Körperlose Stimmen, das sind die Stimmen der körperlich Abwesenden. Wo zur sprachlichen
Kommunikation die physischen Grenzen der menschlichen Stimme erreicht sind, müssen
Medien herhalten, um über Raum- und Zeitdistanzen die Verbindungen zu erhalten. So
hat schon das Medium Schrift die Stimme im Sinne von ‚das Gesagte‘ in einer visuellen Form
festgehalten. Die menschliche Stimme als ein akustisches, in Schallwellen meßbares Phänomen
wurde dann im 19. Jahrhundert erstmals durch die Entwicklung der Telephonie übertragbar
und durch Phonographie und Magnettonaufzeichnung speicherbar. In dieser Hausarbeit
soll es um jenes Medium, technische Gerät und Alltagskultur-Objekt gehen, welches entstanden
ist, um eine Gleichzeitigkeit von Übertragung und Speicherung der menschlichen Stimme
herzustellen: um den Anrufbeantworter.
Es gibt heute wohl kaum ein Medium, über welches so viele Menschen täglich ihre eigene
Stimme in gespeicherter Form repräsentieren wie den Anrufbeantworter. Dennoch ist eine
kulturwissenschaftliche Betrachtung dieses Phänomens bisher weitgehend ausgeblieben. Die
Geräte sind in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts zu einem Massenprodukt geworden, die
Ausrüstung dafür gibt es aber schon seit über 100 Jahren. Die Kultur- und Technikgeschichte
des Anrufbeantworters beginnt mit der Entstehung der Stimmübertragungs- und Speichermedien.
Weil der Anrufbeantworter ein spezialisierter Telefon-Rekorder ist, fand seine weitere
Entwicklung zu einem gebrauchsfähigen Produkt und zu einem neuen Medium der Kommunikation
im Kontext der Entwicklung des staatlichen Telefonsystems statt. Die Geschichte des
Anrufbeantworter ist daher eng mit der Telefonkultur verknüpft. Diese Entwicklung will ich
darstellen.
Der Anrufbeantworter ist wie das Telefon ein Mittel der Tele-Kommunikation, die Kommunikation
findet hier jedoch nicht unmittelbar zwischen den Gesprächspartnern, sondern
zeitversetzt über ihre gespeicherten Stimmen statt. Die Nutzung von Anrufbeantwortern ist
somit eine sehr spezifische Form akustischer Repräsentation und menschlicher Kommunikation.
Es soll aufgezeigt werden, inwieweit die Möglichkeiten zur Konversation über die Maschine
Verhaltensmuster und sozialen Beziehungen in der Tele-Kommunikation verändert
haben. Dies streift letztlich auch die Frage nach der Kultur der Erreichbarkeit.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Entkörperlichung der menschlichen Stimme im 19. Jahrhundert
- Die Kultur- und Technikgeschichte des Anrufbeantworters
- Phonograph und Telegraphon
- Der Faktor ,Telefongesellschaft'
- Antwortdienste, automatische Ansagen, automatische Anrufbeantworter
- Tele-Kommunikation über die Maschine
- Das Unbehagen der einseitigen Kommunikation
- Alte und neue Machtverhältnisse in der Tele-Kommunikation
- Schlußbetrachtung
- Literatur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit befasst sich mit der Kultur- und Technikgeschichte des Anrufbeantworters. Sie untersucht die Entwicklung dieses Mediums im Kontext der Geschichte der Stimmaufzeichnung und der Telekommunikation. Dabei werden die wichtigsten technischen Entwicklungen, die Rolle der Telefongesellschaften und die Auswirkungen des Anrufbeantworters auf die menschliche Kommunikation beleuchtet.
- Die Entkörperlichung der menschlichen Stimme im 19. Jahrhundert
- Die Entstehung und Entwicklung des Anrufbeantworters als technisches Gerät
- Die Rolle der Telefongesellschaften in der Kultur- und Technikgeschichte des Anrufbeantworters
- Die Auswirkungen des Anrufbeantworters auf die menschliche Kommunikation und die Telekommunikationskultur
- Die Machtverhältnisse zwischen Anrufer und Angerufenem in der Telekommunikation über Anrufbeantworter
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Thematik der Hausarbeit vor und skizziert die Bedeutung des Anrufbeantworters als Medium der Telekommunikation. Das erste Kapitel beleuchtet die Entkörperlichung der menschlichen Stimme im 19. Jahrhundert. Es werden die wichtigsten Erfindungen zur Übertragung und Speicherung von Geräuschen und Klängen, wie Telegraphie, Phonographie und Magnettonaufzeichnung, vorgestellt. Das zweite Kapitel widmet sich der Kultur- und Technikgeschichte des Anrufbeantworters. Es werden die Entwicklungen von Phonograph und Telegraphon, die Rolle der Telefongesellschaften und die Entstehung von Antwortdiensten, automatischen Ansagen und automatischen Anrufbeantwortern dargestellt. Das dritte Kapitel untersucht die Tele-Kommunikation über die Maschine. Es werden die spezifischen Herausforderungen und Besonderheiten der Kommunikation über Anrufbeantworter analysiert, sowie die Auswirkungen auf die Machtverhältnisse zwischen Anrufer und Angerufenem. Die Schlußbetrachtung fasst die wichtigsten Erkenntnisse der Hausarbeit zusammen und reflektiert die Bedeutung des Anrufbeantworters als Kulturobjekt der Moderne.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen den Anrufbeantworter, die Kultur- und Technikgeschichte, die Stimmaufzeichnung, die Telekommunikation, die Telefongesellschaften, die menschliche Kommunikation, die Machtverhältnisse, die Erreichbarkeit, die Entkörperlichung der Stimme und die Telekommunikationskultur.
- Arbeit zitieren
- Tonja Mayr (Autor:in), 2003, Zur Kulturgeschichte des Anrufbeantworters, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/13341
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