Tier und Naturbilder in Ted Hughes Birthday Letters


Hausarbeit (Hauptseminar), 2003

21 Seiten, Note: 1.7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. EINLEITUNG UND FRAGESTELLUNG

2. TED HUGHES

3 . BIRTHDAY LETTERS

4. HUGHES’ NATURKONZEPTION UND IHRE ENTWICKLUNG8
a. Die kontrastive Phase
b. Die projektive Phase
c. Die synthetisierende Phase
d. Birthday Letters

5. GEDICHTINTERPRETATIONEN
a. “You Hated Spain”
b. “Wuthering Heights”
c. “Karlsbad Caverns”

6. FAZIT

7. BIBLIOGRAFIE

1. EINLEITUNG UND FRAGESTELLUNG

Ted Hughes ist von der Kritik als einer der wichtigsten Naturdichter unserer Zeit anerkannt worden. Die Natur ist, trotz seiner poetischen Entwicklung und der Betrachtung verschiedener Themen, in seinen Werken immer im Mittelpunkt geblieben. Wie ich in der Biografie zum Ausdruck bringen werde, ist dieses große Interesse an der Natur und an ihren Phänomenen eng mit seiner Herkunft verbunden. Mit ihrer „gewaltigen“ Landschaft, ihrem harten Klima und ihrem keltischen Vermächtnis hat seine Heimatregion Yorkshire seine Naturkonzeption, schon in seiner Jugend, sehr stark geprägt: Die Naturbilder seiner Gedichte stammen direkt odere indirekt aus der eigenen Erfahrung.

Besonders in seinen früheren Bänden lehnt Hughes jede romantische Verklärung der Natur ab und stellt stattdessen ihre härtesten und erbarmungslosesten Aspekte dar. In Hawk in the Rain [1] oder Crow [2], zwei seiner bekanntesten Sammlungen, ist die Natur eine magische und irrationale Kraft, die sich der Kontrolle des Menschen entzieht und zu seiner Antagonistin wird. Aufgrund dieser Bilder und seiner “explosiven Diktion“[3] ist seine Dichtung oft als „poetry of violence“[4] bezeichnet worden, was auf die Verbindung zwischen Natur und Gewalt in seinen Gedichten hindeutet. Ein extremes Beispiel dafür ist das Gedicht „Hawk Roosting“ aus Lupercal[5], das nicht nur als „celebration of violence“[6] interpretiert wird, sondern oft sogar zur Apologie eines pseudofaschistischen totalitaristischen Diktators gemacht wird.

Eine Konstante seiner Lyrik ist der Konflikt zwischen Mensch und Natur: Diese zwei Welten haben sich, seiner Auffassung nach, im Laufe des Zivilisationsprozesses mehr und mehr voneinander entfernt und sind zu Gegenpolen geworden. Durch seine Gedichte ist der Poet der einzige, der diesen Bruch zwischen Mensch und Natur überbrücken kann; er ist, und das ist ein weiteres Merkmal seiner Lyrik, eine Art Schamane. Die Dichtung übernimmt in diesem Kontext die Funktion eines Rituals, in dem der Leser zu seinem Unterbewusstsein und seinen Instinkten zurückgebracht wird. Hughes selbst äußert sich so über dieses Thema:

Basically, it’s the whole procedure and practice of becoming and performing as a which-doctor, a medicine man, among primitive peoples. The individual is summonded by certain dreams. …Once fully-fledged he can enter trance at will and go to the spirit world… most narrative poems recount only those other dreams…[7]

Das zentrale sprachliche Mittel, wodurch der Dichter-Schamane die zwei Gegenpole von Mensch und Natur einander näher bringen kann, ist die Metapher: Die Fähigkeit dieser Gedankenfigur, konträre Begriffe wie diese in einem Bild zu vereinen, macht sie zu einem der stylistischen Kennzeichen Ted Hughes’.

Diese Merkmale kann man generell auf die gesamte Dichtung Hughes übertragen und die Aspekte der Gewalt und des Schamanismus haben sich in Beziehung auf seine Werke in der Kritik etabliert. Es muss hier jedoch betont werden, dass sie nur eine der verschiedenen Interpretationsmöglichkeiten darstellen und dass sich diese hermetische Dichtung nicht nur in diesen Aspekten erschöpft.

Sein letztes Werk, Birthday Letters, scheint sich, wenigstens auf den ersten Blick, von dieser frühere Linie seiner Lyrik zu distanzieren: Es handelt sich hier um eine sehr intime Sammlung autobiografischer Gedichte, in der die Geschichte von Sylvia Plath zur Hauptthema gemacht wird.

Ich bin der Meinung, dass trotz der großen Unterschiede eine gewisse Kontinuität zwischen diesem Band und den früheren Werken bewiesen werden kann. In dieser Arbeit werde ich versuchen festzustellen, wie sich Hughes’ Naturkonzeption in seinem Gesamtwerk entwickelt hat und insbesondere welche Rolle Birthday Letters in dieser Entwicklung spielt. Dabei werde ich einige der zentralen Tier- und Naturbilder in Birthday Letters analysieren und versuchen diese in einen einheitlichen Kontext einzuordnen. Um dies zu erreichen, werde ich mich teilweise auf Birgit Strotmanns Arbeit[8] beziehen und dazu noch einige Gedichte im Einzelnen selbst interpretieren.

2. TED HUGHES

Wenn man sich mit einem Autor beschäftigt, ist es immer notwendig einige Elemente seiner Biografie zu kennen, um seine Werke, seien sie autobiografisch oder nicht, richtig zu verstehen. Das gilt allgemein für jeden Autor, aber in Ted Hughes’ Gesamtwerk spielt seine eigene Biografie eine sehr wichtige Rolle. In einigen Bänden und Gedichtsammlungen sind die biografischen Elemente so zentral, dass das lyrisches Ich direkt mit dem Dichter identifiziert werden kann; so zum Beispiel in einigen späteren Werken wie River [9], in dem Hughes’ Erfahrungen als Angler thematisiert werden, oder Wolfwatching [10], in dem das erzählende Ich mit dem jugendlichen Hughes zu identifizieren ist und die Kriegserfahrungen einiger Familienglieder erzählt werden. Andere frühere Bände wie Crow [11] oder Gaudete [12] enthalten weniger persönliche Gedichte und können eher als mythologische Bände bezeichnet werden, aber auch hier sind einzelne Episoden seines Lebens erkennbar. Die Kenntnis biografischer Elemente bietet in vielen Fällen eine erste Entschlüsselungsmöglichkeit in den oft hermetischen, für den Leser schwer zu dechiffrierenden Gedichten Hughes’.

Da ich mich in meiner Analyse auf Birthday Letters [13] konzentrieren werde, werde ich nur auf die Jahre zwischen 1955 und 1963 detailliert eingehen, denn in dieser Zeit entwickelte sich Hughes’ Beziehung zu Sylvia Plath, die sich wie ein roter Faden durch den Gedichtband zieht.[14] Als erste Annäherung zu Birthday Letters werde ich dabei versuchen die Bibliografie in Verbindungen mit einigen, zentralen Gedichten dieses Bandes zu bringen.

Ted Hughes wurde am 17. August 1930 in Mytholmroyd in West-Yorkshire als jüngster Sohn von William Henry und Edith Hughes geboren. Mytholmroyd ist eine kleine Stadt, die zwischen den eindrucksvollen Bergen der Yorkshire Moors liegt. Er besucht hier sehr oft seinen Großvater, der außerhalb der Stadt auf einer Farm wohnt, so kommt er schon sehr früh in Kontakt mit der wilden Natur dieser Region. Diese Landschaft und die Naturbilder seiner Kindheit werden seine Gedichte sehr beeinflussen, ein sehr deutliches Beispiel dafür ist der Band Moortown[15] . In Alter von elf Jahren schreibt er schon seine ersten Gedichte, was neben Jagen und Angeln zu seinen bevorzugten Hobbys wird.

In den fünfziger Jahren studiert er an der Universität Cambridge erstmal Anglistik und dann Archäologie und Anthropologie. 1954 schließt er sein Studium ab und zieht nach London (in dem Haus, das er in „18 Rugby Street“[16] beschreibt), wo er verschiedene Berufe ausübt. 1956 kehrt er nach Cambridge zurück; am 26. Februar trifft er dort zum ersten Mal Sylvia Plath, die sich als Stipendiatin an der Universität aufhält. Die Zwei heiraten schon vier Monaten später und, nach Reisen nach Paris („Your Paris“, Seite 36) und Spanien („You Hated Spain“, Seite 39), leben sie einige Monate zusammen in Cambridge. Im Juni 1957 ziehen sie nach einem kurzen Aufenthalt in Yorkshire („Wuthering Heights“, S. 59) in die USA: erstmal nach Wellesley dann Cape Cod, Northampton und Boston, wo sie zum ersten Mal von ihrer schriftstellerischen Aktivität leben können (diese Zeit wird u.a. in „The Blue Flannel Suit“, auf Seite 67 und „9 Willow Street“ beschrieben). Im Sommer 1959 unternehmen sie mit dem Auto eine Reise durch Nordamerika: Hughes’ will den „Wide West“ sehen und er ist besonders von der wilden, primitiven Landschaft und Natur dieser Region beeindruckt („The 59th Bear“, „Grand Canyon“, „Karlsbad Caverns“, Seiten 87-100). Weihnachten 1959 sind sie wieder in England, bei Hughes’ Familie, in Yorkshire. Nach langen Überlegungen entscheiden sie sich in England zu bleiben und mieten eine Wohnung in London („Remission“, S. 109); hier wird am 1. April 1960 ihr erstes Kind, Frieda Rebecca, geboren. 1961 ziehen sie nach Court Green (was in „Error“, S. 122, als Fehler beschrieben wird): Es ist ein schwieriger Moment in ihre Beziehung, aber einige Monate später, am 17. Januar 1962, wird ihr Sohn Nicholas geboren. Sylvia Plath’ Depressionen und psychischen Probleme, die schon in ihrer Jugend in einem versuchten Selbstmord zum Ausdruck gekommen waren, werden in dieser Periode noch schlimmer (dieser Schatten taucht schon in „The Minotaur“ auf und wird in den nächsten Gedichten immer stärker). Im Sommer 1962 kommt es zu einer Ehekrise: Hughes beginnt eine Beziehung mit einer anderen Frau (Assia Wevill) und die beide trennen sich. Am 11. Februar 1963 begeht Sylvia Plath in ihrer Wohnung in London Selbstmord (besonders „Night-Ride on Ariel, S. 174, „Life after Death“, S. 182, wo Hughes die Reaktion der Kinder und seine eigene beschreibt). Hughes nimmt die Kinder zu sich. Er wird jahrelang über dem Tod seiner Frau schweigen, trotz des großen Aufsehens in der Öffentlichkeit.

[...]


[1] Hughes, Ted (1957), The Hawk in the Rain. London: Faber and Faber.

[2] Ebd. (1970), Crow: From the Life and Songs of the Crow. London: Faber and Faber.

[3] Erzgräber, Willi (1984), Moderne englische Lyrik. Stuttgart: Reclam, S.73.

[4] Faas, Ekbert (1980), The Unaccommodated Universe. London: Black Sparrow Press, S. 197.

[5] Hughes, Ted (1960), Lupercal. London: Faber and Faber

[6] Siehe Anm. 4, S. 199.

[7] Siehe Anm. 4, S. 206.

[8] Strotmann, Birgit, (1994), Natur- und Dichtungskonzeption im lyrischen Gesamtwerk von Ted Hughes. Trier: Wissenschaftlicher Verlag Trier.

[9] Ebd. (1983), River. London: Faber and Faber.

[10] Ebd. (1989), Wolfwatching. London: Faber and Faber.

[11] Siehe Anm. 2.

[12] Ebd. (1977), Gaudete. London: Faber and Faber.

[13] Ebd. (1998), Birthday Letters. New York: Farrar Straus Giroux.

[14] Eine ausführliche Biographie Ted Hughes’s befindet sich im Netz unter der Adresse: http://www.ann.skea.com/timeline.htm, 3.3.2003. In Ihrem Werk Ariel’s Gift: Ted Hughes, Sylvia Plath and the story of BIRTHDAY LETTERS (London: Faber and Faber, 2001) zieht Erica Wagner interessante Parallelen zwischen die Entstehung von Birthday Letters und Hughes’ Biographie.

[15] Hughes, Ted (1979), Moortown. London: Faber and Faber.

[16] Siehe Fußnote 5, Seite 20. Ich werde einfach den Titel des Gedichts aus Birthday Letters zitieren, das sich auf biographische Ereignisse bezieht, und die Seitennummer in der obengennanten Ausgabe.

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Tier und Naturbilder in Ted Hughes Birthday Letters
Hochschule
Technische Universität Dresden  (FB Anglistik)
Veranstaltung
Ted Hughes
Note
1.7
Autor
Jahr
2003
Seiten
21
Katalognummer
V13286
ISBN (eBook)
9783638189774
Dateigröße
525 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Englische Lyrik
Arbeit zitieren
MA Davide Bonmassar (Autor:in), 2003, Tier und Naturbilder in Ted Hughes Birthday Letters, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/13286

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