In dieser Arbeit sollen einige Briefe Jung-Stillings auf die Frage hin untersucht werden, wie die Geschehnisse seiner Zeit, sowohl größere Ereignisse wie beispielsweise die Feldzüge Napoleons, aber auch kleinere Erlebnisse in Stillings näherem Umfeld, das persönliche Glaubensleben und seine Endzeitvorstellungen geprägt haben.
Johann Heinrich Jung, genannt Jung-Stilling, wäre nach heutigem Verständnis ein Multitalent. Er selbst hätte sich möglichweise als Universalgenie verstanden. Sein beruflicher Werdegang begann als Schneidergeselle und endete als Berater des badischen Großherzogs Karl Friedrich von Baden. Seine Tätigkeiten erstreckten sich über die verschiedensten Interessengebiete. Er war nicht nur ein erfolgreicher Augenarzt, sondern auch Professor für Volkswirtschaft. Seinen größten Ruhm erlangte Jung-Stilling jedoch als Schriftsteller. Besonders für seine Lebensgeschichte, deren erster Teil zunächst auf die Bemühungen von Johann Wolfgang von Goethe hin veröffentlicht wurde, und seinen Roman "Das Heimweh" erlangte er internationale Anerkennung. Dieses Werk hatte nicht nur großen Einfluss auf die europaweite Leserschaft, sondern auch auf Jung-Stilling selbst.
Dass die Briefe Johann Heinrich Jung-Stillings verhältnismäßig wenig Beachtung gefunden haben, ist einerseits verständlich. Große literarische Werke wie "Das Heimweh" oder periodische Schriften wie "Der Graue Mann" eignen sich für die literaturgeschichtliche Forschung natürlich mehr als eine bunte Zusammenstellung von Briefen an unterschiedliche Adressaten mit ganz variierenden Themen. Auch für die Frage nach der Einordnung Stillings zwischen Pietismus und Aufklärung und seiner theologischen Ausrichtung bieten diese Werke eine Menge Anknüpfungspunkte. Für die Frage nach Jung-Stillings persönlichem Glaubensleben und seinen Antworten auf praktische Lebensfragen im Leben eines Gläubigen sind seine Briefe jedoch überaus authentisches Material.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Der späte Jung-Stilling
- Die geistliche Wende - 1789 oder 1795?
- Jung-Stilling - Ein Pietist?
- Vorsehung und Endzeit
- Alles nach Vorsehung Gottes
- Die Zeichen der (End)-Zeit
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Briefe von Johann Heinrich Jung-Stilling zwischen 1795 und 1816 und analysiert, wie sie die Ereignisse seiner Zeit – insbesondere die Koalitionskriege – in seinen persönlichen Glaubensleben und seiner Endzeitvorstellungen widerspiegeln. Sie befasst sich mit der Frage, wie Jung-Stillings geistliche Wende seine Sicht auf die Welt und die Ereignisse seiner Zeit beeinflusst hat.
- Jung-Stillings geistliche Wende und seine Einordnung zwischen Pietismus und Aufklärung
- Jung-Stillings Endzeitvorstellungen und seine Interpretation der Geschehnisse seiner Zeit
- Die Rolle der Vorsehung in Jung-Stillings Denken und die Bedeutung von Schicksal und Zufall
- Der Einfluss der Erweckungsbewegung auf Jung-Stillings Korrespondenz und seine Seelsorgearbeit
- Die Koalitionskriege und ihre Relevanz für Jung-Stillings Weltbild
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Diese Einleitung präsentiert Jung-Stilling als vielseitiges Individuum und beleuchtet seine literarischen Erfolge, insbesondere den Roman "Das Heimweh". Sie stellt fest, dass Jung-Stilling nach der Veröffentlichung dieses Werkes eine neue Lebensrichtung einschlug und sich verstärkt der Seelsorge widmete. Die Arbeit fokussiert auf seine Briefe und untersucht deren Bedeutung für das Verständnis seines Glaubenslebens und seiner Endzeitvorstellungen.
- Der späte Jung-Stilling: Dieses Kapitel befasst sich mit der Einordnung Jung-Stillings zwischen Pietismus und Aufklärung in seinem letzten Lebensabschnitt. Es beleuchtet verschiedene Interpretationen zur Frage, wann genau seine geistliche Wende stattfand, und stellt die unterschiedlichen Ansichten von Otto W. Hahn und Gerhard Schwinge gegenüber. Hahn argumentiert für eine Wende um 1789, die durch den Einfluss von Kant und Sartorius ausgelöst wurde, während Schwinge die Veröffentlichung von "Das Heimweh" als entscheidenden Wendepunkt sieht.
- Vorsehung und Endzeit: Dieses Kapitel beleuchtet Jung-Stillings Auffassung von der Vorsehung Gottes und seine Interpretation der Zeichen der Zeit. Es wird untersucht, wie er die Ereignisse seiner Zeit, insbesondere die Koalitionskriege, als Zeichen der Endzeit sah und wie er die Rolle von Schicksal und Zufall in seinem Glaubenssystem verstand. Die Rolle der Erweckungsbewegung und Jung-Stillings Seelsorgearbeit werden ebenfalls betrachtet.
Schlüsselwörter
Diese Arbeit befasst sich mit den zentralen Themen von Jung-Stillings späten Briefen, insbesondere mit seiner persönlichen Theologie, der Rolle der Vorsehung und der Endzeit. Sie analysiert seine Reaktion auf die Koalitionskriege und die Auswirkungen der Erweckungsbewegung auf seine Seelsorgearbeit. Weitere wichtige Begriffe sind Pietismus, Aufklärung, "Das Heimweh" und die geistliche Wende.
- Arbeit zitieren
- Jonathan Vogel (Autor:in), 2022, Die Koalitionskriege als Zeichen der Endzeit. Jung-Stillings Überzeugung der Vorsehung und der Endzeit in Briefen zwischen 1795-1816, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1336450