Zur Beziehung von Traum, Phantasie und Realität in Arthur Schnitzlers „Traumnovelle“


Hausarbeit, 2008

20 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Gliederung

1. Die Wiener Moderne

2. Zur Beziehung von Traum, Phantasie und Realität in Arthur Schnitzlers „Traumnovelle“
2.1. Inhalt der Traumnovelle
2.2. Bestimmung der Textsorte
2.3. Fragestellung
2.4. Märchenmotiv als Leitfaden durch die Novelle
2.5. Orient als Ort fernab der Wirklichkeit
2.6. Traum, Phantasie und Realität im Einzelnen betrachtet
2.6.1. Einfluss des Traumes auf die Protagonisten
2.6.1.1. Der Traum Albertines
2.6.1.2. Fridolins nächtliche Erlebnisse – Traum oder Realität?
2.6.2. Fridolin und Albertines Phantasien
2.6.3. Die Realität der Protagonisten
2.7. Beziehung von Traum, Phantasie und Realität

3. Resümee

4. Literaturverzeichnis

1. Die Wiener Moderne

Die Wiener Moderne ist eine Epoche Ende des 19. Anfang des 20. Jahrhunderts. Was sie definiert und was sie ausmacht, soll im Folgenden erläutert werden.

Wien ist das Zentrum dieser Epoche und grenzt sich somit von anderen literarischen Zentren, wie zum Beispiel Berlin, Paris oder München, ab. Auch der Einfluss von außerhalb der österreichischen, sogar der europäischen Grenzen, prägt diese Epoche. Wien ist deshalb ein „geographische[r] Ort der Moderne“[1], da hier ein „kreatives Milieu existierte, welches die Entwicklung von neuen Ideen begünstigte“[2]. Allerdings entsteht diese Einschätzung erst Jahrzehnte später und entspricht nicht unbedingt der Meinung der so genannten Jungen Wiener, wie sie von der zeitgenössischen Öffentlichkeit genannt werden.

Die Wiener Moderne entfaltet sich von 1890 bis 1910/1914, wobei der Beginn des Ersten Weltkriegs der Epoche definitiv ein Ende setzt. Ob das Ende dieser Strömung allerdings schon 1910 oder erst mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs erreicht wird, wird in der Fachliteratur unterschiedlich diskutiert.

„Wien [...] sei keineswegs als Geburtsort der Moderne zu betrachten“[3], schreibt Allan Janik 1990 und weiter schreibt er, „die spezielle Qualität der Wiener Moderne [...] sei die kritische Rezeption von Moderne“[4]. Die Moderne stellt einen Bruch mit dem Alten und somit einen Neubeginn dar. Die jungen Literaten dieser Epoche wollen sich vom Einfluss ihrer Väter lösen, obwohl die meisten von ihnen ohne die finanzielle Unterstützung ihrer zu Geld gekommenen Väter, sich dieses Leben nicht hätten leisten können.

Die Jungen Wiener beginnen zunächst nicht als das, wozu sie sich im Laufe der Zeit entwickeln, sondern „vielmehr als Realisten und Naturalisten“[5]. Auch ist die Wiener Moderne ist keine einheitliche Gruppe von Schriftstellern. Es gibt kein gemeinsames Programm, wie zum Beispiel im George-Kreis, das einzige was sie verbindet ist, wie Bahr es ausdrückt, das Bestreben „in allen Dingen um jeden Preis modern zu sein“[6]. Diese Epoche steht für Traditionsbruch und das nicht nur in der Literatur. Hier bildet sich unter anderem die neue Redeform des inneren Monologs und auch der „Telegramm-Stil der Seele“ wird durch Peter Altenberg eingeführt. Die morbide Endzeitstimmung dieser Strömung birgt schon in sich eine Auseinandersetzung mit den Themen Tod und Sterben. Doch die Wiener Moderne bringt nicht nur literarische Neuerungen hervor, auch in der bildenden Kunst, der Architektur und der Musik brechen die Jungen Wiener mit den Traditionen.

Ebenfalls werden Fortschritte in Psychologie und Medizin erreicht. Sigmund Freud forscht im Bereich der Psychoanalyse und untersuchte Träume mit wissenschaftlichen Methoden. Auch setzen sie sich mit der menschlichen Triebnatur und dem ICH auseinander.

Wenn von einem Vater der Wiener Moderne die Rede sein kann, dann ist das Hermann Bahr. Doch „[d]ie Position eines diktatorischen Führer-Propheten [...] hätte ein Hermann Bahr innerhalb der (meinungs-)pluralistischen Griensteidl-Atmosphäre Wiens wohl kaum erlangen können.“[7] Das hat den Grund, dass die Gruppe zu heterogen ist und nur unregelmäßig, oft auch zufällig, im Kaffeehaus zusammen kommt, so dass eine solche Position, wie sie zum Beispiel George inne hat, nicht möglich wäre.

Die Treffen der Jungen Wiener sind oft zufällig und finden in den Kaffeehäusern Wiens statt, erst im Café Griensteidl, später im Café Central. Dort diskutieren die Literaten mit den Gleichgesinnten, die ebenfalls im Kaffeehaus anzutreffen sind. Peter Altenberg gibt sogar die Adresse des Café Central als Postadresse an. Die Kaffeehausgesellschaft ist einer der wichtigsten Bestandteile der Wiener Moderne:

Die Inkonstanz seiner Besucher, die heterogene Zusammensetzung der Künstler- und Intellektuellengruppen, die sich an bestimmten Tischen zusammenfinden, die Unregelmäßigkeit ihres Zusammentreffens (die aber feste Verabredungen keineswegs ausschließt) und nicht zuletzt der Verzicht auf formale Festlegungen, wie Vereinssatzungen, etc., läßt eine Atmosphäre spontaner Gesprächsbereitschaft entstehen.[8]

Wichtige Vertreter dieser Zeit sind, außer Hermann Bahr, auch Hugo von Hofmannsthal, Ernst Mach, Peter Altenberg, Leopold Andrian, Richard Beer-Hofmann und Arthur Schnitzler.

Im Folgenden wird die Traumnovelle von Arthur Schnitzler analysiert unter den Gesichtspunkten der Beziehung von Traum, Phantasie und Realität.

Schnitzler siedelt den Fundus aus dem die Träume und die Phantasien des Menschen entstehen im „Mittelbewusstsein“ an. Im Gegensatz zu Freud, der beschreibt, dass die Träume aus dem Unterbewusstsein gespeist werden, ist er der Meinung, dass unliebsame Erinnerungen viel öfter ins Mittelbewusstsein verdrängt werden, als ins Unterbewusste. Daher kann ein überlegter Mensch, oft ohne fremde Hilfe, sich seine verdrängten Erinnerungen wieder ins Gedächtnis rufen, da das Mittelbewusstsein für ihn selbst zugänglich ist, im Gegensatz zum Unterbewussten.[9]

2. Zur Beziehung von Traum, Phantasie und Realität in Arthur Schnitzlers „Traumnovelle “

2.1. Inhalt der „Traumnovelle“

In der Traumnovelle von Arthur Schnitzler geht es um ein Ehepaar, das in Wien lebt. Der Ehemann Fridolin fühlt sich aufgrund eines Geständnisses seiner Frau Albertine von ihr hintergangen und geht daher auf nächtliche Entdeckungstour um sich an ihr zu rächen. Das gelingt ihm aber nicht und zuletzt muss er sich eingestehen, dass er in allen Frauen, denen er auf seinem Weg begegnet ist, immer nur seine Ehefrau Albertine gesucht hat. Am Ende der Novelle folgt ein klärendes Gespräch, durch das der alltägliche Zustand der Familie wiederhergestellt wird.

2.2. Bestimmung der Textsorte

Bei der Traumnovelle von Arthur Schnitzler steckt die Bezeichnung der Textsorte bereits im Titel. Es handelt sich um eine Novelle. Es gibt einen unvermittelten Beginn. Das ganze Werk hat eine mittlere Länge. Ebenfalls finden sich eine straffe Handlungsführung und formale Geschlossenheit, sowie die Zuspitzung des Erzählens auf einen Wendepunkt hin. Auch ein Dingsymbol, das die Wendung auslöst ist vorhanden (Maske).

2.3. Fragestellung

Im Folgenden soll erörtert werden, in welcher Beziehung Traum, Phantasie und Realität in Schnitzlers Werk stehen. Beginnend mit dem allgemeinen Umfeld des Werkes, also mit der Wiener Moderne, werden anschließend die Motive des Märchens und des dabei mitschwingenden Orientmotivs analysiert. Schließlich wird, nach Betrachtung der Bedeutung des Traumes, der Realität und der Phantasie, wobei die drei Punkte zunächst einzeln betrachtet werden, auf die Beziehung des ganzen komplexen Systems untereinander eingegangen. Abschließend werden in einem Resümee die gewonnenen Erkenntnisse zusammengefasst.

2.4. Märchenmotiv als Leitfaden durch die Novelle

Auf das Märchenfragment wir hier an dieser Stelle eingegangen, um zu verdeutlichen, dass es sich dabei um eine Art Leitfaden handelt, der sich durch die gesamte Novelle zieht.

Schnitzlers Traumnovelle beginnt mit einem Zitat, das an eine Stelle aus den Märchen von „Tausendundeiner Nacht“, nämlich die „Geschichte der Prinzen Amgiad und Assad“ im Rahmen der „Geschichte von Kamar ez-Zamân“[10], erinnert, bevor die eigentliche Handlung beginnt:

[...]


[1] Lorenz, Dagmar: Wiener Moderne. Stuttgart/Weimar (Metzler) 1995, S.6.

[2] Ebd.

[3] Allan Janik zitiert nach Lorenz, Dagmar: Wiener Moderne, a.a.O., S. 5.

[4] Ebd.

[5] Wunberg, Gotthart (Hrsg.): Die Wiener Moderne. Literatur, Kunst und Musik zwischen 1890 und 1910. Stuttgart (Reclam) 1981, S.13.

[6] Hermann Bahr zitiert nach Lorenz, Dagmar: Wiener Moderne, a.a.O., S. 79.

[7] Lorenz, Dagmar: Wiener Moderne, a.a.O., S. 80.

[8] Ebd., S. 23.

[9] Vgl. Le Rider, Jacques: Arthur Schnitzler oder die Wiener Belle Époque. Wien (Passagen) 2007, S. 54.

[10] Vgl. Scheffel, Michael: Narrative Fiktion und die »Märchenhaftigkeit des Alltäglichen« - Arthur Schnitzler: Traumnovelle. In: M. S.: Formen selbstreflexiven Erzählens. Eine Typologie und sechs exemplarische Analysen. Tübingen (Niemeyer) 1997, S. 181.

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Zur Beziehung von Traum, Phantasie und Realität in Arthur Schnitzlers „Traumnovelle“
Hochschule
Otto-Friedrich-Universität Bamberg  (Geistes- und Kulturwissenschaften)
Veranstaltung
Seminar: Die Wiener Moderne
Note
1,3
Autor
Jahr
2008
Seiten
20
Katalognummer
V132869
ISBN (eBook)
9783640390618
ISBN (Buch)
9783640390977
Dateigröße
444 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Anmerkung des Dozenten: Über Ihre Arbeit habe ich mich sehr gefreut. Sie führen den Leser mit differenzierten Bestimmungen aus der Literatur an die Wiener Moderne heran und zeigen die Stellung und Rolle Schnitzlers in diesem Zusammenhang auf - das ist Ihnen gut gelungen. Sehr schön ist auch die Einführung in die "Traumnovelle" über das Märchenmotiv (S. 6ff.), das sie ja auch im weiteren Verlauf Ihrer Arbeit nicht unbeachtet lassen (S. 13). Das ist alles umsichtig und behutsam dargestellt. Einsichtig finde ich, was Sie zum Beziehungsgeflecht ,Traum, Phantasie, Realität' (S. 15ff.) sagen. Bleibt noch zu bemerken, dass sich die Arbeit auch gut liest.
Schlagworte
Wiener Moderne, Märchenmotiv, Orientmotiv, Jungen Wiener, Geschichte der Prinzen Amgiad und Assad, Tausendundeine Nacht, Schnitzler, Traumnovelle
Arbeit zitieren
Michael Rößlein (Autor:in), 2008, Zur Beziehung von Traum, Phantasie und Realität in Arthur Schnitzlers „Traumnovelle“, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/132869

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