Genrespezifische Untersuchung des US-Slasher-Films im Vergleich zum italienischen "Giallo"


Magisterarbeit, 2008

76 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Genre und Genretheorie
2.1 Veränderbarkeit von Genres
2.2 Probleme der Genredefinition

3. Das Horrorgenre
3.1 Der klassische Horrorfilm
3.1.1 Das Konzept des Monsters im klassischen Horrorfilm
3.2 Der moderne Horrorfilm
3.3 Motive des modernen Horrorfilms
3.3.1 Splatter und Gewalt
3.3.2 Body-Horror und Body-Count
3.3.3 Der Splatterfilm der 60er und 70er Jahre

4. Der Slasherfilm
4.1 Der Slasherfilm als Subgenre
4.2 Motive des Slasherfilms
4.2.1 Eröffnungssequenz und Setting
4.2.2 Kamera und Blick
4.2.3 Final Girl
4.2.4 Jugend und Autorität

4.3 Der Slasherfilm im Kontext der gesellschaftlichen und sozialen Umstände in den USA

5. Der Giallo
5.1 Entstehung und Bedeutung des Giallos
5.2 Motive des Giallos
5.2.1 Sexualität und Gewalt
5.2.2 Kunst und Künstlichkeit
5.3 Der Giallo im Kontext der gesellschaftlichen Umstände in Italien
5.3.1 Der Giallo und der italienische Filmmarkt

6.Giallo und Slasherfilm im Vergleich
6.1 Final Girl und Amateurdetektiv
6.2 Identität und Maske
6.3 Nummern und Spektakel
6.4 Low Culture
6.4.1 Camp

7. Ausblick

8. Fazit

9. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Splatterfilm und Slasherfilm – diese Bezeichnungen klingen vertraut und gehören zu einem groißen Korpus an Filmen, die in den 70er und 80er Jahren in den USA auf den Markt drängen. Es sind blutige und sehr gewaltlastige Horrorfilme, die das Publikum spalten und die Kritiker einen: Bis auf wenige Ausnahmen wird das Genre mit überwältigend schlechten Kritiken überhäuft.1 Trotz seines enormen kommerziellen Erfolgs und der stilistischen Variationen wird der Slasherfilm von ‚Filmkennern‘ generell verspottet. Oft richtet sich dieser Hohn auch gegen das vornehmlich jugendliche Zielpublikum des Genres, das von manchen Kritikern folgendermaißen bezeichnet wird: „a legion of brain-dead pubescent zombies docilely filing into the nation's multiplexes for each new "teenie-kill" release.“2 Von den Feministinnen werden die Filme als frauenverachtend geschmäht und von aufgebrachten Eltern, kirchlichen Vereinigungen sowie vom Gesetzgeber wegen Gewaltverherrlichung als gefährlich eingestuft und der Zensur unterworfen. Auch im akademischen Diskurs gelten Slasherfilme – wohl aufgrund ihres Status als Low Culture-Kino – lange Zeit als unwürdig und werden kaum kritisch untersucht. Spätestens seit den 90er Jahren findet jedoch ein Umschwung statt und der Slasherfilm erfährt eine zunehmende akademische Beachtung und Diskussion. Dies macht sich in zahlreichen Veröffentlichungen bemerkbar, die zunächst vor allem der psychoanalytischen Filmtheorie zugeordnet werden können,3 später – und gerade in der neuesten Zeit – aber auch andere Ansätze verwenden und so neue Perspektiven aufzeigen.4

Trotz dieses relativ breit gefächerten Spektrums an Literatur zum modernen Horrorfilm bleibt doch zu bemängeln, dass sich das wissenschaftliche Interesse primär auf den US-amerikanischen Horrorfilm bezieht – wie die neueren Studien etwa von Isabel Cristina Pinedo, Rhona Berenstein, Judith Halberstam oder Cynthia Freeland belegen. Internationaler Horror – etwa aus Spanien, Italien, Südamerika oder Asien – findet oft nur in vereinzelten Artikeln, in Fanmagazinen oder speziellen Internetforen Beachtung. Auch der italienische Giallo wird weitestgehend von der akademischen Betrachtung und Forschung ausgeschlossen. Erst im Jahr 2006 bringt Mikel Koven ein Werk über den Giallo heraus, das über Artikellänge hinausgeht und eine wissenschaftliche Analyse liefert – zu diesem Zeitpunkt ist der Giallo immerhin schon über 40 Jahre alt.

Das zentrale Anliegen dieser Arbeit ist es daher, den Giallo und den Slasherfilm bezüglich ihrer genrespezifischen Merkmale zu untersuchen und zu vergleichen. Einen solchen Vergleich hat es bislang noch nicht gegeben. Dieser Ansatz ist deshalb interessant, weil er zwei auf den ersten Blick sehr ähnliche Genres untersucht, die etwa zur selben Zeit aufkommen, aber aus zwei verschiedenen Ländern bzw. Kontinenten stammen. Die USA und Italien weisen groiße Differenzen in ihrer Zeit- und Filmgeschichte auf: Während das politische Geschehen in den USA der 60er und 70er Jahre vom Vietnam-Krieg und Rassenunruhen geprägt war, gab es in Italien einen Umbruch und eine Öffnung der Gesellschaft, die bis dahin von einer katholisch-konservativen Moralvorstellung gezeichnet war. Der Horrorfilm hatte – auch aufgrund von Verboten in der Zeit des Faschismus – in Italien keine Tradition und so entwickelte sich der Giallo als Genre ganz neu. In den USA hingegen war das Genre spätestens seit den 20er Jahren ein fester Bestandteil des Hollywood-Studiosystems. Nun gilt es zu untersuchen, ob durch diese unterschiedlichen Traditionen und Bedingungen auch unterschiedliche, evtl. national geprägte Zugänge zu den gleichen Genre-Konventionen entstanden. Denn die beiden Genres scheinen von ihrem Aufbau und der Motivik her zunächst sehr ähnlich – sowohl im Giallo als auch im Slasherfilm gibt es eine Reihe von brutalen Morden vornehmlich an jungen, hübschen Frauen, die durch eine äuißerst graphische Gewaltdarstellung schockieren. Können Giallo und Slasherfilm also zum selben Genre gezählt werden – einem Genre, das etwa zeitgleich in Italien und den USA entstand? Mit einem Vergleich der Hauptmotive der jeweiligen Genres sowie einem Blick auf die zeit- und filmgeschichtlichen Umstände in Italien und den USA soll dies geklärt werden.

Der Vergleich des Slasherfilms und des Giallos erfolgt nicht – wie etwa in Genre Guides oder sogenannten Fanzines – auf horizontaler Ebene, das heiiße als Aufzählung einer groißen Reihe an Filmen zusammen mit meist unbedeutenden Details über die Special Effects, die Schauspieler etc. In dieser Arbeit soll vielmehr in die Tiefe gegangen und das Genre als Ganzes erfasst werden. Daher werden auch keine einzelnen Filmanalysen geliefert oder ein Überblick über die zugehörigen Filme zum jeweiligen Genre gegeben. Die beispielhaft untersuchten und zitierten Filme erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit und wurden ausgewählt, weil sie zu den bekanntesten und erfolgreichsten Vertretern des jeweiligen Genres gehören: Beim Slasherfilm sind dies etwa John Carpenters HALLOWEEN oder Sean Cunninghams FRIDAY THE 1ßeH und beim Giallo hauptsächlich die Werke von Dario Argento und Mario Bava.

Im folgenden zweiten Kapitel dieser Arbeit wird zunächst ein Überblick über die Bedeutung des Begriffs ‚Genre‘ und die Funktionen der Genretheorie gegeben. Die Veränderbarkeit und die jedem Genre immanente Prozesshaftigkeit werden thematisiert und die Probleme der Genredefinition dargestellt. Das dritte Kapitel beginnt mit einer kurzen und sehr skizzenhaften Beschreibung des klassischen Horrorfilms und seiner Merkmale. Daraufhin wird der moderne Horrorfilm vom Klassischen abgegrenzt und seine Neuerungen aufgezeigt. Die Entwicklung neuer Motive wie Body-Horror und Subgenres wie dem Splatterfilm verdeutlichen die Veränderungen beim modernen Horrorfilm und bereiten den Weg für den Slasherfilm und auch den Giallo. Im vierten Kapitel wird der Slasherfilm zunächst vom Splatterfilm abgegrenzt und als eigenes Subgenre etabliert. Anschlieißend werden die Hauptmotive des Slasherfilms genauer untersucht: Zunächst geht es um den Aufbau, das Setting und die Kameraführung, dann folgen inhaltliche Aspekte wie der subjektive Blick des Killers sowie die Analyse der Rolle des Final Girls, die neben dem Killer die Hauptprotagonistin des Slasherfilms ist. Es folgt eine kurze Darstellung der anderen Charaktere – der Jugendlichen und Autoritätspersonen. Den Abschluss des Kapitels bildet die Einordnung des Slasherfilms in den Kontext der gesellschaftlichen und sozialen Umstände in den USA. Das fünfte Kapitel dreht sich zunächst um die Bedeutung des Giallos und seiner Zuordnung als Genre. Dann folgt eine Analyse der stärksten Motive – die Verknüpfung von Sexualität und Gewalt sowie die Bedeutung von Kunst, Künstlichkeit und Inszenierung im Giallo. Zum Schluss des Abschnitts wird der Giallo im Zusammenhang mit den gesellschaftlichen Umbrüchen in Italien sowie im Kontext des italienischen Filmmarktes untersucht und eingeordnet. Im darauffolgenden sechsten Kapitel werden der Giallo und der Slasherfilm schlieißlich direkt miteinander verglichen, beispielsweise im Hinblick auf die narrative Struktur der Filme oder die Motivation der Killer. Es folgen eine Gegenüberstellung der jeweiligen Hauptcharaktere – also Final Girl und

Amateurdetektiv – sowie die Funktion der Maskierung des Mörders bei dem jeweiligen Genre. Eine Betrachtung der Ästhetik der Mordszenen, die stark den Nummern beim Pornofilm gleichen, ergänzt die Analyse der Genres. Schlieißlich wird der Low Culture-Charakter der Filme herausgestellt und – in einem Unterkapitel – der Camp-Charakter der Gialli thematisiert. Das siebte Kapitel bietet einen kurzen Abriss vom Niedergang des Slashergenres und seiner – ironisch-gebrochenen – Wiederauferstehung in den 90er Jahren. Auißerdem werden die neuesten Entwicklungen im Bereich des Horrorfilms kurz skizziert. Im abschlieißenden achten Kapitel werden die Ergebnisse der Untersuchung zu einem Fazit zusammengefasst und ausgewertet.

Leider mussten manche interessante Aspekte, wie beispielsweise das Phänomen des Serienmörders und Serienmords in den USA, aufgrund des begrenzten Umfangs dieser Arbeit unberücksichtigt bleiben.5 Auch auf die Rezeptionsweise und die Zusammensetzung des Publikums der Horrorfilme wird nur am Rande eingegangen, da es in dieser Arbeit um eine Werkanalyse und nicht um die Rezeption dieser Werke geht.

2. Genre und Genretheorie

„[Genres] function as instances of variation and regulation determining regimes of controlled variety“6

Der Begriff des ‚Genre‘ ist aus dem Französischen abgeleitet (von lat.: genus) und bedeutet Gattung oder Art. Da im Laufe der Filmgeschichte die Zahl der Filmproduktionen fortschreitend anstieg, wuchs auch die Notwendigkeit, Kategorien für verschiedene Filmgruppen zu entwickeln. Die Genretheorie ist eine der Möglichkeiten, nach denen sich Gruppierungen von Filmen bilden lassen.7 Sie füllt somit die Lücke zwischen der filmtheoretischen Mikroebene (die Analyse einzelner Filme) und der Makroebene der allgemeinen Filmtheorie. Sie ermöglicht Aussagen mittlerer Reichweite und bildet dementsprechend eine Art Zwischenebene.

Das Genrekino legt seinen Fokus auf Mainstream-Filme, das heißt auf kommerzielle Filme im Allgemeinen, speziell jedoch Hollywood-Filme. „Stated simply, genre movies are those commercial feature films which, through repetition and variation, tell familiar stories with familiar characters in familiar situations.“8 Als Kennzeichen des Genres werden demzufolge die beständige Wiederkehr von vertrauten Situationen, Figurenkonstellationen, Settings usw. gesehen, also die Wiederholung von Stereotypen. Gleichzeitig werden diese Stereotypen aber auch immer wieder variiert und neu in die narrative Form des Films eingebettet.

Es wird also schnell deutlich, dass Genrebilder im Sinne einer kunstwissenschaftlichen Ikonographie keine eindeutige Form ausbilden, sondern sich als Schemata mit zahlreichen Modifikationen darstellen.9 Es ist die Aufgabe der Genrefilmer, diese Breite an Möglichkeiten immer neu auszuschöpfen und zu erweitern. So erlebt das Publikum in verschiedenen Filmen eines Genres eine allen gemeinsame Form, die jedoch immer wieder neu umgesetzt wird.10 Da das Prinzip der Wiederholbarkeit zwar zentral für das Genrekonzept ist, diese Wiederholung aber immer auch mit einer Abänderung verbunden ist, lassen sich die stereotypischen Elemente, aus der das kulturelle System der Genres zusammengesetzt ist, in der Regel nur sehr schwer ausmachen. Genauso wie die Elemente sind auch die Bezeichnungen für die Genres selbst letztlich unscharf und somit im kommunikativen Gebrauch flexibel. Auch der Slasherfilm als Subgenre des Horrorfilms ist kein klar abgegrenzter Genrebegriff und bezeichnet keinen ganzheitlichen Korpus an Filmen. Verschiedene Begriffe wie Stalker-film,11 stalk and slash-film, teen-slasher oder teenie-kill-pic12 sowie andere Subgenres, die thematisch sehr eng am Slasher angelehnt sind,13 verdeutlichen die Problematik.

Vielleicht ist auch genau das ihre Funktion; wenn Genres die eher diffusen Vorstellungen von Medienangeboten repräsentieren sollen, wird dies enorm erleichtert durch eine nicht allzu präzise Festlegung und Definition des Begriffs. Schlieißlich bestehen Genres auch und vor allem aus spezifischen Systemen der Erwartungen und Hypothesen, die die Zuschauer mit ins Kino bringen und die mit den Filmen während des Rezeptionsprozesses selbst interagieren.14 Wären diese Erwartungshaltung und die Assoziationen beim Publikum nun genau definiert, könnten sie von dem einzelnen konkreten Film vielleicht gar nicht erfüllt werden. Daraus schlieiße Hickethier, dass eine gewisse Unschärfe des Begriffs absolut notwendig ist für das Funktionieren der Genrebegriffe im kommunikativen Gebrauch.15 Deshalb ist es auch nahezu unmöglich, eine Genretypologie zu entwickeln, die sich nicht überschneidet und klare Grenzen aufweist.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass bei der Betrachtung von Genres mehrere und mitunter auch ganz verschiedene Aspekte beachtet werden müssen. Um einem Genre am ehesten gerecht zu werden, bietet es sich an, es anhand verschiedener Kriterien zu analysieren. Diese sollten die Beziehungen zwischen den Filmgruppen, den Kulturen, in denen sie gemacht wurden und den Kulturen, in denen sie rezipiert werden, umfassen.16 Nur so kann man sicher gehen, die Komplexität des Begriffs zu erfassen und keine wichtigen Aspekte unbeachtet zu lassen.

2.1 Veränderbarkeit von Genres

Viele Genretheoretiker (vor allem Hickethier und Bordwell) stellen die Veränderbarkeit von Genres als eines der zentralen Merkmale des Genres heraus. Ein Kennzeichen des Genres ist die Wiederholung von Stereotypen – würden jedoch die Themen einfach immer wiederholt, entstünde schnell Langeweile. Daher gehört es zum Genre, dass seine Motive und Inhalte nicht einfach in gleicher Form wiederkehren, sondern dass sie ständig variiert und neu in den Genrekontext eingebettet werden. Die Prototypen des Genres müssen immer wieder neu erzählt werden, damit sich das Genre ‚am Leben‘ erhält.

Nach Hickethier stellen Genres keine festen Regelsysteme, sondern „historisch veränderbare Konstruktionen“17 dar, die sich im Laufe der Zeit (und mit der Weiterentwicklung der Filmgeschichte) verändern können. Er plädiert dafür, die Genres in ihrer Geschichtlichkeit zu begreifen und darzustellen.18 Alle Genres haben einen historischen Charakter, sie sind quasi von sich aus zeitlich: einerseits ist ihnen eine Wandelbarkeit inhärent, andererseits auch ihre Historizität.19

Jeder neue Film, der gedreht und in ein bestimmtes Genre eingeordnet wird, verändert den Genrekorpus, indem er ihm etwas Neues hinzufügt. Daraus konzipiert Hickethier ein Modell, das die Historizität der Genres berücksichtigen soll. Genres bestehen demzufolge aus vier verschiedenen Phasen: die erste Phase ist die der Entstehung, danach stabilisiert sich das Genre, bis es sich schließlich erschöpft und dann neu bildet. Ein Genre entsteht fast immer dadurch, dass ein spezieller Film kommerziell besonders erfolgreich ist und deshalb seine erfolgversprechenden Strukturen nachgeahmt werden. Diesem Film kommt dann für das Genre eine paradigmatische Funktion zu, da er sich als Prototyp eines neuen Genres stark von anderen, bisher bekannten Genres unterscheidet.20 Andere Varianten dieses Prototyps entwickeln die Motive und erzählerischen Konstruktionen weiter zu einer Art Schema, bis ein „Ensemble von Varianten“21 entsteht, die zusammen für das Genre stehen. Stabilisiert hat sich ein Genre allerdings erst, wenn sich auf der Seite der Produzenten und der Rezipienten ein konkretes Bewusstsein von diesem Genre konstituiert hat. In dieser Phase erhält es meist auch seinen spezifischen Genrenamen aus den kulturellen Diskursen heraus.

Die verschiedenen Variationen des Genres bilden sogenannte Prototypen, die Grunderzählungen eines Genres, die mit jedem neuen Film leicht abgewandelt werden. Allerdings geht die Genretheorie davon aus, dass die Zahl der Prototypen eines jeden Genres eng begrenzt ist: „Kein Genre weist mehr als ein Dutzend Geschichten mit freilich schier unendlichen Variationen auf.“22 In der Theorie wird die Entstehung dieser Prototypen unterschiedlich erklärt, etwa durch den Bedarf an „Urbildern“ (Seeißlen) oder Mythen (u.a. Warshow, Bazin und Schatz) oder durch das kulturelle Bedürfnis nach den in den Genres erzählten Geschichten (Hickethier).

Die historischen und kulturellen Veränderungen führen schlieißlich zur Erschöpfung der Genres. Die Variationsmöglichkeiten der genreimmanenten Prototypen sind früher oder später ausgeschöpft, vor allem, wenn sich die kulturelle Umgebung in der Weise verändert hat, dass Genres (die ja in gewisser Weise das kulturelle Selbstverständnis der Zeit widerspiegeln) ihre Funktion der Regulierung des jeweils aktuellen Selbstverständnisses verlieren.23 In dieser Phase kommt es häufig zu Genreparodien, die mit den Erwartungshaltungen der Zuschauer spielen und quasi ein ‚Metagenre‘ darstellen. Beim Slasherfilm beginnt dies beispielsweise mit dem Aufkommen der ‚neuen‘ Slasherfilme wie Wes Cravens SCREAM oder Jim Gillespies I KNOW WHAT YOU DID LAST SUMMER, die sehr selbstreflexiv sind und mit den bekannten Genreregeln spielen. Noch etwas später hat sich das Genre auch in seiner neuen Form erschöpft und mit der parodistischen SCARY MOVIE-Reihe von Keenen Ivory Wayans und David Zucker wird ihm ein – zumindest vorläufiges – Ende gesetzt.

Manchmal lassen sich schon erschöpfte Genres durch die Kombination mit Elementen aus anderen Genres transformieren. Wichtig scheint hierbei zu sein, dass der dadurch entstandene Genremix die neuen kulturellen Bedürfnisse befriedigen kann. Gelingt dies, kann daraus ein neues Genre entstehen. Im Laufe der Zeit lässt sich also eine immer weitere Ausdifferenzierung der Genres erkennen. Ein Beispiel hierfür wären etwa Jonathan Demmes THE SILENCE OF THE LAMBS oder David Finchers SEVEN, die Elemente des Slasher- und Splatterfilms mit dem Psychothriller-Genre kombinieren und kommerziell überaus erfolgreich sind.

Die prozesshafte Natur von Genres manifestiert sich als Interaktion zwischen drei Ebenen: der Erwartungsebene, der Ebene des generischen Korpus’ und der Ebene der ,Regeln‘ und ‚Normen‘, die die beiden anderen bestimmt. Jeder neue Genrefilm fügt dem bestehenden Genrekorpus etwas hinzu und bedeutet zugleich eine Selektion aus dem Repertoire der Genreelemente, die zu diesem Zeitpunkt etabliert sind. Außerdem tendiert jeder neue Genrefilm dazu, das Repertoire des Korpus zu erweitern, sei es durch das Hinzufügen eines neuen Elements oder durch das Überschreiten eines schon vorhandenen. Dadurch werden die Elemente und Konventionen eines Genres immer variiert, anstatt nur wiederholt zu werden (sie sind „inplay rather than beingreplayed“24) und der generische Korpus wird immer weiter ausgeweitet. Aufgrund dieser Ausweitung gibt es auch so viele Hybride, also Filme, die Elemente verschiedener Genres in sich vereinen.

Thomas Schatz definiert Genres ebenfalls als aus thematischen Gegensätzen bestehende Systeme, die aktuelle gesellschaftliche Tendenzen und Widersprüche aufnehmen und in der Narration des Films zum Ausdruck bringen.25 Die gesellschaftlichen Funktionen der Genres definiert er dabei unterschiedlich: er unterscheidet Genres, die dazu beitragen, die soziale Integration zu festigen (z.B. das Musical, das Melodram oder die Komödie) und solche, die die bestehende gesellschaftliche Ordnung bejahen und festigen wie der klassische Horrorfilm oder der Western.26

An die Mythenanalyse knüpfen weitere Ansätze an, die in eine ähnliche Richtung gehen, wie beispielsweise die Zuordnung von Urbildern oder Archetypen im Sinne von C.G. Jung zu den Filmgenres. Obwohl der Mythos-Begriff und die Mythenanalyse in der Genretheorie einige interessante Aspekte aufgezeigt haben, ist der Ansatz differenziert zu betrachten. Denn die Suche nach bestimmten Gesichtspunkten, die ein Genre ausmachen sollen, ist an sich schon problematisch – hier wird nicht nur festgelegt, welche Aspekte alle Filme eines Genres teilenmüssen, sondern auch, welche Gesichtspunkte Filme eines anderen Genresnichtteilen können. Hieraus ergeben sich Genretheorien, die oft Definitionen vorgeben, die entweder Filme in ein Genre mit einschlieißen, die nie zuvor zu einem bestimmten Genre gezählt wurden, oder im Gegensatz dazu Filme ausschlieißen, die eigentlich dazugehören müssten.

2.2 Probleme der Genredefinition

Die Genretheorie könnte man auch als Metatheorie bezeichnen, da sie eine Theorie des Genres als Form bildet, die „das mediale und kulturelle Ordnungsprinzip ›Genre‹“27 übergreifend erklärt und durch die Verhältnisbeschreibung der einzelnen Genres zueinander eine Genresystematik schafft. Im Allgemeinen liefert die Genretheorie eine Definition der Genres und beschreibt seine narrativen Muster sowie die visuellen Stereotypen. Auißerdem untersucht sie die Geschichte des Genres, stellt den Zusammenhang zur industriellen Filmproduktion heraus und analysiert das Verhältnis zwischen Genre und Autorenkonzept. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Funktion von Genres (auch als Teil einer medialen Industrielandschaft) in der Rezeption von Filmen.

Eine allumfassende Definition des Konzepts des Genres zu finden, gestaltet sich als wesentlich schwieriger als eine Beschreibung der Genretheorie. Allein schon die Zusammenstellung der Genres erweist sich als schwierig und in sich strittig, wobei es deutliche Unterschiede in der Wahrnehmung von Genres innerhalb der Kommunikation über die Filme gibt. Es gibt noch immer sogenannte Prototypen von Genres, wie beispielsweise den Western und den Kriminalfilm (sie haben die am stärksten ausgeprägten Regelsysteme hinsichtlich des Plots, des Settings, der Figuren usw.) und auf der anderen Seite Filme, die sich nur äuißerst schwer einem Genre zuordnen lassen – weil sie oft die Elemente mehrerer, manchmal dutzender Genres in sich tragen. Aber auch wenn die Definition oft problematisch ist und nicht zu einem einheitlichen Ergebnis führt, werden Genrekategorien noch immer umfassend gebraucht, ob in der Filmindustrie oder beim Publikum. Zuschauer beispielsweise verwenden die Genrebezeichnungen, um ihre eigenen Vorlieben und die der anderen zu definieren; dieser Aspekt von Genre wurde allerdings noch kaum untersucht. Es steht also noch aus, herauszufinden, wie Leute einzelne Genres wie den Thriller oder den Horrorfilm verstehen und welche Effekte diese Begriffe auf die Rezeption von Genrefilmen haben.28

In Zukunft wird das Genrekonzept wohl noch komplexer werden als es jetzt schon ist. Die Fragmentierung der Medien und die damit zusammenhängende Auflösung fester Zuschauergrößen sowie die Möglichkeit, bestimmte Teile des Publikums direkt anzusprechen, macht es heute wahrscheinlicher denn je, dass neue Genre-Kategorien durch das Publikum konstituiert werden. Bislang wurden die Genres hauptsächlich aus anderen Medien übernommen oder von der industriellen Filmproduktion begründet. Seit Ende des 20. Jahrhunderts vermischen sie sich nicht nur immer weiter, sondern es wird auch deutlich, dass die Zukunft der Genres zunehmend vom Publikum abhängt. Neue mediale Kommunikationsmöglichkeiten wie der elektronische Datenverkehr, Satellitenübertragung oder die Möglichkeit, selbst Videoclips im Internet zu verbreiten und zu rezipieren,29 verdeutlichen dies. Alte Genres werden so auf eine neue Weise rezipiert und transformiert – und entwickeln sich vielleicht wieder zu neuen Genres weiter.

3. Das Horrorgenre

3.1. Der klassische Horrorfilm

Der Filmkorpus, der in der heutigen Betrachtungsweise30 den Horrorfilm ausmacht,31 beginnt in der Zeit der Weimarer Republik mit den expressionistischen Filmen wie Robert Wienes DAS CABINET DES DR. CALIGARI (1919) oder Robert Murnaus NOSFERATU – EINE SYMPHONIE DES GRAUENS (1922).32 Seit den 30er Jahren ist der Horrorfilm durch das Aufblühen des Studiosystems in Hollywood deutlich amerikanisch geprägt.

Die Phase des klassischen Horrorfilms, die bis in die 60er Jahre hineinreicht, ist stark von den phantastischen Stoffen und Figuren aus der Literatur des Gothic Horror beeinflusst.33 In Filmen wie James Whales‘ FRANKENSTEIN (1931) und Tod Brownings DRACULA (1931) werden die Monster und Halbwesen der damals populären Romane von Mary Shelley und Bram Stoker aufgegriffen. Aber auch andere Monster wie Zombies, Mumien und Werwölfe halten Einzug in den Horrorfilm.34

3.1.1. Das Konzept des Monsters im klassischen Horrorfilm

Die Grundformel des klassischen Horrorfilms ist simpel und in ihrer Einfachheit jedem leicht verständlich: Horror entsteht dadurch, dass ein Monster in die Normalität eindringt, durch seine Anwesenheit Angst und Schrecken verbreitet und somit das Fortbestehen der natürlichen Ordnung gefährdet.35 Allerdings steht bei dieser Annahme noch die Definition der Begriffe ‚Monster‘ und ‚Normalität‘ bzw. ‚natürliche Ordnung‘ aus. Wood charakterisiert die Normalität als „monogamous couple, the family, and the social institutions [...] that support and defend them.“36 Diese Normalität, meist durch dominante amerikanische Stereotypen repräsentiert, wird von einem Monster bedroht, das gekennzeichnet ist durch all das, was von den dominanten sozialen Normen ausgeschlossen wird, also dem Abnormalen.

Auch bei Seeßlen ist das Monster zentral für den Horrorfilm. Er bezeichnet es als Halbwesen, also ein Wesen, das „halb Mensch, halb Tier oder halb lebendig, halb tot oder halb Mensch, halb Dämon ist.“37 Bei dieser Typologie fällt auf, dass das Monster immer ein Halbwesen ist und somit die Möglichkeit eines menschlichen Monsters komplett ausgeschlossen wird38 (obwohl zur Zeit der Veröffentlichung von Seeßlens Buch bereits seit ungefähr zwei Jahrzehnten die Tendenz zu menschlichen Mördern bzw. Serienmördern geht).

Die Narration des klassischen Horrorfilms wird oft durch eine abrupte Unterbrechung der sozialen oder moralischen Ordnung durch ein Monster eröffnet. Das Monster kann die Form eines widernatürlichen oder fremden Eindringlings annehmen – wie etwa Zombies oder Dracula. Es kann aber auch aus dem Inneren der Gesellschaft kommen – in diesem Fall wird es jedoch durch widrige Umstände erschaffen, wie bei Dr. Jekyll und Mr. Hyde. Menschlich ist das Monster nicht. Die Erzählung baut sich um die Taten des Monsters sowie die zunächst erfolglosen Versuche der Menschen, das Böse zu vernichten, auf. Am Ende setzen ein männlich besetztes Heer oder Wissenschaftler doch noch erfolgreich ihr Potential ein, das entweder aus Gewalt oder aus Wissen besteht. Sie bekämpfen und besiegen das Monster und stellen so die Ordnung, die vorher symbolisch zerstört wurde,39 wieder her. Die narrative Geschlossenheit wird so wieder hergestellt. Die Grenze zwischen Gut und Böse, dem Menschlichen und dem Fremden, der Normalität und dem Anderen ist sehr starr. Durch den notwendigen Sieg des Guten über das Böse wird eine konservative Weltsicht propagiert, in der Bedrohungen der sozialen Norm weitestgehend von außerhalb kommen und durch menschliche Kraft abgewendet werden.40

Prince (Hg.): The Horror Film. New Brunswick, New Jersey 2004, S. 82-117, S. 89.

3.2 Der moderne Horrorfilm

“Godzilla didn’t scare me. It’s people that I’m afraid of.” [Tobe Hooper]41

Im Jahr 1960 kommen mit Alfred Hitchcocks PSYCHO, der als „savage assault on the audience and its belief systems“42 gewertet wird, und Michael Powells PEEPING TOM zwei Filme auf den Markt, die ein neues Zeitalter in der Geschichte des Horrorfilms einleiten. Die Monster dieser beiden Filme sind nicht nur menschlich, sondern auch realistisch, das heiiße, ihre Taten haben ein psychologisch erklärbares Motiv. Die Mörder werden aus einem inneren Zwang heraus dazu getrieben, sexuell aktive Frauen zu ermorden. Hierdurch werden Zusammenhänge hergestellt zwischen männlichem Voyeurismus und der Objektifizierung der Frau sowie dem Mord als Substitut für sexuelle Handlungen, die von Hitchcocks FRENZY bis zu den Slashern der 80er Jahre wie HALLOWEEN und FRIDAY THE 1ßeH immer wieder dargestellt und verarbeitet werden.43

Das Monster, das vorher eine leicht erkennbare Bedrohung von auißen war, kommt jetzt von innen – an der Oberfläche ist es ein Mensch wie jeder andere. Gewalt wird häufig mit Wahnsinn und Chaos gleichgesetzt, zwei Elemente, die von auißen nicht kontrolliert und zerstört werden können und schnell die kulturell etablierten Schranken überschreiten. Das Böse kann überall und in Jedem lauern – somit wird die klare Grenze zwischen Gut und Böse zugunsten eines Zustands latenter permanenter Angst und Unsicherheit aufgehoben. Auch der Ausgang des modernen Horrorfilms unterscheidet sich wesentlich von den früheren Filmen: wurde das Monster hier fast immer besiegt, gibt es dort meist kein glückliches Ende und das Monster triumphiert. Oft scheint es so, als sei das Monster besiegt, doch dann gibt es am Ende des Films ein Zeichen seiner nicht vollständigen Zerstörung und somit wahrscheinlichen Rückkehr. Der Ausgang ist also ungewiss, die narrative Geschlossenheit wird nicht wieder hergestellt und der Triumph über das Monster ist nur scheinbar.44

Das Monster kann nicht immer als das reine Böse betrachtet werden, genauso wie die soziale und gesellschaftliche Ordnung nicht als uneingeschränkt gut gelten kann.45 Häufig wird das Monster als eine Art Bestrafung für die Nichteinhaltung gesellschaftlicher Normen betrachtet (beispielsweise die sexuelle Emanzipation der Frau) oder als „return of the repressed“46, also der Rückkehr des Unterdrückten, des Bösen in der Gesellschaft. Dieser Aspekt stellt die Unfehlbarkeit der sozialen Ordnung und den Sinn der Erhaltung des Status quo in Frage. Nach Julia Kristeva ist das Monster das „Abjekte“, das keine Grenzen, Regeln und Gesetze akzeptiert und „where meaning collapses“.47 Eine Verletzung dieser kulturellen Kategorien bedeutet eine Gefahr für den Fortbestand der Gesellschaft, daher muss das Monster vollständig zerstört werden – nur dann kann die Bedrohung der sozialen Ordnung aufgehoben werden.48 Andere Autoren wie Stephen Neale verbinden die Erscheinung des Monsters mit der Faszination des Publikums, den Körper des Monsters voyeuristisch und/oder fetischistisch zu betrachten. Das Monster bildet als eine Art Fetisch-Element die Spezialeffekte, die dem Horrorgenre inhärent sind und zieht den voyeuristischen Blick des Publikums auf sich.49

3.3 Motive des modernen Horrorfilms

3.3.1 Splatter und Gewalt

Die Horrorfilme, die auf PSYCHO und PEEPING TOM folgen, greifen meistens auf das Muster des Psychopathen und des menschlichen Monsters zurück. Dennoch sind sie keine bloßen Kopien der genannten Werke. Vielmehr beziehen sie ihre Inspiration aus einer Reihe von Quellen innerhalb und außerhalb des Genres wie etwa der Tradition des Thrillers oder Kriminalfilms.50 Außerdem entwickeln sie die angeregten Neuerungen wie menschliche Monster und vor allem explizitere Gewaltdarstellungen konsequent weiter und konstituieren so eine neue Ära des Horrorfilms.51 Doch auch wenn Gewalt ein wichtiges Merkmal des Genres ist, muss sie doch in den Kontext des Monsters oder der Monstrosität – definiert als unnatürliche Macht – eingeordnet werden.52

Die Darstellung der Gewalt ersetzt als neues Stilmittel die subtile, atmosphärische Angsterzeugung des klassischen Horrorfilms durch die direkte Konfrontation mit der Angst. Die Unterbrechung des Normalen nimmt die Form von physischer Gewalt gegen den Körper an und wird zum „act ofshowingthe spectacle of the ruined body.“53 Splatter und Gore54 – die Inbegriffe der gewaltsamen Zerstörung des Körpers – rücken in den Mittelpunkt. „Der Film strahlt die Erscheinung des Entsetzlichen an, dem wir sonst im Dunklen begegnen, macht das in Wirklichkeit Unvorstellbare zum Schauobjekt.“55 Krakauer bestimmt in seiner „frühe[n] Theorie des Splatterfilms“56 das Böse oder Entsetzliche durch seine Eigenschaft, das Monster sichtbar werden zu lassen und somit in den Blick des Zuschauers zu rücken. Eine möglichst realistische Darbietung der Gewalt und des Monsters macht das Entsetzen aus.57 Die Authentizität, die durch die Splattereffekte entsteht, ist eine der wichtigsten Eigenschaften des modernen Horrorfilms. Der Verzicht auf Mechanismen des illusionistischen Erzählens führt zu einem „hyperreale[n] Distanzverlust“ und der Schockeffekt greift auf einer völlig anderen Ebene als beim klassischen Horrorfilm.58

[...]


1 Stephen Koch etwa schreibt in seinem Artikel „Fashions in Pornography“ über Tobe Hoopers THE TEXAS CHAINSAW MASSACRE: „a vile little piece of sick crap [...] nothing but a hysterically paced, slapdash, imbecile concoction of cannibalism, voodoo, astrology, sundry hippie-esque cults, and unrelenting sadistic violence as extreme and hideous as a complete lack of imagination can possibly make it.” Stephen Koch: Fashions in Pornography – Murder as Cinematic Chic. In: Harper´s Magazine, November 1976, S. 108-111, S. 108f.

2 Jeffrey Sconce: Spectacles of Death: Identification, Reflexivity, and Contemporary Horror. In: Jim Collins/Hillary Radner/Ava Preacher Collins (Hg.): Film Theory Goes to the Movies. London 1993, S. 103-119, S. 105.

3 Diese Arbeiten beruhen etwa auf den Erkenntnissen von Jacques Lacan, Julia Kristeva oder auch Sigmund Freud. Deren Thesen werden gezielt auf den Horrorfilm angewendet und so neue Aspekte aufgezeigt, die den Horrorfilm und speziell den Slasherfilm zu einem interessanten Untersuchungsgegenstand machen. Vgl. hierzu etwa die Arbeiten von Barbara Creed, Carol Clover, Vera Dika, Linda Williams oder Robin Wood.

4 So etwa ästhetische, narrative oder medienphilologische Analysen zum Horrorfilm.

5 Der Serienmörder wird durch seine mediale Inszenierung z. B. als soziale Konstruktion gesehen, über die Mythen gebildet werden und die eine gewisse Faszination auf die amerikanische Bevölkerung ausübt. Serienkiller üben Gewalt als eine Art Selbstverwirklichung aus und sind somit auch ein Teil des amerikanischen Wertesystems. Sie repräsentieren kulturelle Phobien und werden zur Projektionsfigur für die gesellschaftlichen Ängste, die in anderen Völkern normalerweise auf ‚Volks-Teufel‘ wie Hexen oder Vampire übertragen werden. Vgl. Philip L. Simpson: Psycho Paths – Tracking the Serial Killer Through Contemporary American Film and Fiction. Carbondale/Edwardsville, Illinois 2000. Mehr zum Thema vgl. Philip Jenkins: Using Murder - The Social Construction of Serial Homicide. New York 1994.

6 Stephen Neale: Genre. London 1983, S. 42

7 Andere Gesichtspunkte sind beispielsweise die Gruppierung von Filmen nach Epochen (der Film der Weimarer Republik oder der NS-Zeit), nach Herkunftsländern (der französische Film), nach Gattungen (der Animationsfilm), nach ihren Regisseuren bzw. Produzenten (z.B. einHitchcock-Film) etc.

8 Barry Keith Grant, zitiert nach Stephen Neale: genre and hollywood. London/New York 2000, S. 9.

9 Am Beispiel des Westerns lassen sich solche variierten Schemata deutlich erkennen. John Wayne und Gary Cooper bildeten in ihren Filmen ein markantes visuelles Profil aus, das einen starken Wiedererkennungseffekt hatte. Die Darsteller des Italo-Westerns wie Clint Eastwood oder Guiliano Gemma hoben sich von diesem Profil wiederum so deutlich ab, dass sie eigene Prototypen bildeten. So gab es in demselben Genre völlig unterschiedliche prototypische Protagonisten.

10 Vgl. Knut Hickethier: Genretheorie und Genreanalyse, S. 78. In: Jürgen Felix (Hg.): Moderne Film Theorie. Mainz 2003, S. 62-96.

11 Vgl. beispielsweise Vera Dika: Games of Terror - Halloween, Friday the 1ßeh, and the Films of the Stalker Cycle. Cranbury, New Jersey/London 1990, S. 9.

12 Hier vor allem Robin Wood, beispielsweise in „Return of the repressed.“ In: Film Comment 14 Nr. 4, Juli/August 1978, S. 25-32.

13 Hier wäre vor allem der sogenannte „rape-and-revenge“-Film zu nennen, zu dem beispielsweise Meir Zarchis I SPIT ON YOUR GRAVE oder Wes Cravens THE LAST HOUSE ON THE LEFT gehören, und in denen sich eine vergewaltigte Frau bzw. ihre Angehörigen an den Peinigern in brutaler Selbstjustiz rächen.

14 Vgl. Stephen Neale: Questions of Genre. In: Barry Keith Grant(Hg.): Film Genre Reader II. Austin, Texas 1995, S. 162-183, S. 168.

15 Vgl. Hickethier: Genretheorie und Genreanalyse, S. 63.

16 Vgl. auch Andrew Tudor: Critical method…genre. In: Joanne Hollows/Peter Hutchings/Mark Jancovich: The Film Studies Reader. London 2000, S. 95-98, S. 97.

17 Hickethier: Genretheorie und Genreanalyse, S. 71.

18 Vgl. Knut Hickethier, Wolf Dieter Lützen: Krimi-Unterhaltung. Überlegungen zu einem Genre am Beispiel von Kriminalfilmen und -serien. In: Helmut Hartwig (Hg.): Sehen lernen. Kritik und Weiterarbeit am Konzept Visuelle Kommunikation. Köln 1976, S. 312-345.

19 Neale: Questions of Genre, S. 170.

20 Für den Slasherfilm kann John Carpenters HALLOWEEN als dieser konstituierende Film gelten. Er führt als erster alle typischen Slasherelemente wie ein starkes Final Girl, die Verlagerung der Handlung an ein ruhiges Setting etc. ein, vgl. Kap. 4. Für den Giallo übernimmt Mario Bavas SEI DONNE PER L´ASSASSINO diese Rolle, vgl. Kap. 5.

21 Hickethier: Genretheorie und Genreanalyse, S. 72.

22 Georg Seeißlen: Genre - mehr als ein Begriff. Die Übermittlung von Botschaften in ästhetischen Strukturen. In: medien + erziehung, H. 4, S. 209-218, S. 214.

23 Vgl. Hickethier: Genretheorie und Genreanalyse, S. 73.

24 Neale: Questions of Genre, S. 170.

25 Hierbei werden häufig vorhandene Wertgegensätze durch einzelne Protagonisten zum Ausdruck gebracht: eine romantische Liebe zielt beispielsweise oft auf eine Integration unterschiedlicher Positionen. Vgl. Thomas Schatz: Genre. In: Gary Crowdus (Hg.): A Political Companion to American Film. New York 1994, S. 177-185.

26 Vgl. Hickethier: Genretheorie und Genreanalyse, S. 82.

27 Hickethier: Genretheorie und Genreanalyse, S. 84.

28 Vgl. Hollows: The Film Studies Reader, S. 88.

29 Auf der Website YouTube.com findet man Film- und Fernsehausschnitte, Musikvideos und selbstgedrehte kurze Filme. Täglich werden etwa 65.000 neue Videoclips hochgeladen und 100 Millionen Videos von anderen Usern angesehen. Quelle: Reuters: YouTube serves up 100 million videos a day online. Erschienen am 16.07.2006. Online: http://www.usatoday.com/tech/news/2006-07-16-youtube-views_x.htm? (Zugriff 15. 11. 2007).

30 Die Geschichte des Horrorfilms soll an dieser Stelle nur angerissen werden. Eine gute Übersicht bieten etwa Norbert Stresau: Der Horror-Film. Von Dracula zum Zombie-Schocker. München 1989; Pam Cook (Hg.): The Cinema Book. London 1987 oder Georg Seeßlen/Claudius Weil: Kino des Phantastischen. Reinbek bei Hamburg 1980, S. 43-72.

31 Die Geschichte des Horrorfilms kann fast schon mit der Geschichte des Films gleichgesetzt werden. Bereits im Jahr 1896 drehte Georges Meliès LE MANOIR DU DIABLE, in dem die ersten Elemente des Horrorfilms auftauchen: Mephistopheles erschafft unheimliche Gestalten wie Skelette und Gespenster. Allerdings hatte Meliès‘ kleiner Film wahrscheinlich noch nicht die Intention, den Menschen Angst einzuflößen, sondern diente eher zur Demonstration der neu erworbenen ‚magischen‘ Kunst der bewegten Bilder.

32 NOSFERATU war die erste – wenn auch nicht autorisierte – Verfilmung des Romans DRACULA von Bram Stoker.

33 Vgl. Arno Meteling: Monster. Zu Körperlichkeit und Medialität im modernen Horrorfilm. Bielefeld 2006, S. 23.

34 Vgl. etwa Victor Halperins WHITE ZOMBIE (1932), Karl Freunds THE MUMMY (1932) oder George Waggners THE WOLF MAN (1941).

35 Vgl. beispielsweise Robin Wood: An Introduction to the American Horror Film. In: Robin Wood/Richard Lippe: The American Nightmare – Essays on the Horror Film. Toronto 1979, S. 7-28, S. 25.

36 Ebd., S. 26.

37 Georg Seeßlen/Claudius Weil: Kino des Phantastischen. Reinbek bei Hamburg 1980, S. 9.

38 Folgende Halbwesen werden mit Beispielen detailliert beschrieben: Der künstliche Mensch, Wesen, die nicht tot und nicht lebendig sind, Tiermenschen, Tiere, die menschliche Züge annehmen, Der Doppelgänger, Hexen. Vgl. ebd., S. 24-28.

39 Martin Bridgstock: The Twilit Fringe – Anthropology and Modern Horror Fiction. In: Journal of Popular Culture, Ausg. 23 Nr. 3, Winter 1989, S. 115-123, S. 117. Eine gegensätzliche Darstellung bietet Rhona Berenstein – sie analysiert den Horrorfilm der 30er bis 60er Jahre mit einem Gender-Ansatz und kommt zu dem Schluss, dass der klassische Horrorfilm in seiner Gesamtheit viel unbeständiger und vieldeutiger ist, als in der Literatur gemeinhin angenommen wird. Vgl. Rhona Berenstein: Attack of the Leading Ladies: Gender, Sexuality, and Spectatorship. New York 1996.

40 Vgl. Isabel Cristina Pinedo: Postmodern Elements of the Contemporary Horror Film. In: Stephen

41 Ob man den Horrorfilm ab den 60er Jahren als modern, postmodern (wie etwa Pinedo) oder einfach als ‚post-1960s‘ (Tudor) bezeichnet, hängt vom Analyseschwerpunkt des Betrachters ab. In dieser Arbeit wird der Begriff ‚modern‘ zur deutlichen Abgrenzung gegen den klassischen Horrorfilm verwendet. Vgl. etwa: Andrew Tudor: Monsters and Mad Scientists: A Cultural History of the Horror Movie. Oxford 1989.

42 Prince: The Horror Film, S. 4.

43 In der Literatur wird diese Tendenz nicht selten als Antwort auf die Frauenbewegung in den 60er Jahren und die damit verbundenen kulturellen Veränderungen wie die sexuelle Befreiung der Frau verstanden. Die Folgen dieses Phänomens sind konservativer oder sogar rückschrittlicher Natur, denn sie erzeugen stereotypische und ideologisch motivierte Bilder von Frauen, die für das Überschreiten von traditionellen sexuellen und moralischen Grenzen brutal bestraft werden. Vgl. beispielsweise Joseph Grixti: Terrors of Uncertainty. The Cultural Contexts of Horror Fiction. London/New York 1989, S. 23.

44 So in fast allen Slashern von THE TEXAS CHAINSAW MASSACRE über HALLOWEEN bis hin zu SCREAM. Natürlich müssen hier auch die ökonomischen Gesichtspunkte berücksichtigt werden: wenn ein Film erfolgreich war, ermöglicht ein offenes Ende den Dreh eines bzw. mehrerer Sequels zum Film.

45 Vgl. Pinedo: Postmodern Elements of the Contemporary Horror Film, S. 100.

46 Wood: Return of the repressed, S. 25.

47 Julia Kristeva: Powers of Horror – An Essay on Abjection. New York 1982, S. 2. Unter dem Begriff des Abjekten versteht Kristeva zunächst alles, was in einem Menschen Ekel und Abneigung hervorruft wie etwa Leichen, Körpersäfte oder der Ekel vor bestimmten Tieren. „Das Abjekte hat eine einzige Qualität: es konfrontiert das Ich mit seinen Grenzen und seinen Ängsten und führt ihm vor Augen, daß das Leben immer schon vom Tode infiziert ist.“ „Abjektion“. In: Renate Kroll (Hg.): Metzler Lexikon Gender Studies - Geschlechterforschung. Ansätze – Personen – Grundbegriffe. Stuttgart 2002, S. 1.

48 Vgl. Pinedo: Postmodern Elements of the Contemporary Horror Film, S. 94.

49 Vgl. Stephen Neale: Genre. London 1983, S. 21f. Einen ähnlichen Ansatz vertritt Roger Dadoun in seinem Aufsatz „Fetishism in the Horror Film“. In: James Donald (Hg.): Fantasy and the Cinema. London 1989, S. 39-62.

50 Vgl. Tudor: Monsters and Mad Scientists, S. 49.

51 In den beiden genannten Filmen ist die Gewalt noch indirekt: Während des berühmten Duschmordes in PSYCHO sieht man die Wunden des Opfers kein einziges Mal. Auch in PEEPING TOM liegt der Schockeffekt nicht im Zeigen der Wunden, sondern im Zeigen der Qualen der Opfer, die während des Tötens vom Killer gefilmt werden.

52 Vgl. zum Thema etwa Neale: Genre, sowie Noël Carroll: The Philosophy of Horror – Or, Paradoxes of the Heart. New York 1990. Das Problem bei Carrolls Analyse ist allerdings, dass er den Horrorfilm weitestgehend homogenisiert – so erklärt er etwa in seiner Theorie den Slasher- und Splatterfilm zum Grenzfall oder Randphänomen des Horrorfilms, indem er nur einen Affekt – „art horror“ - zum substantiellen Bestimmungsgrund des Genres erhebt. Vgl. Carroll: The Philosophy of Horror, S. 24f.

53 Pinedo: Postmodern Elements of the Contemporary Horror Film, S. 92.

54 Der Begriff Gore bedeutet dem eigentlichen Wortsinn nach Blut bzw. als Verb ‚aufspießen‘ oder ‚durchbohren‘. Im Film steht er für die affektorientierte Darstellung des verletzten Körpers, vor allem des Körperinneren.

55 Siegfried Krakauer: Das Grauen im Film. In: Ders.: Kino. Essays, Studien, Glossen zum Film. Herausgegeben von Karsten Witte. Frankfurt am Main 1974, S. 25-27, S. 26.

56 Meteling: Monster, S. 62.

57 Dieses realistische Entsetzen wird allerdings wieder abgemildert durch die Sichtbarmachung des Filmischen, beispielsweise durch Montage und Kulissen. Nur so kann der Zuschauer den Film genießen und sein Entsetzen verwandelt sich in den erhabenen Genuss der Angst, der charakteristisch für den Horrorfilm ist. Vgl. ebd.

58 Vgl. Stefan Höltgen: Take a Closer Look. In: Julia Köhne/Ralph Kuschke/Arno Meteling (Hg.): Splatter Movies - Essays zum modernen Horrorfilm, Berlin 2005, S. 20-29, S. 25.

Ende der Leseprobe aus 76 Seiten

Details

Titel
Genrespezifische Untersuchung des US-Slasher-Films im Vergleich zum italienischen "Giallo"
Hochschule
Universität zu Köln
Note
1,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
76
Katalognummer
V134171
ISBN (eBook)
9783640401154
ISBN (Buch)
9783640400782
Dateigröße
828 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Horrorfilm, Giallo, Slasherfilm, Genre, Genretheorie, Vergleich, Filmwissenschaft, Argento, Bava, Craven
Arbeit zitieren
Ulrike Kreger (Autor:in), 2008, Genrespezifische Untersuchung des US-Slasher-Films im Vergleich zum italienischen "Giallo", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/134171

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