Der Mensch ist stets bestrebt, Antworten auf seine Fragen zu bekommen. In neuerer Zeit hatte dies zur Folge, dass die Antworten immer mehr in mathematischen Formeln angegeben wurden. Ob nun die Strecke zu anderen Galaxien anhand empirischer Daten ausgerechnet wird, oder ob man Krankheiten durch Mittel bekämpft, die Erreger töten, die man noch nicht einmal unter dem Elektronenmikroskop erkennen kann. Immer sind irgendwelche Zahlen mit im Spiel – Größen- und Mengenverhältnisse werden berechnet und anhand dieses Wissens fühlt man sich den Dingen gewachsen.
Doch stellt sich, wie im Eingangsbeispiel zu sehen, ein Problem dar: man hat zwar gewisse mathematische Erkenntnisse und Ergebnisse und fühlt sich durch diese in einer Machtposition und Sicherheit. Ob man jedoch mit der Zahl Zweiundvierzig wirklich eine hilfreiche Antwort auf die Frage nach dem Universum hat, steht auf einem anderen Blatt.
Anhand der Klärung, welche Ziele der Reduktionismus verfolgt, und der Untersuchung, welchen Effekt das Wissen um die Größe der Erde hat, und wie dieses Wissen sich im Laufe der Zeit verändert, wird versucht, welchen Wert die formelhaften Antworten in der heutigen Welt einnehmen und was aus der Bestimmung von Unbestimmtem resultiert.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Reduktionismus und Sicherheit
3. Die Abmessungen der Erde
4. Die Erde – reduziert auf ein Maß
4.1. Die Motivation der Bestimmung des Erdumfangs
4.2. Reduktion als eine Erscheinungsform der Macht
4.3. Von der Unbestimmtheit zur Bestimmtheit
5. Schluss
6. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
„Oh, Computer Deep Thought“, sagte er, „die Aufgabe, die wir uns für dich ausgedacht haben, ist die: Wir möchten, daß du uns...“, er machte eine Pause, „... die Antwort sagst!“
„Die Antwort?“ fragte Deep Thought. „Die Anwort worauf?“
„Auf das Leben!“ drängte Fook.
„Auf das Universum!“ sagte Lunkwill.
„Auf alles!“ sagten beide im Chor.
Deep Thought dachte eine Weile schweigend nach.
„Knifflig“, sagte er schließlich.[1]
[fünfundsiebzigtausend Generationen später]
„Es gibt tatsächlich eine“, bestätigte Deep Thought.
„Auf alles? Auf die große Frage nach dem Leben, dem Universum und allem?“
„Ja.“ [...]
„Allerdings glaube ich nicht“, setzte Deep Thought hinzu, „daß sie euch gefallen wird.“
„Das macht doch nichts!“ sagte Phouchg. „Wir müssen sie nur jetzt erfahren. Jetzt!“
„Jetzt?“ fragte Deep Thought.
“Ja! Jetzt…” […]
“Na schön“, sagte Deep Thought. “Die Antwort auf die Große Frage [...] nach dem Leben, dem Universum und allem [...] lautet [...] Zweiundvierzig“, sagte Deep Thought mit unsagbarer Erhabenheit und Ruhe.[2]
Diese berühmte Szene aus dem Roman „Per Anhalter durch die Galaxis“ von Douglas Adams zeigt ein gewisses Problem auf: eine außerirdische Rasse hat einen Super-Computer gebaut, um das Geheimnis des Universums und dem ganzen Rest zu ergründen. Verwunderlicherweise spuckt der Computer, der mit Zahlen arbeitet, eine Zahl als Ergebnis aus. Diese mag wohl als Antwort auf die ihm gestellte Frage vollkommen richtig sein, es stellt sich nur die Frage: welchen Nutzen zieht man aus einem solchen Wissen?
Der Mensch ist stets bestrebt, Antworten auf seine Fragen zu bekommen. In neuerer Zeit hatte dies zur Folge, dass die Antworten immer mehr in mathematischen Formeln angegeben wurden. Ob nun die Strecke zu anderen Galaxien anhand empirischer Daten ausgerechnet wird, oder ob man Krankheiten durch Mittel bekämpft, die Erreger töten, die man noch nicht einmal unter dem Elektronenmikroskop erkennen kann. Immer sind irgendwelche Zahlen mit im Spiel – Größen- und Mengenverhältnisse werden berechnet und anhand dieses Wissens fühlt man sich den Dingen gewachsen.
Doch stellt sich, wie im Eingangsbeispiel zu sehen, ein Problem dar: man hat zwar gewisse mathematische Erkenntnisse und Ergebnisse und fühlt sich durch diese in einer Machtposition und Sicherheit. Ob man jedoch mit der Zahl Zweiundvierzig wirklich eine hilfreiche Antwort auf die Frage nach dem Universum hat, steht auf einem anderen Blatt.
Anhand der Klärung, welche Ziele der Reduktionismus verfolgt, und der Untersuchung, welchen Effekt das Wissen um die Größe der Erde hat, und wie dieses Wissen sich im Laufe der Zeit verändert, wird versucht, welchen Wert die formelhaften Antworten in der heutigen Welt einnehmen und was aus der Bestimmung von Unbestimmtem resultiert.
2. Reduktionismus und Sicherheit
„Unter theoretischer oder logischer R[eduktion] der Theorie T1 auf die Theorie T2 ist zu verstehen, daß die Grundbegriffe in T1 mit Hilfe von Begriffen aus T2 definiert und zugleich Grundsätze (Axiome) in T1 in übersetzter Form im Rahmen von T2 bewiesen werden“[3]. Das Ziel einer Reduktion ist es, eine möglichst einfache Beschreibung einer Gegebenheit zu entdecken. Man versucht durch die Vereinfachung von Gegebenheiten eine Übersicht über die Welt und ihre Umstände zu erlangen. Dies geschieht dadurch, dass durch bestimmte Verfahren Theorien in andere Theorien eingefügt und gefasst werden. In der Mathematik geschieht dies zum Beispiel im Logizismus, der zeigt, dass „natürliche Zahlen auf Mengen reduziert werden können und in diesem Sinn nichts anderes sind als Mengen“[4].
Eine Reduktion ist eine Sache der Kommunikation. Ob nun ein Sachverhalt auf eine mathematische Formel oder auf einen Gattungsbegriff reduziert wird, so wird die Reduktion erst wirksam und anwendbar, wenn sie von anderen angenommen und bestätigt wird. Wenn man über sein Haustier als „Hund“ spricht, so ist wichtig, dass der Gesprächspartner diesen Gattungsbegriff als die Reduktion der Spezies zum Zwecke der Kommunikation versteht. Dies zeigt auch eine sinnvolle Verwendung der Reduktion, da ein einzelner Begriff für viele Hunderassen steht, die nicht jeder Mensch kennen kann und von denen man sich keinen Begriff machen kann. Jedoch kann man sich von der Gattung „Hund“ sofort ein Bild mit bestimmten Eigenschaften machen. Das heißt die Reduktion des Tieres auf den Begriff Hund wird verstanden, da die Regeln, nach denen die Hunderassen unter dem Sammelbegriff „Hund“ zusammengefasst werden, Konventionen sind.
In der Beschreibung zum Seminar über Reduktionismus steht, dass „Reduktionen [...] zu den wichtigsten und erfolgreichsten Strategien wissenschaftlicher und insbesondere naturwissenschaftlicher Erkenntnis“[5] gehören. Was macht diese Strategien so erfolgreich? Wie oben dargestellt, ist das Ziel einer Reduktion eine Vereinfachung einer Gegebenheit durch das Reduzieren auf eine übergreifende Gemeinsamkeit mit einer anderen Gegebenheit. Schon in der Antike sind Versuche unternommen worden, die Welt zu vereinfachen, im Speziellen auch den Menschen in verständliche, allgemein greifbare Theorien zu packen, mit deren Hilfe man jedes einzelne Individuum bestimmen konnte, wie Aristoteles’ berühmte Kategorien zeigen.[6] Diese Kategorien zeichnen sich dadurch aus, dass sie bei jedem Menschen überprüfbar sind: jeder Mensch hat mindestens eine Substanz, eine Qualität, eine Quantität, eine Relation zu einem anderen, mindestens einen Aufenthaltsort, einen Existenzzeitpunkt, eine körperliche Haltung, ein Verhalten, eine Tätigkeit und ein Leiden.
[...]
[1] Adams, Douglas: Per Anhalter durch die Galaxis [aus dem Engl. Übers. Von Benjamin Schwarz]. 24. Aufl. Berlin: Ullstein 1997, S. 150.
[2] Ebd., S. 157 f.
[3] Hügli, Anton und Poul Lübcke (Hrsg.): Philosophielexikon. Personen und Begriffe der abendländischen Philosophie von der Antike bis zur Gegenwart. 10.-11. Tausend, Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 1995, S. 487.
[4] Ebd., S. 487.
[5] Universität Trier: Lehrveranstaltungen des Faches Philosophie im Wintersemester 2004/2005. mit Erläuterungen und Literaturhinweisen. Hamburg: Felix Meiner 2004, S. 14.
[6] Vgl. Kunzmann, Peter, Franz-Peter Burkard und Franz Wiedmann: dtv-Atlas Philosophie. Mit 115 Abbildungsseiten in Farbe. 11. aktualisierte Auflage, München: dtv 2003, S. 46 f.
- Arbeit zitieren
- Christoph Höbel (Autor:in), 2005, Über Reduktionismus und das Wissen um den Erdumfang, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/133953