Sovereign Wealth Funds

Policy-Expertise und Handlungsempfehlungen für politische Entscheider in der Bundesrepublik Deutschland


Hausarbeit (Hauptseminar), 2008

22 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

1. EINLEITUNG

2. ALLGEMEINE EINORDNUNG DES STAATSFONDS-PHÄNOMENS
2.1 AKTUELLE ENTWICKLUNGEN
2.2 DISKUSSIONEN IN JÜNGERER VERGANGENHEIT
2.3 KONFLIKTLINIEN IN DER STAATSFONDS-DEBATTE
2.4 BEDEUTENDE PROBLEME MIT STAATSFONDS
2.5 EXKURS: CHINA INVESTMENT CORPORATION

3. STAATSFONDS AUF DER POLITISCHEN AGENDA IN DEUTSCHLAND
3.1 NOVELLIERUNG DES AUßENWIRTSCHAFTSGESETZES
3.2 DAS AKTUELL GEPLANTE PRÜFVERFAHREN FÜR AUSLÄNDISCHE INVESTITIONEN

4. SCHLUSSFOLGERUNGEN UND HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN

LITERATURVERZEICHNIS

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

Diese Seminararbeit beschäftigt sich mit einem gerade für die Politikwissenschaft besonders interessanten und relativ neuartigen Phänomen der internationalen Finanzmärkte. Akteure, die gewissermaßen im Spannungsfeld von Staat und Ökonomie handeln und schon heute eine signifikante Rolle auf den globalen Finanzmärkten spielen, deren Bedeutung aber schon in näherer Zukunft, laut jeglicher Schätzungen stark zunehmen wird. Die Rede ist von Sovereign Wealth Funds. Im Juni 2007 warnte der Deutsche Bank-Chef Josef Ackermann vor diesem „neuen Staatskapitalismus”1. Was folgte, war eine lange, engagiert geführte Debatte, in der Mittel und Methoden gefunden werden sollten, diese Akteure in den Griff zu bekommen. Mit dem verstärkten Aufkommen der von hohen Rohstoffpreisen und der Akkumulation von Devisenreserven in asiatischen Zentralbanken gefütterten, mächtigen Investmentvehikel, die zumeist in Emerging Market Economies zu Hause sind, gehen in den westlichen Industrienationen starke Ängste einher, die in weiten Teilen die öffentliche Debatte prägen. Wie zu zeigen sein wird, lässt sich das Staatsfonds-Phänomen nicht losgelöst vom allgemeinen wirtschaftlichen Aufstieg der Schwellenländer - wohl einem neuen Kapitel der Globalisierung - begreifen. Die vorliegende Arbeit wird von dem Erkenntnisinteresse geleitet, zu verstehen, warum die deutsche Politik in Bezug auf diese neuartigen Akteure bisher so gehandelt hat, wie sie es tat und wie die politischen Entscheider in Zukunft angemessen handeln sollten. Vor allem die Fonds aus China und Russland schüren Ängste in der Politik und in der Öffentlichkeit, in dieser Arbeit soll ein angemessenes Verständnis davon entwickelt werden, wie politische Entscheidungsträger in Deutschland mit Staatsfonds umgehen sollten.

Dafür wird in einem ersten Teil der Arbeit versucht, das Phänomen der Sovereign Wealth Funds akkurat einzuordnen, darauf aufbauend wird der Umgang mit Staatsfonds durch die deutsche Politik analysiert, um im letzten und abschließenden Teil konkrete Handlungsempfehlungen für politische Entscheider zu entwickeln, die auf einem der Realität angemessenen Verständnis des Staatsfonds-Phänomens gründen. Bei der vorliegenden Expertise soll auch besonders die Rolle, die SWFs in der aktuellen Finanzmarktkrise gespielt haben, berücksichtigt werden. In dieser Arbeit soll der Schwerpunkt auf einem tiefer gehenden Verständnis des Nexus zwischen Staatsfonds und deren Rezeption in der Politik liegen, auf allzu genaue Differenzierungen zwischen den unterschiedlichen Funktionsweisen, Anlagestrategien usw. der Fonds selbst muss aus Platzgründen in dieser Arbeit aber leider verzichtet werden.

2. Allgemeine Einordnung des Staatsfonds-Phänomens

Staatsfonds sind, wie von mehreren Kennern der Branche2 betont wird, kein neues Phänomen. In Kuwait wurde bereits 1953 das Kuwait Investment Board (KIB) gegründet, um überschüssige Einnahmen aus Ölverkäufen zu investieren und somit die Abhängigkeit des Staates von endlichen Ölquellen zu reduzieren. Der kuwaitische Staatsfonds Kuwait Investment Authority (KIA) löste 1965 das KIB ab und verwaltet heute einen großen Teil des Future Generation Fund, dem der kuwaitische Staat jährlich 10% der Öleinnahmen zuführt.3 In Deutschland machten wir mit diesem Staatsfonds gute Erfahrungen: Seit 1974 hält Kuwait beispielsweise konstant Anteile am Daimler-Konzern. Deutlich wird hier die Rolle des Staatsfonds als langfristiger Aktionär, denn selbst als Kuwait den Befreiungskrieg und Wiederaufbauprozess Anfang der Neunziger Jahre finanzieren musste, löste Kuwait keine Aktienbeteiligung in Deutschland auf.4

Dem kuwaitischen Beispiel folgten im Laufe der Jahre immer mehr Staaten mit überschüssigen Staatseinnahmen und Währungsreserven, die meist aus dem Verkauf von Rohstoffen wie Erdöl, Gas etc. stammen. Im Gegensatz zu Staatsfonds, die sich aus Rohstoffverkäufen speisen, gibt es jedoch auch Staatsfonds, denen allgemeine Haushalts-oder Exportüberschüsse zugeführt werden. Länder wie China übertragen offizielle Reserven der Zentralbank auf Staatsfonds. Traditionell legten Zentralbanken die Reserven in liquide von Industrieländern (insbesondere den USA) ausgegebene Schuldverschreibungen und Edelmetallen an, von der Gründung beziehungsweise Stärkung der Staatsfonds, die auch in andere Anlageklassen investieren, versprechen sie sich höhere Renditen.5

Es wird davon ausgegangen, dass das Anlagevolumen der weltweit wichtigsten Staatsfonds Ende 2007 3,139 Billionen US-Dollar betrug.6 Im Vergleich mit anderen institutionellen Anlegern wie Investment-Fonds (21 Billionen US-Dollar), Pensionsfonds (17,9 Billionen US-Dollar) und Versicherungen (16,0 Billionen US-Dollar) scheint dies nicht viel zu sein, im Vergleich zu den vielfach als (Mit-) Verursacher von Finanzkrisen gesehenen Hedge Funds (1,4 Bill. US-Dollar) beeindruckt die Zahl aber doch, vor allem wenn man sich vor Augen führt, dass es etwa 40 Staatsfonds sind, die in die Berechnung eingingen, dagegen aber ca. 9000 Hedge Funds.7 Anzumerken sei aber bei einem Vergleich von Staatsfonds und Hedge Funds, dass erstere bei ihren Investitionen generell nicht mit Hebeleffekten arbeiten, Hedge Funds und Private Equity Funds jedoch meist mit Leverage-Ratios von 10:1 oder höher agieren.8 Dabei ist natürlich nicht ausgeschlossen, dass SWFs ihrerseits auch in alternative Investments wie Private Equity und Hedge Funds gehen.9

Die Schätzungen in Bezug auf die zukünftige Bedeutung der Staatsfonds variieren zwar etwas im genauen Ausmaß, die Tendenz ist jedoch eindeutig: „SWFs will become absolutely massive in size in the not-too-distant future, and will have powerful implications for the financial markets“10. Stephen Jen schätzt, dass SWFs 2015 Vermögenswerte im Wert von etwa 12 Billionen US-Dollar managen werden, die International Financial Services London (IFSL), eine Interessenorganisation der Londoner Finanzgemeinde, geht in ihrem Report „Sovereign Wealth Funds 2008“ von einem Wachstum auf 5 Billionen US-Dollar für 2010 und auf über 10 Bill. US-Dollar für 2015 aus.11

2.1 Aktuelle Entwicklungen

Vor etwa einem Jahr waren Staatsfonds in Deutschland noch weitgehend unbekannt. Einer breiteren Öffentlichkeit wurden sie erst vergangenes Jahr im Zuge der Gründung des mit 200 Milliarden US-Dollar bestückten Investmentvehikels der Volksrepublik China, der China Investment Corporation (CIC) bekannt. Im nun folgenden Abschnitt soll die genaue Rolle, die Staatsfonds bei der aktuellen Finanzmarktkrise spielten, identifiziert werden, um anschließend genauer auf die Idee der Regulierung von Staatsfonds einzugehen und dabei die Informationen schließlich so zu kanalisieren, dass daraus ein der Realität angemessenes Vorgehen für die deutsche Politik abgeleitet werden kann.

Staatsfonds als stabilisierender Faktor in der aktuellen Finanzmarktkrise

Die aktuelle Finanzkrise, die ihren Ursprung in Ausfällen bei großzügig vergebenen Immobilien-Krediten in den USA hat, stellt derzeit eine wahre Belastungsprobe für das globale Finanzsystem dar und beinhaltet noch nicht absehbare Folgen für die weltweite Wirtschaft. Die Krise brachte viele, vor allem US-amerikanische Banken, in Schieflage. Auch in Deutschland gelangte das Thema schnell in den Fokus der Öffentlichkeit. Im August 2007 bekam die deutsche Mittelstandsbank IKB, welche sich umfangreich im US-Hypothekenmarkt engagiert hatte, von einem Banken-Konsortium um die staatliche KfW eine 8,1 Milliarden-Euro Bürgschaft. Noch drängender wurde die Krise als die Sachsen LB mit Krediten der Sparkassen-Finanzgruppe über 17,3 Milliarden Euro gerettet wurde. Die Krise zieht derzeit immer weitere Kreise und ein Ende ist noch lange nicht in Sicht.12 Doch wie verhielten sich SWFs bisher in dieser Finanzmarktkrise?

Staatsfonds treten das erste Mal im November 2007 spektakulär in Erscheinung, als der weltgrößte SWF, die Abu Dhabi Investment Authority (ADIA), den US-Finanzkonzern Citigroup mit einer Kapitalspritze von 7,5 Milliarden Dollar versorgt, nachdem die Citi zuvor Abschreibungen im Wert von etwa 14 Milliarden Dollar vornehmen musste. Der singapursche Staatsfonds Temasek versorgte Merril Lynch für einen Anteil von 9,4 Prozent mit einer Kapitalspritze von 4,4 Milliarden US-Dollar, die Korean Investment Corporation, die KIA und die japanische Mizuho Corporate Bank halfen Merrill Lynch mit 6,6 Milliarden Dollar an zusätzlichem Kapital. Der erst im September 2007 mit 200 Milliarden US-Dollar aufgelegte chinesische Staatsfonds China Investment Corporation (CIC) erwarb für 5 Milliarden Dollar einen 9,9-Prozent-Anteil an der Investmentbank Morgan Stanley.13 Insgesamt investierten SWFs während der vergangenen zehn Monate etwa 69 Milliarden Dollar in westliche Banken.14

Die Staatsfonds konnten der Finanzbranche zwar helfen, ausgezahlt haben sich die Investitionen für die SWFs selbst bisher jedoch noch nicht. Die 3-Milliarden-Dollar-Investition der CIC in den Private-Equity-Fund Blackstone zog bis heute einen Verlust von einem Drittel des Investitionswerts nach sich, der singapursche Staatsfonds Government of Singapore Investment Corporation (GIC) investierte 11 Milliarden Dollar in die schweizerische UBS und hat mit diesem Investment bis heute rund 6 Milliarden Dollar verloren.15

[...]


1 Josef Ackermann, zitiert nach Harald Schumann und Christiane Grefe, Globalisierung - Das Machtbeben, Der Tagesspiegel Online, 13. April 2008.

2 Weltweit ist wohl Stephen Jen, der Managing Director und Chief Currency Economist der US-amerikanischen Investmentbank Morgan Stanley, bester Kenner der Staatsfonds-Industrie. In Deutschland kann Steffen Kern von Deutsche Bank Research als tonangebender Experte gelten.

3 Vgl. Steffen Kern, Staatsfonds – Staatliche Auslandsinvestitionen im Aufwind, Deutsche Bank Research Bulletin, Aktuelle Themen, Nr. 405, 18. Dezember 2007, S. 5.

4 Vgl. dazu den Text „Kuwait und Deutschland“ auf der Homepage der Botschaft Kuwaits: http://www.kuwaitbotschaft.de/politikseiten/kuwait_germany.html [01.04.2008].

5 Vgl. Steffen Kern, Staatsfonds – Staatliche Auslandsinvestitionen im Aufwind, S. 5.

6 Vgl. ebd., S.6.

7 Vgl. Steffen Kern, Staatsfonds – Staatliche Auslandsinvestitionen im Aufwind, S. 6.

8 Vgl. Simon Johnson, The Rise of Sovereign Wealth Funds. We don’t know much about this major state-owned players, in: Finance & Development, September 2007, Vol. 44, No. 3.

9 Vgl. Gerard Lyons, State Capitalism: The rise of sovereign wealth funds, in: Standard Chartered Global Research, 15. Oktober 2007, S.1 oder auch Martin Arnold, Private equity turns to sovereign wealth funds, in: Financial Times, 27. Februar 2008.

10 Stephen Jen, How Big Could Sovereign Wealth Funds by 2015?, Morgan Stanley Global Economic Forum, 3. Mai 2007, S. 1.

11 Vgl. Marko Maslakovic, Sovereign Wealth Funds 2008, IFSL Research, April 2008, S.1.

12 Vgl. Deutsche Presseagentur, Chronologie: Stationen der Finanzmarktkrise, 1. April 2008.

13 Vgl. Yaël Bizouati, For Sale, in: Investment Dealers’ Digest, 11. Februar 2008, S. 22.

14 Vgl. o.A., The invasion of the sovereign wealth funds, in: The Economist, 17. Januar 2008.

15 Vgl. Una Galani, Vermeintliche Schnäppchenjäger – Das Staatsfonds-Debakel, 18. März 2008.

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Sovereign Wealth Funds
Untertitel
Policy-Expertise und Handlungsempfehlungen für politische Entscheider in der Bundesrepublik Deutschland
Hochschule
Universität Trier  (Politikwissenschaft)
Veranstaltung
Finanzmarktpolitik
Note
1,7
Autor
Jahr
2008
Seiten
22
Katalognummer
V133977
ISBN (eBook)
9783640416295
ISBN (Buch)
9783640413072
Dateigröße
477 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sovereign, Wealth, Funds, Policy-Expertise, Handlungsempfehlungen, Entscheider, Bundesrepublik, Deutschland
Arbeit zitieren
Pierre Dombrowski (Autor:in), 2008, Sovereign Wealth Funds, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/133977

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