Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Selbsthilfegruppen
2.1 Selbsthilfe
2.2 Merkmale und Formen von Selbsthilfegruppen
3 Anonyme Alkoholiker
3.1 Zentrale Aspekte der Anonymen Alkoholiker
3.1.1 Meetings
3.1.2 Das Zwölf-Schritte-Programm
3.2 Weitere Interaktionen und Aktivitäten
4 Effektivität und Wirkprinzip der AA
4.1 Wissenschaftliche Evidenz zur Effektivität
4.2 Mögliche Wirkprinzipien
5 Diskussion
6 Fazit
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
In Deutschland gibt es schätzungsweise 100.000 Selbsthilfegruppen für nahezu jeden gesundheitlichen und sozialen Bereich, mit insgesamt etwa 3,5 Millionen Mitgliedern ( Selbsthilfeförderung, 2022, o.S.). Diese Selbsthilfegruppen stellen dabei einen wichtigen Bestandteil der gesundheitlichen Versorgung in Deutschland dar. So gaben bei einer Befragung 9,1% der Befragten im Alter von 18 bis 79 Jahren an, bereits einmal an einer Selbsthilfegruppe teilgenommen zu haben (Trojan et al., 2006, S. 364). Empirische Studien zur Effektivität und Wirkungsweise gibt es sowohl im deutschsprachigen als auch internationalen Raum, jedoch nur sehr wenige. In bisherigen Studien zeigte sich zwar ein generell positives Bild zugunsten der Selbsthilfegruppen, jedoch sind viele Studienergebnisse aufgrund methodischer Schwächen von mangelnder Evidenz. Dieses Defizit an konkreten Forschungsergebnissen herrscht auch in dem Bereich sogenannter Sucht-Selbsthilfegruppen vor. Hierunter werden Selbsthilfegruppen verstanden, welche die Bewältigung von verschiedenen Abhängigkeiten und deren suchtbezogener Probleme fokussieren und Betroffene unterstützen (Kofahl et al., 2019, S. 21-23).
Aufgrund der daraus resultierenden Unklarheit hinsichtlich der Effektivität von Selbsthilfegruppen, soll in der vorliegenden Arbeit die Effektivität von SuchtSelbsthilfegruppen zur Besserung suchtbezogener Probleme, anhand des Beispiels der Anonymen Alkoholiker (AA), untersucht werden. Im Verlauf der vorliegenden Arbeit wird zunächst der Begriff der Selbsthilfe erläutert und auf die verschiedenen Merkmale und Formen von Selbsthilfegruppen eingegangen. Im Anschluss folgt eine Beschreibung der AA sowie ihres Konzepts, wobei auf Charakteristiken der Meetings und das Zwölf-Schritte-Programm der AA eingegangen wird. Daraufhin werden aktuelle Studienergebnisse hinsichtlich der Effektivität und möglicher Wirkungsweisen der AA vorgestellt. Abschließend werden jene Studienergebnisse diskutiert und hinsichtlich ihrer Bedeutung für andere Selbsthilfegruppen und -bereiche bewertet sowie ein Ausblick auf zukünftige Forschung gegeben.
2 Selbsthilfegruppen
2.1 Selbsthilfe
Unter dem Begriff der Selbsthilfe wird die eigene Fähigkeit verstanden, „Probleme oder [...] den Alltag selbstständig und autonom zu bewältigen“ (Kofahl et al., 2016, S. 14). So kann Selbsthilfe sowohl die Fähigkeit beschreiben, sich Essen zuzubereiten als auch eigene Verletzungen zu behandeln. Es werden also persönliche Probleme aus eigenen Bemühungen heraus bewältigt (American Psychological Association [APA], o. D.-a, o.S.).
Neben dem wörtlichen Verständnis des Begriffes, kann Selbsthilfe jedoch auch im Rahmen sozialer Unterstützung stattfinden und lässt sich in die individuelle und gemeinschaftliche Selbsthilfe untergliedern. Die individuelle Selbsthilfe schließt, zusätzlich zu der Selbstversorgung, auch die Unterstützung aus natürlichen Beziehungen, wie der Familie oder Freunden, mit ein. Im Kontrast hierzu, kommen bei der gemeinschaftlichen Selbsthilfe Menschen zusammen, welche nicht Teil alltäglicher Beziehungen sind, jedoch das übergreifende Ziel haben, das gleiche Problem zu bewältigen (Nationale Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen [NAKOS], 2021a, o.S.). Um diese Ziele zu realisieren, können beispielsweise Selbsthilfeorganisationen und -gruppen geformt werden (NAKOS, 2021d, o.S.).
Selbsthilfeorganisationen werden von NAKOS (2021f, o.S.) als „Verbände von Betroffenen zu einem bestimmten Thema oder Anliegen“ bestimmt. Solche Organisationen bestehen meist aus einem Dachverband und einem Zusammenschluss kleinerer, regionaler Untergliederungen, wie Einzelpersonen oder auch Selbsthilfegruppen. Dabei weisen Selbsthilfeorganisationen in der Regel eine hohe Mitgliederzahl sowie Organisation auf und verfolgen neben der überregionalen Interessenvertretung oftmals zahlreiche weitere Aufgaben, wie der Informationsvermittlung oder Bereitstellung eines Beratungsangebotes (Borgetto, 2002, S. 29; Borgetto et al., 2022, S. 4; NAKOS, 2021f, o.S.).
Ähnlich den Selbsthilfeorganisationen, zeichnen sich die zuvor genannten Selbsthilfegruppen ebenfalls dadurch aus, dass Personen sich freiwillig zusammenschließen, um ein Problem zu bewältigen. Dabei müssen die Beteiligten nicht selbst betroffen sein, sondern können auch Angehörige einer betroffenen Person sein. Merkmal der Selbsthilfegruppen ist zudem, dass sie nicht von Professionals geleitet werden. Stattdessen werden die Gruppen von Betroffenen selbst oder auf der Basis freiwilligen Engagements geführt, unabhängig ihrer Expertise im betreffenden Themengebiet (Borgetto et al., 2022, S. 3; Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe, 2021; NAKOS, 2021e, o.S.; Hundertmark- Mayser et al., 2004, S. 8-9). Selbsthilfegruppen können sich in ihrer Form sowie anderen weiteren Merkmalen voneinander unterscheiden, dies wird im Folgenden dargestellt.
2.2 Merkmale und Formen von Selbsthilfegruppen
Die gemeinschaftliche Bewältigung einer gezielten Problemstellung, wie chronischen Erkrankungen, schwierigen Lebenssituationen und weiteren Bereichen, ist die Kernaufgabe jeder Selbsthilfegruppe. Manche Selbsthilfegruppen konzentrieren sich dabei ausschließlich auf ihre eigenen Mitglieder, weshalb diese auch innerorientierte Selbsthilfegruppen genannt werden. Außenorientierte Gruppierungen hingegen bemühen sich darüber hinaus, auch außenstehende Personen zu beraten und die Interessen ihrer Mitglieder nach außen hinweg zu repräsentieren (Borgetto et al., 2022, S. 3). Meist teilen die verschiedenen Selbsthilfegruppen Eigenschaften, wie regelmäßige Gruppentreffen zum Informationsaustausch, und bieten den Mitgliedern gegenseitige Unterstützung in Form von Zusammenhalt, Verständnis sowie der Möglichkeit vertrauensvoller Gespräche. Auch können sich Selbsthilfegruppen in ihrer Vorgehensweise bei der Bewältigung ihrer zentralen Problemstellung voneinander unterscheiden und individuell gestaltet sein. So führen manche Gruppen beispielsweise Freizeitaktivitäten durch, treffen sich im Rahmen eines Stammtisches oder finden in der bekannten Form geschlossener Gesprächsgruppen statt (NAKOS, 2021b, o.S.). Der Gesprächskreis ist hierbei eine weit verbreitete Form und ist für gewöhnlich als regelmäßiges, oft wöchentliches, Treffen organisiert. Ziel der Treffen ist es, wie bereits genannt, einen gemeinschaftlichen Zusammenhalt zu schaffen und Gruppenmitgliedern die Möglichkeit zu bieten, über ihre Probleme zu reden sowie Einsichten in die Erfahrungen und Auffassungen der anderen Mitglieder zu erlangen. Hierdurch soll im Laufe der Teilnahme ein Solidaritätsgefühl entwickelt und den Mitgliedern ersichtlich werden, dass sie bei der Bewältigung ihrer Probleme nicht auf sich selbst gestellt sind (APA, o. D.-b, o.S.; NAKOS, 2021b, o.S.).
Eine besondere Unterform der Gesprächsselbsthilfegruppen stellen sogenannte Anonymousgruppen dar, welche sich dadurch auszeichnen, dass ihre Mitglieder sich lediglich mit deren Vornamen ansprechen und anderweitig anonym bleiben, um ihren Mitgliedern die Angst vor sozialer Ächtung zu nehmen (Matzat, 2018, S. 471-472; NAKOS, 2021b, o.S.). Eine der bekanntesten Gruppen dieser Art stellen die Anonymen Alkoholiker dar, welche gruppenübergreifend auch als Selbsthilfeorganisation agieren. Deren charakteristische Anonymität sowie ihr Zwölf-Schritte-Programm wurden bereits von vielen anderen Selbsthilfegruppen übernommen und führen zu dem Überbegriff solcher Gruppen als Anonymous- oder Zwölf-Schritte-Gruppen (Matzat, 2018, S. 470).
3 Anonyme Alkoholiker
3.1 Zentrale Aspekte der Anonymen Alkoholiker
Kernidee der AA und anderer Anonymous-Gruppen ist eine innere sowie oftmals spirituelle Entwicklung zur Bewältigung der Sucht und Veränderung des Lebensstils zur Erreichung und Fortführung der Abstinenz. Unterstützt werden soll dies durch Meetings und dem Zwölf-Schritte-Programm, auf welche im Folgenden näher eingegangen wird (Galanter, 2016, S. 6-7; Matzat, 2018, S. 472-473; NAKOS, 2021c, o.S.).
3.1.1 Meetings
Die einzelnen Gruppen der AA halten regelmäßige Meetings ab, durch welche Personen meist in den ersten Kontakt mit den AA gelangen. Diese Meetings können sowohl geschlossen als auch offen sein. Geschlossenen Meetings dürfen nur bestehende AA-Mitglieder sowie andere Alkoholabhängige, die beispielsweise Teil der AA werden wollen oder Hilfe suchen und ihre Sucht bewältigen wollen, beiwohnen. Hierdurch soll die Anonymität der Mitglieder gewährleistet werden und verhindert werden, dass die Betroffen sich gegebenenfalls unwohl fühlen und sich nicht frei aussprechen können. Bei offenen Meetings hingegen, dürfen auch Außenstehende, wie etwa Ärzte, Freunde und Interessierte, hinzukommen und an den Meetings teilnehmen. Dadurch können Außenstehende einen Einblick in die Durchführung der Meetings sowie Informationen zu den AA erlangen und sich bei weiteren Fragen miteinander austauschen (Galanter, 2016, S. 57-58; Matzat, 2018, S. 471).
Die Meetings werden von einem*r Sitzungsleiter*in geführt, welche*r den Ablauf bestimmt und den Teilnehmenden das Wort erteilt sowie auf die Redezeit achtet. Redebeiträge beginnen stets mit einer Vorstellung und einem Eingeständnis der eigenen Hilflosigkeit gegenüber dem Alkohol. Anschließend erzählen Redende von ihren Erfahrungen und Problemen mit ihrer Abhängigkeit sowie weitere Themen, über welche sie sprechen wollen, wie etwa schwierige Situationen der letzten Zeit oder Gedanken über anstehende Pläne. Dabei beschränken sie sich auf sich selbst und reden nicht über andere Mitglieder und Teilnehmenden. Die Redenden dürfen nicht unterbrochen werden und es ist anderen Teilnehmenden nicht erlaubt, Zwischenfragen zu stellen oder Kritik zu äußern, wobei auch Ratschläge und andere aktive Bezugnahmen nicht gestattet sind (Galanter, 2016, S. 58-59; Matzat, 2018, S. 471). Andere Teilnehmende zeigen stattdessen Akzeptanz für das Gesagte und können auf unaufdringliche Arten ihre Hilfe anbieten. Beispielsweise indem Handynummern ausgetauscht werden, mit dem Angebot immer erreichbar zu sein, wenn die Person dies wünsche (Galanter, 2016, S. 59). Den Teilnehmenden soll Raum geboten werden, sich, ohne Angst vor Zurückweisung, äußern zu können. Beteiligte sind innerhalb der Gruppe gleichgestellt, unabhängig ihrer Vergangenheit oder Länge der Abstinenz, da Betroffene aus Sicht der AA jederzeit einen Rückfall erleiden können. Was im Rahmen der Meetings gesagt wird, soll zudem nicht aus diesen herausgetragen werden, um die Anonymität und das Sicherheitsgefühl der Teilnehmenden zu bewahren (Galanter, 2016, S. 58-60; Matzat, 2018, S. 471).
3.1.2 Das Zwölf-Schritte-Programm
Die zuvor genannten Zwölf-Schritte stellen eine Kernkomponente der AA dar und lassen sich in fünf Abschnitte gliedern (Galanter, 2016, S. 76, 81, 88, 93, 100):
- Schritte 1-3: Höhere Macht gegen Alkohol
- Schritte 4-7: Charakterliche Defizite
- Schritte 8-10: Wiedergutmachung
- Schritt 11: Gebete und Meditation
- Schritt 12: Weitergeben der Botschaft
Neue Mitglieder beginnen nicht sofort mit der Ausübung dieser Schritte, sondern erst nachdem sie bereits an Meetings teilgenommen haben und sich mit anderen Mitgliedern identifizieren können, sich also der Gruppe zugehörig fühlen. Mit der Zeit werden neue Mitglieder dazu ermutigt, ein bestehendes Mitglied zu wählen, bei dem sie sich wohlfühlen, welches als Sponsor*in agieren soll (Galanter, 2016, S. 75-76). Aufgabe der Sponsor*innen ist es, die Gesponserten zu motivieren das Zwölf-Schritte-Programm der AA zu durchlaufen, sie emotional zu unterstützen und zu beraten sowie eigene Geschichten und Erfahrungen zu teilen (Galanter, 2016, S. 106). Hat das Mitglied eine*n Sponsoren gefunden, wird mit dem Durchlaufen der Schritte begonnen. Die Art der Ausführung dieser Schritte ist individuell zu gestalten, jedoch wird sich häufig an den Sponsor*innen und deren Form der Durchführung orientiert (Galanter, 2016, S. 76, 106).
Im ersten Abschnitt, den Schritten 1-3, soll zunächst die eigene Machtlosigkeit gegenüber der Abhängigkeit eingestanden sowie die Unkontrollierbarkeit mancher Situationen akzeptiert werden, um sich von einer „höheren Macht“ helfen zu lassen. Diese höhere Macht kann von jeder Person individuell definiert werden und kann beispielsweise eine göttliche Gestalt oder die Gruppenbindung selbst meinen. Da negative Auswirkungen einer Sucht oftmals vergessen oder retrospektiv verzerrt wahrgenommen werden, wir im Verlauf der Schritte versucht, ebendiese zu akzeptieren und zuzugeben. Durch die Akzeptanz der Hilflosigkeit soll so verhindert werden, dass es in dem Glauben, den Verzehr kontrollieren zu können, zu erneutem Alkoholkonsum kommt. Verstärkt wird dies durch den dritten Schritt, worin der eigene Wille der übergeordneten Macht überlassen wird. Hierdurch sollen unrealistische Kontrollüberzeugungen abgelegt und die Möglichkeit geboten werden, externe Hilfe anzunehmen. Riskanten Situationen, in welchen der Alkoholkonsum etwa durch das Umfeld oder andere Einflüsse begünstigt wird, können so beispielsweise umgangen werden, indem Betroffene sich der Unkontrollierbarkeit bewusst sind und demnach bereits das erste Getränk ablehnen (Dare & DeRigne, 2010, S. 181; Galanter, 2016, S. 76-78; Sachs, 2009, S. 201-203).
In den folgenden Schritten 4-7, welche den zweiten Abschnitt darstellen, werden charakterliche Defizite erörtert und akzeptiert. Hierfür wird eine innere Inventur durchgeführt, in deren Verlauf vergangene Verhaltensweisen reflektiert und ehrlich bewertet sowie verdrängte oder verzerrte Erinnerungen reevaluiert werden sollen. Dabei sollen das Bagatellisieren der Auswirkungen der Abhängigkeit verhindert und das eigene Fehlverhalten akzeptiert werden. Negative Eigenschaften, Defizite, Selbstzweifel und weitere Überlegungen sollen anschließend Externen, meist den Sponsor*innen, und der höheren Macht anvertraut werden, wodurch ein Gemeinschaftsgefühl aufgebaut werden soll und die Mitglieder mit sich selbst ins Reine kommen sollen, um sich zukünftig zu bessern und vergangenes Fehlverhalten nicht zu wiederholen (Galanter, 2016, S. 81-83; Sachs, 2009, S. 203-206).
Zuvor erarbeitete Probleme und vergangenes Fehlverhalten sollen zu Beginn des dritten Abschnitts, den Schritten 8-10, festgehalten werden, wofür eine Liste erstellt wird, auf denen Mitglieder alle Personen aufschreiben, denen sie in der Vergangenheit aufgrund ihrer Abhängigkeit geschadet haben, woraufhin eine Wiedergutmachung angestrebt wird, sofern diese möglich ist. Nach der Verarbeitung vergangener Fehler, soll zukünftiges Verhalten weiter reflektiert und auftretendes Fehlverhalten unverzüglich eingestanden und korrigiert werden (Galanter, 2016, S. 88; Sachs, 2009, S. 207-209). Hierdurch soll das erneute Erlernen kontraproduktiver Verhaltensweisen der Mitglieder verhindert und ein achtsamer Umgang mit deren Umwelt gefördert werden (Sachs, 2009, S. 208209).
Im elften Schritt sollen Gebete sowie Meditation genutzt werden, um die Realisationen der vorangegangenen Schritte, wie etwa der akzeptierten Hilflosigkeit aus dem ersten Abschnitt oder des reflektierten Handelns, beständig beizubehalten und fortzuführen (Galanter, 2016, S. 93; Sachs, 2009, S. 209-210).
Die Wiederholung der vorherigen Schritte wird im zwölften Schritt weiter gestärkt, in welchem alle vorangegangenen Prinzipien in allen Lebensbereichen und Handlungen angewandt werden sollen und anderen Alkoholabhängigen geholfen werden soll. Wiederholung durch persönliche Anwendung sowie die Bemühungen bei der Hilfe anderer Alkoholabhängigen sollen die eigene Abstinenz weiter stärken und so zu einem langfristigen Verzicht verhelfen (Galanter, 2016, S. 100; Sachs, 2009, S. 210-211).
Auf Basis dieser Zwölf Schritte wurde zudem die Twelve-Step Facilitation (TSF; dt. Zwölf-Schritte-Förderprogramm) entworfen, um die Abstinenz von Substanzabhängigen zu fördern, indem Abhängige dabei unterstützt werden, bei Zwölf-Schritte Selbsthilfegruppen und ihrem Programm teilzunehmen. Die TSF wird oft im klinischen Setting angewandt, wobei unter anderem professionelle Beratung angeboten wird. Zudem können bereits einige der zwölf Schritte der AA durchlaufen werden und Teilnehmende werden umfassend zu den AA informiert, um den Einstieg in die Selbsthilfegruppen zu erleichtern und Betroffene zur langfristigen Teilnahme zu motivieren. Für einen einheitlichen Ablauf der TSF, können diese zusätzlich manualisiert werden, indem Handbücher genutzt werden, welche den Ablauf und Inhalt der TSF vorgeben (Cochrane Germany, 2020; Kelly, Abry, et al., 2020, S. 2; Kelly et al., 2009, S. 238).
3.2 Weitere Interaktionen und Aktivitäten
Neben den zuvor beschriebenen Meetings und dem Zwölf-SchritteProgramm bringen sich Mitglieder der AA auch anderweitig in ihren Gruppen und der Organisation ein und interagieren miteinander.
Ein Aspekt, das Sponsoring, wurde bereits angesprochen. Neben der Hilfe beim Durchlaufen des Zwölf-Schritte-Programms, stehen Sponsor*innen den Gesponserten häufig auch bei Problemen und Fragen zur Verfügung. Auch wenn Gesponserte mit der Zeit selbst zu Sponsor*innen werden, können sie auf ihre eigenen Sponsor*innen zurückkommen. So wird häufig eine enge Verbindung aufgebaut, wodurch neue Mitglieder ebenfalls Unterstützung erfahren und von den Erzählungen der Sponsor*innen zur eigenen Abstinenz lernen können (Galanter, 2016, S. 106, 109-112; Kelly, Humphreys und Ferri, 2020, S. 15).
Eine weitere Art der Interaktion stellen selbstorganisierte Treffen dar. Dies können kleinere Zusammenkünfte einiger Mitglieder sein, die sich untereinander gut verstehen und regelmäßig zum Spielen oder Reden treffen oder sogar Urlaubsreisen sowie ganze Kreuzfahrten. Auch können Kongresse und Veranstaltungen organisiert werden, wodurch ein weitreichenderes Gemeinschaftsgefühl gefördert wird und Teilnehmenden die Möglichkeit geboten wird, sich weiter auszutauschen sowie Bekanntschaften zu schließen (Galanter, 2016, S. 127-128).
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