Dezentrale Energieeinspeisung mit Brennstoffzellen als virtuelles Kraftwerk im Niederspannungsnetz

Eine techno-ökonomische Analyse


Diplomarbeit, 2005

109 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Lösungsweg

2 Charakterisierung der technischen und betrieblichen Rah- menbedingungen
2.1 Brennstoffzellentechnik
2.1.1 Historie
2.1.2 Gasaufbereitung
2.1.3 Polymermembran-Brennstoffzelle
2.1.4 Karbonatschmelze-Brennstoffzelle
2.1.5 Festoxid-Brennstoffzelle
2.1.6 Sonstige Brennstoffzellentypen
2.2 Kraft-Wärme-Kopplung
2.2.1 Allgemeines
2.2.2 Kleinste Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen .
2.2.3 Besonderheiten der Brennstoffzelle
2.3 Speichertechnologien
2.3.1 Wärmespeicher
2.3.2 Speicher für elektrische Energie
2.3.3 Chemische Speicher
2.4 Dezentrale Energieeinspeisung
2.4.1 Technik der Netzanbindung
2.4.2 Netzstruktur der Stromversorgung
2.4.3 Kommunikation dezentraler Erzeugungsanlagen .
2.4.4 Vergütung

3 Methodik zur techno-ökonomischen Analyse dezentraler Kraft- Wärme-Kopplungsanlagen
3.1 Simulation
3.1.1 Abbildung von Energieflüssen
3.1.2 Erzeugung von Einzellastgängen
3.1.3 Zeitliche Variationen
3.2 Bewertung
3.2.1 Gaspreis
3.2.2 Strompreis
3.2.3 Jahresdauerlinie und Tageslastgang
3.2.4 Primärenergie
3.2.5 Externalitäten
3.3 Marktpreisziele für Brennstoffzellen-Heizsysteme

4 Modellaufbau und Datenbasis
4.1 Siedlungstopologie des versorgten Niederspannungsnetzsegments
4.1.1 Einfamilienhaussiedlung
4.1.2 Mehrfamilienhaussiedlung
4.1.3 Nahwärmesiedlung
4.2 Das Brennstoffzellen-Heizgerät
4.2.1 Brennstoffzelle
4.2.2 Zusatzbrenner
4.2.3 Wärmespeicher
4.2.4 Regelungstechnik
4.3 Verbrauchsprofile
4.3.1 Elektrisches Lastprofil
4.3.2 Warmwasser-Zapfprofil
4.3.3 Heizwärme-Lastprofil
4.4 Betriebsweisen des Heizkraftblocks
4.4.1 Wärmegeführte Betriebsweise
4.4.2 Stromgeführte Betriebsweise
4.4.3 Netzgeführte Betriebsweise
4.4.4 Kostengeführte Betriebsweise
4.5 Steuerungstechnische Vernetzung
4.5.1 Dezentrale Steuerung mit verknüpfendem Preissignal
4.5.2 Zentrale Steuerung am Siedlungstrafo . .

5 Simulationsergebnisse
5.1 Referenzfall ohne Kraft-Wärme-Kopplung
5.2 Tageslastgänge
5.3 Jahresdauerlinien
5.4 Primärenergetische Bewertung
5.5 Monetäre Bewertung
5.6 Jahresmatrix

6 Zusammenfassung und Ausblick
6.1 Ausblick

Abbildungsverzeichnis

1.1 Primärenergieverbrauch 2002

1.2 Energieverbrauch in Haushalten 2002

2.1 Wirkungsgrad einer Brennstoffzelle

2.2 Funktionsschema einer H2/O2-Brennstoffzelle .

2.3 PEFC-System von Vaillant

2.4 Hot-Module von MTU (MCFC)

2.5 SOFC-Zellenstapel von Sulzer Hexis

2.6 ÜbersichtBrennstoffzellentypen

3.1 Energieflußschema mit BZH

3.2 Berechnung der Minutenwerte

3.3 Dreistufige Stromtarifierung

3.4 Preisprofil der EEX

3.5 Jahresdauerlinie eines EFH

3.6 Lorenzkurve der Jahresdauerlinie

3.7 Preise von CO2-Emissionszertifikaten . .

4.1 Wirkungsgradkurven der Brennstoffzelle

4.2 Lastprofil Strom

4.3 Zapfprofil Warmwasser

4.4 Lastprofil Raumwärme

4.5 Modell einer Stromleitung

4.6 Sternförmiges Netzmodell

4.7 Kostenkalkulation nach der Restwertmethode

4.8 Schaltfunktion des Speicherschalters

5.1 Referenz-Stromlastgang

5.2 Tageslastgänge des Strombezugs der Wohnsiedlung

5.3 Jahresdauerlinien des Strombezugs der Wohnsiedlung

5.4 Lorenzkurve des Strombezugs der Wohnsiedlung

5.5 Jahresmatrix des Stromlastgangs

Tabellenverzeichnis

2.1 Speichertechnologien für elektrische Energie

2.2 Inlandstromverbrauch 2001

2.3 Vergütung nach EEG

2.4 KWK-Zuschläge

3.1 Preise für Regelenergie

4.1 Zapfprofil Warmwasser

4.2 Außentemperaturen und jahrzeitliche Heizenergieverteilung

4.3 Impedanzen von Stromleitungen

5.1 Kostenstruktur des Referenzfalles

5.2 Gini-Koeffizienten

5.3 Primärenergiebedarf der Wohnsiedlung

5.4 Kostenstruktur der Einfamilienhaussiedlung

5.5 Kostenstruktur der Mehrfamilienhaussiedlung

5.6 Kostenstruktur der Nahwärmesiedlung

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

DANKSAGUNG

Vorliegende Arbeit ist als Abschluss meines Studiums des Wirtschaftingenieurwesens am Institut für Industriebetriebswirtschaftslehre und Industrielle Produktion (IIP) entstanden, dem ich zuvor in Jahren 2001-2004 als wissenschaftliche Hilfskraft verbunden war.

Ich danke ganz herzlich Frau Dr. Ingela Tietze-Stöckinger, die meine Arbeit anfangs betreute, für die zahlreichen Impulse. Nachdem Sie ihre Promotion vollendet hatte, wurde diese Aufgabe von Frau Anke Eßer und Herrn Dominik Möst übernommen.

Dem Institutsleiter Herrn Prof. Dr. Otto Rentz gilt mein Dank für die wohlwollende Förderung, die er dieser Arbeit entgegengebracht hat.

Sehr hilfreich waren Anregungen von Marian Koblasa und Dr. Anet- te Röser (ISI) zur Regelenergie, von Michael Brendel und Norbert Lewald (SWK) zu den Einsichten in die Praxis eines Netzbetreibers, von Ulli Arndt (FfE) zur Initiierung der Idee vom Virtuellen Kraftwerk, von Markus Gail- fuß (BHKW Infozentrum) zur Praxis der BHKW-Planung, von Dr. Christi- an Bendel (ISET) zum Thema BEMI im Zählerschrank, von Patrick König (IWE) zu den Erläuterungen zur Brennstoffzellentechnik, von Malte Tho- ma (ISE) zur Idee der Spannungshaltung durch dezentrale Einspeisung, von Christoph Müller (Ingenieurbüro Müller) zum automatischen Stromhandel und von Michael Iloff (Ingenieurbüro Moses Electronic) zur Reglungstech- nik.

Ein herzliches Dankeschön geht auch an die Korrekturleser:

Alina, Daniel, Manuela, Markus, Martin, Matthias, Melanie, Michael, Gerhard, Heike, Peter und Vera.

Zuallerletzt möchte ich meinen Eltern für stets warme Unterstützung nicht nur während der Zeit des Studiums danken.

Kapitel 1 Einleitung

Die Grenzen des exponentiellen Wachstums beim Energieverbrauch wurden schon in den siebziger Jahren vom Club of Rome erkannt. Klimaschutzziele, die im Jahre 1997 durch das Kyotoprotokoll1 vereinbart wurden, verlangen eine Reduzierung der CO2-Emissionen, welche überwiegend durch die Nutzung fossiler Energieressourcen entstehen.

Die beiden folgenden Abbildungen illustrieren den Energieverbrauch der privaten Haushalte in Deutschland. Die Gruppe dieser Verbraucher und die Möglichkeit, ihren Verbrauch zu reduzieren, steht im Zentrum dieser Arbeit.

Primärenergieverbrauch nach Sektoren

(Deutschland, 2002) in PJ

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1.1: Primärenergieverbrauch nach Sektoren (2002), [BMWA 2005]

Abbildung 1.1 zeigt den Primärenergieverbrauch in Deutschland, aufgeteilt nach den Sektoren private Haushalte, Industrie, Gewerbe und Verkehr. Man erkennt, dass der Energiebedarf der Haushalte ein gutes Viertel des gesamten Primärenergiebedarfs beträgt.

In Abbildung 1.2 wird der Energieverbrauch in den Haushalten nach Anwendungsbereichen genauer aufgeschlüsselt. Es überwiegt der Bedarf zum Heizen, wobei dessen Anteil mit Verbesserung des Wärmedämmstandards langsam abnehmen wird. Elektrische Verbraucher wie z.B. für Beleuchtung, für den Betrieb von Haushaltsgeräten, zum Kochen und teilweise auch zur Warmwasserbereitung machen ein knappes Fünftel des Energieverbrauchs in Haushalten aus (siehe auch Tabelle 2.2, S. 27).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1.2: Energieverbrauch nach Anwendungsbereichen in den privaten Haushalten (2002), [BMWA 2005]

Die verstärkte Nutzung der Kraft-Wärme-Kopplung2 (KWK) als effizienzsteigernde Maßnahme bietet sich als gangbarer Weg zum energiespa- renden Wirtschaften an. Brennstoffzellen mit ihrem hohen elektrischen Wir- kungsgrad sind eine zukünftige Option auf dem Innovationsweg der Mikro- KWK-Technologie.

Sofern es gelingt, einen Teil der elektrischen Energie in dezentralen Kraft- Wärme-Kopplungseinheiten zu generieren, lassen sich durch die lokale Nut- zung der Abwärme primärenergetische Vorteile realisieren, ohne auf ein kapi- talintensives Verteilnetz für Fernwärme im Falle der zentralen Kraft-Wärme- Kopplung angewiesen zu sein.

”GrundsätzlichhatdiestationäreBrennstoffzelleeinhohesPotenzial.[..] Die eigentliche Herausforderung ist aus meiner Sicht nicht die Einführung der Brennstoffzelle, sondern die energiewirtschaftliche Etablierung der dezentralen KWK im kleinen Leistungsbereich.“ ([IBZ [2004]], S.2 )

Eine Gruppe dezentraler, regional verbundener Kleinanlagen lässt sich zu einem virtuellen Kraftwerk zusammenschließen (vgl. [Arndt et al. [2002]]). Dadurch können übergeordnete Steuerungsfunktionen zur Stromeinspeisung wahrgenommen werden, wie z.B. eine Spitzenlastminderung.

1.1 Problemstellung

Das Ziel dieser Arbeit ist es, Hausenergiesysteme mit Kraftwärmekopplungsfunktionalität am Beispiel der Brennstoffzelle zu untersuchen. Dabei steht vor allem die Möglichkeit der konzertierten Aktion vieler kleiner Einzelsysteme als virtuelles Kraftwerk im Zentrum der Betrachtung.

Als virtuelles Kraftwerk wird hierbei ein reelles Cluster von Mikro-KWK- Anlagen zur Hausenergieversorgung von Ein- und Mehrfamilienhäusern ver- standen, die über einen gemeinsamen Strang im Niederspannungsnetz mitein- ander gekoppelt sind. Aufgrund des regionalen Zusammenschlusses werden die verteilten Anlagen nicht nur zusammen gesteuert, sondern können auch gemeinsam wirken. Es stellt sich die Frage, inwiefern sich bei einer erhöhten Dichte solcher Anlagen das Einspeiseverhalten koordinieren lässt, so dass auch gesamtwirtschaftliche Vorteile realisiert werden können. Von einer über- geordneten Steuerung durch eine virtuelle Kraftwerkswarte werden Synergie- effekte bezüglich der Generierung von Strom zu Spitzenlastzeiten erwartet. Weiterhin sind Dienstleistungen zur Netzstabilisierung (Spannungshaltung, Angebot von Regelenergie) denkbar.

Etablierte Energieversorger sehen im Konzept des virtuellen Kraftwerks noch keine ernst zu nehmende Alternative. Diese Untersuchung soll die Vorzüge eines virtuellen Kraftwerkes hervorheben, um so weitere Anreize für die dezentrale Kraft-Wärme-Kopplung zu schaffen und das in Abbildung 1.2 umrissene Potenzial bei der Hausenergieversorgung zu heben.

1.2 Lösungsweg

Der Fokus dieser Arbeit liegt nicht nur auf der Analyse des ökonomischen Wertes einer einzelnen KWK-Anlage aus Betreibersicht. Das Ziel besteht darin, ein Konzept für die Kooperation verteilter Kleinstanlagen zur Kraft- Wärme-Kopplung zu erarbeiten und zu überprüfen, ob dieses aus Sicht des Netzbetreibers bzw. Bilanzkreisverantwortlichen zu einem Mehrwehrt führt.

Dazu wird in Kapitel 2 eine Technikbeschreibung vorgenommen. Sie charakterisiert nicht nur die hier betrachtete Technologie der Brennstoffzelle und zeigt deren Entwicklungspotentiale und Konkurrenztechnologien auf, sondern streift auch verwandte Themen zur dezentralen Einspeisung.

Zur Systemanalyse wird eine einzelne Brennstoffzelle modelliert (siehe Kapitel 4) und mit den lokal anliegenden Lastprofilen des Haushalts für Strom und Wärme verknüpft. Die Betriebsweise dieses Subsystems wird simuliert und optimiert.

Es erfolgt eine Zusammenschaltung mehrerer Haushalte über den gemein- sam genutzten Versorgungsstrang eines Niederspannungsnetzsegmentes. An- hand dieser Aggregation zum virtuellen Kraftwerk der Wohnsiedlung erfolgt in Kapitel 5 die Betrachtung des gebündelten Energiebezugs in Form von Erdgas und Strom.

Mehrere Regelungstrategien des virtuellen Siedlungskraftwerks werden untersucht. Dabei kommen die in Kapitel 3 vorgestellten Bewertungsverfah- ren energetischer und monetärer Art zum Einsatz. Es werden für die Elek- trizität tageszeitabhängige Preise verrechnet, um einer unterschiedlichen Ge- wichtung von Spitzenlast- zu Basislaststrom entgegenzukommen.

Abschließend werden im Ausblick Handlungsempfehlungen ausgesprochen (siehe Kapitel 6), welche die Verbreitung von Mikro-KWK-Anlagen und den Strukturwandel zu einem dezentralen Energieversorgungssystem beschleuni- gen könnten.

Kapitel 2 Charakterisierung der technischen und betrieblichen Rahmenbedingungen

In diesem Kapitel wird das Funktionsprinzip einer Brennstoffzelle veranschaulicht. Es werden die verschiedenen Brennstoffzellentypen charakterisiert sowie Anlagen beschrieben, die zur Brenngasaufbereitung notwendig sind. Des Weiteren werden die technischen Grundlagen und Rahmenbedingungen der dezentralen Energieeinspeisung erläutert und Konkurrenztechnologien im Bereich der Kraft-Wärme-Kopplung vorgestellt.

2.1 Brennstoffzellentechnik

Eine Brennstoffzelle1 (BZ) ist eine Anlage, die chemisch gebundene Energie eines meist gasförmigen Energieträgers durch eine indirekte Verbrennung auf elektrochemischem Wege mit Hilfe einer galvanischen Zelle in Strom umwan- delt. Dabei wird die Effizienz der Brennstoffzelle nicht durch thermodynami- sche Wirkungsgrade beschränkt. Die ”kalteVerbrennung“einerBrennstoff- zelle zeichnet sich durch hohe Wirkungsgrade auch bei geringen Betriebstemperaturen aus.

Allen Brennstoffzellentypen ist folgender Aufbau gemein: Es gibt eine Brenngas- (Anode) und eine Sauerstoffseite (Kathode). Das wasserstoffreiche Brenngas strömt über die Anode und gibt dabei Elektronen an diese ab.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.1: Wirkungsgrad einer Brennstoffzelle im Vergleich zum CarnotProzess, [Schurnberger 2005]

Sauerstoff bzw. Luft nimmt an der Kathode Elektronen auf. Zwischen den beiden Elektroden fließt elektrischer Strom. Dieser Stromfluss kann von einem externen Verbraucher genutzt werden. Intern läuft der Ladungsaustausch über einen gasundurchlässigen Elektrolyten ab, den jedoch Ladungsträger in Ionenform passieren können. Das Sandwich aus Anode-Elektrolyt-Kathode wird auch als Membrane Electrode Assembly (MEA) bezeichnet.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.2: Funktionsschema einer H2/O2-Brennstoffzelle, [ASUE 2000]

Eine einzelne H2/O2-Zelle liefert eine Leerlaufspannung von 1,23 Volt, unter Last ca. 0,6-0,9V Gleichspannung. Die maximale Stromstärke einer Zelle ist proportional zur Fläche des MEA. Mehrere Zellen lassen sich zu einem sogenannten Stack in Reihe schalten, dies erhöht die Spannung. Dabei wird im klassischem Planardesign zwischen zwei MEA eine bipolare Platte aus elektrisch leitfähigem Material gebracht, wie z.B. Graphitcomposite oder Metalllegierungen. Diese sorgt für die elektrische Verbindung von benachbar- ter Anode und Kathode der nächsten Zelle. Zudem ist sie für die Zuführung und Verteilung von Brenngas und Sauerstoff auf den Elektroden zuständig sowie für die Ableitung der Reaktionsprodukte. Der abgegebene Gleichstrom wird durch einen Umrichter zu Wechselstrom gewandelt.

Zum Betrieb einer Brennstoffzelle sind neben dem Stack eine Vielzahl kleinerer Peripheriegeräte2 der klassischen Verfahrenstechnik (Pumpen, Gebläse, Ventile, etc.) notwendig.

2.1.1 Historie

Das Prinzip der Elektrizitätserzeugung mittels einer galvanische Zelle ist älter als die Wandlung von mechanischer in elektrische Energie durch den dynamo- elektrischen Effekt, wie er in Generatoren Anwendung findet. Die Entdeckung wird im Allgemeinen dem englischen Naturwissenschaftler Sir William Ro- bert Grove (1811-1896) zugeschrieben. Dieser hatte im Jahr 1839 eine ”gal- vanische Gasbatterie“ vorgestellt, eine H2/O2-Brennstoffzelle mit Platinelek- troden und Schwefelsäure als Elektrolyten. Weniger bekannt ist, dass Groves Arbeit auf den Versuchen des deutsch-schweizerischen Chemikers Christian Friedrich Schönbein aufbaute. Dieser hatte im Jahr zuvor Platindrähte mit Wasserstoff bzw. Sauerstoff umspült und konnte zwischen diesen eine Span- nung messen.

Obwohl Grove im Gegensatz zu Schönbein eher ein Praktiker war, konnte er die Brennstoffzelle nicht zu einem technisch ausgereiften und marktfähigen Stromerzeuger weiterentwickeln. Zu ungenau waren die damaligen Kenntnis- se über die elektrochemischen Vorgänge und es gab aufgrund des aggressiven Elektrolyten erhebliche Materialprobleme. In den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts konstruierte Grove größere Zellen, die jedoch keine anwend- bare Relevanz erlangten. Zudem entdeckte Werner von Siemens (1816-1892) im Jahre 1866 das dynamoelektrische Prinzip. In Verbindung mit der Wei- terentwicklung der Dampfmaschine, dem Aufkommen von Otto- (1863) und Dieselmotor (1892), sowie von Dampf- (1883) und Gasturbine (1900) stan- den Konkurrenztechnologien zur Verfügung, die aus chemischer Energie, über den Umweg von thermischer in mechanische Energie, elektrische Energie er- zeugten. Die Markterfolge dieser Technologien ließen das Interesse an wei- terführenden Forschungen zum elektrochemischen Generator erlahmen.

Erst in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts wurde an der Weiterent- wicklung der Brennstoffzelle wieder intensiver gearbeitet. Die Vorteile eines hohen Wirkungsgrades machten in der Raumfahrt die aufwändige Gasver- sorgung mit reinem Wasser- und Sauerstoff wieder wett. Im diesem Bereich wurde die alkalische Brennstoffzelle zur Reife gebracht. Ab den siebziger Jahren wurden phosphorsaure Brennstoffzellen3 zur stationären Stromversor- gung entwickelt, da sie deutlich weniger empfindlich auf Gasverunreinigungen reagieren. Gleichzeitig gab es Entwicklungssprünge in der Reformertechnik, so dass nicht nur reiner Wasserstoff, sondern auch Kohlenwasserstoffe als Brennstoff eingesetzt werden konnten.

Die Nutzung von Abwärme sollten Hochtemperaturbrennstoffzellen erleichtern. Hierzu zählen die Karbonatschmelz-Brennstoffzelle4, die in den 80er Jahren einen Entwicklungsschub bekam, sowie die Festoxid-Brennstoffzelle5. Letztere profitierte in den 90er Jahren von Fortschritten in der oxidkeramischen Grundlagenforschung. Brennstoffzellen mit protonenleitenden Membranelektrolyten6 sind schon seit den sechziger Jahren bekannt, neue Dynamik bekam diese Technologie in den 90er Jahren durch Verbesserung bei Katalysatormaterialien und Membranen sowie durch das sich abzeichnende Marktpotential der PEFC im Automobilsektor.

Ebenfalls in den 90er Jahren wurde BZ-Prototypen zur Versorgung von Kleingeräten (Laptop, Handy) auf Basis der PEFC entwickelt. Die Energieversorgung erfolgt über kleine H2-Druckgaskartuschen bzw. auf Methanolbasis. Die Direktmethanol-Brennstoffzelle (DMFC) ist ähnlich wie die PEFC aufgebaut, kann aber direkt, d.h. ohne Reformer den Flüssigtreibstoff umsetzen (siehe Abschnitt 2.1.6).

2.1.2 Gasaufbereitung

Die meisten Brennstoffzellentypen stellen hohe Anforderungen an die Qua- lität des Brenngases. Wasserstoff zum Betrieb einer Brennstoffzelle ist nur selten direkt verfügbar, dieser muss erst im Reformer aus Kohlenwasserstof- fen wie Erdgas, Methanol aber auch Benzin oder Diesel erzeugt werden.

Es werden im Folgenden drei Reformertechnologien vorgestellt (vgl. [Heikrodt 2005], S.136 und [Oertel & Fleischer 2001], S.53ff):

Dampfreformierung: Hierbei wird dem Kohlenwasserstoff unter Energie- zufuhr Wasserdampf beigemischt. Die endotherme Reaktion findet bei einem Druck von ca. 25 bar und Temperaturen von 700-800 °C statt. Als Reaktionsprodukt ergibt sich ein Synthesegas aus CO und H2. Am Beispiel des Methans ergibt sich folgende Reaktionsgleichung: CH4 + H2O ↽ CO + 3 H2 ΔH = 165 kJ/mol

Partielle Oxidation: Der Brennstoff wird mit Sauerstoffunterschuss teil- weise verbrannt und es wird ein Synthesegas erzeugt. Die Reaktion ist exotherm und läuft bei Temperaturen bis 1300 °C ab, bei katalytischer Unterstützung bei 800-900 °C. Die Reaktionsgleichung lautet:[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]

Autotherme Reformierung: Dieser Reformprozess ist eine Kombination der beiden vorangenannten Verfahren. Unter Zugabe von Sauerstoff und Wasser wird ein Teil der Edukte exotherm verbrannt. Die Re- aktionswärme wird zur endothermen Dampfreformierung genutzt. Die katalytische Reaktion findet bei Temperaturen um 850-1000 °C statt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Das Kohlenmonoxid des Synthesegases wird anschließend unter Zugabe von Wasserdampf in einer exothermen Shift-Reaktion bei einem Temperaturniveau von 350°C zu Kohlendioxid und Wasserstoff umgesetzt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Dampfreformierung (DR) hat die höchste Wasserstoffausbeute der drei vorgestellten Techniken, die partielle Oxidation (POX) die geringste. Allerdings ist der apparative Aufwand bei letzteren geringer, da kein zusätzliches Wassermanagement zu betreiben ist. Sofern die Abwärme einer Hochtemperaturbrennstoffzelle bzw. das unverbrannte Restgas zum Beheizen des Reformers genutzt werden kann, hat die Dampfreformierung weitere Vorteile bzgl. der Energieeffizienz des Gesamtsystems.

Neben der Reformatbildung kommt der Reinigung des Synthesegases von unerwünschten Bestandteilen (wie z.B. Schwefel oder Kohlenmonoxid) eine wichtige Bedeutung zu.

Schwefel hemmt nicht nur bei den Reformierungsprozessen die Aktivität der verwendeten Katalysatoren, sondern wirkt auch bei den nachfolgenden Brennstoffzellenreaktionen als Katalysatorgift. So toleriert die PEFC einen Schwefelgehalt von maximal einem ppm7, die schwefeltolerantere SOFC for- dert Werte unter 10 ppm. Der Schwefel im Brenngas muss daher entfernt werden. Üblich sind Schwefelfallen auf Zinkoxidbasis oder Aktivkohlefilter. In [Poshusta et al. 2003] wird ein regeneratives System vorgestellt, welches regelmäßige Filterwechsel überflüssig macht. Der Schwefel wird während der Regenerationsphasen aus dem Sorptionsmittel mit Heißluft ausgetrieben.

Auch Kohlenmonoxid verringert die Aktivität von Platinkatalysatoren an den Elektroden der Brennstoffzelle. Hiervon sind insbesonders die Niedertemperaturzellen betroffen, Hochtemperatur-BZ haben eine gute CO-Verträglich- keit. Das CO kann durch Druckwechseladsorption, Membranverfahren oder die bei Kleinanlagen gebräuchliche selektive CO-Oxidation entfernt werden. Bei letzterem Verfahren werden an einem CO-selektivem Katalysator unter genau dosierter Sauerstoffzugabe die nach der Shift-Reaktion im Brenngas verbleibenden CO-Quantitäten zu CO2 verbrannt.

2.1.3 Polymermembran-Brennstoffzelle

Bei der Polymermembran-Brennstoffzelle fungiert eine Kunststofffolie als Elektrolyt. Sie ist durchlässig für Protonen, d.h. für H+-Ionen. Eingesetzt werden sulfonierte Teflon-Membranen, wie z.B. Nafion© von DuPont. Die Protonenleitfähigkeit der Membran stellt sich nur bei ausreichender Befeuch- tung ein. Bei Betriebstemperaturen über 100 °C trocknet die Zelle aus.

Die Membran ist beidseitig mit katalytisch wirksamen Elektrodenmaterial beschichtet. Als Katalysatoren werden Platin bzw. Ruthenium (Pt/Ru) ver- wendet. Anode und Kathode sind für die Zu- bzw. Abführung der Elektronen zuständig, gleichzeitig dissozieren hier die Gasmoleküle. Die PEFC braucht reines H2 bzw. H2-reiches Reformat als Brenngas, die Anodenreaktion ist H2 → 2H+ + 2e−. Die Elektronen fließen durch den äußeren Stromkreis, die H+-Ionen wandern durch die Membran zur Kathode und reagieren dort mit dem Sauerstoff zu Wasser:[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]

Bedingt durch die niedrige Betriebstemperatur bis ca80 °C reagiert die PEFC sehr empfindlich auf das Katalysatorgift Kohlenmonoxid. Daher ist die PEFC auf eine aufwändige Aufbereitung des Reformats angewiesen, die den CO-Gehalt minimiert. Der Reformprozess beschränkt durch seine thermi- sche Trägheit die Dynamik des gesamten Brennstoffzellensystems. Der Stack

selbst liefert bei Erhöhung der Gasmassenströme innerhalb von Sekunden eine höhere elektrische Leistung.

Die Kosten des Stacks werden im Wesentlichen durch die Konzentration des Katalysatormaterials und die Art der verwendeten Bipolarplatten be- stimmt. Erhebliche Kosteneinsparungen werden auch durch die Optimierung von BoP-Komponenten der klassischen Verfahrenstechnik erwartet.

Der Heiztechnikhersteller Vaillant entwickelt zusammen mit dem Brenn- stoffzellenspezialisten Plug-Power ein Brennstoffzellenheizgerät auf Membran- basis. Es gibt eine elektrische Leistung von 1,5-4,5 kWel ab, die thermische beträgt bis zu 7 kW. Zur Deckung des Spitzenbedarfs an Wärme dient eine klassische Brennwerttherme im Leistungsbereich von 25-50 kWth. Die erziel- ten elektrischen Wirkungsgrade liegen bei ηel = 30%, Gesamtwirkungsgrade betragen je nach Rücklauftemperatur der Niedertemperaturheizungsanlage zwischen 80 und 90% (vgl. [Dauensteiner & Koschowitz 2005], S. 15).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.3: PEFC-System zur Hausenergieversorgung von Vaillant, http://www.initiative-brennstoffzelle.de

2.1.4 Karbonatschmelze-Brennstoffzelle

Die Karbonatschmelze-Brennstoffzelle gehört zur Klasse der Hochtempera- turbrennstoffzellen. Ihre Arbeitstemperatur beträgt 650 °C, was nicht nur die generelle Auskopplung von Wärme vereinfacht, sondern auch die Erzeu- gung von höherwertigem Prozessdampf erlaubt. Auch an eine anschließende Dampf- oder Gasturbine zur weiteren Erhöhung des elektrischen Gesamtsystemwirkungsgrades ist zu denken.

Der Elektrolyt bei der MCFC besteht aus Alkalikarbonaten (Li2CO3 bzw. K2CO3), die in einer hochporösen Trägermatrix (z.B. Keramik) fixiert sind. Der Ladungstransport durch die Elektrolytmembran erfolgt durch CO−3 - Ionen. Die Karbonat-Ionen wandern von der Kathode zur Anode. Daher muss der Kathodenluft CO2 beigemengt werden:12 O2 +CO2 +2 e− →CO3−.Auf der Anodenseite reagiert das Karbonat-Ion mit dem Brenngas und gibt Elek- tronen an den äußeren Nutzstromkreis ab: H2 + CO23 → H2O + CO2 + 2e−.

Das Prinzip, negative Ionen als Elektronendonatoren zur Brenngasseite wandern zu lassen, ermöglicht es, neben dem Wasserstoff weitere Energie- träger direkt zu nutzen. Für die MCFC ist Kohlenmonoxid kein Katalysa- torgift, sondern stellt einen Energieträger dar. Auch arbeitet sie auf einem genügend hohem Temperaturniveau, was bei ihr eine interne Reformierung ermöglicht. Dabei wird beispielsweise das Erdgas im Stack zum Synthesegas (CO2, CO und H2) gewandelt, welches indirekt an der Anode verbrannt wird. Durch die endotherme Reaktion dieser internen Reformierung wird ein Teil der Abwärme des Stacks genutzt, um den Gehalt chemisch gebundener Ener- gie im Reformat zu erhöhen. Dieses Verfahren gibt einer Hochtemperatur-BZ im Betrieb mit Kohlenwasserstoffen einen signifikanten Wirkungsgradvorteil.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.4: Schnittzeichnung durch ein Hot-Module (MCFC), http://www.mtu-online.de

Die Brennstoffzelle arbeitet in einem Temperaturbereich, der eine ausrei- chende Reaktionsgeschwindigkeit auch ohne teure Edelmetallkatalysatoren sicherstellt. Elektroden aus preiswerterem Nickel werden verwendet. Allerdings ist die Betriebstemperatur nicht so hoch, so dass noch keine aufwändigen Hochtemperaturwerkstoffe eingesetzt werden müssen.

Der Großmotorenanbieter MTU hat zusammen mit seinem Technologiepartner FuelCell Energy ein sogenanntes Hot-Module entwickelt. Dabei befinden sich alle heißen Bauteile (Stack, Umwälzgebläse, Heizregister, katalyt. Brenner, etc.) in einem thermoisolierten Kessel. Die anwendungsabhängigen Subsysteme (Wechselrichter, Brennstoffaufbereitung, Wärmeauskopplung u.a.) können per Baukastensystem ergänzt werden. Das Hot-Module leistet 245 kWel bei einem elektrischem Wirkungsgrad ηel > 45 %. Maximal 180 kWth Wärme können ausgekoppelt werden.

2.1.5 Festoxid-Brennstoffzelle

Auch die Festoxid-Brennstoffzelle ist eine Hochtemperaturbrennstoffzelle. Die Temperaturen von bis zu 1000 °C werden benötigt, damit der kera- mische Elektrolyt (z.B. yttriumstabilisiertes Zirkondioxid ZrO2/Y2O3) für Sauerstoffionen leitfähig wird. Ähnlich wie in der MCFC wandern negativ geladene Teilchen, hier O2 −-Ionen, von der Kathodenseite (Luft) zur Anode (Brenngas). Die Kathodenreaktion lautet:12 O2 +2 e− →O2−, die der Anode: H2 + O2 − → H2O + 2e−.

Als Brenngas kann nicht nur reiner Wasserstoff bzw. wasserstoffreiches Reformat verwendet, sondern es kann analog zur MCFC mit Hilfe der inter- nen Reformierung auch Erdgas direkt oxidiert werden. Damit ist die SOFC anderen Brennstoffzellen mit vorgeschalteter Reformierung unter Effizienzge- sichtspunkten überlegen. Die hohe Abgastemperatur ermöglicht bei größeren Aggregaten die weitere Nutzung der Abwärme durch Gasturbinen (denkbar sind auch nachgeschaltete GuD8 -Prozesse), was den Wirkungsgrad der Um- wandlung von fossilen Energieträgern in Elektrizität weiter erhöhen kann.

Nachteilig sind allerdings die hohen werkstofftechnischen Anforderungen, die die hohen Betriebstemperaturen an die Konstruktionen stellen. Auch muss an der noch unzureichenden Zyklenfestigkeit (Aufheiz- und Abkühlvorgang) gearbeitet werden. Hochtemperaturbrennstoffzellen werden daher immer auf Betriebstemperatur gehalten, nur bei Störfällen oder zu Wartungsarbeiten wird der Stack abgekühlt.

Von Siemens-Westinghouse wurden tubulare Keramikelektrolyte entworfen. Dabei werden röhrenförmige MEAs nebeneinander gestellt. Das nur an einer Seite zu fixierende Rohr hat Vorteile bezüglich der Ausdehnung beim Durchfahren eines Aufheiz-Abkühl-Zyklus.

Planare Keramiken kommen beim Brennstoffzellenheizgerät der Firma Sulzer Hexis zum Einsatz. Sie entwickeln in Zusammenarbeit mit Techno- logiepartnern eine Mikro-Anlage zur Kraft-Wärme-Kopplung für Einfamili- enhäuser. Die Brennstoffzelle leistet maximal 1 kWel und 2,5 kWth, der elek- trische Wirkungsgrad beträgt 25-30%. Die neue Gerätegeneration verzich- tet aus anlagentechnischen Gründen auf eine Dampfreformierung und setzt die katalytische partielle Oxidation ein. Damit werden einige Wirkungsgrad- punkte zugunsten einer kostengünstigeren Konstruktion ohne Wassermana- gement aufgegeben.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.5: SOFC-Zellenstapel von Sulzer Hexis, http://www.hexis.com

2.1.6 Sonstige Brennstoffzellentypen

Der Vollständigkeit halber werden die vorgestellten Brennstoffzellentypen um drei weitere ergänzt. Diese werden jedoch in mittelfristiger Zukunft für die stationäre Energieerzeugung keine Rolle spielen (vgl. [Krewitt et al. 2004], S.39ff).

Alkalische Brennstoffzelle: In einer AFC9 wird wässrige Kalilauge (30- 45 % KOH) umgewälzt. Der Ladungstransport erfolgt über die OH−- Ionen. Sie reagieren mit dem Wasserstoff zu Wasser und setzten dabei an der Anode Elektronen frei. Auf Kathodenseite werden neue Hydro- xydionen gebildet:12 O2 +H2O+2 e− → 2OH−. Aufgrund des verwen- deten Elektrolyten stellt die AFC höchste Ansprüche an die Gasrein- heit. Sie wird daher in der Regel mit reinem Sauerstoff und Wasserstoff betrieben, da ansonsten Spuren von CO2 mit dem Elektrolyten zu Ka- liumcarbonat reagieren, welches auf Dauer die Poren der Elektroden verstopft.

Die alkalische Brennstoffzelle gilt als technisch ausgereift und hat in vielen Raumfahrtmissionen ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis gestellt. Für die terrestrische Energieerzeugung im Luftbetrieb ist sie wegen ihrer CO2-Unverträglichkeit nur unzureichend geeignet.

Phosphorsaure Brennstoffzelle: Brennstoffzellen vom Typ PAFC10 ar- beiten mit hochkonzentrierter Phosphorsäure als Protonenleitschicht. Ein Kunststoffvlies fixiert den in Gelform vorliegenden Elektrolyten. Wegen der starken Säure werden hochwertige Edelmetallkatalysato- ren am Elektrodenmaterial benötigt. Durch die Betriebstemperatur von rund 200 °C ist die Toleranz gegenüber Kohlenmonoxid höher als bei den Niedertemperatur-BZ wie PEFC oder AFC. Dadurch reicht ei- ne Brenngasqualität, die durch Reformierung und nachfolgende Shift- Reaktionen erreicht wird.

PAFC-Anlagen der Marke ONSI, einer Kooperation zwischen International FuelCells (IFC, jetzt UTC Fuel Cells) und Toshiba, sind seit Anfang der 90er Jahre kommerziell erhältlich. Weltweit wurden ca. 250 Blockheizkraftanlagen der 200 kWel-Klasse in Betrieb genommen. Aufgrund der nach wie vor hohen spezifischen Investitionssumme von über 4000 USD/kWel und wenig Aussicht auf weiteres Kostensenkungspotential wurde die Weiterentwicklung 2003 eingestellt.

Direktmethanol-Brennstoffzelle: Die DMFC11 ist eine Variante der PEFC. Auch hier ist der Elektrolyt eine Polymermembran, allerdings wird der Anode direkt eine wässrige Methanollösung zugeführt. Da- durch ist ein wasserstoffgenerierender Reformer überflüssig. Allerdings kommt dieser Brennstoffzellentyp im Wirkungsgrad und in der Lei- stungsdichte nicht an die Werte anderer BZ-Bauarten heran. Zum einen wird dafür die Diffusion des Methanols durch den Elektrolyten zur Ka- thode (Cross-Over-Effekt) verantwortlich gemacht, zum anderen ver- liert der Anodenkatalysator durch Zwischenprodukte der Methanoloxi- dation (insbesondere CO) an Aktivität. Zur Minimierung dieser nach- teiligen Folgen sind noch weitere Anstrengungen in der Grundlagenfor- schung notwendig.

Aufgrund des einfachen Aufbaus und des gut handhabbaren Energie- trägers stellt die DMFC für die Zukunft eine interessante Option zur Versorgung von portablen Kleingeräten dar. Sie hat das Potential, zu einer ernstzunehmenden Konkurrenz im Batterie- und Akkusektor her- anzuwachsen. Wegen ihrer geringen Leistungsdichte und des geringen Wirkungsgrades ist sie für die Erzeugung höherer Leistungen weniger geeignet.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.6: Übersicht der vorgestellten Brennstoffzellentypen, [Schurnberger 2005]

2.2 Kraft-Wärme-Kopplung

Die gemeinsame Erzeugung von Wärme und Strom verspricht primärenergetische Einsparungen. Die Generation dieser Kuppelprodukte in kleinen dezentralen Anlagen hat den Vorteil, dass auf ein kapitalintensive Rohrleitungsnetz zur Verteilung von Fernwärme verzichtet werden kann.

2.2.1 Allgemeines

Nach [Bührens 1979] zeichnet sich die Kuppelproduktion durch folgende Wesensmerkmale aus:

1. Die Produkte werden in einem einheitlichem Prozeß erzeugt.

Hier ist der einheitliche Prozess die Generation von Elektrizität und Wärme durch die elektrochemische Reaktion des Brenngases mit dem Sauerstoff der Luft.

2. Das Entstehen der verschiedenen Produkte wird durch die technischen Gegebenheiten bestimmt.

Die Stromerzeugung in einer Brennstoffzelle muss nicht den thermo- dynamischen Umweg gehen, wie er heutzutage bei den großtechnisch beherrschbaren und rentablen Wasser-Dampf-Kreislaufprozessen in der Energiewirtschaft Verwendung findet. Dennoch fällt auch hier Wärme an. Sie entsteht unvermeidbar durch Wärmeabgabe als Ausgleich der Entropieänderung im theoretisch reversiblen BZ-Prozeß, durch ohm- sche Verluste und durch katalytische Oxidation nicht umgesetzter Brenngase.

3. Bei Kuppelproduktion entstehen verschiedenartige Güter.

Im zu bearbeitenden Fall sind dies Elektrizität, Heiz- und Abwärme sowie Abgase. Die Abwärme wird als eigenes Produkt klassifiziert, ob- wohl ihre monetäre Verwertbarkeit nicht gegeben ist. Gleiches gilt für Abgase (siehe aber auch die Bewertung von CO2 in der Getränkeindu- strie [Stichtenoth 2003], S. 114f), doch lassen sich die externen Kosten der Emissionen als Pönalen in die Systemanalyse integrieren.

4. Kuppelprodukte fallen in der Produktion gleichzeitig an.

Die Stromerzeugung mittels Brennstoffzellen ist immer mit zeitgleicher Wärmeerzeugung und Abgasemission verbunden. Eventuelle Zusatz- maßnahmen zur Speicherung von Strom, Wärme oder auch CO2 zur zeitlichen Entzerrung von Erzeugung und Bedarf bleiben davon un- berührt (siehe S. 21ff).

2.2.2 Kleinste Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen

Die Brennstoffzelle als Heizgerät für Ein- oder Mehrfamilienhäuser gehört der kleinsten Klasse von Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen an (1-50 kWel), der so- genannten Mikro-KWK. Sie wird gegen bestehende Konkurrenztechnologien antreten müssen, die zum Teil schon länger am Markt präsent sind. An den Leistungsdaten (vgl. [Thomas 2005]) kommerziell erhältlicher Produkte so- wie deren Kapitalbedarf und Wartungsaufwand wird sich die Brennstoffzelle messen müssen.

Motorisches Blockheizkraftwerk

Motorische Blockheizkraftwerke (BHKW) sind etablierte Kraft-Wärme- Kopplungsanlagen, die von der über hundertjährigen Entwicklungsgeschichte von Otto- und Dieselmotoren profitieren. Sie sind im Leistungsbereich von wenigen kWel bis in Dimensionen von mehreren MW kommerziell verfügbar. In stationären Anwendungen werden sie mit Heizöl (Diesel-Motor) bzw. Gas (Otto-Motor) angetrieben.

Der Kurbelwellenabtrieb ist an einen Generator gekoppelt. Thermische Energie wird über das Kühlwasser, einen Ölkühler bzw. über Abgaswärmetauscher ausgekoppelt. Bei größeren Anlagen steht letzterer zur Generierung von Hochtemperaturwärme zur Verfügung.

BHKW-Module für Mikro-KWK leisten 1-30 kWel. Mit einer Stromkenn- zahl von rund 0,5 ergibt sich ein doppelt so großer verfügbarer Wärmestrom. Der elektrische Wirkungsgrad liegt bei 25-32 Prozent, der thermische Wir- kungsgrad in der Bandbreite von 55-65 Prozent (vgl. [BHKW-IZ 2005]). Der Systempreis beginnt ab ca.

[...]


1 Das Kyoto-Protokoll wurde am 16. Februar 2005 völkerrechtlich verbindlich, nachdem auch Russland es Ende 2004 ratifizierte und damit die Voraussetzungen für das weltweite Inkrafttreten erfüllt wurden.

2 engl. combined heat and power (CHP)

1 engl. Fuel Cell (FC)

2 engl. Balance of Plant (BoP)

3 engl. Phosphoric Acid Fuel Cell (PAFC)

4 engl. Molten Carbonate Fuel Cell (MCFC)

5 engl. Solid Oxide Fuel Cell (SOFC)

6 engl. Polymer Electrolyte Fuel Cell (PEFC)

7 engl. part per million

8 Gas-und-Dampfkraftwerke (vgl. [Kirschning & Ernst 2003]) erreichen Wirkungsgrade ηel > 56%.

9 engl. Alkaline Fuel Cell

10 engl. Phosphoric Acid Fuel Cell

11 engl. Direct Methanol Fuel Cell

Ende der Leseprobe aus 109 Seiten

Details

Titel
Dezentrale Energieeinspeisung mit Brennstoffzellen als virtuelles Kraftwerk im Niederspannungsnetz
Untertitel
Eine techno-ökonomische Analyse
Hochschule
Universität Karlsruhe (TH)
Autor
Jahr
2005
Seiten
109
Katalognummer
V133899
ISBN (eBook)
9783640407101
Dateigröße
2616 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
dezentrale Energiesysteme, virtuelles Kraftwerk, Kraft-Wärme-Kopplung, Brennstoffzelle, Selbstorganisation
Arbeit zitieren
Gunnar Kaestle (Autor:in), 2005, Dezentrale Energieeinspeisung mit Brennstoffzellen als virtuelles Kraftwerk im Niederspannungsnetz, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/133899

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Dezentrale Energieeinspeisung mit Brennstoffzellen als virtuelles Kraftwerk im Niederspannungsnetz



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden