Der Umwelt zuliebe: Notwendigkeit und Chancen eines gesamtgesellschaftlichen Bewusstseinswandels


Hausarbeit, 2009

13 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Der Anthropozentrismus als Ursache des Klimawandels

2. Die AusmaBe des Klimawandels

3. Chancen eines Bewusstseinswandels

4. Schluss

Literaturverzeichnis

Einleitung

Die Erde ist eine Scheibe; die Aufklärung dieses Missverständnisses hat die Menschheit bis ins Mittelalter hinein beschäftigt. Es sind Missverständnisse und deren Aufklärung diesen AusmaBes, an denen man den Fortschritt der Menschheit zu messen vermag. Dies gilt sowohl im Hinblick auf die technologische Entwicklung, als auch auf die Ebene des kollektiven Bewusstseins und des Begreifens. Denn die technologischen Voraussetzungen, um den Beweis anzuführen, dass die Erde rund sei, bestanden bereits vor zweitausend Jahren, und dennoch hielt sich der Glaube an eine flache Erde bis ins Mittelalter. An diesem Beispiel wird deutlich, wie damals versucht wurde ein Weltbild aufrecht zu erhalten, obwohl dieses durch wissenschaftliche Beweisführung bereits widerlegt werden konnte. In den letzten Jahrhunderten war es stets die Kirche, die versuchte neue Erkenntnisse, die ihrer Lehre widersprachen, wie das heliozentrische Weltbild und die Erkenntnis einer kugelförmigen Erde, zu unterdrücken und deren Verbreitung zu verhindern.

Heutzutage steht die Gesellschaft vor einer neuen Herausforderung, die es erforderlich macht, sich des in der Vergangenheit angeeigneten Wissens teilweise zu entledigen, sowie das gegenwärtige Denken in Frage zu stellen, und sich eine neue Realität ins Bewusstsein zu rufen und zu begreifen. Die Rede ist hierbei vom Klimawandel, der Hand in Hand mit den Begriffen der Umweltverschmutzung und des Umweltbewusstseins einher geht. Die Vereinten Nationen haben mit der Veröffentlichung ihres Klimaberichts 2007 ein unmissverständliches Signal in alle Welt gesandt, das die Ernsthaftigkeit der Lage verdeutlicht, den dringenden Handlungsbedarf bei der Klimapolitik unterstreicht (vgl. IP CC 2007, S. 30 ff.), und nicht zuletzt als ein erneuter Appell an die Menschheit verstanden werden kann, ihr Umweltbewusstsein zu erweitern und selbst aktiv beim Schutz der Umwelt mitzuwirken. Neben dem Problem ihres mangelnden Umweltbewusstseins, haben die Menschen im Jahr 2008 nicht etwa mit der Kirche zu hadern, die ihnen ein falsches Umweltverständnis predigt, sondern in erster Linie mit Konzernen und Firmen (um nicht gleich den aus dem Ufer tretenden Begriff des Kapitalismus zu benutzen), die ihre Produktionsweise den strengeren Umweltrichtlinien anpassen müssen, und somit Mehrkosten zu tragen haben. Diese Konzerne versuchen dementsprechend den Klimawandel in seiner schädigenden Wirkung zu verharmlosen und kämpfen gegen die zentralen Aussagen des Klimaberichts an, indem sie eine gegenläufige Klimaentwicklung vorhersagen, oder gegen die umweltschädigende Wirkung ihrer Produktion argumentieren.

Um die Problematik in ihrer Tiefe analysieren zu können, werden wir in dieser Arbeit zunächst auf das grundlegende Missverständnis der menschlichen Selbstwahrnehmung eingehen, das bis heute Bestand hat: Die Auffassung, der Mensch sei Mittelpunkt des Weltgeschehens. Diese Fehleinschätzung werden wir mit dem zentralen Gegenstand dieser Arbeit, dem Umweltbewusstsein, in Verbindung setzen, und deren Beziehung zueinander beleuchten. Welche Auswirkungen hat es, sich als Mensch von seiner Umwelt abzugrenzen? Ist in der bewussten Trennung von Mensch und Umwelt der Grund fir den heutigen Klimawandel zu suchen? Letztendlich soll auch erkundet werden, wie ein Bewusstseinswandel im Bereich der Selbstwahrnehmung sich positiv auf das gesellschaftliche Umweltbewusstsein auswirken kann.

Danach wird auf die wissenschaftlichen Erkenntnisse und Prognosen fiber die zukünftige Umweltentwicklung eingegangen, die zuletzt den wichtigsten Beitrag dazu geleistet haben, eine ubergreifende gedankliche Neuausrichtung in der Bevölkerung zu erreichen. Doch diese Initialzundung in Form einer Warnung vor einem Klimawandel, der sich gröBtenteils negativ auf die Menschen auswirken wurde, hat nicht einseitig fir Zukunftsängste und Unmut gesorgt, sondern vor allem Chancen aufgezeigt, die es möglich erscheinen lassen, eine der Umwelt gerecht werdende Zukunft zu gestalten. Bei der Behandlung dieses Aspekts werden wir versuchen uns einen Uberblick zu verschaffen. Von einem neutralen Betrachtungswinkel können wir uns fragen: Wie kann aus dieser Chance f1r die Umwelt ein Gewinn gezogen werden, und welche Hurden und Hindernisse gilt es dabei zu beachten?

Um der Begriffsverwirrung vorzubeugen soll darauf hingewiesen werden, dass wenn in dieser Arbeit vom Begriff des gesamtgesellschaftlichen Bewusstseinswandels die Rede ist, so ist mit der Gesellschaft stets die Weltgesellschaft gemeint, wie sie von Brunkhorst angef1hrt wurde (vgl. BRUNKHORST 2008, S. 29 ff.).

1. Der Anthropozentrismus als Ursache des Klimawandels

Das fundamentale Missverständnis seiner selbst, sowohl des Individuums als auch des Kollektivs, der Menschheit, nämlich ein aus eigener Kraft funktionierendes System zu bilden, das als Zentrum dieser Welt zu betrachten, und von äuBeren EinflUssen unabhängig ist, ist von zentraler Bedeutung fir das Verständnis der Wechselbeziehung zwischen dem Menschen und seiner Umwelt, der Natur.

Wenn hierbei die Rede von einem Missverständnis ist, soll die tatsächliche Lage sogleich angemerkt sein: Die historisch gewachsene, künstliche Trennung des Menschen von seiner Umwelt hat die weitlaufige Verklarung der Tatsache bewirkt, dass Mensch und Umwelt eine Einheit bilden, und einander bedingen. Die Abschottung der Menschheit von seiner Umwelt hat zu einem Emporheben seiner selbst, und zu einer Herabsetzung der Natur gefiihrt, der zunachst keine Beachtung mehr geschenkt wurde, und mit Einsetzen des Industrialisierung gar eine Missachtung erfuhr. Von einer Verachtung der Umwelt durch den Menschen kann indes nicht gesprochen werden, da hierfiir eine bewusste Wahrnehmung dieser Voraussetzung ware. Doch das Ignorieren der Umwelt, ihre Missachtung als Folge der kiinstlichen Trennung, hat in letzter Instanz zu einer schleichend anwachsenden Umweltverschmutzung und damit zu einer Verschlechterung des Weltklimas gefiihrt. Doch wie ist dies zu begriinden und welche Lösungsansatze kommen in der aktuellen Diskussion vor?

Den Umwelt- und Klimaproblemen, denen die Menschheit begegnen muss, kann demnach auch mit anderen Mitteln abgeholfen werden, als mit Kohlenstoffdioxidfiltern oder Windkraftanlagen. Die Rede ist von einer Revision des Verhaltnisses zwischen Mensch und Umwelt. Wie in der Einleitung bereits erwahnt, ist zunachst eine Anderung des Bewusstseins von Nöten, bevor damit begonnen werden kann, die technologischen Möglichkeiten anzuwenden, die eine Katastrophe in der Umweltentwicklung abwenden können. Die Technik steht zur Verfiigung, jedoch hat die Gesellschaft noch nicht begriffen, dass die gegenwartige Lage es verlangt, diese auch einzusetzen.

Die Aufklarung des anthropozentrischen Missverstandnisses im Zusammenhang mit der heutigen Klimaentwicklung bringt Meyer-Abich in anschaulicher Weise voran, indem er auf das angebliche, theoretische Verstandnis der Gesellschaft anspielt, dieser jedoch die Einsicht zu handeln und den Handlungswillen in Abrede stellt:

In der Naturkrise der wissenschaftlich-technischen Welt aber zeigen sich nun iiberdies die praktischen Folgen eines Naturverstandnisses, in dem wir uns selber nicht dazurechnen. Mittlerweile bestreitet zwar fast niemand mehr, daB auch der Mensch ein Teil der Natur ist, untergriindig und handlungsleitend aber verstehen wir unter der Natur nach wie vor das, was nicht wir sind: die griine Welt, die man vor dem Fenster hat oder dort vermiBt. Wir behandeln die Erde so, als seien wir von einem anderen Stern eingewandert und hatten mit ihr und ihren Abkömmlingen im wesentlichen nichts gemein (MEYER-ABICH 1997, S. 145).

Was Meyer-Abich als eine Naturkrise beschreibt, betrachten wir als mangelndes gesellschaftliches Umweltbewusstsein, und den daraus resultierenden Klimawandel. Die kiinstliche Trennung ist ein Irrtum, der nicht nur auf der Unkenntnis iiber die Zusammenhange des Umweltsystems basiert, sondern aktive Verdrangungsarbeit seitens des Menschen erfordert. Das Problem wurde zwar erkannt und ist in seinem potentiellen AusmaB bekannt, jedoch wird dessen Ursache ausgelagert, indem es möglichst weit weg von der eigenen Verantwortung platziert wird. Der Lösungsansatz des Klimaproblems darf sich nicht einseitig auf die umwelttechnischen Facetten beschränken, die zwar unabdingbar sind, um der Lage Herr zu werden, allerdings nur als Schmerzmittel fungieren, das die Symptome der Umweltentwicklung lindert, nicht jedoch deren Ursache beseitigt.

Die aus menschlicher Sicht durchaus bequeme Reduzierung des eigenen Wirkungsbereichs auf ein bestimmtes Terrain, sprich die Verdrängung der Natur aus eben diesem, hat sich bisher stets negativ auf die Umwelt ausgewirkt, und diese belastet. Das anthropozentrische Missverständnis als Ursache der gegenwärtigen Umweltentwicklung bedarf dementsprechend einer Korrektur. Es verlangt nach einem gesellschaftlichen Diskurs, der die Grundziige des geforderten gesellschaftlichen Bewusstseinswandels definiert. Die Vorstellung einer neuen Einheit von Mensch und Natur bietet zwar den Anreiz, sich in diese Richtung zu orientieren, und spendet Hoffnung den Wandel zu vollziehen, ist allein aber nicht ausreichend, um einen Bewusstseinswandel in der Gesellschaft herbeizufiihren. Um einen gesamtgesellschaftlichen Bewusstseinswandel zu erreichen, ist auch ein gesamtgesellschaftlicher Diskurs nötig, der darauf hinauslaufen sollte, die Beziehung zwischen Umwelt und Mensch neu zu definieren.

Im Zentrum des Diskurses muss die Oberfiihrung und Eingliederung des bestehenden theoretischen Wissens iiber den Klimawandel und dessen Ursachen in das Bewusstsein der Menschen stehen. Es muss gewissermaBen gegen die Gefiihlskälte gegeniiber der Umwelt angekämpft werden. Die Nächstenliebe muss dahingehend erweitert werden, indem sie sich nicht bloB auf Mitmenschen beschränkt, sondern auch auf die Natur — Flora und Fauna — iibertragen wird. Die Gesellschaft wird sich der Herausforderung stellen miissen, die Wahrnehmung ihres Wirkungskreises den realen AusmaBen anzupassen, und ihr Handeln dementsprechend anzupassen. Der gesellschaftliche Bewusstseinswandel geht also mit einer neuen, modernen Bescheidenheit Hand in Hand. Denn der kollektive Egoismus der Menschheit verklärt die Tatsachen und verhindert eine objektive Wahrnehmung dieser. „[D]as Irdische darf nur als Theil des Ganzen, als diesem untergeordnet erscheinen" (HUMBOLDT 1845-1862, Bd. 1, S. 85). Auch Meyer-Abich leistet einen wertvollen Beitrag zur Erkenntnis und zum Verständnis des anthropozentrischen Missverständnisses und dem lösungsorientierten Diskurs iiber einen Bewusstseinswandel:

Die menschliche Umwelt ist danach der menschliche Lebensraum auf der Erde, und andere Lebewesen haben ihren eigenen, anderen Lebensraum. Die Industriegesellschaft hat dies so miBverstanden, als sei die ganze Erde nichts als der menschliche Lebensraum, so daß die anderen Arten von Lebewesen ihren Lebensraum gefälligst in dem unseren suchen oder sonst verschwinden sollen. Dies alles ändert sich nicht dadurch, daß der herrschenden Wissenschaft zusätzliche „ökologische" Antworten abverlangt werden, sondern nur dadurch, dafi wie in der Renaissance ein neues Bewufitsein fur das Wissenswerte entsteht. Eine Grundbedingung dafur ist die Einsicht in die Naturzugehorigkeit des Menschen - nicht als ein Ergebnis der Wissenschaft, sondern als eine Bedingung dafur, in ihr die richtigen Fragen zu stellen. Eine naturphilosophisch und naturgeschichtlich begrundete Anthropologie ist zu einer Uberlebensbedingung der Industriegesellschaftgeworden (MEYER-ABICH 1997, S. 146).

[...]

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Der Umwelt zuliebe: Notwendigkeit und Chancen eines gesamtgesellschaftlichen Bewusstseinswandels
Hochschule
Freie Universität Berlin  (Institut für Soziologie)
Veranstaltung
Weltkultur und Utopie
Note
1,0
Autor
Jahr
2009
Seiten
13
Katalognummer
V134325
ISBN (eBook)
9783640425778
ISBN (Buch)
9783640422739
Dateigröße
518 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Utopie, Klimawandel, Anthropozentrismus, Bewusstseinswandel, Weltbild, Weltgesellschaft, Umweltverschmutzung, Kollektiver Egoismus, Chancengleichheit, Globalisierung
Arbeit zitieren
Jakob Weber (Autor:in), 2009, Der Umwelt zuliebe: Notwendigkeit und Chancen eines gesamtgesellschaftlichen Bewusstseinswandels, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/134325

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