Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die Unterrichtseinheit
2.2 Bedingungsanalyse
2.3 Einordnung der 3./4. Stunde in die Unterrichtsreihe
2.4 Sachanalyse
2.5 Didaktische Analyse
2.5.1 Bezug zum Bildungsplan
2.5.2 Kompetenzen/ Lehr-Lernziele
2.6 Methodische Analyse
3. Reflexion/ Ausblick
4. Literaturverzeichnis
5. Anhang
1. Einleitung
Der folgende Unterrichtsentwurf widmet sich dem Thema „Jugendsprache“. Die Jugendsprache betrifft den Alltag von Lehrerinnen und Lehrern sowie Schülerinnen und Schülern oder auch die jüngeren Geschwister, nicht zuletzt Social-Media. Da Sprachausbildung vor allem in der Schule stattfindet, ist die Thematik besonders für Deutschlehrkräfte wichtig. Unter Jugendsprache versteht man die individuelle Sprechweise von Jugendlichen, die von der Standardsprache abweicht. Demnach wird die Sprache junger Menschen durch die soziale Interaktion geprägt, die durch gemeinsame Interessen, gemeinsame soziale Aktivitäten und enge Freundschaften gekennzeichnet ist. Die Jugendlichen entwickeln neue Sprachgewohnheiten, damit sie sich in der Phase der Pubertät bewusst von den Erwachsenen und deren gesellschaftlich-kulturellen Wertvorstellungen abgrenzen können oder über einen gemeinsamen sprachlichen Code sich ihrer Peergroup zugehörig fühlen.
Die Phase der Jugend kann nicht klar eingegrenzt werden, sie bezieht sich auf die Zeit von Kindheit und Erwachsenenalter. Ein genauer Zeitraum kann nicht definiert werden, da es neben der Geschlechtsreife auch auf den Kulturkreis und die soziale Schicht ankommt. (vgl. Pauli, 2010. S. 11)
Die Jugendsprache wird oft mit Begriffen wie: Sprachverfall, Vulgärjargon oder Fäkalsprache beschrieben, und gilt als Exempel für Normverweigerung und Dialogunfähigkeit. (vgl. Pauli, 2010. S. 14) Das hat den Grund, dass die Kommunikation der Jugendlichen untereinander von einem rauen und sehr direkten Ausdruck geprägt sein kann. Jedoch hat die Jugendsprache nicht nur vulgäre Charakterzüge, sondern weist auch sprachliche Verschmelzungen auf. Auf der einen Seite wird die Nutzung von englischen Begriffen in der deutschen Sprache oft mit der Jugendsprache in Verbindung gebracht. Besser unter dem Begriff „Denglisch“ bekannt. Dies spiegelt sich auch im Jugendwort des Jahres 2022 „smash“ wider. Der englische Begriff, welcher für „jemanden abschleppen“ steht, setzte sich laut der Jury, geleitet vom Verlag Langenscheidt mit 43 % der Stimmen durch.1 Dies spricht dafür, dass Mehrsprachigkeit Teil der Jugendsprache ist. Neben der Nutzung von englischen Begriffen, Anglizismen, werden vor allem auch türkische, arabische oder russische Begriffe in der Jugendsprache genutzt. Diese Sprachmischung wird überspitzt mit dem Terminus „Kanaksprache“ beschrieben. (vgl. Neuland, 2018, S. 33)
Diese Verschmelzungen verschiedener Sprachen, bieten oft Projektionsflächen für Kritik. Kritiker äußern ihre Bedenken bezüglich der Sorge vor fremdsprachlichen Elementen in der deutschen Sprache. Bereits in der Geschichte des Sprachpurismus war es ein Spiegel der Furcht vor „Überfremdung“, die auch in Zeiten einer zunehmenden multikulturellen Zusammensetzung der heutigen Gesellschaft fortlebt. (vgl. Neuland, 2018, S. 33)
Jedoch wird deutlich, dass die Jugendsprache Freude hat an kreativen Wortspielereien, die Übernahme von Wörtern aus anderen Varietäten oder Sprachen und jede Generation ihren eigenen Jargon prägt und ihn entsprechend ihres spezifischen und aktuellen soziokulturellen Kontextes abändert. (vgl. Pauli, 2010. S. 22)
Anhand eines ausführlichen themenbezogenen Unterrichtsentwurfs soll verdeutlicht werden, was die Jugendsprache ist und wozu sie im Deutschunterricht dient. Dies soll anhand der Betrachtung verschiedener Sprachvarietäten geschehen.
Das Ziel meiner Unterrichtseinheit soll die Erfüllung der Teilkompetenz „sprachproduktive Kompetenzen“ sein. Denn durch spielerisches Umformen von Texten, durch Kontrastierung unterschiedlicher Stile können sprachliche Kreativität und sprachlicher Rollenwechsel erprobt, aber auch die unterschiedlichen Wirkungsweisen von Sprachstilen erfahren werden. (vgl. Neuland, 2018, S. 226)
2. Die Unterrichtseinheit
2.1 Planung/Überblick gebende Verlaufsskizze
Sequenzierung der Unterrichtseinheit: Sprachvarietäten mit Fokus auf die Jugendsprache Kompetenzbereich der Unterrichtsreihe: Sprachwissen und Sprachbewusstheit entwickeln - sprachbewusst handeln SuS = Schülerinnen, LK = Lehrkraft, HA = Hausaufgabe, EA = Einzelarbeit, GA = Gruppenarbeit, PA = Partnerarbeit, UG = Unterrichtsgespräch, LV = Lehrervortrag
Die Unterrichtseinheit lässt sich folgendermaßen gliedern:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2.2 Bedingungsanalyse
Durch meine Lehrtätigkeit an der Bremer Schule, Oberschule an der Lehmhorster Straße (OSL) in Bremen Nord, konnte ich mein Unterrichtsthema mit der 9c durchführen.
Die gesamte Schülerschaft verfügt über iPads, die vor allem während der Zeit des HomeSchoolings nicht wegzudenken waren. Diese ermöglichen uns Lehrkräften, den Fokus auf die digitalen Medien zu lenken und somit die Chance zu ergreifen, mehr Möglichkeiten eines digitalen Unterrichts sicherzustellen.
Die Arbeit an der OSL hat es mir ermöglicht, tiefere Einblicke in die technische Ausstattung zu bekommen. Dabei ist mir, im Vergleich zu bisherigen Praktika an verschiedenen Bremer Schulen, vor allem die mediale Ausstattung innerhalb der Klassenräume aufgefallen. Jede Klasse verfügt über ein Whiteboard, Beamer und WLAN. Auch die freundlich gestaltete Webseite der Schule spiegelt die Modernität des Gesamten wider.
Des Weiteren gibt es das Fach „Projekt“. In diesem Schulfach gehen die SuS gemeinsam mit der Lehrkraft digitale Projekte an und kennen sich z. B. mit Apps wie iMovie gut aus.
Die Klasse 9c setzt sich aus 13 Mädchen und 11 Jungs im Alter von 14 bis 15 Jahren zusammen. Hierbei kommen heterogene Schülerinnen und Schüler (im Folgenden SuS) unterschiedlichster sozialer Schichten zusammen. Im Gesamteindruck war dies für die Klassengemeinschaft kein Nachteil. Der Unterricht findet in einem Klassenzimmer im ersten Stock statt. Der Raum ist groß und durch ein Fenster gut beleuchtet. Die SuS sitzen dabei in einer festen Sitzordnung, die von der Klassenlehrerin Frau P. vorgegeben wurde. Die Tische und Stühle der SuS stehen nicht fest im Raum, sodass verschiedene Sozialformen, wie z. B. Gruppenarbeit, möglich sind.
Offen wurde mir als Lehrkraft der Leistungsstand der gesamten Klasse, aber auch der einzelnen SuS dargelegt. Die Klasse erfüllt nicht die Anforderungen, die eine 9. Klasse einer Oberschule erfüllen sollte. Dies hat den Grund, dass die Klasse einen sehr hohen Anteil an geflüchteten SuS hat und auch, dass alle SuS aus einem sozial benachteiligten Stadtteil kommen. Des Weiteren gehören auch SchülerInnen mit besonderem Förderbedarf zur Klasse. Der Förderbedarf bezieht sich auf die Bereiche Lese-Rechtschreib-Schwäche, LRS und Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung, ADHS. Auf eine Schülerin trifft eine LRS zu, zwei weitere Schüler leiden an einer ADHS und bei einem Schüler wurde im Laufe des Halbjahrs Autismus diagnostiziert. Schülerinnen mit einem Förderbedarf konnten innerhalb des Unterrichts nicht durch weiteres Personal unterstützt werden, wodurch ich als Lehrkraft bei Bedarf weitere Unterstützung gegeben habe. Diese Ausgangslage sorgte des Öfteren für eine unruhige Arbeitsatmosphäre unter den gesamten SuS. Als „unruhige Klasse“ war die Klasse 9c auch unter den KollegInnen bekannt. Das Sozialverhalten in der Klasse ist teilweise von pubertären Spannungen geprägt und eskaliert schnell bei den kleinsten Anlässen. Außerdem ist der Lärmpegel im Klassenraum häufig sehr hoch und es ist schwierig, Ruhe in den Unterricht zu bringen. Die LeistungsträgerInnen der Klasse leiden besonders darunter.
Das Arbeits- und Sozialverhalten der 9c entsprach oftmals nicht den Anforderungen und Erwartungen der LehrerInnen.
2.3 Einordnung der 3./4. Stunde in die Unterrichtsreihe
Die von mir gewählte Doppelstunde zum Thema Dialekt und Jugendsprache findet relativ zu Beginn der Unterrichtsreihe in der 3. und 4. Stunde statt. Voraus geht die 1. und 2. Stunde, die als Einführungs- bzw. Definitionsstunde betitelt werden kann. Hier werden alle Sprachvarietäten, die auch in der gesamten Unterrichtsreihe thematisiert werden, zunächst grundlegend definiert und beschrieben. Die darauffolgende Doppelstunde, also meine ausgewählten Stunden, bezieht sich auf den Dialekt und die Jugendsprache. Da zuvor schon Dialekte besprochen wurden, beziehe ich mich anschießend nur auf den Berliner Dialekt im Vergleich zur Jugendsprache. Hier sollen die SuS zunächst einen Berliner Dialog in Jugendsprache umschreiben und anschließend die verwendeten jugendsprachlichen Begriffe definieren. Diese Reflexion und Auseinandersetzung mit der Jugendsprache ist eine Voraussetzung für die darauffolgende Doppelstunde 5 und 6. Inhaltlich wird Standardsprache im Vergleich zur Jugendsprache betrachtet und die SuS sollen sensibilisiert werden, wenn es um adressatenbezogenes Sprechen geht. Das soll durch zwei verschiedene, auf Adressaten abgestimmte Videos für den Tag der offenen Tür geschehen. Die Doppelstunde 7 und 8 soll ebenfalls der Reflexion dienen und dazu beitragen, den Unterschied zwischen Umgangssprache und Jugendsprache zu bestimmen. Denn wie aus der 1. und 2. Stunde hervorging, ist es den SuS besonders schwergefallen, den Unterschied zwischen Jugendsprache und Umgangssprache zu bestimmen. Die 9. und 10. sowie 11. und 12. Doppelstunde widmete sich intensiver der Jugendsprache, um diese unabhängig von weiteren Sprachvarietäten zu betrachten. Dabei soll der historische Hintergrund der Jugendsprache eine Rolle spielen. Des Weiteren wird auch die Thematik der Anglizismen angeschnitten, damit sich die SuS über die Bedeutung der Übernahme englischsprachiger Begriffe in die deutsche Sprache bewusst werden.
2.4 Sachanalyse
Die Bevölkerung eines Landes spricht mehrere Sprachen, Teilsprachen schon innerhalb der Muttersprache. Im Verlauf des Lebens lernen Menschen je nach Gesellschaftsgruppen verschiedene sprachliche Varietäten und wechseln stets von der einen zur anderen Sprache, abhängig davon, mit wem man eine Konversation führt. In Bezug darauf sind die SprachteilnehmerInnen ständig der Forderung nach sprachlicher Variabilität ausgesetzt. Daneben müssen sie aber auch der sprachlichen Kritikbereitschaft, sprachlichen Toleranz und der sprachlichen Solidarität gerecht werden, wenn eine partnerschaftliche, störungsfreie und effektive Kommunikation stattfinden soll. (Vgl. Klute, 1977, S. 41)
Innerhalb meiner Unterrichtseinheit setze ich mich, gemeinsam mit den SuS, mit den Sprachvarietäten der deutschen Sprache auseinander. Sprachvarietäten, oder auch innere Mehrsprachigkeit, sind unter anderem Fachsprachen, die in beruflichen Kontexten genutzt werden. Zum Beispiel das Deutsch von Computerfachleuten oder Immobilienmaklern. (Vgl. Abraham, 2016, S. 26.) Als weitere Sprachvarietät gilt die Standardsprache, die im Grunde allen Mitgliedern der Sprachgemeinschaft ohne besondere soziale Merkmale zur Verfügung steht. Standardsprache wird in Wort und Schrift von einer bestimmten Bildungsschicht genutzt und auch innerhalb intellektueller Berufe wie Schriftsteller, Lehrer, Journalisten oder Politiker angewendet. (Vgl. Löffler, 2010, S. 103)
Als weitere Varietät der deutschen Sprache gilt die Umgangssprache. Die Umgangssprache gehört der Alltagssprache an, dabei ist die weitere Abgrenzung zu dem, was man Gebrauchs-, Zweck-, oder Normalsprache nennt unscharf. (Vgl. Löffler, 2010, S. 96) Eine situationell vom Alltag her definierte Umgangssprache ist nicht sozial markiert, da der Begriff Alltag für alle SprecherInnen gleichermaßen zutrifft. Die neutrale Verständigungssprache gilt für manche SprecherInnen bereits als äußerster Kommunikationsradius und stellt die gesamte Bandbreite sprachlicher Möglichkeiten dar. Somit gilt die Umgangssprache für viele Sprecherinnen als einziger zur Verfügung stehender Soziolekt und kann als Gruppensprache der Durchschnittsbürger verstanden werden. (Vgl. Löffler, 2010, S. 99)
Eine weitere Sprachvariante und auch Thema der genauer zu betrachtenden Doppelstunde sind die Regionalsprachen wie z. B. Dialekte. Im Süden lässt sich etwa feststellen, dass bestimmte Funktionswörter reduziert ausgesprochen werden. (Vgl. Baurmann, 2017, S. 338). Zu dem signalisiert der Dialekt deutlicher als andere Varietäten die soziale Zusammengehörigkeit und emotionale Beteiligung. Die DialektsprecherInnen können zwischen Hochsprache und Dialekt wechseln und differenzieren je nach Gesprächspartner und Situation. Dieses intuitive Wissen kann im Bereich Reflexion über Sprache aufgegriffen werden. (Vgl. Baradaranossadat, 2010, S. 224)
Des Weiteren ist nachgewiesen, dass Jugendsprache sich vorzugsweise in dialektfreien Gebieten ausbreitet. (Vgl. Abraham, 2016, S. 26.) Als letzte Variante gibt es die sozialbedingten Gruppensprachen, zu der auch die Jugendsprache zählt. Ähnlich wie der Dialekt hat die Jugendsprache die Funktion der Zugehörigkeit und zudem auch die der Abgrenzung von älteren Menschen. Die Jugendsprache wird des Weiteren in der aktuellen Sprachforschung als Mittel gruppenspezifischer Kommunikation aufgefasst. Die sprachbiographische Perspektive verweist auch darauf, dass Jugendsprache eine Passage in der individuellen Sprachbiographie darstellt, die mit dem Übertritt in weitere Sozialisationsphasen und -rollen (z. B.: Berufstätigkeit, Familiengründung) verblassen und abnehmen wird. (Vgl. Neuland, 2018, S. 68)
Die Jugendsprache ist kein Phänomen der Neuzeit. Auch zu früheren Zeiten haben Jugendliche einen eigenen Sprachstil ausgebildet, der sich von dem in der Gesellschaft vorherrschenden und von der älteren Generation verwendeten in bedeutsamer Weise unterschied. Jedoch wurde der Begriff Jugendsprache selbst bis in das 20. Jahrhundert nicht verwendet. Viel mehr war die Rede von der Studentensprache oder die Sprache der akademischen Jugend. (vgl. Neuland, 2018, S. 45)
Der besondere Fokus auf Dialekte und Jugendsprache eröffnet vielfältige Möglichkeiten für integrativen, projektorientierten und auch fächerübergreifenden Unterricht. So könnten nicht nur Lernbereiche wie mündlicher und schriftlicher Sprachgebrauch miteinander verknüpft werden, sondern auch Gebrauchstexte aus den Medien sowie literarische Texte einbezogen werden. (Vgl. Neuland, 2003, S. 63)
2.5 Didaktische Analyse
„Die Kinder haben es mit einer Vielfalt von Sprachen und Sprachvarianten zu tun: regionalen, altersgebundenen, sozialen Sprachvarianten; Fachsprachen; fremden Sprachen und Sprachmischungen aufgrund anderer Ausgangssprachen; unterschiedlichen stilistischen Anspruchsebenen. Hierbei gelten jeweils unterschiedliche Sprachnormen. Die Kinder sollen sich in dieser Vielfalt der Sprachvarianten orientieren. (Richtlinien und Lehrpläne „Sprache“ 1985, 48)“ (Neuland, 2003, S. 61)
Die innere Mehrsprachigkeit bietet den SuS eine hohe Gegenwartsbedeutung. Auch gewährt die Auseinandersetzung mit den sprachlichen Varietäten im Hinblick auf das Denken sowie das Selbst- und Weltbild der Sprecher und Sprecherinnen immer auch ein Nachdenken über Sprache im Allgemeinen. (Vgl. Wölke, 2018, S. 10)
Das Ziel der Doppelstunde ist, dass die SuS die sprachlichen Besonderheiten zusammenfassen und die Jugendsprache mit dem Berliner Dialekt vergleichen können. Dieses Ziel und die damit einhergehende Aufgabenstellungen bieten die Möglichkeit, eine Reflexion über Sprache und die Analyse der sprachlichen Form gewinnbringend miteinander zu verknüpfen. (Vgl. Tilman von Brand, 2018, S. 71)
Des Weiteren soll die Auseinandersetzung mit dem Dialekt im Vergleich zur Jugendsprache in der ausgewählten Doppelstunde genauer betrachtet werden. Dabei sollen die beiden Sprachvarietäten, die im Grunde ähnliche Ziele haben, nämlich die Gruppenzugehörigkeit, voneinander differenziert werden und die Merkmale der Jugendsprache noch deutlicher werden. Diese innere Mehrsprachigkeit gilt es zu fördern und als solche bewusst zu machen. Wie schon deutlich geworden ist, übernimmt der Dialektgebrauch in einigen Regionen ähnliche Funktionen wie der Gebrauch jugendtypischer Ausdrucksweisen, nämlich die der Identifikation mit der eigenen Gruppe und der Abgrenzung gegenüber anderen. (Vgl. Baradaranossadat, 2010, S. 227)
Die SuS sollen mit Blick auf die bevorstehende Klassenfahrt den Berliner Dialekt kennenlernen und präventiv soll, durch einen schüler- und erfahrungsbezogenen Zugang zum Thema, verhindert werden, dass Dialekte als fremdartige, missverständliche oder gar lächerliche Ausdrucksweise gekennzeichnet werden. (Vgl. Neuland, 2003, S. 61) Dieser Erfahrungsbezug soll den SuS auch in anderen Bereichen die Möglichkeit geben, offen mit Mitmenschen aus anderen Gegenden Deutschlands umzugehen. Denn Sprachbewusstsein bezieht sich nicht nur auf den eigenen Sprachgebrauch, sondern beinhaltet auch das Wissen über das Verhalten anderer Sprachgemeinschaften, auch wenn dieses unvollständig und von Vorurteilen belastet sein kann. (Vgl. Baradaranossadat, 2010, S. 225)
2.5.1 Bezug zum Bildungsplan
Aus eigenem Interesse beziehe ich mich auf den Bildungsplan des Bundeslands Baden- Württemberg, um feststellen zu können, ob eine Beschäftigung mit der Thematik in der vorgesehenen Jahrgangs stufe 9 gerechtfertigt bzw. vorgesehen ist. Das Thema der Sprachvarietäten lässt sich in das Feld „Sprachgebrauch und Sprachreflexion“, genauer unterteilt in „Funktion von Äußerungen“, einordnen.
Erwartet wird, dass die Schülerinnen und Schüler ihre Sprachkompetenz erweitern, indem sie eigene wie fremde Sprechakte im kommunikativen Zusammenhang analysieren und eigene Äußerungen dem Gegenstand und der Situation, dem Adressaten wie auch sich selbst gegenüber als Sprecher angemessen gestalten. Sie reflektieren die Bedingungen gelingender Kommunikation. (...) Darüber hinaus erfahren sie Sprache als ein lebendiges, sich wandelndes System mit unterschiedlichen Sprachvarietäten. (Vgl. Bildungspläne Baden- Württemberg Deutsch. 2016) In den Jahrgangsstufen 7,8 und 9 wird unter der Kategorie „Sprachliche Äußerungen funktional gestalten“ empfohlen, sprachliche Äußerungen mündlich und schriftlich situationsangemessen und adressatenorientiert zu formulieren, als Beispiele werden unter anderem Rollendiskussionen und Dialoge angeführt. In der dazugehörigen Kategorie „Sprache und Identität“ wird als Ziel aufgeführt, dass die SuS kommunikative Funktionen des Dialekts, der Umgangssprache und der Standardsprache sowie von Gruppen- und Jugendsprachen in ihren Abgrenzungen untersuchen und erläutern und die Sprachvarietäten angemessen verwenden können. (Vgl. Bildungspläne Baden-Württemberg Deutsch. 2016, S. 65)
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1 https://de.wikipedia.org/wiki/Jugendwort des Jahres (Deutschland)