Als Severin, der leidensfähige Protagonist der Novelle „Venus im Pelz“, seinem Freund und Ich-Erzähler „Goethes ‚Du mußt Hammer oder Amboß sein‘“ eröffnet und festhält, dass dieses scheinbare Naturgesetz „nirgends so vortrefflich wie auf das Verhältnis von Mann und Weib“ passt, wird indessen deutlich, dass diese vermeintlich antiquierte Sichtweise ohne Umschweife auf die Gegenwart extrapoliert werden kann: Der Mann ist in der bestehenden Geschlechterordnung der Hammer, während die Frau als Amboss das unterdrückte Gegenstück bildet – Tertium non datur.
Doch die Frau ist beharrlich und zäh, ihre Rolle als Geschlagene, als Amboss, will sie nicht hinnehmen: Sie wehrt sich gegen die andauernde Unterjochung unter das männliche Geschlecht; Emanzipation ist nicht nur das Stichwort dieser Arbeit, sondern auch der Kryptonit der männlichen Vorherrschaft. Immer dann, wenn Frauen Emanzipationsansprüche geltend machen, gerät das männliche Hegemon, das sich durch die Unterdrückung der Frau konstituiert, ins Wanken.
Diese Arbeit beabsichtigt nunmehr, Sacher-Masoch und sein Werk "Venus im Pelz" auf emanzipatorische Tendenzen und Ideen zu untersuchen: Ist Sacher-Masoch mit seiner „Venus im Pelz“ möglicherweise ein Vorreiter emanzipatorischer Ideen – und ist Wanda, die Femme fatale der Diegese, ein emanzipativer Agens, der dem phallozentrischen Zeitgeist des auslaufenden 19. Jahrhunderts zuwiderläuft? Wenn dem so wäre, dann könnte man das Rätsel um den Menschen Sacher-Masoch entschlüsseln; zugleich würde die Beantwortung dieser Frage einen wichtigen Beitrag für eine Geschichte der Emanzipation leisten, wenn „Venus im Pelz“ – und somit Sacher-Masoch – nachträglich als frühneuzeitlicher Ausdruck emanzipatorischer Ideen deklariert werden würde.
Um dem Imperativ eines theoretisch-empirisch abgesicherten Vorgehens gerecht zu werden, wird – quasi kombinatorisch – mit der Theorie der Hegemonialen Männlichkeit nach R. Connell und dem Habituskonzept nach P. Bourdieu ein Leitfaden entwickelt, der der Analyse zugrunde liegen wird.
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung
II. Standardwerke und Erkenntnisse - Forschungslager und Unzulänglichkeiten
III. Historischer Kontext: Die Frauenfrage und die Krise der Männlichkeit
IV. Die phallozentrische Prämisse als empirischer Vorspann der folgenden Theorien
V. Die Theorie der hegemonialen Männlichkeit nach Raewyn Connell
VI. Pierre Bourdieus Habituskonzept als praktische Substantiierung Connells
VII. Zusammenfiihrung der Theorien und Genese eines methodischen Leitfadens
VIII. Die geschlechtliche Klassifikation des Merkmals Besitz und die Inbesitznahme der Frau als männliches Ziel
IX. Die Transformation der Ehe auf Probe und die sanfte, aber mächtige Gewalt der Überredung: Der Inbesitznahme Wandas näherkommen
X. Kongruenzen zwischen dem männlichen Habitus und dem Masochismus. Die Initiierung einer masochistischen Ehe
XI. Die Fetischisierung Wandas - Phallus und Macht - Peitschenhiebe als Substitut für Sex und Ausdruck von Bindung
XII. Wandas Loslösung aus der masochistischen Ehe als emanzipatives Moment?
XIII. Alexis Tod und Wandas Rückkehr zur Aspasia: Drei Erziehungsstränge, drei Frauen, drei Spiegel und die weibliche Identitätslosigkeit
XIV. Männliche Kritik am Männlichen - Eine verkappte emanzipative Botschaft?
XV. Severins männliche Reanimation am Ideal der hegemonialen Männlichkeit
XVI. Schluss
Literaturverzeichnis
Primärtext
Sekundärtexte
Intemetressourcen
- Quote paper
- Lazar Derkovic (Author), 2023, Sexualität und Gewalt. Emanzipation und Dämonisierung der Geschlechter in Sacher-Masochs "Venus im Pelz", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1335853