Die Charakterdarstellung des Haussklaven im klassischen Athen anhand Aristoteles "Politik" und Euripides Dramen


Seminararbeit, 2009

19 Seiten, Note: 1.7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

1. Einleitung

2. Die athenische Gesellschaft im klassischen Griechenland
2.1 Bürger
2.2 Freie Nichtbürger
2.3 Sklaven

3. Darstellung des Haussklaven in der Philosophie anhand Aristoteles Politik
3.1 Politik
3.2 Der „Sklave von Natur“

4. Darstellung des Dienersklaven in der Literatur anhand Euripides Dramen
4.1 Die euripideische Konzeption des einfachen Sklaven
4.2 Die Amme in Euripides Medea

5. Schluss

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die Sklaverei ist das älteste Ausbeutungs- und Unterdrückungsverhältnis, das in der Zersetzung der Urgesellschaft bereits vor der Herausbildung der altorientalischen Klassengesellschaft entstand. In der antiken Mittelmeerwelt entwickelte sich die Sklaverei zur herrschenden Produktionsweise und bestimmte damit einige Jahrhunderte die gesellschaftlichen Beziehungen.[1]

Sklaven waren Menschen, die nicht über sich selbst verfügen konnten und einem anderen gehörten. Der Herr der Sklaven, der Sklavenhalter, besaß nicht nur ihre Arbeitskraft, sondern den ganzen Menschen. Der Mensch wurde Ware.[2]

Die folgende Arbeit befasst sich mit dem Haussklaven im klassischen Griechenland, der sich durch eine besondere Herr-Sklave-Beziehung von den anderen abhebt. Um diese Beziehung besser zu verstehen, soll versucht werden, ein Charakterbild für den idealen Haussklaven zu erstellen.

Zu diesem Zweck wird der Sklave allgemein in die damalige athenische Gesellschaft eingeordnet. Daraufhin wird seine Darstellung in der Philosophie anhand Aristoteles Politik analysiert, weil dieses Werk die bislang vielleicht ausführlichste Quelle zu diesem Thema darstellt. Dem folgt die Darstellung des Dienersklaven in der Literatur anhand Euripides Tragödien. Eine Analyse findet am Beispiel der Medea statt.

Während Aristoteles als ein klarer Befürworter der Sklaverei verstanden wird, behauptet man von Euripides, er sei gegen dieses System gewesen.[3] Es soll ein Versuch stattfinden auf die Frage eine Antwort zu finden, ob sich diese Einstellung in seinen Werken widerspiegelt.

Wenn im Folgenden von Sklaven und Herren gesprochen wird, so ist von Frauen gleichermaßen die Rede wie von Männern. Dies gilt jedoch nicht für die Begriffe Bürger und Nichtbürger, weil sich diese auf das öffentliche Leben beziehen und Frauen nicht gleichermaßen wie Männer daran teilhaben durften, wogegen die Herr-Sklave-Beziehung sich hauptsächlich auf das Private begrenzte, wo kaum zwischen den Geschlechtern diskriminiert wurde.

2. Die athenische Gesellschaft im klassischen Griechenland

Die Gesellschaft im klassischen Athen gliederte sich in Bürger bzw. Vollbürger[4], freie Nichtbürger und Unfreie bzw. Sklaven, wobei der Bürger wegen seiner politischen Beteiligung am Staat das höchste Ansehen genoss und der Sklave juristisch nur einen Gegenstand darstellte. Die Bürger waren wiederum in vier Zensusklassen unterteilt, d. h. Besitz und Einkommen entschieden darüber, zu welcher Klasse man gehörte.[5] Wenn man also eine grobe Einteilung vollziehen wollte, würde man von einer für Athen eigentümlichen Mehrklassengesellschaft sprechen.

Eigentümlich zum einen deswegen, weil, obwohl sich die Bürger innerhalb ihrer Klasse durch die Höhe ihres Einkommens unterschieden, der Besitz für die soziale Hierarchie innerhalb der Demokratie zweitrangig war. Was für die Athener wichtiger als ihre persönliche Bereicherung war, zumindest ihrem Wertesystem zufolge, war das Wohl der polis[6]. Für den Einzelnen hieß das, dass man sich an der Politik beteiligen konnte bzw. sollte, mit anderen Worten, ein aktives Stimmrecht besaß. Nichtbürgern wurde dieses nicht nur verwehrt, sie hatten auch weniger rechtliche Ansprüche als Vollbürger. Unter anderem durften sie keinen Grundbesitz innerhalb der Grenzen Attikas erwerben.

Ein weiteres Charakteristikum der athenischen Klassengesellschaft war, dass sie, verglichen mit dem zeitgleich in Sparta vorliegenden System und der Dreiständegesellschaft im zentralen Europa des Mittelalters, nicht statisch war. Sie ermöglichte eine relativ hohe soziale Mobilität, d. h. einem Bürger konnte das Bürgerrecht entzogen werden und ein Sklave konnte sich freikaufen, ja sich sogar ein Vermögen erarbeiten.[7] Manchmal wurde Nichtbürgern auch das Bürgerrecht gewehrt, weil sie der polis einen besonderen Dienst erwiesen hatten. Dies konnte eine großzügige Spende gewesen sein, denn es gab sehr wohlhabende metoikoi[8] in Athen.

2.1 Bürger

Die Einteilung der Bürger aus der Archaik nach Besitz und Einkommen wurde im klassischen Athen beibehalten. Demnach bildeten die beiden ersten Zensusklassen nach wie vor die Oberschicht.

Hierzu zählten einerseits Grundbesitzer, die als Eigentümer altererbter Güter traditionell als Pentakosiomedimnoi[9] oder Hippeis[10] eingestuft waren. Indem sie sich nach überkommenen Wertvorstellungen als Kaloikagathoi („Edle“) verstanden, grenzten sie sich durch eine gleichsam inoffizielle soziale Trennungslinie von der übrigen Bürgerschaft ab.[11]

Jedoch ermöglichte sozialer Aufstieg den beiden unteren Zensusklassen die Einweisung in eine höhere Zensusklasse, weshalb der Adelsbegriff nicht synonym für die Begriffe pentakosiomedimnoi und hippeis verwendet werden kann.

Die dritte und vierte Zensusklasse bildeten die Zeugiten und die Theten. Zeugiten waren Bauern mit nur einem Gespann und 200 Scheffeln Mindestertrag. Sie durften seit 458 v. u. Z. niedrige Ämter des Archontats übernehmen und dienten bereits zuvor im Krieg als Hopliten.[12] Bei den Theten handelte es sich um die grundbesitzlose, freie Unterklasse wie Handwerker oder Tagelöhner mit weniger als 200 Scheffeln jährlichem Ertrag an Getreide, Wein oder Öl. Seit der Verfassung Solons hatten sie Zutritt zur Volksversammlung, aber nicht zu den Ämtern. Letztere dürften ihnen um 450 v. u. Z. zugänglich geworden sein. Die Theten dienten als Leichtbewaffnete oder als Ruderer. Mit zunehmender Seemacht Athens wuchs ihre politische Bedeutung. Allgemein wurden auch alle auf Lohnarbeit angewiesenen Freien als Theten bezeichnet.[13]

2.2 Freie Nichtbürger

Außer den Bürgern Athens lebten noch Freie ohne Vollbürgerrecht in der polis. Diese gliederten sich in nothoi und metoikoi. Die allgemeine Bezeichnung für freie Fremde, die sich kurz- oder langfristig in Athen aufhielten, war xenoi. Zu ihnen gehörten Händler, Söldner, Besucher, usw. Fremde, die einen festen Wohnsitz in Athen erworben hatten, besaßen anderen xenoi gegenüber Sonderrechte und –pflichten, u. a. mussten sie eine geringe Kopfsteuer entrichten und weitere finanzielle Unterstützung leisten. Sie konnten auch zum Kriegsdienst herangezogen werden. Diese Untergruppe der xenoi nannte man metoikoi.

Nothos war die Bezeichnung für ein Kind aus einer Mischehe zwischen einem Athener und einer Fremden oder einer Athenerin und einem Fremden. Seit 451 v. u. Z. wurde einem nothos das Bürgerrecht verwehrt und er wurde rechtlich einem metoikos gleichgestellt, d. h. wollte er in Athen bleiben, musste er gewisse Zahlungen an die polis durchführen.[14]

2.3 Sklaven

Die letzte Gruppe in der Bevölkerung Athens bildeten die Sklaven. Mit der Solonischen Verfassung aus dem Jahre 594 v. u. Z. verschwand die Schuldknechtschaft aus Athen, sodass seitdem jeder Sklave entweder ein Kaufsklave oder der Nachfahr eines Kaufsklaven war. Folglich sollte unabhängig von seiner Finanzlage kein athenischer Bürger mehr innerhalb Athens versklavt werden können.

[...]


[1] Vgl. Irmscher, S. 525.

[2] Irmscher, S. 525.

[3] Vgl. ebd., S. 524.

[4] Vollbürger war nach dem Bürgerrechtsgesetz des Perikles aus dem Jahre 451 v. u. Z. derjenige, dessen beide Eltern athenischer Herkunft waren. Zuvor galt derjenige als Vollbürger, der ein Elternteil mit athenischer Herkunft nachweisen konnte. Vgl. Welwei, S. 232.

[5] Vgl. Welwei, S. 232 f.

[6] Polis [griech.]. Als Staat des antiken Griechenlands ist die polis ein Zusammenschluss privater Grundeigentümer, Gewerbe- und Handeltreibender, deren Eigentum die Mitgliedschaft in der polis genauso voraussetzt, wie die Mitgliedschaft in der polis Voraussetzung für das Eigentum der polis -Bürger ist. Vgl. Irmscher, S. 441.

[7] Vgl. Frost, S. 86.

[8] Metoikos war die Bezeichnung für einen Bewohner Athens mit festem Wohnsitz, dessen beide Elternteile keine athenische Bürger waren.

[9] Pentakosiomedimnoi [griech. »Fünfhundertscheffler«]: seit 594 v. u. Z. Athener, die jährlich 500 Scheffel Getreide, Wein oder Öl ernteten; später wurden Geldeinnahmen von 500 Drachmen gleichgesetzt. Sie bildeten die 1. Zensusgruppe der Verfassung Solons. Nur ihnen war anfangs das Amt der Archonten zugänglich. Sie leisteten Militärdienst zu Pferde und waren zu Liturgien verpflichtet. Vgl. Irmscher, S. 416.

[10] Hippeis (griechisch: ἱππεῖς (Plural) für "Reiter") war die Bezeichnung für die zweithöchste der vier Bevölkerungsschichten (Zensusklassen) in der Phase der attischen Demokratie der antiken Athener polis. Als Angehöriger dieser Schicht war der Bürger zum Wehrdienst als Reiter verpflichtet und hatte die Zugangsmöglichkeit zu höheren Ämtern.

Vgl. Wikipedia, Seite „Hippeis“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Hippeis&oldid=51970052.

Letzter Abruf: 18. 02. 2009, 16:12.

[11] Welwei, S. 233.

[12] Vgl. Irmscher, S. 620.

[13] Vgl. ebd., S. 571.

[14] Vgl. Welwei, S. 235 ff.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Die Charakterdarstellung des Haussklaven im klassischen Athen anhand Aristoteles "Politik" und Euripides Dramen
Hochschule
Universität Duisburg-Essen
Note
1.7
Autor
Jahr
2009
Seiten
19
Katalognummer
V133794
ISBN (eBook)
9783640403226
ISBN (Buch)
9783640402748
Dateigröße
474 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Charakterdarstellung, Haussklave, Sklave, klassisch, Athen, Griechenland, Aristoteles, Politik, Euripides, Medea
Arbeit zitieren
Ismail Durgut (Autor:in), 2009, Die Charakterdarstellung des Haussklaven im klassischen Athen anhand Aristoteles "Politik" und Euripides Dramen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/133794

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