Chancen und Grenzen von Sprachstandserhebungen im Kindesalter mit dem Programm Delfin 4


Studienarbeit, 2007

20 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Von der Phonetik zur Morphologie – zur kindlichen Sprachentwicklung
2.1 Sprache – Grundstein der kindlichen Entwicklung
2.2 Meilensteine der Sprachentwicklung für die Sprachstandserhebung

3. Das Sprachtestverfahren Delfin 4 in NRW
3.1 Stufe eins – Besuch im Zoo
3.1.1 Verlauf vom „Besuch im Zoo“
3.1.2 Regeln des „Besuch im Zoo“
3.1.3 Durchführung und Bewertung der Aufgaben
3.2 Stufe zwei – Besuch im Pfiffikus-Haus
3.3 Sprachförderung und Elternarbeit

4. Das Sprachtestverfahren in der Kritik

5. Fazit

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die derzeitige Bildungsdiskussion fokussiert unter anderem den Bereich der frühkindlichen Entwicklung. Renate Hendricks, Abgeordnete der SPD-Landtagsfraktion weist in ihrer Rede über Sprachstandsfeststellungen und Sprachförderung darauf hin, dass wir es den schlechten tsunamiartigen Ergebnissen von PISA verdanken, dass Sprachförderung als vorrangiges Ziel erkannt wurde.

Laut Fried (2007) ist Sprache die Grundlage oder auch der Schlüssel für Bildung, da sie eng mit anderen Entwicklungsbereichen wie zum Beispiel der sozialen und emotionalen Kompetenz oder auch der kognitiven Entwicklung zusammen hängt.

Gerade in den frühen Kindheitsjahren ist eine Förderung sehr effektiv. Schwächen können noch vor Schuleintritt überwunden werden (vgl. Fried 2007a: 5). Um diesen Effekt zu nutzen hat die Landesregierung Nordrhein-Westfalens Prof. Lilian Fried und ihrem Team an der Universität Dortmund den Auftrag gegeben, ein Verfahren zu entwickeln, das die Sprachfähigkeiten von Kindern zwei Jahre vor Schulbeginn testet. Herausgekommen ist eine verpflichtende zweistufige Sprachstandserhebung mit anschließender Sprachförderung und Elternarbeit namens Delfin 4. Im März 2007 begann das Programm mit rund 180.000 drei- und vierjährigen Kindern.

Die vorliegende Arbeit wird sich damit beschäftigen, warum der Test eingeführt wurde, wie er genau aussieht, was an ihm kritisiert wird und zuletzt welche Auswirkungen er auf die Arbeit in Kindertagesstätten hat. Um sich der Fragestellung anzunähern wird zuerst auf die kindliche Sprachentwicklung eingegangen. Daraus resultierend wird aufgezeigt, dass die Sprache ein wichtiger Grundstein der kindlichen Entwicklung ist. Im Hauptteil der Arbeit werden die drei Stufen von Delfin 4 vorgestellt und kritisch beleuchtet. Abschließend folgt ein Fazit indem auch die Bedeutung von Sprachstandserhebungen am Beispiel von Delfin 4 für die frühkindliche Pädagogik dargestellt wird.

2. Von der Phonetik zur Morphologie – zur kindlichen Sprachentwicklung

Die Voraussetzungen eines erfolgreichen Spracherwerbs lassen sich in vier verschiedene Bereiche gliedern:

- biologische Voraussetzungen,
- sensomotorische Voraussetzungen,
- kognitive Voraussetzungen und
- sozialemotionale und interaktive Voraussetzungen.

I. Aus biologischer Sicht ist die Hirnreifung die zentrale Voraussetzung für den Spracherwerb. Ankommende Sprache muss verarbeitet (linke Hirnhälfte) und aktives Sprechen muss initiiert (rechte Hirnhälfte) werden (vgl. Sander/Spanier 2006: 3).
II. Zu den sensomotorischen Voraussetzungen gehört neben der Wahrnehmung mit allen Sinnen die gesamte Grob- und Feinmotorik. Besonders hervorzuheben sind hierbei Sehen, Tasten und Hören. „Die visuelle Wahrnehmung ist beim Aufbau des Sprachverständnisses wichtig, da die Betrachtung des Gegenstands oder der Handlung mit dem Gehörten verknüpft wird“ (Sander/Spanier 2006: 4). Die taktile Wahrnehmung unterstützt die Begriffsbildung, denn Kinder nehmen bestimmte Wörter oder Eigenschaften zuerst durch greifen oder betasten wahr. Unerlässlich für den Spracherwerb ist das Hören, weil Töne und Laute über den Gehörnerv an das Hör- und Sprachzentrum geleitet werden. „Auditive Wahrnehmung, Differenzierung und Verarbeitung von akustischen Signalen sind grundlegende Voraussetzungen für die Entwicklung der Sprache“ (Sander/Spanier 2006: 4). Auch die Feinmotorik besitzt große Bedeutung, da beim Sprechen viele Muskelgruppen aufeinander abgestimmt werden müssen.
III. Der Spracherwerb und die kognitive Entwicklung stehen in wechselseitiger Verbindung. Durch die kognitive Entwicklung wird der Spracherwerb angeregt, und die kognitive Entwicklung erhält wichtige Impulse von der Sprachentwicklung.
IV. Sozialemotional gesehen ist Kontakt zu anderen Menschen ein wichtiger Grundbaustein. „Diese frühen Interaktionserfahrungen sind eine wichtige Voraussetzung für einen erfolgreichen Spracherwerb“ (Sander/Spanier 2006: 5).

Die Sprachentwicklung beginnt nicht mit dem ersten Wort des Kindes. Sie fängt schon im Mutterleib mit der Wahrnehmung der Stimme der Mutter, mit dem ersten Schrei oder den Reaktionen des Säuglings auf Ansprache an.

Der erste Schrei entsteht durch die Umstellung des Organismus auf eigene Sauerstoffaufnahme. Aber bereits wenig später bekommen die Schreie Bedeutung. Das Kind kann so seine Bedürfnisse äußern. Da Mutter oder Vater regelmäßig darauf reagieren, verbindet das Kind seine Schreie mit der Hilfeleistung. Somit teilt das Kind seiner Umwelt Bedürfnisse mit, bevor es sprechen kann.

Ab dem zweiten Monat finden erste Vokalisationen statt. Das Kind beginnt zu lallen. „Lallwörter sind durchaus sinnvoll – es handelt sich nicht um eine verzärtelnde Babysprache -, da sie dem Kind ermöglichen, die Nennfunktion zu üben, bevor es noch in der Lage ist, schwierige Wörter zu artikulieren“ (Schenk-Danzinger 1991: 133). Zu Beginn treten Vokale, dann Konsonanten auf. Den Zeitraum von der ersten Vokalisation bis zum ersten Wort nennt man vorsprachliche Phase. Bis zum zehnten Monat befindet sich das Kind in dem Abschnitt des nachahmenden Lallens. Es antwortet lallend, fordert aber auch lallend zum Kontakt auf. Abgelöst wird die vorsprachliche Phase von den Einwortsätzen, die je nach Mimik, Gestik oder Betonung Fragen oder Bitten sein können, und später den Zweiwortsätzen. Auf der Sprachstufe der Mehrwortsätze benutzt das Kind einfache Satzkonstruktionen. Anfangs überwiegen wichtige Inhaltswörter. Nach und nach kommen aber Präpositionen und Artikel hinzu. „Ein Kind findet beim Sprechen durch endloses Versuch- und Irrtum-Lernen heraus, wie ein Satz gebaut werden muß (Rita Kohnstamm 1990: 177). Im Alter von drei bis vier Jahren hat das Kind die elementaren Grundstrukturen seiner Muttersprache erlernt. Es spricht vollständige Sätze und benutzt Mehrzahlbildungen sowie Vergangenheitsformen. Abgeschlossen ist der Spracherwerb in den Grundzügen bis etwa im Alter von sechs Jahren.

Bei der Sprachentwicklung unterscheidet man den phonetischen, semantischen, syntaktischen und den morphologischen Aspekt.

Die phonetische Entwicklung umfasst die Laute, die das Kind bilden kann. „Zwischen dem 10. und dem 14. Lebensmonat mündet die phonologische Entwicklung in die Produktion der ersten Wörter ein“ (Oerter/Montada 2002: 525). Die Semantik meint die Bedeutung des Gesagten, und die syntaktische Entwicklung bezieht sich auf den Satzbau. Bei dem morphologischen Aspekt geht es um das Konjugieren der Verben und Deklinieren der Substantive (vgl. Kohnstamm 1990: 175).

2.1 Sprache – Grundstein der kindlichen Entwicklung

Laut Fried (2007) sorgt derjenige, der Kindern hilft ihre Sprachpotenziale optimal zu entwickeln, dafür dass sie in ihren Bildungschancen fair behandelt werden. Dies betrifft auch andere Bereiche, denn Sprache hängt eng mit anderen Entwicklungsbereichen zusammen. Kinder mit Sprachproblemen haben oft auch Probleme in Bereichen wie der sozialen oder emotionalen Kompetenz. Ein Kind das sich beispielsweise nicht so differenziert ausdrücken kann wie gleichaltrige Kinder, hat oft Schwierigkeiten sich durchzusetzen oder anerkannt zu werden (vgl. Fried 2007a: 4). Die Sprachentwicklung hängt auch eng mit der kognitiven Entwicklung zusammen, da die Weiterentwicklung der Kognition über das Allgemeinwissen oder auch Weltwissen funktioniert und dieses nun einmal sprachlich fundiert ist (vgl. Fried 2007a: 4).

Sprache ist auch etwas ganz „Grundlegend-Elementares“ für Bildung. Probleme durch eine verzögerte Sprachentwicklung zeigen sich häufig in

der Schule beim Erlernen der Schriftsprache. Schwierigkeiten beim Lesen- und Schreiben lernen haben weitreichende Folgen. „Da unser Bildungssystem in ganz hohem Maße auf Schriftsprache und der Fähigkeit aufbaut, Sprache abstrakt und losgelöst vom Kontext zu verwenden, sind die Folgewirkungen erheblich“ (Fried 2007a: 4). Mathematische oder später auch fachliche Leistungen können beeinflusst werden. Das sind nur ein paar Beispiele, die zeigen welche warum Sprache eine solche Bedeutsamkeit hat.

2.2 Meilensteine der Sprachentwicklung für die Sprachstandserhebung

Um zu überprüfen ob die Sprachfähigkeit eines Kindes altersgerecht entwickelt ist, werden in der Sprachstandserhebung Delfin 4 die vier Bereiche der Sprachkompetenz überprüft, die laut Forschung die höchste Prognosefähigkeit in Bezug auf die weitere Sprachentwicklung haben (vgl. Fried 2007a: 7). Im Einzelnen sind das:

- das Sprachverstehen,
- das Satzgedächtnis bzw. das Grammatiksystem,
- der Wortschatz und die Satzkomplexität sowie
- die Phonembewusstheit.

[...]

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Chancen und Grenzen von Sprachstandserhebungen im Kindesalter mit dem Programm Delfin 4
Hochschule
Universität Kassel
Note
2
Autor
Jahr
2007
Seiten
20
Katalognummer
V133470
ISBN (eBook)
9783640403073
ISBN (Buch)
9783640403509
Dateigröße
416 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Delfin 4, Sprachstandserhebung, Sprachförderung, Sprachtestverfahren, Sprachentwicklung, Sprache, Test, Schulfähigkeit
Arbeit zitieren
Anne Peter (Autor:in), 2007, Chancen und Grenzen von Sprachstandserhebungen im Kindesalter mit dem Programm Delfin 4, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/133470

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