Spätestens seit dem Ende des Kalten Krieges zwischen Ost und West zu Beginn der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts zeichnet sich ein neuer weltumfassender Kon-flikt ab. Die unter dem Stichwort ‚Globalisierung’ zunehmende weltweite Ver-flechtung und Internationalisierung des Handels, der Produkt- und Dienstleis-tungsmärkte öffnet Grenzen, schafft jedoch gleichzeitig neues Konfliktpotential um den gesamten Globus herum. Im Wettlauf der Industrienationen um neue Märkte und billige Produktionsmöglichkeiten wird die Kluft zwischen Erster und Dritter Welt stetig größer.
Gliederung
1. Einleitung
2. Die Regulationsschule
2.1 Regulation, Akkumulation und Regulationsweise
2.2 Internationale Regulation
3. Der Nord-Süd-Konflikt um die Neue Weltwirtschaftsordnung
3.1 Die Krise der Weltordnung und die Radikalisierung des Südens
3.2 Umwelt und Neue Weltwirtschaftsordnung
4. Globale Klimapolitik
4.1 Der Nord-Süd-Gegensatz
4.1.1 Das Verhandlungsklima zwischen Nord und Süd
4.1.2 Das Kräfteverhältnis zwischen Nord und Süd
4.2 Internationale Regulation des Nord-Süd-Verhältnisses
5. Schlussbetrachtungen
1. Einleitung
Spätestens seit dem Ende des Kalten Krieges zwischen Ost und West zu Beginn der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts zeichnet sich ein neuer weltumfassender Konflikt ab. Die unter dem Stichwort ‚Globalisierung’ zunehmende weltweite Verflechtung und Internationalisierung des Handels, der Produkt- und Dienstleistungsmärkte öffnet Grenzen, schafft jedoch gleichzeitig neues Konfliktpotential um den gesamten Globus herum. Im Wettlauf der Industrienationen um neue Märkte und billige Produktionsmöglichkeiten wird die Kluft zwischen Erster und Dritter Welt stetig größer.
Seitdem der alles beherrschende Antagonismus zwischen Ost und West nicht mehr besteht, findet eine Verschiebung zu einem Nord-Süd-Gefälle statt. Ein Gefälle, das wohlweislich schon seit Jahrzehnten vorhanden war, dessen Monstrosität aber erst nach dem Wegfall der militärischen Drohpotentiale und der Möglichkeit des globalen atomaren Vernichtungskrieges zutage trat und ausgebaut wurde. Hierbei geht es nicht allein um die Ausbeutung der Arbeitskraft in der Dritten Welt, sondern vielmehr auch um gerechte Umwelt- und Klimapolitik.
Die französische Regulationsschule, deren Schwerpunkt zwar in der Analyse von Volkswirtschaften liegt, ist durchaus erweiterbar und auch auf die Untersuchung internationaler Umweltpolitik anwendbar. Diese Hausarbeit wird zeigen, inwieweit die Regulationstheorie die Probleme internationaler Umweltpolitik aufgreifen und erklären kann. Hierfür ist eine Durchleuchtung der sog. ‚Neuen Weltwirtschaftsordnung’ sowie das vorherrschende ‚Klima’ in der globalen Klimadiplomatie unabdingbar. Neben einem historischen Rückblick ist der Vergleich regulationstheoretischer Ansätze mit globaler Realpolitik vorgesehen, die auch jenseits aller Theoreme die Praxis aufgreifen soll.
2. Die Regulationsschule
Die Regulationstheorie wurde ursprünglich von französischen Wissenschaftlern vor dem Hintergrund der in den 70er Jahren ausgebrochenen zweiten Weltwirtschaftskrise entwickelt. Sie versucht, den mit der Krise einhergegangenen theoretischen Verunsicherungen im Bereich der traditionellen Nationalökonomie als auch im Umfeld der Marxschen Theorie Rechnung zu tragen.[1]
Dabei war es nicht die Krise an sich, die das theoretische Interesse hervorrief. Vielmehr ging es um die Frage, was die relative Stabilität der Nachkriegszeit gesichert hat und wie. Es ging also darum, zu verstehen, wie trotz des widersprüchlichen Charakters kapitalistischer Akkumulation eine längere Phase dieser Stabilität möglich war, warum diese Phase des Fordismus in einer Krise endete und wie künftige, stabile Arrangements entstehen könnten.[2]
Folglich ist die Regulationstheorie nicht im herkömmlichen Sinne einer Ordnungs-, Gleichgewichts- oder Entwicklungstheorie zu verstehen, sondern richtet ihren Fokus auf die problematischen Bestands- und Reproduktionsbedingungen einer durch strukturelle Gegensätze zerrissenen kapitalistischen Gesellschaft. Sie fordert einen über die traditionellen Regulationsinstitutionen ‚Markt’ und ‚Staat’ hinausgehenden Komplex gesellschaftlich-politischer Einrichtungen, in die alle ökonomischen und politisch-administrativen Prozesse integriert sind. Diese müssen dafür Sorge tragen, dass die antagonistischen und konfliktreichen Aktivitäten von Individuen, Gruppen und Klassen in Übereinstimmung mit den Bedingungen des Gesellschaftserhalts gehalten werden können.[3]
Im Kontext der Fragestellung dieser Arbeit liegt die Betrachtung der Regulation nicht nur im Rahmen kapitalistischer Gesellschaften, sondern vielmehr globaler Sozialsysteme in all ihren politischen und wirtschaftspolitischen Nuancen. Die Probleme der Globalisierung und der damit einhergehende Nord-Süd-Konflikt betreffen per definitionem den gesamten Erdball.
Um der Vollständigkeit gerecht zu werden, sei hier noch erwähnt, dass einige Autoren der Regulationstheorie den Status der Theorie absprechen. Zwar gesteht man der Regulationsschule zu, dass sie einige wichtige Beschreibungen und Klassifizierungen geleistet hat, aber ihr eine generalisierbare Theorie fehle.[4]
2.1 Regulation, Akkumulation und Regulationsweise
„Der Regulationsbegriff verweist auf den Mythos der ökonomischen Selbstregulation in der Neoklassik. An die Stelle der Theorie einer (allgemeinen) Selbstregulation soll eine Theorie rücken, die auch historische und länderspezifische Formspezifika zu erfassen vermag. Für die konkrete Analyse von historischen Etappen kapitalistischer Ökonomien wurde der Regulationsbegriff als ‚Regulationsweise’ in Kombination mit ‚Akkumulationsregime’ fruchtbar gemacht.“[5] Beide Begriffe sollen im Folgenden kurz erläutert werden.
Lipietz beschreibt das Akkumulationsregime wie folgt: „Das Akkumulationsregime ist ein Modus systematischer Verteilung und Reallokation des gesellschaftlichen Produkts, der über eine längere Periode hinweg ein bestimmtes Entsprechungsverhältnis zwischen den Veränderungen der Produktionsbedingungen (…) und den Veränderungen in den Bedingungen des Endverbrauchers (…) herstellt.“[6] Demzufolge ermöglicht ein Akkumulationsregime Zeiten relativer Stabilität kapitalistischer Akkumulation, obwohl die Konflikte um die Ausbeutung der Arbeitskraft und der Konkurrenzkampf in den kapitalistischen Systemen Krisen auf den ersten Blick unausweichlich erscheinen lassen.[7]
Die Mechanismen, die das Verhalten der verschiedenen Akteure wie z.B. Unternehmer, Angestellte und Politiker mit den Reproduktionserfordernissen des Akkumulationsregimes in Einklang bringen, heißen ‚Regulationsweise’.
Lipietz definiert die Regulationsweise als „die Gesamtheit institutioneller Formen, Netze und expliziter oder impliziter Normen, die die Vereinbarkeit von Verhaltensweisen im Rahmen eines Akkumulationsregimes sichern, und zwar sowohl entsprechend dem Zustand der gesellschaftlichen Verhältnisse als auch über deren konfliktuellen Charakter hinaus.“[8]
Demzufolge beinhaltet die Regulationsweise nicht nur Staaten und Regierungen, Industrien und Parteien, sondern auch die internationalen Wirtschaftskonzerne und deren globale Netzwerke, Umweltschutzverbände und nicht zuletzt Organisationen wie die UNO (United Nations Organziation) oder ASEAN (Association of Southeast Asian Nations).
2.2 Internationale Regulation
Wie oben dargestellt, bestand der ursprüngliche Gedanke hinter der Regulationstheorie, nationale Ökonomien zu analysieren. Die Erweiterung der Regulationstheorie auf die globale Ebene erfordert einige Modifikationen der theoretischen Rahmenbedingungen. Dabei geht es nicht darum, die im Mikrokosmos nationaler Rahmen entwickelten Konzepte zu internationalisieren. Denn „die Verwendung des Begriffs ‚internationale Regulation’ als zentrales Konzept bedeutet nicht den Versuch, die gesamte regulationstheoretische Begrifflichkeit am internationalen kapitalistischen System durchzudeklinieren. Dies würde spätestens dann problematisch, wenn man versuchen würde, einem ‚globalen Akkumulationsregime’ die gleiche Kohärenz zuzuschreiben, die in der Analyse nationaler Ökonomien ausgemacht werden kann.“[9] Auch im Bereich der internationalen Regulation geht es um die Frage, wie relative Stabilität in widersprüchlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden kann.
Als Beispiel soll die Szenerie von Borchard angeführt sein, der hier drei Wachstumsprozesse als Bedrohung für die globale Stabilität sieht, die der Regulation bedürfen:
a) die exponentielle Vermehrung der Weltbevölkerung
b) der ungezügelte Verbrauch endlicher Ressourcen und
c) die immer schnellere Entwicklung von Wissensprozessen und technischen Innovationen.[10]
Auf struktureller Ebene unterscheidet Mistral drei Kategorien internationaler Regulationsformen:
Die erste Gruppe sind die internationalen Netze in Handel, Transport und Bankwesen. Sie stellen die notwendige Infrastruktur und die materielle Basis für die Verknüpfung der nationalen ökonomischen Räume dar.
Da die Netzwerke die Sphäre der Produktion nicht direkt betreffen, kommt die zweite Kategorie ins Spiel: die transnationalen Unternehmen, oder neudeutsch ‚Global Players’. Aufgrund des mikroökonomischen Kalküls dieser Akteure, das Faktoren wie Marktpotentiale, relative Preise, Lohnverhältnisse, staatliche Anreize, Steuerbelastung und Schwächen des öffentlichen Sektors berücksichtig, wird die internationale Arbeitsteilung und die räumliche Struktur der Produktion mitgestaltet.
Aber weder Netze noch Unternehmen reichen aus, um stabile Akkumulation im Weltmaßstab zu gewährleisten. Deshalb erwähnt Mistral als dritte Gruppe struktureller Formen Institutionen, die den Welthandel und das Weltwährungssystem regulieren.[11]
[...]
[1] vgl. Hirsch, Joachim: Herrschaft, Hegemonie und politische Alternativen, S. 51 f
[2] vgl. Missbach, Andreas: Das Klima zwischen Nord und Süd, S. 29
[3] vgl. Hirsch, Joachim: a.a.O., S. 51 f
[4] z.B. Boyer, Robert: The Regulation School: A Critical Introduction, New York 1990. Er bezeichnet den Regulationsansatz als „a method of analysis, not a complete theory“.
[5] Missbach, Andreas: a.a.O., S. 29 ff
[6] Lipietz, Alain: Akkumulation, Krisen und Auswege aus der Krise: Einige methodische Überlegungen zum Begriff „Regulation“, in: Prokla 58, 1985, S. 120
[7] vgl. Missbach, Andreas: a.a.O., S. 30
[8] Lipietz, Alain: a.a.O., S. 121
[9] Missbach, Andreas: a.a.O., S. 36
[10] Borchard, Klaus: Die Regulation von Wachstumsprozessen. In: Decker, Karl (Hrsg.): Wachstum als Problem. Modelle und Regulation, S. 151
[11] vgl. Mistral, Jacques: Régime international et trajectoires nationales. In: Boyer, Robert: Capitalismes fin de siècle, S. 181 ff
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