine ausgeprägte For-schungslandschaft, die sich auch mit den Thematiken der Kindheit und Familie befasste.[52] Dieter Kirchhöfer weist darauf hin, dass es sich bei den wissen-schaftlichen Arbeiten aus der DDR, die sich mit Kindheit befassen, um Literatur aus Einzelwissenschaften handelt, die vor allem die physische und psychische Entwicklung des Kindes, Kindinstitutionen, einzelne Kulturformen oder den Um-gang mit Kindern in der Familie betrachten[53] ; „systematische Darstellungen der sozialen und kulturellen Zusammenhänge von Kindheit als gesellschaftlichem Phänomen“[54] finden sich kaum, so dass Kirchhöfer zu dem Schluss kommt, Kindheit wurde in der DDR „kaum thematisiert“[55]. Die Erklärung, die Kirchhöfer für dieses Nicht-Thematisieren annimmt, beschreibt er als „praktische Auffas-sung von Kindheit“[56]:

„Wenn Kindheit als Erscheinungsform allgemeiner gesellschaftlicher Verhältnisse und Teil einer umfassenden Praxis aufgefaßt wird, dann ist Wissenschaft vorerst der Notwendigkeit enthoben, Kindheit als ei-nen besonderen Bereich dieser Praxis zu reflektieren. Das Kind be-sitzt danach kein Eigenrecht oder Eigenwert, es sei denn als Mensch und als Mitglied der Gesellschaft.“[57]

Demnach würden auch beispielsweise gesonderte Kinderrechte neben den Menschenrechten nicht zusätzlich notwendig werden.[58]

Neben den Forschungsarbeiten über Kindheit in der DDR, die in der DDR selbst entstanden sind, gibt es zum gleichen Thema auch Arbeiten aus der BRD, die etwa zur gleichen Zeit veröffentlicht wurden.[59] Die Forschungsliteratur, die sich mit der DDR, ihrem Kindheitsbild und auch ihrer Kinderliteratur befasst, wäh-rend die DDR selbst noch existierte, lässt sich nicht ohne eine kritische Betrach-tung verwenden. Zum Einen hat man Texte von DDR-Bürgern, die teilweise sehr stark der Ideologie und deren Verbreitung verpflichtet sind[60], auf der ande-ren Seite findet man „westdeutsche“ Forschungsliteratur, die teilweise die Kon-zepte der DDR sehr einseitig bearbeitet.[61] Das Problem, welches hier erkenn-bar wird, ist, dass die zeitgenössische (Forschungs-)Literatur sehr stark von politischen Geschehnissen beeinflusst ist. Daher handelt es sich bei den Tex-ten, die vor dem Mauerfall entstanden sind, und eigentlich auch noch bis in die 1990er Jahre hinein, um historische Texte, die als solche reflektiert werden müssen.

Auch wenn man über die „sozialen und kulturellen Zusammenhänge von Kind-heit als gesellschaftlichem Phänomen“[62] nur wenig in der Forschungsliteratur findet, so kann man doch in den vorhandenen Untersuchungen aufspüren, was Kindheit in der DDR ausmachte und welche Institutionen Einfluss auf die Sozia-lisation der Kinder nahmen, wie Kindheit in der DDR also „von oben“ konstruiert wurde.

Kindheit in der DDR war demnach geprägt zum Einen vom Familienverbund und zum Anderen von den außerfamiliären Einrichtungen. Unter den außerfami-liären Einrichtung sind die Kinderkrippen und Kindergärten, die Schule, sowie die Kinder- und Jugendorganisation zu fassen. Über die familiären Strukturen und die außerfamiliären Einflüsse wird im Weiteren ein Überblick gegeben.

Die Familienstruktur in der DDR zeigte im Laufe der Geschichte ebenso gravie-rende Wandlungserscheinungen, wie dies in allen anderen Industriestaaten auch der Fall war. Neben der Kernfamilie entstanden neue Lebensformen, die das Aufwachsen der Kinder beeinflussten, wie zum Beispiel Einpersonenhaus-halte, nicht-eheliche Lebensgemeinschaften, Stieffamilien und Alleinerziehen-de/Ein-Eltern-Familien.[63] Die aus heutiger Sicht durchaus nicht selbstverständli-che Tatsache, dass es eines der wichtigsten Lebensziele junger Menschen in der DDR war, Kinder zu haben bzw. eine Familie zu gründen, wurde mit der Einführung der Wunschpille zu einer planbaren Größe. Durch die empfängnis-verhütenden Medikamente wurde den Paaren der Zeitpunkt und die Anzahl, wie viele Kinder sie haben wollten, selbst überlassen.[64] Viele Kinder in der DDR waren deshalb Wunschkinder, denen die Eltern ermöglichen wollten „gesund heranwachsen, in Ruhe und Frieden leben [...] und im Leben später einmal ih-ren Platz finden“[65] zu können. Was die Erziehungsziele der Eltern anging, so stimmten sie oft mit den gesellschaftlichen Erziehungszielen überein.[66] Eigen-schaften wie Anstand, Ordnung, Fleiß, Hilfsbereitschaft, Bescheidenheit, Ach-tung des Anderen und gegenseitige Rücksichtnahme, die man unter dem Beg-riff allgemeine Moralnormen zusammenfassen kann, waren wichtige Eigen-schaften, die es in dem Kind anzuregen galt.[67] Der Staat hat zwar keinen direk-ten Einfluss auf die Erziehung in den Familien genommen, doch das Kollektiv spielte auch bei der Kindererziehung eine wichtige Rolle, man kann daher von einer gesellschaftlichen Erziehung der jungen Generation „zum Kollektiv durch das Kollektiv“[68] sprechen. Es gab kaum einen Möglichkeit sich dieser Einfluss-nahme als Eltern und Kinder zu entziehen.

Der Staat nahm natürlich auch durch Gesetze Einfluss auf die Erziehung. Das Jugendgesetz der DDR definiert als Erziehungsziel die sozialistische Persön-lichkeit, zu deren Erreichen alle Bürger aufgerufen sind:

„Die Entwicklung der jungen Menschen zu sozialistischen Persön-lichkeiten ist Bestandteil der Staatspolitik der Deutschen Demokrati-schen Republik und der gesamten Tätigkeit der sozialistischen Staatsmacht.“[69]

Eine sozialistische Persönlichkeit zeichnete sich demnach zum Einen aus durch das Aneignen von Wissen und Können und die Entwicklung eines Kollektivbe-wusstseins. Zum Anderen gehörten dazu auch Disziplin, Liebe zur Arbeit und hohe Arbeitsmoral. Besonders aber die Liebe zur Heimat und ihre Verteidigung, Liebe zur Sowjetunion sowie Solidarität mit den unterdrückten Völkern waren herausstechende Merkmale sozialistischer Erziehung.[70] In den außerfamiliären Erziehungs- und Bildungseinrichtungen spielte die Erziehung zur sozialistischen Persönlichkeit ebenfalls eine sehr große Rolle, wie im Weiteren zu sehen sein wird.

Die Gleichberechtigung von Mann und Frau galt in der DDR als durchgesetzt.[71] Die Rolle der Frau beschränkte sich nicht mehr nur auf das Hausfrauendasein und die Erziehung der Kinder. Vielmehr wurde zusätzlich zu diesen Aufgaben-gebieten die der Erwerbstätigkeit hinzugenommen, das heißt, die ökonomische Unabhängigkeit der Frau galt als wichtiger Indikator für die Gleichberechtigung. Fast 90% der Frauen in der DDR waren daher erwerbstätig, was mit einem Ausbau der Kindertageseinrichtungen einherging.[72]

In der Reihenfolge der Stufen zur Erziehung zur sozialistischen Persönlichkeit standen die Kinderkrippen, in denen die Kinder in den ersten drei Lebensjahren betreut werden konnten, an erster Stelle. Neben der Förderung der körperlichen und geistigen Entwicklung der Kleinkinder, die als Primäraufgaben der Kinder-krippe verstanden wurden, sollten die Kinder hier vor allem an Ordnung und Regelmäßigkeit gewöhnt werden.[73] Im Bildungsgesetz der DDR werden die Zie-le dieser vorschulischen Institution wie folgt zusammengefasst:

„In den Kinderkrippen ist zu gewährleisten, daßsich die Kinder ge-sund und, vor allem durch das Spiel, körperlich und geistig harmo-nisch entwickeln. Die Kinder sind mit ihrer unmittelbaren Umwelt be-kannt zu machen, damit sie ihren Lebenskreis kennenlernen und ih-rem Alter entsprechend allmählich erweitern. Die Empfindungs- und Erlebnisfähigkeit und das Sprechen und Denken sind systematisch zu entwickeln. Durch vielseitige körperliche Erziehung ist unter weit-gehender Ausnutzung von Licht, Luft und Sonne der kindliche Orga-nismus zu kräftigen. Bis zum Ende des Krippenalters sind Grundfor-men der Haltung und Bewegung sowie elementare hygienische Ge-wohnheiten herauszubilden. Der Tagesablauf in der Krippe ist so zu gestalten, daßdie Kinder an Ordnung und Regelmäßigkeit gewöhnt werden und die Selbständigkeit dem Alter der Kinder gemäßgeför-dert wird.“[74]

Gerade dem Ordnungssinn wird, wie man sehen kann, eine große Bedeutung beigemessen. Während hier zwar noch nicht von direkter politischer Erziehung die Rede ist, so gehört auch die Kinderkrippe fest zur Erziehung zur sozialisti-schen Persönlichkeit. Immerhin wurden 1985 etwa 63 Prozent aller unterdrei-jährigen Kinder in der DDR in Kinderkrippen betreut.[75] Wie im Folgenden noch deutlich werden wird, war auch die Form der Erziehung in der Gruppe bereits eine Vorbereitung auf das Erwachsenenleben im Kollektiv.

Ab dem dritten Lebensjahr konnten die Kinder in Kindergärten betreut werden. 1985 wurden ca. 95 Prozent der überdreijährigen Kinder in der DDR in den Kin-dergärten betreut.[76] Auch in diesen sollten die weiteren körperlichen und geisti-gen Entwicklungen der Kinder gefördert werden.[77] Weiterhin wird im Bildungs-gesetz darauf hingewiesen, dass „Ordnung, einwandfreie hygienische Bedin-gungen und tägliche Körperübungen und Spiele“[78] dabei eine wichtige Rolle spielen sollten. Das allgemeine Ziel war es, die Kinder zur Schulreife zu führen. Doch auch die schon oben erwähnte Erziehung zur sozialistischen Persönlich-keit wurde im Kindergarten als Erziehungsziel festgehalten. Dort begann sozu-sagen die direktere Art der Erziehung nach dem Erziehungsideal des Sozialis-mus. Ordnungssinn und Disziplin waren dabei im Kindergarten die Normen, die es den Kindern beizubringen galt.

Grundsätzlich hatten alle pädagogischen Einrichtungen die Aufgabe die Jugend der DDR zu „allseitig entwickelten Persönlichkeiten zu erziehen, die fähig und bereit sind, den Sozialismus aufzubauen und die Errungenschaften der Werktä-tigen bis zum Äußersten zu verteidigen“[79]. Den Kinderkrippen und Kindergärten wurde eine besondere Bedeutung zugeschrieben, weil die Kinder dort „von frü-hester Kindheit im Kinderkollektiv leben und gemeinsam tätig“[80] waren und dort die „Möglichkeiten für eine Erziehung nach den Normen der sozialistischen Mo-ral“[81] hatten. Die Normen von denen hier gesprochen wird, beinhalteten Charaktereigenschaften wie Willensstärke, Ausdauer, Entschlossenheit, Mut, Ziel-strebigkeit und Prinzipientreue im Denken und Handeln[82], man könnte provo-kant von „sozialistischen Tugenden“ sprechen, die im Kampf der Arbeiterklasse notwendig waren.

Die Erziehung zur sozialistischen Persönlichkeit setzte sich dann folgerichtig auch in der Schule fort. In der Schulpraxis wurde zwischen der Unterstufe (1. bis 4. Klasse) und Oberstufe (5. bis 10. Klasse) unterteilt.[83] In der 10jährigen Schulpflicht sollte den Schülern „eine moderne, sozialistische Allgemeinbildung als Grundlage für jede weitere Bildung und die berufliche Tätigkeit“[84] vermittelt werden. Das Bildungsgesetz beschreibt das Erziehungsziel der Polytechni-schen Oberschule (POS) wie folgt:

„Die Oberschule erzieht die jungen Menschen zu bewußten sozialis-tischen Staatsbürgern, die aktiv am gesellschaftlichen Leben teil-nehmen.“[85]

Die Erziehung zum bewussten sozialistischen Staatsbürger respektive zur sozi-alistischen Persönlichkeit sah dabei aber kein eigenes Fach vor, die politische Erziehung fand vielmehr in allen Unterrichtsfächern indirekt statt. Ein Gros der sozialistischen Weltanschauung wurde dabei im Fach Staatsbürgerkunde ver-mittelt wurde, während das Arbeiten im Kollektiv vor allem durch das Fach Pro-duktives Arbeiten und dessen Vorformen Schulgarten und Werken vermittelt wurden.

Nach dem Schulabschluss nach Klasse 10 sah das einheitliche sozialistische Bildungssystem für die jungen Menschen verschiedene weitere Qualifikations-möglichkeiten vor. Die Besten eines Jahrganges hatten die Möglichkeit in der Erweiterten Oberschule (EOS) nach zwei Jahren das Abitur zu machen und danach für ein Studium auf eine Universität oder Hochschule zu gehen. Es war aber auch möglich, eine Berufsausbildung mit Abitur zu machen, welche ebenfalls zu einem Hochschulstudium berechtigte.[86] Der Großteil der Schulabgänger machte eine Berufsausbildung, und da nur diejenigen Ausbildungsstellen aus-geschrieben wurden, die auch neue Arbeiter benötigten, war die Übernahme-chance für die Lehrlinge nach bestandenen Lehrlingsprüfungen sehr hoch.[87] Als Facharbeiter hatte man danach die Möglichkeit, Weiterbildungen an einer Inge-nieur- bzw. Fachschule oder in Form von Erwachsenenqualifizierungen zu ma-chen.[88]

Fast alle Kinder in der DDR waren Mitglieder des einzig zugelassenen Jugend-verbandes der DDR, der Freien Deutschen Jugend (FDJ).[89] Untergliedert war sie nach Schuljahren in die Pionierverbände Junge Pioniere, Thälmann-Pioniere und die eigentliche Freie Deutsche Jugend, welche für Schüler ab der achten Klasse gedacht war.[90] Dabei macht die Zuordnung an Klassenstufen deutlich, wie eng die FDJ mit den Schulen verknüpft war. Dazu gehörte auch das regelmäßige politische Programm der Organisation, wie die allwöchentli-chen Mitgliedersitzungen, die von den Klassenleitern und den Horterziehern geleitet wurden. Neben einem umfangreichen Freizeitprogramm gehörten auch Dienste an der Gemeinschaft zu den Aktivitäten der FDJ. Beispielhaft genannt seien hier die Altstoffsammlungen, bei denen die Schüler an den Wohnungen klingelten und leere Flaschen und alte Zeitungen sammelten, diese dann am Altstoffhof abgaben, und deren Ertrag zum Teil in Solidaritätsfond landete, zum Teil aber auch zur Finanzierung von Schulfesten oder Klassenfahrten benutzt wurden. Ein weiteres herausragendes Beispiel hierfür ist die Wirkung des sow-jetischen Buchs „Timur und sein Trupp “, nach dessen Vorbild sogenannten Ti-mur-Hilfen eingerichtet wurden. Dabei handelt es sich um Nachbarschaftshilfen an denen auch die Pioniere teilhatten.[91]

Ein weiterer Aspekt einer Mitgliedschaft in der FDJ waren die Uniformtypen der verschiedenen Unterorganisationen. Zu den Mittwochs-Treffen, zum Montagsa-pell, zu Fahnenapellen und zu besonderen Schulveranstaltungen trugen die Jung-Pioniere das blaue Halstuch und das Abzeichen der Jungpioniere, die Thälmann-Pioniere das rote Halstuch und das Abzeichen der Thälmann-Pioniere. Schließlich wurde das Ganze mit den Pioniergeboten unterlegt, auf welche die Erstklässler bei ihrer Aufnahme eingeschworen wurden:

„Wir jungen Pioniere lieben unsere Deutsche Demokratische Repu-

blik.

Wir jungen Pioniere lieben unsere Eltern.

Wir jungen Pioniere lernen fleißig, sind ordentlich und diszipliniert.

Wir jungen Pioniere treiben Sport, halten unseren Körper sauber und

gesund.

Wir jungen Pioniere achten alle arbeitenden Menschen und helfen

überall tüchtig mit.

Wir jungen Pioniere singen, tanzen und spielen gern.

Wir jungen Pioniere sind gute Freunde und helfen einander.

Wir jungen Pioniere tragen mit stolz unser blaues Halstuch.“[92]

Im späteren Verlauf der Mitgliedschaft stellte die Jugendweihe ein zentrales Ereignis dar. In dieser sozialistischen Version der Kommunion bzw. Konfirmati-on wurden die Jugendlichen offiziell in den Kreis der Erwachsenen aufgenom-men, mitsamt dem Buch „Vom Sinn unseres Lebens “ als Übergabegeschenk bei der von der Organisation durchgeführten Feierlichkeit im Kreise des Kollek-tivs.[93] Kindheit endete nach dieser Definition am Ende der 8. Klasse, also mit ca. 14 Jahren. In der DDR konnte man bis zum 25. Lebensjahr Mitglied in der FDJ sein, dementsprechend ist dies eine zweite Definition vom Ende der Kind-heit in der DDR. Diese zweite Einteilung schließt die jungen Menschen in Studi-um, Berufsausbildung und Berufsleben ein.[94] Hier wird sichtbar, wie unter-schiedlich Kindheit in der DDR verstanden werden konnte, und macht die Kon-struktion von Kindheit noch einmal deutlich.

Es ist offensichtlich, dass das übergeordnete Ziel der Erziehung zur sozialisti-schen Persönlichkeit sich durch alle Bildungs- und Erziehungsinstitutionen der

DDR zog wie der sprichwörtliche rote Faden. Im Bildungsgesetz der DDR ist von „allseitig und harmonisch entwickelte[n] sozialistische[n] Persönlichkeiten“[95] die Rede, die „im Sinne der Grundsätze der sozialistischen Moral“[96] handeln lernen sollten, so die Intention der Machthabenden in der DDR. Heinz-Hermann Krüger und Winfried Marotzki machen in der Einleitung zu ihrem Sammelband Pädagogik und Erziehungsalltag in der DDR deutlich, dass zwar davon auszu-gehen ist, dass die „SED und das Ministerium für Volksbildung alle ihr direkt oder indirekt unterstellten pädagogischen Institutionen ihrem politisch-ideologischen Führungsanspruch zu unterwerfen“[97] versuchten, dass aber nicht klar ist, ob und wie diese Mechanismen funktioniert haben und wo Freiräume entstanden sind.[98] Dass es Freiräume gab, ist nicht zu bestreiten, da sonst die friedliche Revolution 1989, nicht hätte stattfinden können.[99]

3. Zur Bedeutung von Kinderbüchern in der DDR

Der Diskurs über Kinder- und Jugendliteratur der DDR fand und findet auf zwei Gebieten statt. Wenn man sich mit Kinder- und Jugendliteratur allgemein und im besonderen mit derjenigen der DDR befasst, stößt man zum einen auf Un-tersuchungen, die aus literaturwissenschaftlicher Perspektive einzelne Bücher oder ein gesamtes Genre betrachten, also nach dem künstlerischen Gehalt und Inhalt der Bücher fragen.[100] Auf der anderen Seite gibt es Untersuchungen, die sich mit den Kinderbüchern als pädagogischem Erziehungsmittel befassen.[101] Die Arbeiten aus der DDR folgen dabei oftmals „einem Beschreibungsmuster, das von >offiziellen< gesellschaftlichen Bewegungen und politischen Ereignis-sen bzw. Anlässen ausgeht (Parteitage, Parteiplenen mit kulturpolitischer Aus-richtung etc.) und diese programmatisch der Rekonstruktion der literarischen Entwicklungen voranstellt, in die dann die Texte eingeordnet werden.“[102], die (gesellschafts)politische Komponente der Literatur steht also im Vordergrund.

Die DDR war ein „Leseland“[103], in dem Kinderbücher in so starkem Ausmaß der staatlichen Planung, Organisation und Kontrolle unterstellt waren wie in keinem anderen Land.[104] Alle Verlage in der DDR waren staatlich organisiert und dem-nach fand auch in allen Verlagen eine staatliche Kontrolle aller Bücher statt. Das hatte allerdings nicht zur Folge, wie man annehmen könnte, dass die Kin-der-Literatur der DDR durchweg sozialistisch, marxistisch-leninistisch, sprich linientreu gewesen wäre. Es gab eine große Bandbreite von Literatur, die zwi-schen staatsideologisch über abweichend bis unbequem liegen konnte. Aller-dings bearbeiteten nur wenige Autoren Tabus und so kann man sagen, dass die Mehrzahl der Kinder-Literatur im Rahmen des Erlaubten blieb.[105] Das verwundert nicht, weil Kinder-Literatur „generell Literatur >aus der Mitte< der jewei-ligen Gesellschaft war und bis heute ist, den mentalitären Mehrheitstrends, den geltenden und akzeptieren Standards verpflichtet und keineswegs Ort system-kritischer Diskurse“[106].

Kinder-Literatur hatte in der DDR eine gesellschaftliche Funktion, die es ermög-lichte, „in ihren Handlungs- und Konfliktentwürfen Gegensätze zwischen kindli-chen Helden und ihrer sozialistischen Umwelt aufscheinen zu lassen, sie ande-rerseits darauf verpflichtet, dabei >>die grundlegenden Ziele von Gesellschaft, Staat und Jugend<< letztlich als Einheit darzustellen und die auftretenden Wi-dersprüche in diesem Sinne auch aufzulösen.“[107]. Themen, die in DDR-Kinderbücher angesprochen, und damit auch dem ideologischen, sprich welt-anschaulichen, Vorstellungen der DDR entsprachen, waren: Antifaschismus, Antiimperialismus und die Notwendigkeit des Klassenkampfes. Vor allem in den 80er Jahren entstanden kritischere Texte, die auch Tabus ansprachen. Aller-dings stellen diese Werke weniger Fundamentaloppositionen dar, als vielmehr die Absicht, das Wertesystem der sozialistischen DDR wieder bewusst werden zu lassen.[108] Literatur im Allgemeinen und Literatur für die junge Generation im Besonderen spielten in der DDR eine wichtige Rolle, schließlich wurde Literatur als Vermittlung von Weltanschauung und Werten angesehen. Und diese galt es natürlich auch den Kindern und Jugendlichen im Sinne der Erziehung zur sozia-listischen Persönlichkeit mitzugeben. Bernhard Meier erklärt in seinem Beitrag über Literaturunterricht in der DDR:

„Wenn die entwickelte sozialistische Gesellschaft auf dem Weg vom Sozialismus zum Kommunismus die Schaffung des „neuen Men-schen“ propagiert, ergeben sich zwangsläufig für die Schule innova­tive Aufgaben, deren wichtigste mit „Erziehung zur harmonischen

und allseitig entwickelten sozialistischen Persönlichkeit“ umschreiben läßt.“[109]

In der Verfassung wurde das kulturelle Leben als eine wichtige Instanz auf dem Weg zur Entwicklung der sozialistischen Persönlichkeit angesehen und die Teilnahmemöglichkeit aller Bürger garantiert:

„Alle Bürger haben das Recht auf Teilnahme am kulturellen Leben. Es erlangt unter den Bedingungen der wissenschaftlich-technischen Revolution und der Erhöhung der geistigen Anforderungen wachsen-de Bedeutung. Zur vollständigen Ausprägung der sozialistischen Persönlichkeit und zur wachsenden Befriedigung der kulturellen Inte-ressen und Bedürfnisse wird die Teilnahme der Bürger am kulturellen Leben, an der Körperkultur und am Sport durch den Staat und die Gesellschaft gefördert.“[110]

Das kulturelle Leben, in dem Literatur einen nicht unwesentlichen Anteil hatte, spielte deshalb in der Erziehung der jungen Generationen eine wichtige Rolle, da sie die sozialistische Persönlichkeit sozusagen vollendete.

Dass die Kinder und Jugendlichen die „richtigen“ Bücher lasen, dafür sorgten die Bibliotheken, die Lenkung der au ß erschulischen Lektüre und natürlich der Literaturunterricht in der POS. Um den Kindern den Zugang zu Büchern zu er-leichtern wurden eigene Kinderbibliotheken in ihrem Einzugsgebiet oder aber zumindest eine Kinderbuch-Abteilung innerhalb einer allgemeinen Bibliothek eingerichtet. Zusätzlich gab es in vielen Schulen Schulbibliotheken, die den Kindern von den Lehrern ans Herz gelegt wurde. Durch die Lenkung der au ß er-schulischen Lektüre sollten die Kinder zu literarischer Qualität geführt werden. Lenkung der außerschulischen Lektüre heißt, dass die Lehrer Kinderbücher vorschlugen, die die Schüler in ihrer Freizeit lesen und dann mit ihren Eltern und/oder in der Jugendorganisation besprechen sollten. Im Literaturunterricht sollten dann diese Bücher von den Schülern vorgestellt werden. Diese Vorstel-lungen schlugen sich auch in Noten nieder, was Uta Strewe richtigerweise als „Bewertung ins Private hinein“[111] interpretiert. Der Literaturunterricht stellte die direkteste Einflussnahme auf das Leseverhalten der Kinder dar. Bernhard Meier kommt in seinen Überlegungen zum Unterricht der DDR zu dem Schluss, dass das oberste Ziel jeglichen Unterrichts in der DDR die Erziehung zur allseitig ge-bildeten und harmonisch entwickelten sozialistischen Persönlichkeit war und der Literaturunterricht zur Entwicklung eben jener sozialistischen Persönlichkeit durch ästhetische und politisch-ideologische Erziehung beitrug. Die Schüler sollten durch den Literaturunterricht nicht nur zu einem „schöpferischen Um-

gang mit Literatur und Kunst“[112] befähigt werden, auch die „Möglichkeiten von Literatur und Kunst für die ideologische, moralische Erziehung“[113] sollten noch tiefer ausgeschöpft werden. Ideologie und Ästhetik werden als Einheit begriffen. Das „ästhetische Wesen der Kunst“[114] sollte dabei besonders berücksichtigt werden, um nicht die „Wirksamkeit des Ideologischen zu eng zu fassen und unzureichend in seiner Vermittlung durch das Ästhetische zu sehen“[115].

„Die Hauptfunktion des Literaturunterrichts besteht darin, die Schüler mit Werken aus der humanistischen Literatur der Vergangenheit und Gegenwart, aus der National- und Weltliteratur vertraut zu machen und sie zum produktiven Umgang mit Literatur zu befähigen, so daßsie Literatur mit Gewinn für sich und ihre Persönlichkeitsentwicklung

erschließen und den Umgang mit ihr als Lebensbedürfnis empfin-den.“[116]

Neben Klassikern der deutschen und der Welt-Literatur, neben Balladen und Kurzgeschichten wurden auch Kinderbücher behandelt, und zwar in nicht gerin-gem Maße: „Insgesamt spielte die Literatur für Kinder und Jugendliche im Deutschunterricht der polytechnischen Oberschule eine beachtliche Rolle“[117], lag ihr quantitativer Anteil am gesamten Lektürekanon des Literaturunterrichts doch bei nahezu 50 Prozent.[118] Dahinter lag die Annahme, dass durch die ju-gendlichen Hauptfiguren und das Geschehen, dass sich in der Erfahrungswelt der Kinder ansiedelt, die Schüler leichter zu motivieren seien.[119] Die Schüler sollten sich also mit den Hauptfiguren der Geschichten identifizieren, und über deren Handlungen dann zu einer moralischen Haltung im Sinne des Sozialis-mus kommen. Literatur, und durch die Identifizierung mit einem gleichaltrigen Protagonisten eben besonders die Kinderliteratur, wurde also vor allem als ein Träger verstanden, der die ideologischen Moralvorstellungen an den jungen Rezipienten übertragen kann. Zwar wurde diese ideologisch-funktionale Sicht

4. Anlage und Methode der Untersuchung

In dieser Arbeit werden 15 Kinderbücher der DDR mit Hilfe der Qualitativen In-haltsanalyse auf die in ihnen enthaltenen Kindheitskonstruktionen untersucht. Der Begriff Kinderbuch bzw. Kinderliteratur schließt in dieser Arbeit auch Ju-gendbücher/-literatur ein. Eine zusätzliche Unterteilung in Kinder- und Jugend-bücher ist für diese Arbeit in dem Sinne nicht notwendig, da es für die Untersu-chung nicht gewinnbringend ist, eine Subkategorisierung vorzunehmen. Der Begriff Kinderbuch ist also als ein Oberbegriff zu verstehen, in dem Bücher für Kinder aller Lesealtersstufen zusammengefasst werden. Die Untersuchung musste aus zeitlichen und platztechnischen Gründen eingeschränkt werden. Da es einen ab 1985 verbindlichen Lektüre-Corpus für den Literaturunterricht der DDR gibt[123], wurde dieser als Grundlage für die Untersuchung genommen, und damit auch eine zeitliche Einschränkung vorgenommen. Dieser Kanon sieht die im vorhergehenden Kapitel genannten Kinderbücher zur „Systematischen Aus-bildung der Fähigkeit, umfangreiche epische Werke zu lesen“[124] vor. Da die in dieser Arbeit untersuchten Bücher für Kinder der Klassen 5 bis 10 der POS an-gedacht waren, und Kinderbücher aufgrund ihrer jungen Protagonisten in den Lehrplan der DDR aufgenommen wurden, ist diese Einteilung auch gleichzeitig die Definition, wie Kindheit abzugrenzen ist. Die Bücher wurden unter dem As-pekt in den Lehrplan des Literaturunterrichts der DDR aufgenommen, dass sie „in den Handlungsgeschehen und Figurenentwicklungen einen unmittelbaren Bezug zum Erfahrungs- und Lebensbereich der Schüler aufweisen“[125] sowie „das Erzählte an eine jugendliche Hauptfigur gebunden ist“[126].

Die Kinderbücher des Corpus sind alle in einem der staatlichen Verlage der DDR publiziert worden (Kinderbuchverlag, Volk und Wissen Verlag, Verlag Neues Leben).

[...]


[1] In dieser Arbeit wird für die Lesbarkeit nur die männliche Form verwendet, diese beinhaltet aber auch immer die weibliche Form.

[2] Horst Schaube/ Karl G. Zenke (2004), S. 316.

[3] Im Pädagogischen Wörterbuch wird unter dem Lemma Kindheit auf Kind verwiesen.

[4] Philippe Ariès (1977): Geschichte der Kindheit.

[5] Vgl. UN-Kinderrechtskonvention.

[6] Oswald Kroh: Entwicklungspsychologie des Grundschulkindes. Teil 1 (1958) und Teil 2 (1964).

[7] Lotte Schenk-Danzinger (1972): Entwicklungspsychologie.

[8] Vgl. Friederike Heinzel (2002), S. 547.

[9] Jean Piaget (1983): Das moralische Urteil beim Kinde.

[10] Vgl. Friederike Heinzel (2002), S. 547.

[11] Lawrence Kohlberg teilt dabei die Entwicklung in drei Stadien ein (Vorkonventionelles, Konventionel-les und Postkonventionelles Stadium), die wiederum eigene Stufen beinhalten. Diese Stufen reichen von der Orientierung an Strafe und Gehorsam - Stadium 1, Stufe 1 - bis zur Orientierung am Gewissen - Stadium 3, Stufe 6 (vgl. Herbert Gudjons (2003), S. 122). Weiterführend zu Lawrence Kohlberg und seiner Psychologie der moralischen Stufen: Detlef Garz (1996): Lawrence Kohlberg. Zur Einführung.

[12] Friederike Heinzel (2002), S. 548.

[13] Vgl. Michael-Sebastian Honig/ Hans-Rudolf Leu/ Ursula Nissen (1996), S. 13.

[14] In der Forschungsliteratur werden sowohl die Begriffe neue, neuere und auch jüngere Kindheitsfor-schung synonym verwendet.

[15] Michael-Sebastian Honig (1999), S. 191.

[16] Vgl. Sabine Andresen/ Isabell Diehm (2006), S. 10f.

[17] Vgl. ebd. sowie vertiefend Michael-Sebastian Honig/ Hans-Rudolf Leu/ Ursula Nissen (1996), S. 20ff.

[18] Dieter Kirchhöfer (2000), S. 247. Ähnlich argumentiert Dieter Kirchhöfer auch in seinem Beitrag „ Kindheit in der DDR – Widersprüche einer spezifischen Moderne“ (2003).

[19] Dieter Kirchhöfer (2000), S. 248.

[20] Ebd.

[21] Gerold Scholz (2001), S. 17. Ähnlich auch in Gerold Scholz (1994).

[22] Der Konstruktionsbegriff eröffnet eine weitere Perspektive, denn natürlich konstruieren auch Kinder ihre Welt. Diese Perspektive würde im Kontext dieser Arbeit allerdings zu weit führen.

[23] Georges Devereux (1984), S. 227.

[24] Ebd.

[25] Ebenfalls darunter kann man auch die Vorstellungen vom göttlichen und teuflischen Kind, die in der Bibel als auch in späteren Rezeptionen in Literatur und Kunst zu finden sind, verstehen.

[26] Gerold Scholz (2001), S. 18.

[27] Vgl. ebd. Gerold Scholz bringt dabei die nahe liegende Verbindung, dass diese Vorstellung vor allem auf Jean-Jaques Rousseau und seine Annahmen im „Emile“ zurückgeführt werden kann.

[28] Ebd., S. 18.

[29] Vgl. ebd., S. 18.

[30] Ebd., S. 18f.

[31] Ebd., S. 19.

[32] Vgl. ebd.

[33] Ebd., S. 21.

[34] Ebd.

[35] Vgl. ebd., S. 19.

[36] Ebd., S. 21.

[37] Ebd., S. 20.

[38] Vgl. ebd., S. 20.

[39] Ebd.

[40] Ebd.

[41] Ebd.

[42] Vgl. ebd.

[43] Ebd.

[44] Ebd.

[45] Ebd.

[46] Ebd., S. 20.

[47] Ebd., S. 21.

[48] Vgl. ebd.

[49] Elke Liebs (1986), S. 17.

[50] Jean-Jacques Rousseau (1762/ 1963), S. 107.

[51] Vgl. Herbert Gudjons (2003), S. 83.

[52] Familie und Kindheit wurden oft im Zusammenhang mit Frauenpolitik betrachtet, vgl. dazu beispiels-weise die Arbeit von Hildegard-Maria Nickel (1990), staatliche Publikationen wie z.B. vom Wissen-schaftlichen Beirat „Die Frau in der sozialistischen Gesellschaft“ bei der Akademie der Wissenschaf-ten der DDR (1978), oder Werke von Clara Zetkin (1957; 1983).

[53] Vgl. Dieter Kirchhöfer (2000), S. 249.

[54] Ebd., S. 249.

[55] Ebd., S. 249f.

[56] Ebd., S. 250.

[57] Ebd.

[58] Vgl. ebd.

[59] Zu nennen wären hier beispielsweise die Arbeiten von Gisela Helwig (1987; 1988), Brigitte Deja-Lölhöffel (1988), Barbara Hille (1985) und Gesine Obertreis (1986).

[60] Dazu zählen alle staatlich angeordneten Publikationen, wie beispielsweise die des Wissenschaftlichen Beirats „Die Frau in der sozialistischen Gesellschaft“ (1978).

[61] Vgl. z.B. die sehr negative Darstellung der Familienpolitik der DDR von Gesine Obertreis (1986).

[62] Dieter Kirchhöfer (2000), S. 249.

[63] Vgl. Irmgard Steiner (2003), S. 159.

[64] Vgl. ebd. Zu Schwangerschaft und Schwangerschaftsabbruch vertiefend vgl. Edith Ockel (2003).

[65] Vgl. Erna Scharnhorst (2003), S. 190.

[66] Vgl. ebd., S. 191.

[67] Vgl. ebd., S. 190f.

[68] Brigitte Deja-Lölhöffel (1988), S. 45.

[69] Jugendgesetz der DDR (1974), § 2 Abs. 1.

[70] Vgl. ebd., § 1 Abs. 2; vgl. Brigitte Deja-Lölhöffel (1988), S. 45.

[71] Vgl. Gesetz über das einheitliche sozialistische Bildungssystem (1965).

[72] Vgl. Brigitte Deja-Lölhöffel (1988), S. 48.

[73] Vgl. ebd., S. 50.

[74] Gesetz über das einheitliche sozialistische Bildungssystem (1965), § 10 Abs. 2.

[75] Vgl. Brigitte Deja-Lölhöffel (1988), S. 49.

[76] Vgl. ebd., S. 54.

[77] Vgl. ebd., S. 54.

[78] Gesetz über das einheitliche sozialistische Bildungssystem (1965), § 11 Abs. 2.

[79] Beschluss des Politbüros der SED (1952) zitiert nach Wilma Aden-Grossmann (2002), S. 249.

[80] Ebd.

[81] Ebd.

[82] Vgl. ebd.

[83] Vgl. Brigitte Deja-Lölhöffel (1988), S. 62. Mit dem siebten Lebensjahr wurden Kinder in der DDR in der allgemeinbildende polytechnische Oberschule (POS) eingeschult. Im Bildungsgesetz wird die POS formal unterteilt in die Unterstufe (1.-4. Klasse), die Mittelstufe (4.-6. Klasse) und die Oberstufe (5.­10. Klasse). Eine Darstellung des Bildungssystems der DDR, in den diese Einteilung graphisch darge-stellt ist, findet sich im Anhang dieser Arbeit.

[84] Gesetz über das einheitliche sozialistische Bildungssystem (1965), § 13 Abs. 2.

[85] Ebd.

[86] Vgl. Das Bildungswesen der Deutschen Demokratischen Republik (1989), S. 80ff.

[87] Diese nach Nachfrage geplanten Ausschreibungen der Ausbildungsstellen führte aber auch dazu, dass viele Lehrlinge nicht in ihrem Traumberuf eine Ausbildung beginnen konnten. Die Berufsberatung zog sich durch die ganze Schulzeit, so dass die Klassenlehrer und Schüler durch Gespräche und Notizen schon vor dem Schulabschluss alternative Berufe besprochen hatten.

[88] Vgl. Das Bildungswesen der Deutschen Demokratischen Republik (1989), S. 92ff.

[89] Zu den Vorläufern und der Geschichte der Kinder- und Jugendorganisation in der DDR vgl. Sabine Andresen (2006): Sozialistische Kindheitskonzepte.

[90] Vgl. Brigitte Deja-Lölhöffel (1988), S. 66f.

[91] Vgl. Brigitte Deja-Lölhöffel (1988), S. 70f.

[92] Ebd.

[93] Vgl. Brigitte Deja-Lölhöffel (1988), S. 76ff. Die Jugendweihe wurde nach der offiziellen Veranstaltung meist als Familienfest mit reichlich Geldgeschenken weiter begangen.

[94] Die meisten der hauptamtlichen FDJ-Mitarbeiter waren erheblich älter und wurden in der DDR als Berufsjugendliche verspottet. (Vgl. Brigitte Deja-Lölhöffel (1988), S. 67)

[95] Gesetz über das einheitliche sozialistische Bildungssystem (1965), §1 Abs. 1.

[96] Ebd., §1 Abs. 2.

[97] Heinz-Hermann Krüger/ Winfried Marotzki (1994), S. 9.

[98] Vgl. ebd.

[99] Beispielhaft seien hier die Kirchen genannt, die in der Organisation des Widerstandes eine große Rolle spielten als Ort, an dem Kritik nicht nur ausgesprochen, sondern auch gehandelt werden konnte.

[100] Darunter fallen beispielsweise die Arbeiten von Günter Ebert (1976) und Christian Emmerich (1979), Sybil Gräfin Schönfeldt (1995), Gerhard Holtz-Baumert (1993), Karin Richter (1995) und Claudia Rouvel (1995).

[101] Hierunter fallen die Lehrpläne und die Erläuterung sowie beispielsweise Manfred Altner (1972) und Bernhard Meier (1992). Das „ Handbuch Kinder- und Jugendliteratur. SBZ/DDR von 1949 bis 1990.“ v on Rüdiger Steinlein, Heidi Strobel und Thomas Kramer (2006) verknüpft die ästhetischen/ literatur-wissenschaftlichen Erkenntnisse mir pädagogischen und sozialhistorischen Hintergrundinformationen.

[102] Uta Strewe (2006c), Sp. 17.

[103] Dies. (2006e), Sp. 82.

[104] Selbst im Dritten Reich waren die Versuche, die Kinder- und Jugend-Literatur thematisch in die natio-nalsozialistische Ideologie zu zwängen, nicht fruchtbar. (vgl. Uta Strewe (2006a), Sp. 5.)

[105] Vgl. Uta Strewe (2006a), Sp. 6f.

[106] Ebd., Sp. 7.

[107] Dies. (2006b), Sp. 15.

[108] Vgl. ebd., Sp. 16.

[109] Bernhard Meier (1992), S. 361.

[110] Verfassung der DDR (1968/1974), Artikel 25.

[111] Uta Strewe (2006d), Sp. 32.

[112] Margot Honecker (1986), S. 552.

[113] Ebd.

[114] Wilfried Butow/ Werner Scholz (1988), S. 7.

[115] Ebd.

[116] Ebd., S. 8.

[117] Christian Emmerich (1979), S. 13.

[118] Vgl. ebd.

[119] Vgl. Wilfried Butow/ Werner Scholz (1988), S. 43f.

[123] Vgl. Wilfried Butow/ Werner Scholz (1988), S. 43.

[124] Ebd.

[125] Ebd.

[126] Ebd.

Ende der Leseprobe aus 119 Seiten

Details

Titel
Kindheitskonstruktionen in Kinderbüchern der DDR
Untertitel
Schüler, Pionier, Rebell
Hochschule
Universität Kassel  (Erziehungswissenschaft)
Note
2,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
119
Katalognummer
V132857
ISBN (eBook)
9783640384761
ISBN (Buch)
9783640385133
Dateigröße
3466 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
DDR, Kindheit;, Kindheitskonstruktion, Kinderbücher
Arbeit zitieren
Isabel Carqueville (Autor:in), 2008, Kindheitskonstruktionen in Kinderbüchern der DDR, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/132857

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