Einnahmen-Überschuss-Rechnung als alleinige Methode steuerlicher Gewinnermittlung ?


Hausarbeit (Hauptseminar), 2003

17 Seiten, Note: 3,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Grundsätze der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG

3. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Einnahmen-Überschuss-Rechnung als alleinige Methode der steuerlichen Gewinnermittlung

4. Mögliche Ausgestaltungen einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung
4.1. Cash-Flow-Systeme
4.2. Andere Formen

5. Vorteile einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung
5.1. Vereinfachung
5.2. Gleichbehandlung der Einkünfte
5.3. Sonstige Vorteile

6. Probleme einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung als alleiniger Methode der steuerlichen Gewinnermittlung
6.1. Notwendigkeit der Einführung einer einzigen Gewinnermittlungs- methode?
6.2. Internationale Aspekte
6.3. Fiskalische Probleme

7. Resümee

Literaturverzeichnis

Rechtsquellenverzeichnis

Rechtssprechungsverzeichnis

Verzeichnis der Verwaltungsanweisungen

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

Das deutsche Bilanzsteuerrecht steht auf dem Prüfstand. Es wird als „Konglomerat von Einzelregelungen“ und „ungeordnetes Wirrwarr“ kritisiert.[1] Das sog. Maßgeblichkeits-prinzip, die grundsätzliche Gleichbehandlung von handelsrechtlicher und steuerrechtlicher Rechnungslegung ist im Laufe der Zeit durch so viele Sonderregelungen durchbrochen worden, dass es nicht mehr als die Gewinnermittlung beherrschendes einheitliches System angesehen werden kann. So hat auch die letzte Steuerreform (Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002) Regelungen im deutschen Bilanzsteuerrecht kodifiziert.[2]

Die deutsche Rechnungslegung befindet sich zur Zeit noch aus einem anderen Grund in einem Umbruchprozess: Die Einführung internationaler Rechnungslegungsregeln im Rahmen der Europäisierung des Bilanzsteuerrechts hat auch Auswirkung auf die steuerliche Gewinnermittlung.[3]

Im folgenden beschäftigt sich diese Arbeit mit der Darstellung und Bewertung der bestehenden Einnahmen-Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG und geht der Frage nach, ob sie, ggf. mit Modifikationen, als alleinige Gewinnermittlungsmethode geeignet ist.

2. Grundsätze der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG

Die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG ist eine von mehreren im EStG vorgesehenen Gewinnermittlungsarten.[4]

Danach berechnet sich der Gewinn als Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben. Es wird grundsätzlich auf pagatorische Größen abgestellt, es gelten daher das Zuflussprinzip (§ 11 Abs. 1 EStG) und das Abflussprinzip (§ 11 Abs. 2 EStG). Zwar besteht bei der Einnahmen-Überschuss-Rechnung eine gewisse Ähnlichkeit zur GuV der doppelten Buchführung. Jedoch werden bei der Einnahmen-Überschuss-Rechnung Betriebseinnahmen (Ist-Einnahmen) und Betriebsausgaben (Ist-Ausgaben) erfasst und nicht - wie in der GuV - Aufwendungen und Erträge.[5]

Ein weiterer wichtiger Unterschied zur Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich besteht darin, dass die Bestände des Betriebsvermögens grundsätzlich nicht berücksichtigt werden. Demzufolge können Wertschwankungen im Betriebsvermögen nicht durch Teilwertabschreibungen berücksichtigt werden. Weiterhin darf gewillkürtes Betriebsvermögen[6], d.h. solche Wirtschaftsgüter, die kein notwendiges Betriebsvermögen sind, aber in einem objektiven Zusammenhang mit dem Betrieb stehen und ihn zu fördern bestimmt sind, nach dem Willen der Rechtsprechung grds. nicht gebildet werden.[7]

Die § 4 Abs. 3 EStG-Rechnung kennt auch grundsätzlich keine Erfolgsabgrenzungen, so dass es weder Rückstellungen noch Rechnungsabgrenzungen gibt. Steuerlich ergibt sich insoweit bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 für den Steuerpflichtigen der Vorteil, dass Erlöse erst zum Zuflusszeitpunkt versteuert werden.[8]

Die Einnahmen-Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ist allerdings nicht als reine Geldrechnung konzipiert, da das Ist-Prinzip mehrfach durchbrochen wird, um einer übermäßigen Verzerrung der Periodenergebnisse gegenüber der Gewinnermittlung nach Bestandvergleich entgegenzuwirken. Dies gilt z.B. für die Abschreibungsregeln nach § 7 EStG, die Bewertungsfreiheit für geringwertige Wirtschaftsgüter nach § 6 Abs. 2 EStG sowie für die Erfassung von Entnahmen und Einlagen.

Die Regelung in § 4 Abs. 3 EStG beinhaltet keinen gegenüber § 4 Abs. 1 abweichenden Gewinnbegriff. Es gilt insoweit der Grundsatz der Totalgewinngleichheit.[9] Im Verhältnis zum Betriebsvermögensvergleich ergeben sich zwar in den einzelnen Perioden unterschiedliche Gewinne bzw. Verluste, die jedoch in der Totalgewinnermittlung, d.h. spätestens bei der Veräußerung des Betriebes bzw. beim Übergang zum Bestandsvergleich wieder ausgeglichen werden.[10]

Zweck der Einnahmen-Überschuss-Rechnung ist zunächst, dem Steuerpflichtigen die Gewinnermittlung gegenüber der Bilanzierung zu erleichtern.[11]

Berechtigt zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG sind Steuerpflichtige, die nicht gesetzlich verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen (§140 AO) und bestimmte gesetzlich festgelegte Umsatz- und Gewinngrenzen nicht überschreiten (§ 141 AO). In der Praxis sind dies hauptsächlich Freiberufler (z.B. Ärzte und Rechtsanwälte) und kleinere Gewerbetreibende. Dieser Personenkreis kann aber auch wahlweise den Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermitteln.

3. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Einnahmen-Überschuss-Rechnung als alleinige Methode der steuerlichen Gewinnermittlung

Alle steuerlichen Regelungen, also auch die Regelungen zur Gewinnermittlung, müssen den verfassungsrechtlichen Voraussetzungen genügen, also insbesondere dem Gebot der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, dem Rechtsstaatsprinzip und dem Grundsatz eigentumsschonender Besteuerung.[12]

Auf den ersten Blick scheinen sich hier keine Probleme zu ergeben, scheint doch die „ability to pay“ der Einnahmen-Überschuss-Rechnung die aktuelle Leistungsfähigkeit eines Steuerpflichtigen besser zum Ausdruck zu bringen als der bilanziell ausgewiesene Gewinn. Auf der anderen Seite dürfte eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung, die als reine Cash-Flow-Rechnung ausgestaltet ist, unter dem Aspekt des Gebotes der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit nicht ganz unproblematisch sein. Es ist fraglich, ob die Leistungsfähigkeit dabei in der jeweiligen Periode zutreffend zum Ausdruck gebracht wird, wenn Änderungen im Bestand des Betriebsvermögens wie Wertschöpfungen oder Wertminderungen systembedingt nicht berücksichtigt werden.[13] Ferner können Zahlungen und Ausgaben mehr oder weniger von Zufälligkeiten abhängen. Darüber hinaus ist es möglich, durch gezielte Maßnahmen des Zahlungseingangs bzw. Zahlungsabflusses am Jahresende den Gewinn bzw. Verlust einer Periode zu gestalten. Je nach Schwankungsbreite des Gewinns in den unterschiedlichen Perioden können sich aufgrund des progressiven Steuertarifs daraus nicht unerhebliche Steuereffekte ergeben.[14]

Um dieser Frage weiter nachzugehen müsste in diesem Zusammenhang auch geprüft werden, ob das Problem der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit unter dem Gesichtspunkt einer konsumorientierten Neuordnung des Steuersystems neu zu überdenken ist.[15]

Jedenfalls dürfte eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung, die - ähnlich wie § 4 Abs. 3 EStG nicht als strikte Kassenrechnung ausgestaltet ist, verfassungsrechtlich zulässig sein.

[...]


[1] Weber-Grellet, DStR 1998, S.1344.

[2] Mit Ausführungen zum Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2001, Weber-Grellet, DB 2000, S. 165 ff..

[3] Zu diesem Thema Herzig/Bär, DB 2003, S. 1 ff..

[4] Einen Überblick über die Vielfalt der steuerlichen Gewinnermittlungsarten und ihrer historischen Entwicklung gibt Kanzler, FR 1998, S. 233 ff..

[5] Ritzrow, b&b 1996, S. 200 mit der Unterscheidung zwischen Soll- und Istrechnung.

[6] Zum Begriff gewillkürtes Betriebsvermögen R 13 EStR.

[7] Hierzu Grundsatzentscheidung BFH, BStBl. 1960 III S. 484. Diese Haltung wird jedoch stark kritisiert, da dies nicht mit dem Grundsatz der Totalgewinngleichheit zur vereinen sei, so Tipke/Lang 1998, § 9 Rz. 360 und 454.

[8] Siehe Tipke/Lang 1998, § 9 Rz. 458 mit dem Beispiel, wonach bei einem Warenverkauf auf Ziel bspw. bei Banküberweisung der Tag der Gutschrift auf dem Girokonto der Zuflusszeitpunkt ist.

[9] Zur Begrifflichkeit BFH, BStBl. II 1975 S. 528.

[10] Tipke/Lang 1998, § 9 Rz. 453.

[11] So Heinicke in Schmidt, 2002 § 4 Rz. 372.

[12] Herzig/Bär, DB 2003, S. 6 und Tipke/Lang 1998, § 4 Rz. 53 und 73 zum Grundsatz eigentumsschonender Besteuerung insbesondere Rz. 214 ff..

[13] Siehe Dziadkowski, BB 2000, S. 400 der hierzu insbesondere auf die Baubranche mit ihren typischen Bestandsschwankungen verweist.

[14] So Pickert, DB 1994, S. 1581 ff., die auf die Vor- und Nachverlagerung von Gewinnen eingeht. Allerdings ist hier zu beachten, dass die zukünftige Entwicklung des gesamtwirtschaftlichen Zinssatzes sowie des Steuersatzes nicht mit Sicherheit voraus gesagt werden kann.

[15] Vgl. hierzu Rose, StuW 1989, S. 191 ff..

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Einnahmen-Überschuss-Rechnung als alleinige Methode steuerlicher Gewinnermittlung ?
Hochschule
Universität zu Köln  (Seminar für Betriebswirtschaftliche Steuerlehre)
Veranstaltung
Hauptseminar im SS 2003
Note
3,0
Autor
Jahr
2003
Seiten
17
Katalognummer
V13338
ISBN (eBook)
9783638190220
Dateigröße
474 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Gewinnermittlungsmethode, § 4 Abs. 3 EStG Rechnung, Einnahmen-Überschuss-Rechnung
Arbeit zitieren
Thorsten Christmann (Autor:in), 2003, Einnahmen-Überschuss-Rechnung als alleinige Methode steuerlicher Gewinnermittlung ?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/13338

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