Die Forschung ist sich einig, dass Dürer kurz nach der Rückkehr von seiner ersten Italienreise eigenständig mit den Arbeiten zur Apokalypse begonnen haben muss. Mit rein graphischen Mitteln schilderte Albrecht Dürer die endzeitlichen Visionen des Johannes. Nicht nur das stattliche Format muss Aufsehen erregt haben. Das Innovative zeigt sich in der Behandlung von Form und Bewegung der Figuren. Insbesondere fallen leidenschaftliche Gesichter mit Bildnischarakter, angespannte Körper, wehende Gewänder und eine auf dem Verständnis des Organischen aufgebaute Schilderung der landschaftlichen Natur auf. Auch eine eindeutige Lichtführung, nachvollziehbare Raumanordnung, reiche Licht-Schatten-Kontraste sowie die Monumentalität und Dramatik der fantastischen Bilderfindungen zeugen vom Willen um eine neue Ausdruckskraft. Dieser Realismus wurde erst möglich durch die Übersetzung der Schongauerschen Kupferstichtechnik in den Holzschnitt. Er holte den Holzschnitt aus der Sphäre der Illustration und übertrug ihn in den Machtbereich eines autonomen Mediums. Das bisher eher unemotional anmutende Medium Holzschnitt erscheint in neuen Perspektiven. „Einzelblätter wie die ‚Vier apokalyptischen Reiter’ sind zu Archetypen des Schreckenbildes geworden“.
Dürer nutzte italienische Impulse, übersetzte sie in die spätgotische Bildsprache und -form und läutete damit ein ganz neues Verständnis für Kunst und Künstler ein. Nicht zuletzt setzte sich Dürer mit dem humanistischen Gedankengut auseinander und erschuf ein monumentales ‚Bilderbuch’, an dem sowohl das einfache Volk wie auch Gelehrte ihre Freude gehabt haben durften. Zwei Jahre vor der Jahrhundertwende, in einer von Endzeiterwartung geprägten Welt, gelang Dürer eine der anspruchsvollsten Bilderfolgen der abendländischen Kunst.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 1. Der soziokulturelle Hintergrund in einer von Endzeiterwartung geprägten Welt
- 1.1 Gegenwarts- und Kirchenkritik in Dürers Holzschnittfolge
- 1.2 Das apokalyptische Thema in der Kunst vor Dürer
- 2. Betrachtung der Apokalypse
- 2.1 Die Initialthematik
- 2.2 Die Bild-Text-Beziehung
- 2.3 Inhalt und Struktur der Bilderfolge
- 2.4 Überlegungen zum Blatt III, „Die Vier Apokalyptischen Reiter“ B.64 (Abb. 5a)
- 3. Zwischen Innovation und Tradition
- 3.1 Humanismus und Italienrezeption
- 3.2 Rezipientenkreis
- Schlusswort
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht Albrecht Dürers „Apokalypse“-Holzschnittfolge. Ziel ist es, anhand ausgewählter Details Intention und Wirkung dieses bedeutenden Buchprojektes zu beleuchten. Der Fokus liegt auf der Wechselwirkung zwischen Dürers Italienrezeption, der Tradition nordischer Spätgotik und dem soziokulturellen Kontext der Zeit um 1500.
- Dürers innovative Gestaltung der Apokalypse im Vergleich zu früheren Darstellungen.
- Der Einfluss des Humanismus und der Italienreise auf Dürers künstlerischen Stil.
- Die Rolle der „Apokalypse“ im Kontext der Endzeiterwartung und gesellschaftlichen Kritik der Zeit.
- Die Wirkung der Holzschnittfolge auf verschiedene Rezipientengruppen.
- Die Beziehung zwischen Bild und Text in Dürers Werk.
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung führt in das Thema Dürers Apokalypse ein und hebt die Besonderheit des Werkes als erste geschlossene Bildfolge zum apokalyptischen Stoff hervor. Sie betont Dürers Wissen um das Lese- und Anschauungsbedürfnis seiner Zeit und seine innovative Gestaltung des Formats und der Bildsprache. Die Einleitung skizziert die Forschungsfragen der Arbeit, insbesondere die nach Intention und Wirkung der Holzschnittfolge, und stellt die zentralen Fragestellungen vor.
1. Der soziokulturelle Hintergrund in einer von Endzeiterwartung geprägten Welt: Dieses Kapitel beleuchtet den historischen und gesellschaftlichen Kontext, in dem Dürers Apokalypse entstand. Es beschreibt die Epochenschwelle zwischen Spätgotik und Renaissance in Deutschland und den Stilwechsel in Italien. Es thematisiert die allgemeine Stimmung von Endzeiterwartung und gesellschaftlicher Unruhe, verstärkt durch soziale und politische Not sowie Erzählungen von Wundern und Zeichen göttlichen Zorns. Das Kapitel diskutiert die Möglichkeit, die Apokalypse als Gegenwartskritik zu interpretieren, wobei betont wird, dass die bildliche Darstellung nicht ausschließlich Missstände anprangert, aber der Text in Krisenzeiten immer wieder dafür genutzt wurde. Die Rolle der „Apokalypse des Johannes“ als letztes Buch des Neuen Testaments und die damit verbundene Heiligenlegende werden ebenfalls erläutert.
2. Betrachtung der Apokalypse: Dieses Kapitel analysiert die „Apokalypse“ selbst. Es untersucht die Initialthematik, die Bild-Text-Beziehung, den Inhalt und die Struktur der Bilderfolge. Ein ausführlicher Abschnitt widmet sich dem Blatt III, „Die Vier Apokalyptischen Reiter“, um die künstlerischen Mittel und die Wirkung dieses Bildes zu verdeutlichen. Die Analyse beleuchtet die innovative Behandlung von Form, Bewegung, Lichtführung, und Raum, die Dürers Werk von früheren Darstellungen unterscheidet und die emotionale Wirkung des Holzschnitts verstärkt.
3. Zwischen Innovation und Tradition: Dieser Abschnitt untersucht die künstlerischen Einflüsse auf Dürers Werk. Es wird der Einfluss des Humanismus und der Italienrezeption auf seinen Stil herausgearbeitet, sowie der Rezipientenkreis, der sich für Dürers Werk interessiert hat. Das Kapitel verdeutlicht wie Dürer italienische Impulse in die spätgotische Bildsprache übersetzte und damit ein neues Verständnis von Kunst und Künstler einleitete. Es wird die besondere Bedeutung der "Apokalypse" als monumentales "Bilderbuch" hervorgehoben, das sowohl einfache Leute als auch Gelehrte ansprach.
Schlüsselwörter
Albrecht Dürer, Apokalypse, Holzschnitt, Spätgotik, Renaissance, Italienrezeption, Humanismus, Endzeiterwartung, Gegenwartskritik, Kirchenkritik, Bild-Text-Beziehung, Wirkungsgeschichte.
Häufig gestellte Fragen zu Albrecht Dürers Apokalypse-Holzschnittfolge
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert Albrecht Dürers Holzschnittfolge zur Apokalypse. Sie untersucht die Intention und Wirkung dieses bedeutenden Werkes unter Berücksichtigung seines soziokulturellen Kontextes, Dürers künstlerischer Innovationen und des Einflusses von Humanismus und Italienrezeption.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in eine Einleitung, drei Hauptkapitel und ein Schlusswort. Kapitel 1 beleuchtet den soziokulturellen Hintergrund der Zeit um 1500, einschließlich der Endzeiterwartung und gesellschaftlicher Kritik. Kapitel 2 analysiert die Apokalypse-Holzschnitte selbst, einschließlich Bild-Text-Beziehung und der künstlerischen Gestaltung. Kapitel 3 untersucht den Einfluss von Humanismus und Italienrezeption auf Dürers Stil und den Rezipientenkreis des Werkes.
Was ist die Zielsetzung der Arbeit?
Die Arbeit zielt darauf ab, Intention und Wirkung von Dürers Apokalypse-Holzschnittfolge zu beleuchten. Der Fokus liegt auf der Wechselwirkung zwischen Dürers Italienrezeption, der Tradition der nordischen Spätgotik und dem soziokulturellen Kontext um 1500. Es werden Dürers innovative Gestaltung im Vergleich zu früheren Darstellungen, der Einfluss des Humanismus und die Rolle der Apokalypse im Kontext der Endzeiterwartung untersucht.
Welche Themenschwerpunkte werden behandelt?
Die Arbeit behandelt Dürers innovative Gestaltung der Apokalypse, den Einfluss des Humanismus und der Italienreise auf seinen Stil, die Rolle der Apokalypse im Kontext der Endzeiterwartung und gesellschaftlichen Kritik, die Wirkung der Holzschnittfolge auf verschiedene Rezipientengruppen und die Beziehung zwischen Bild und Text in Dürers Werk.
Wie werden die Kapitel zusammengefasst?
Die Einleitung führt in das Thema ein und skizziert die Forschungsfragen. Kapitel 1 beleuchtet den historischen und gesellschaftlichen Kontext, Kapitel 2 analysiert die Apokalypse selbst, und Kapitel 3 untersucht die künstlerischen Einflüsse und den Rezipientenkreis. Das Schlusswort fasst die Ergebnisse zusammen.
Welche Schlüsselwörter beschreiben den Inhalt?
Schlüsselwörter sind: Albrecht Dürer, Apokalypse, Holzschnitt, Spätgotik, Renaissance, Italienrezeption, Humanismus, Endzeiterwartung, Gegenwartskritik, Kirchenkritik, Bild-Text-Beziehung, Wirkungsgeschichte.
Welche Aspekte von Dürers Apokalypse werden im Detail analysiert?
Die Analyse umfasst die Initialthematik, die Bild-Text-Beziehung, den Inhalt und die Struktur der Bilderfolge. Ein besonderes Augenmerk liegt auf dem Blatt III, „Die Vier Apokalyptischen Reiter“, wo die künstlerischen Mittel und die Wirkung des Bildes im Detail untersucht werden. Die Analyse beleuchtet auch die innovative Behandlung von Form, Bewegung, Lichtführung und Raum.
Wie wird der Einfluss des Humanismus und der Italienrezeption dargestellt?
Die Arbeit zeigt auf, wie Dürer italienische Impulse in die spätgotische Bildsprache übersetzte und damit ein neues Verständnis von Kunst und Künstler einleitete. Die besondere Bedeutung der "Apokalypse" als monumentales "Bilderbuch", das sowohl einfache Leute als auch Gelehrte ansprach, wird hervorgehoben.
- Arbeit zitieren
- Josephine Klingebeil (Autor:in), 2009, Dürers Apokalypse, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/134136