Textsorten im interkulturellen und interlingualen Vergleich am Beispiel von französischen und deutschen Kontaktanzeigen


Hausarbeit (Hauptseminar), 2008

21 Seiten, Note: 2.3

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung: Ziele der Arbeit
1.1 Die Thematik Textsorte
1.2 Die Textsorte Kontaktanzeige

2. Der interlinguale und interkulturelle Vergleich von Textsorten
2.1 Der interlinguale und interkulturelle Vergleich von Kontaktanzeigen
2.2 Eine Analyse deutscher und französischer Kontaktanzeigen

3. Ausblick

4. Bibliographie

5. Anhang

1. Einleitung: Ziele der Arbeit

Die Aufgabe der kontrastiven Textologie besteht darin intersprachliche Kon- und Divergenzen in Texten zu erarbeiten[1]. Die vorliegende Arbeit stellt einen Vergleich zwischen französischen und deutschen Kontaktanzeigen auf. Zunächst wird die Thematik Textsorte behandelt, um später die spezifische Textsorte Kontaktanzeige zu analysieren. Hier soll eine Antwort auf die Frage, was eine Textsorte ausmacht und welche Funktion sie hat, gegeben werden. An dieser Stelle wird ebenfalls verdeutlicht, wie diffizil es ist, den Begriff Textsorte genau zu definieren. Anschließend werden generelle Informationen zur Kontaktanzeige gegeben. Der Hauptteil der Arbeit handelt vom Sprachvergleich auf interlingualer und interkultureller Ebene. Hier wird dargelegt, welche Möglichkeiten des Vergleichs vorhanden sind und welche Ergebnisse bezüglich des Sprachvergleichs schon erarbeitet wurden. Im Anschluss werden französische mit deutschen Kontaktanzeigen verglichen. Hier soll verdeutlicht werden, welche Unterschiede eine Textsorte aufweisen kann, die in mehreren Sprachräumen geläufig ist.

1.1 Die Thematik Textsorte

Textsorten sind Formen sprachlich-kommunikativen Handelns, die kognitiv gespeichert sind und über feste, modellhafte Strukturen verfügen. Sie sind sozial-historisch und kulturell geprägt. Textsorten sind an die menschliche Gesellschaft gebunden, da sie nur im Zusammenhang mit dieser verständlich sind. Da sich die kommunikativen Bedürfnisse einer Gesellschaft verändern, ändert sich somit auch das Inventar der notwendigen typischen Formen der Kommunikation[2]. Textsorten verändern sich mit der Zeit, was sich auf verschiedene Faktoren zurückführen lässt. Politische, ideologische, religiöse sowie moralische Bedingungen einer Gesellschaft, üben einen enormen Einfluss auf die Textsorten aus. Jedoch spielt auch die Kulturkomponente, in der sich Elemente der nationalen Kultur und Psychologie widerspiegeln, eine entscheidende Rolle. Texte und Texttypen existieren immer im Gleichgewicht zwischen universellen und einzelsprachtypischen Merkmalen. Anhand der universellen Merkmale kann man sofort die topologische Qualität der Textsorte erkennen. Dies bedeutet, dass man sofort festmachen kann, dass es sich beispielsweise um einen Brief handelt. Gleichzeitig weisen fast alle einzelsprachlichen Formen einer Textsorte Besonderheiten auf, die charakteristisch für die jeweilige Sprache sind[3]. Heinemann setzt in diesem Zusammenhang für das Textsortenverständnis ein Mehrebenenmodell an, das aus der formal-grammatischen, der inhaltlich-thematischen, der situativen und der funktionalen Ebene besteht. In Frohne/ Krause (1987) wird der Text als sprachlich manifeste Lösung einer kommunikativen Anforderung gesehen, die aus den drei Komponenten des Ziels, des Gegenstandes und der Bedingung besteht. Problematisch ist hier die Frage, in welchem Maß die genannten Basiskomponenten innerhalb einer Textsorte präsent sein müssen. Eine strikte Textsortendefinition anhand dieser Gesichtspunkte hätte zur Folge, dass man nur von einer Textsorte sprechen kann, wenn alle drei Basiskomponenten repräsentiert werden. Hieraus würde resultieren, dass sich der Kreis, der Kommunikationsformen, die als Textsorte bezeichnet werden können, verkleinern würde. Viele Textformen könnten nicht berücksichtigt werden. Ein, auf der anderen Seite, weiter Textsortenbegriff würde bedeuten, dass viele typische Formen der Kommunikation vereint würden, allerdings wären unterschiedliche Abstraktionsebenen und Repräsentationsweisen nebeneinander gestellt. Die genannten Basiskomponenten sind sicher unverzichtbare Merkmale zur Bestimmung von Textsorten, allerdings reichen sie alleine nicht aus, um alle Textsorten eindeutig identifizieren zu können[4]. Klaus Brinker geht in seiner Arbeit davon aus, dass man sprachliche Gebilde, die sich durch grammatische und thematische Kohärenzbedingungen und einer kommunikativen Funktion auszeichnen, als Text bezeichnet. Sprachliche Gebilde müssen demnach bestimmte Merkmale nachweisen, um als Text zu gelten. Allerdings ist ein Text nicht die Realisierung des allgemeinen Terminus Text; er repräsentiert eine bestimmte Textsorte, wie zum Beispiel die Kontaktanzeige, ein Kochrezept oder eine Werbeanzeige. Brinker stellt an dieser Stelle ebenfalls die Funktion von Textsorten dar:

Textsorten (wir sprechen gleichbedeutend auch von Textklassen oder Texttypen) sollen zunächst ganz allgemein als komplexe Muster sprachlicher Kommunikation verstanden werden, die innerhalb der Sprachgemeinschaft im Laufe der historisch-gesellschaftlichen Entwicklung aufgrund kommunikativer Bedürfnisse entstanden sind. Der konkrete Text erscheint immer als Exemplar einer bestimmten Textsorte[5].

Textsorten weisen demnach immer bestimmte Besonderheiten auf. So stellt sich die Frage, welche Merkmale man als entscheidend für die Klassifizierung von Textsorten betrachten kann. Brinker führt in seiner Arbeit an, dass für H. Isenberg die Schaffung einer einheitlichen Typologisierungsbasis die Vorraussetzung für eine adäquate Texttypologie sei. Weiterhin zieht Brinker die Ergebnisse von M. Dimter mit in Betracht. Dieser erläutert, dass es drei Kriterien gibt, die als zentrale Merkmale der Textsorte gelten. Zu diesen zählt er die Kommunikationssituation, die Textfunktion und den Textinhalt[6]. Wie bereits erwähnt, ist es schwierig festzumachen, inwieweit jede Komponente in einem Text enthalten sein muss. Auch Brinker geht auf dieses Problem ein und schreibt, dass eine genaue Analyse zeigt, dass in Texten ein Kriterium ein anderes dominiert[7]. In Wetter –und Reiseberichten wird beispielsweise ein bestimmter Lebensbereich thematisiert, der Textinhalt hingegen, ist eindeutig entscheidender und dominiert so das andere Kriterium. Demzufolge unterscheidet sich in Texten jedes Kriterium bezüglich des Stellenwertes. Adamzik erläutert ebenfalls, dass es schwierig ist, den Terminus Text zu definieren. Ihrer Meinung nach müsste nicht nur eine Definition, sondern auch ein unbesetzter Kunstausdruck geschaffen werden, um Unklarheiten

auszuschließen[8]. In der linguistischen Textsortenlehre kann man zwischen zwei Forschungsrichtungen unterscheiden. Zu diesen zählt zum einen der sprachsystematisch ausgerichtete Forschungsansatz, der aufgrund struktureller und vor allem grammatischer Merkmale versucht, Textsorten zu beschreiben und abzugrenzen. Zum anderen gibt es den kommunikationsorientierten Forschungsansatz, der von situativen und kommunikativ-funktionalen Aspekten aus, die Textsortenproblematik behandelt[9]. Die Differenzierungen aufgrund der grammatischen Gegebenheiten führen allerdings nicht sehr weit. Der kommunikationsorientierte Forschungsansatz hingegen, gilt als sinnvoller. Man geht hier von der folgenden Textsortendefinition aus:

Textsorten sind konventionell geltende Muster für komplexe sprachliche Handlungen und lassen sich als jeweils typische Verbindungen von kontextuellen (situativen), kommunikativ-funktionalen und strukturellen (grammatischen und thematischen) Merkmalen beschreiben. Sie haben sich in der Sprachgemeinschaft historisch entwickelt und gehören zum Alltagswissen der Sprachteilhaber; sie besitzen zwar eine normierende Wirkung, erleichtern aber zugleich den kommunikativen Umgang, indem sie den Kommunizierenden mehr oder weniger feste Orientierungen für die Produktion und Rezeption von Texten geben[10]

Ahnhand dieser Definition wird ebenfalls deutlich, dass neben Eigenschaften, die die Sprache oder den Inhalt betreffen, auch die historische Entwicklung einer Sprachgemeinschaft signifikant ist. Die verschiedenen Textsorten haben außerdem die Funktion, dass sie es für den Kommunizierenden vereinfachen, Texte zu erstellen, da eine feste Richtlinie gegeben ist. Textsorten lassen sich in fünf Textklassen gliedern, zu denen Informationstexte, Appelltexte, Obligationstexte, Kontakttexte und Deklarationstexte zählen. In den einzelnen Klassen werden allerdings noch einmal genauere Abgrenzungen vollzogen, da eine Differenzierung in die genannten fünf Gruppen zu umfangreich wäre.

1.2 Die Textsorte Kontaktanzeige

Der Beginn der Kontaktanzeige liegt mittlerweile länger als dreihundert Jahre zurück. Das erste Inserat erschien 1695 in der „Collection for the Improvement of Husbandary and Trade“ in England. Im Gegensatz zu den Anzeigen aus unserer heutigen Zeit, standen im 18. und 19. Jahrhundert wirtschaftliche Informationen und Vorgaben im Vordergrund des Inhalts. In Deutschland wurde die erste Kontaktanzeige erst im Jahr 1738 veröffentlicht und etablierte sich langsam als Textsorte, obwohl sie für eine lange Zeit nicht als seriöses Mittel der Partnersuche betrachtet wurde[11]. Mit dem Beginn des 20. Jahrhunderts, erlebte die Kontaktanzeige einen erheblichen Aufschwung, was unter anderem auf soziologische Ursachen zurückzuführen ist. Großfamilien gehen häufiger auseinander und die Einstellung zur Ehescheidung hat sich gewandelt. Kontaktanzeigen sind in unserer Zeit zu einer bedeutenden Möglichkeit geworden, einen adäquaten Lebenspartner zu finden. In nahezu jeder Zeitung erscheinen Anzeigen, die die Partnersuche zum Ziel haben. Mit der Zeit haben sich die Absichten allerdings geändert. Früher gab es ausschließlich Heiratsanzeigen, die dazu dienten einen Ehepartner zu finden. Auch die Erweiterung der Bedürfnisse gibt eine Erklärung für den Anstieg des Interesses an Kontaktanzeigen. So wurden beispielsweise zusätzliche Rubriken, wie „Freizeitkontakte“, „Sie sucht ihn“, „Er sucht sie“ und einige andere, eingeführt. Im Gegensatz zu früher gelten Kontaktanzeigen heute nicht mehr als letzte Möglichkeit, einen Partner zu finden. Die Einstellung hierzu hat sich normalisiert[12]. Menschen denken heute anders und haben modernere Einstellungen. Jemanden mit Hilfe einer Kontaktanzeige kennenzulernen, ist zur Normalität geworden. Die hier behandelte Textsorte Kontaktanzeige stellt aufgrund der Funktion eine Subtextsorte dar, die sich deutlich von der Gebrauchstextsorte Zeitungsannonce abgrenzt. Die Funktion der Kontaktanzeige ist informativ sowie appellativ. Die informativen Textsequenzen sind als Unterstützung für den Appell zu betrachten. Der Inhalt ist weitgehend handlungsauffordernd und setzt sich aus einem deutlich stratifizierten Lexembestand, der monologisch, schriftlich und nicht spontan ist, zusammen[13]. Wie bereits in Punkt 1.1 erwähnt, lassen sich Textsorten auf funktionaler Ebene analysieren. In Bezug auf die Kontaktanzeige lässt sich feststellen, dass diese auf funktionaler Ebene darauf abzielt, Kontakt zwischen zwei Menschen, die sich noch nicht kennen, herzustellen. Die genaue Absicht umfasst jedoch ein breites Spektrum, was an der Menge an Subrubriken deutlich wird. Hierzu zählen beispielsweise „Heirat“, „Freundschaft“, „Neubeginn“, sowie zahlreiche andere. Um eine typologische Gliederung des Anzeigentypus ist eine genaue Absichts –oder Zielfrage unumgänglich, da von der Brieffreundschaft bis zur Suche des Lebenspartners alle Kontakttypen geläufig sind. Die traditionsreichste Art der Kontaktanzeige ist die Heiratsanzeige, die sich zum Ziel setzt, einen Ehepartner zu finden. Sie stellt somit einen bestimmten Typus der Kontaktanzeige dar. Eine genaue Trennung lässt sich jedoch bei vielen Anzeigen nicht vollziehen, da die Entwicklung zwischenmenschlichen Kontakts nur schwierig vorauszusagen ist[14]. Die Struktur einer Kontaktanzeige ist in besonderem Maß davon abhängig, welches Ziel verfolgt werden soll. Außerdem ist sie meistens konstant, was unter anderem am beschränkten Umfang der Anzeige liegt. In den meisten Fällen sind die Anzeigen nicht länger als sieben Zeilen. Daher ist der Inserent, bezüglich der Form, in seinem Einfallsreichtum relativ eingeschränkt[15]. Die Intention von Kontaktanzeigen liegt darin, Kontakt mit einem anderen Mensch herbeizuführen. Das besondere ist die öffentliche Nutzung der Massenmedien für ein Anliegen einer solchen Art. Das angeführte informelle Kommunizieren erweist sich als kennzeichnend für unsere heutige Gesellschaft. Der Vorteil der Partnersuche über eine Kontaktanzeige ist, dass bestimmte Rezipienten durch bestimmte Formulierungen innerhalb der Anzeige gezielt ausschließen. Je mehr Informationen das Inserat enthält, desto höher ist die Selektivitätsrate der Anzeige, da die Anzahl der potentiellen Partner sinkt. Die Informationen in Kontaktanzeigen umfassen hauptsächlich gesellschaftlich tolerierte und akzeptierte Werte und Eigenschaften. Dies bedeutet, dass sie Werte widerspiegeln, die in der Gesellschaft im Allgemeinen einen interessanten Mensch ausmachen.

[...]


[1] Eckkrammer, E.M., „Textsorten im interlingualen und –medialen Vergleich“, in: Drescher, M. (Hrsg.),

Textsorten im romanischen Sprachvergleich, Tübingen: Stauffenburg, 2002, S. 16.

[2] Krause, Wolf-Dieter, „Text, Textsorte, Textvergleich“, in: Adamzik, Kirsten (Hrsg.), Textsorten:

Reflexionen und Analysen, Tübingen: Stauffenburg, S. 48.

[3] Adamzik, Kirsten, Textsorten: Reflexionen und Analysen, S. 49-50.

[4] Adamzik, Kirsten, Textsorten: Reflexionen und Analysen, S. 54-55.

[5] Brinker, Klaus, Linguistische Textanalyse- Eine Einführung von Grundbegriffen und Methoden, Berlin:

Erich Schmidt Verlag, 6. Auflage, 2005 , S. 126.

[6] Brinker, Klaus, Linguistische Textanalyse- Eine Einführung von Grundbegriffen und Methoden, S. 129.

[7] Brinker, Klaus, Linguistische Textanalyse- Eine Einführung von Grundbegriffen und Methoden, S. 129.

[8] Adamzik, Kirsten, Textlinguistik- Eine einführende Darstellung, Tübingen: Max Niemeyer Verlag, 2004,

S. 31.

[9] Brinker, Klaus, Linguistische Textanalyse- Eine Einführung von Grundbegriffen und Methoden, S. 131.

[10] Brinker, Klaus, Linguistische Textanalyse- Eine Einführung von Grundbegriffen und Methoden, S. 132.

[11] Eckkramer, E.M., Kontrastive Textologie, Wien: Verlag Edition Praesens, 1999, S. 133.

[12] Riemann, Viola, Kontaktanzeigen im Wandel der Zeit, Opladen/ Wiesbaden: Westdeutscher Verlag, 1999,

S. 43-45.

[13] Eckkramer, Eva Martha, Kontrastive Textologie, S. 137.

[14] Eckkramer, Eva Martha, Kontrastive Textologie, S. 138.

[15] Riemann, Viola, Kontaktanzeigen im Wandel der Zeit, S. 47.

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Textsorten im interkulturellen und interlingualen Vergleich am Beispiel von französischen und deutschen Kontaktanzeigen
Hochschule
Universität Paderborn  (Fakultät für Kulturwissenschaften, Romanistik)
Veranstaltung
Textsorten im interkulturellen und kontrastiven Vergleich
Note
2.3
Jahr
2008
Seiten
21
Katalognummer
V134154
ISBN (eBook)
9783640420902
ISBN (Buch)
9783640420858
Dateigröße
1154 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
Textsorten, Vergleich, Beispiel, Kontaktanzeigen
Arbeit zitieren
Anonym, 2008, Textsorten im interkulturellen und interlingualen Vergleich am Beispiel von französischen und deutschen Kontaktanzeigen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/134154

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