Gespräch? Dialog? Konversation?

Probleme der Zuordnung frühneuzeitlicher Werke zu modernen systematischen Forschungsgebieten am Beispiel von Castigliones ‚Hofmann’ und Guazzos ‚Zivilisierter Konversation’ (IV. Buch)


Hausarbeit (Hauptseminar), 2007

43 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Zu eruierende Problematik und Vorgehensweise dieser Arbeit

2. Gespräch, Dialog, Konversation - Definitorisches Dilemma in der alltäglichen wie epistemologischen Wortverwendung

3. Die bedeutendsten Richtungen der Gesprächsforschung im Überblick
3.1. GS – Forschung
3.2. conversational analysis
3.3. Sprechaktforschung / discourse analysis

4. Gespräch, Dialog, Konversation – Ein Versuch
4.1. oberflächenstrukturelle Kriterien von Gespräch, Dialog und Konversation
4.1.1. Beteiligung mindestens zweier Interaktanten / Notwendigkeit mindestens eines Sprecherwechsels
4.1.2. Identität des Zeitraumes
4.2. tiefenstrukturelle Kriterien
4.2.1. Gespräch
4.2.2. Dialog
4.2.3. Konversation
4.3.Die definierenden und differenzierenden Kriterien
der einzelnen Kategorienim Überblick
4.4. Anmerkung zum Kriterium „Natürlichkeit“

5. Anwendung der Systematik auf Castigliones ,Der Hofmann’ und Guazzos ,Zivilisierte Konversation’(IV. Buch)
5.1. Analyse zu Castigliones ’Hofmann’
5.1.1. Makroanalyse
5.1.1.1. Gespräch
5.1.1.2. Dialog
5.1.1.3. Konversation
5.1.1.4. Ergebnisüberblick Makroanalyse
5.1.2. Mikroanalyse
5.1.2.1. Gespräch
5.1.2.2. Dialog
5.1.2.3. Konversation
5.1.2.4. Ergebnisüberblick Mikroanalyse
5.2. Guazzo – ’Zivilisierte Konversation’ (IV. Buch)
5.2.1. Analyse zu ’Zivilisierte Konversation’
5.2.1.1. Gespräch
5.2.1.2. Dialog
5.2.1.3. Konversation
5.2.1.4. Ergebnisüberblick

6. Ergebnisbilanzierung und Ausblick

7. Literaturverzeichnis

8. Anhang

1. Zu eruierende Problematik und Vorgehensweise dieser Arbeit

Jede Sprache verffigt fiber zentrale Vokabeln, deren Bedeutungs- und Anwendungsbereiche offensichtlich jedermann klar erscheinen. In Wirklichkeit ist eine derartige Klarheit nur möglich, da diese Begriffe fiber die Zeit hinweg einem Automatismus in Semantik und Gebrauch zum Opfer fielen, der sich jeder kritischen Prfifung wie Definierbarkeit entzieht – so ist dies auch im Deutschen.[1] Es wird die Aufgabe dieser Arbeit sein, die Begriffe Gespräch, Dialog und Konversation aus diesem semantischen Sumpf zu befreien und sie einer längst fälligen, differenzierenden Analyse zu unterziehen. An deren Ende werden insbesondere drei grundlegende Fragen geklärt sein:

(i) Anhand welcher greifbaren Kriterien können Gespräch, Dialog und Konversation definiert werden?
(ii) Ist eine Systematisierung der Begriffe mittels dieser möglich?
(iii) Welchen Nutzen hat die entworfene Systematik ffir die Praxis und welche Schlfisse lässt sie fiber die Kommunikation bei Castiglione und Guazzo zu?

Kapitel 2 formuliert zunächst anhand von Beispielen aus Wissenschaft und Alltag einen Ist-Zustand, der deutlich macht, in welchem diffus-semantischen Spannungsfeld sich die Worte Gespräch, Dialog und Konversation aktuell befinden.

In Kapitel 3 werden anschließend die bedeutendsten Richtungen der Gesprächsforschung mit ihren unterschiedlichen Ansätzen, Zielen und Wurzeln dargestellt.

Nachdem Kapitel 2 und 3 die nötigen Hintergrundinformationen bereitgestellt haben, rficken im nachfolgenden Kapitel 4 die Fragen (i) und (ii)in den Fokus.

Es wird der Versuch unternommen - unter Berficksichtigung verschiedener linguistischer Ansätze -, handfeste Kriterien zu formulieren, mittels derer zwischenmenschliche Kommunikation entweder als Gespräch, Dialog oder Konversation kategorisierbar sein soll. Die Antwort auf die dritte Frage, hält Kapitel 5 bereit. Einerseits wird die Praktikabilität der zuvor erarbeiteten Klassifizierung zur

Diskussion gestellt, indem versucht wird, diese auf zwei frühneuzeitliche Werke - Castigliones ,Hofmann’ und Guazzos ,Zivilisierte Konversation’(IV. Buch)- anzuwenden. Andererseits wird hinterfragt, ob die Einordnung der beiden Werke als

„Konversationsliteratur“ nicht nur inhaltlich, sondern auch kommunikationstheoretisch haltbar ist.

In Kapitel 6 sollen die im Verlauf der Arbeit gewonnenen Erkenntnisse abschließend interpretiert, und in gegenwärtiger wie prospektiver Dimension diskutiert werden.

Mit Blick auf den begrenzten Umfang dieser Hausarbeit sind einige Einschränkungen nötig.

So wird eine Vertrautheit mit den in Kapitel 5 herangezogenen Werken von Castiglione und Guazzo vorausgesetzt.

Auf eine Inhaltszusammenfassung oder ein Personenregister wird zu Gunsten einer vertiefenden Darstellung des Themas verzichtet.

Aus gleichem Grund kann in Kapitel 3 keine ausführliche theoretische Erläuterung der einzelnen Forschungsrichtungen erfolgen.

Desweiteren wird, soweit angebracht, jede literaturwissenschaftliche wie auch sprachphilosophische Perspektive zum Vorteil einer möglichst harten Faktizität ausgeblendet.

2. Gespräch, Dialog, Konversation - Definitorisches Dilemma in der alltäglichen wie epistemologischen Wortverwendung

Die CDU startete dieses Jahr in ihre „Dialog-Tour 2007“[2], auf der sich Ronald Pofalla „[...]spannende Gespräche[...]“[3] erhofft.

Dem neuen Volkslexikon Wikipedia zu Folge, wird als Gespräch

„[...]allgemein die verbale Kommunikation von Menschen bezeichnet.“[4] Metaphern wie „Dialog der Kulturen“ oder „Vier-Augen-Gespräch“ haben sich längst als beliebte Floskeln in unserer Sprache etabliert und für stilistisch ambitionierte Journalisten der Bild-Zeitung ist der „[...] Mega Zoff [...]“[5] inklusive „[...] Kopfwäsche [...]“[6] Inhalt einer Konversation.[7]

Bereits das reine Sprachgefühl kritischer Leser dürfte folgende Fragen aufwerfen:

Warum heißt es „Dialog-Tour“, wenn „Gespräche“ ihr Ziel sind? Findet ein Dialog nicht zwischen zwei Interessengruppen statt, ernsthaft, zielorientiert? Ein Gespräch hingegen unverbindlicher, offener, nicht zwangsläufig lösungsorientiert?

Wie sieht eine ernsthafte Auseinandersetzung in Form einer Konversation aus? Verbinde ich mit Konversation nicht eher Attribute wie oberflächlich, beiläufig und locker?

Ein Blick in den Duden schafft bei solch sprachkritischen Fragen des Alltags meist schnell Klarheit und verhindert, dass weitere Fragekaskaden ein Gefühl der sprachlichen Ohnmacht aufkommen lassen. Dem Bedeutungswörterbuch der Duden-Reihe ist folgendes zu entnehmen:

Gespräch: „ mündlicher Austausch von Gedanken zwischen zwei oder mehreren Personen .“[8]

Synonyme: „Auseinandersetzung, Aussprache, Debatte, Dialog, Diskussion, Erörterung [...].“

Dialog: „Gespräch zwischen zwei oder mehr Personen /Ggs. Monolog.“[9]

Synonyme: „Besprechung, Debatte, Diskussion, Erörterung, Gespräch, Konversation,[...]“.[10]

Konversation: „unverbindliches, oft nur um der Unterhaltung willen geführtes, zwangloses Gespräch.“[11] Synonyme: „Gespräch, Unterhaltung“.[12]

Das Ergebnis ist auf zwei Arten zu interpretieren:

1. Es herrscht eine Synonymie der Begriffe Gespräch und Dialog, und eine Abgrenzung zur Konversation kann vage nach dem Kriterium der kommunikativen Ernsthaftigkeit erfolgen.
2. Der Duden hilft nicht weiter, seine Ausführungen sind zirkulär und führen die Semantik ad absurdum.

Es ist wohl akzeptabel, dass sich der kritische, aber germanistisch uninteressierte Leser aufgrund alltagspragmatischer Überlegungen für die erste Lösung entscheidet, darf dies für den sprachwissenschaftlichen, rhetorischen Wortgebrauch - und somit für diese Arbeit - nicht gelten.

Doch auch in der deutschen Linguistik sowie in der Rhetorik, scheint eine klare Begriffsdefinition bislang nicht vorzuherrschen.

So schreibt E.W.B. Hess-Lüttich in seinem Artikel „Gespräch“ im Historische Wörterbuch der Rhetorik:

„Über die Abgrenzung von Nachbarbegriffen wie <Dialog>, <Konversation>, <Diskurs> besteht nach wie vor keine Einigkeit. <G.> wird zuweilen, besonders von Linguisten, als Oberbegriff festgelegt, demgegenüber <Dialog> eingeschränkt <Zwiegespräch> bedeutet zwischen zwei Partnern [...] oder allenfalls das <<ernsthafte Gespräch über ein bedeutungsvolles Thema, <Konversation> mehr die konventionelle, oberflächliche, unverbindliche Unterhaltung>>.“[13] Hess-Lüttich verweist mit seinen vagen Definitionen auf Brinkner, welcher wiederum seine Unterscheidung am Duden ausrichtet.[14]

Damit wäre erneut der Zirkel der Ratlosigkeit geschlossen.

K.-H. Göttert formuliert in seinem Artikel „Konversation“, ebenfalls aus dem Historischen Wörterbuch der Rhetorik, noch unklarer:

„Die <K.> [...] hat sich in der heutigen Bedeutung seit der Renaissance entwickelt: erst seit dieser Zeit gilt sie als Kunst des Umgangs, die sich in der körperliche-geistigen Repräsentation des Selbst in Kontakt mit dem bzw. den anderen widmet.“[15]

Im Anschluss folgt, wie auch schon bei Hess-Lüttich, lediglich ein historischer Exkurs zur Begrifflichkeit.

Franck verwendet in ihrer Dissertation „Grammatik und Konversation“, - allen guten konversationstheoretischer Ansätze zum Trotz – Konversation und Gespräch synonym, wie folgende Stellen belegen: „Die Organisation des Gesprächs geschieht weitgehend aus der Konversation heraus“.[16] „Ein ganz wichtiger Faktor in der Organisation der Konversation ist die Entwicklung [...] des Themas. Das Thema spielt sowohl global wie lokal eine entscheidende Rolle in der Entwicklung des Gesprächs“[17].

Dieser freie definitorische Umgang ist nicht nur bei Franck auszumachen. Ebenso könnten Müllerová[18], Weydt[19] und viele andere als Beispiel angeführt werden.

Was bleibt an diesem Punkt zu konstatieren?

Zum einen, dass im alltäglichen Sprachgebrauch keine Klarheit vorherrschen kann, wenn nicht einmal in der episteme eine klare Trennung existiert.

Zum anderen, die eindeutige Dringlichkeit einer klaren Definition von Gespräch, Dialog und Konversation anhand greifbarer Kriterien, möchte man die Begriffe effektiv und wissenschaftlich operationalisieren und nicht weiter ein halbseidenes Tänzeln um den heißen Brei veranstalten.

Jedoch soll zuvor ein Überblick über die wichtigsten
Forschungsrichtungen erfolgen.

3. Die bedeutendsten Richtungen der Gesprächsforschung im Überblick

Bevor bestimmt werden kann, welche Traditionslinien die

„Gesprächsforschung“ bisweilen prägen, ist es notwendig, eine Begriffsklärung ffir den Terminus selbst vorzunehmen.

Die „Gesprächsforschung“ hat keineswegs – wie das Wort nahelegt – ausnahmslos das „Gespräch“ zum Forschungsinhalt.

Was Hess-Lfittich bereits fiber das Begriffsverhältnis von Gespräch, Dialog und Konversation schrieb, findet hier im Begriff

„Gesprächsforschung“ seine Fortsetzung. Eine Unklarheit gegenfiber den genauen Inhalten, zwingt zu einer gewissen Offenheit gegenfiber der Namensgebung. So werden die Bezeichnungen „Dialogforschung“, „Dialoganalyse“ und seltener „Kommunikationsanalyse“ oder

„Konversationsanalyse [...]“[20] neben dem Ausdruck „Gesprächsforschung“, als Oberbegriff verwendet[21], unter welchem viele uneinheitliche Schulen mit ganz unterschiedlichen Schwerpunkten zusammengefasst werden.[22]

3.1. GS – Forschung

Erst seit den 60er Jahren kommt es in der germanistischen Sprachwissenschaft zur systematischen Erforschung der gesprochenen Sprache (GS). Unter GS ist hierbei zu verstehen, „daß gesprochensprachliche Texte nicht zuvor eine Realisierung in geschriebener Form durchlaufen haben.“[23] Liegt bis zu diesem Zeitpunkt der Fokus ausschließlich auf dem Geschriebenen, wächst nun das Interesse an einer Sprach pragmatik „[...] fiber die Satzgrenzen hinaus“[24]. Es entsteht erstmalig ein nachhaltiges Bewusstsein daffir, dass gesprochene Sprache offensichtlich anders generiert wird, als es die Regeln der Grammatik vorschreiben, ohne dass dies jedoch innerhalb der mfindlichen Kommunikation als fehlerhaft oder störend interpretiert wird.[25]

Der neuen Gleichwertigkeit von gesprochener zu geschriebener Sprache verleiht die Grfindung der Freiburger Forschungsstelle „Gesprochene Sprache“ im Jahre 1966, unter der Leitung von H. Steger, Ausdruck. Während der frfihen Forschungsphase steht der grammatische Beschreibungsaspekt – die Untersuchung von Syntaxmerkmalen der GS im

Vergleich zur geschriebenen Sprache – im Vordergrund. Mit dem Beginn der 70er Jahre – ausgelöst durch die „pragmatische Wende“ in der Linguistik - vollzog die GS-Forschung einen internalen Perspektivwechsel. Zögerlich verlagerte sie ihr Gewicht weg von einer syntaktischen Betrachtungsweise, hin zu einer kommunikativ-funktionalen.[26] Doch erst seit der Rezeption der „conversational analysis“ sowie der „Sprechakttheorie“ seit Ende der 70er, geraten die eigentlich interessanten Aspekte der GS – Prosodie, Formulierungsverfahren, Sprachvariation, die dialogische Konstitution des Gesprochenen – auch wirklich in den Blickpunkt. Jedoch sind bis heute die Untersuchungen zur Lexik, Semantik oder Prosodie bei weitem nicht in gleichem Maße vorangeschritten, wie die Forschungen zu syntaktischen Erscheinungen oder Textherstellungsverfahren.[27]

3.2. conversational analysis

Wie schon der Ausdruck „Gesprächsforschung“, verleitet auch die Bezeichnung „conversational analysis“ schnell zu Missverständnissen, die es im Vorfeld auszuräumen gilt.

Einerseits suggeriert „conversational“, dass sich die Forschung lediglich auf den Kommunikationstyp „Konversation“ konzentriert. Dies ist unzutreffend. Zwar wird dem „[...] informellen-alltäglichen Gespräch [...]“[28] in der Konversationsanalyse „[...] eine zentrale Bedeutung als Grundform der sprachlichen Interaktion zugeschrieben [...]“, doch ebenso wenig wie „Gespräch“ in „Gesprächsforschung“ eine eindimensionale Festlegung impliziert, ist dies für „conversational“ der Fall.

Andererseits legt „conversational“ nahe, dass die wissenschaftlichen Bemühungen ausnahmslos die Sprache zum Gegenstand ihrer Betrachtungen machen. Dies ist ebenfalls falsch. Die Konversationsanalyse hat sich bereits früh auch mimisch-gestischen, proxemischen wie kinesischen Interaktionsaspekten zugewandt.[29]

Der letzte Punkt der hier präventiv Erwähnung finden soll, bezieht sich auf den terminologischen Gebrauch.

Die Bezeichnung „Konversationsanalyse“ wird in der deutschsprachigen Literatur oftmals als Allgemeinbegriff für diejenigen Forschungsansätze gebraucht, welche die Analyse von natürlichen, verbalsprachlichen, Texten zum Inhalt haben. Dies birgt die Gefahr, dass theoretische wie methodologische Charakteristika, die für ein grundlegendes Verständnis der „conversational analysis“ notwendig sind, nicht genug beachtet oder missinterpretiert werden.[30] Der Begriff „Konversationsanalyse“ wird in dieser Arbeit im engeren, rein ethnomethodologischen Sinn, geführt.

Die „conversational analysis“ entstand im Verlauf der 60er und 70er Jahren als eine eigene, soziologische Forschungsrichtung innerhalb der USA. Ihre theoretischen wie methodologischen Ansätze gehen auf die Ethnomethodologie Harold Garfinkels zurück, von der sie bis heute geprägt ist.[31] Die Ethnomethodologie[32] selbst, entwickelte sich, in den 50er und 60er Jahren als soziologische Gegenposition zum dominanten Paradigma des Strukturfunktionalismus[33] Talcott Parsons.

Außer von Garfinkel, wurde die „Konversationsanalyse“ zudem von der kognitiven Anthropologie, den interaktionsanalytischen Theorien Goffmans und der Philosophie des späten Wittgenstein geprägt. Auf die konkrete Konzeptualisierung der „conversational analysis“ nahmen vor allem die „Lectures“ des kalifornischen Professors Harvey Sacks und Studien von Gail Jefferson und Emanuel Schegloff Einfluss. Anfang der 70er Jahre trat die „conversational analysis“ aus ihrem zuvor sehr begrenzten Wirkungsfeld heraus und wurde zunehmend auch außerhalb Amerikas rezipiert. Hierbei stieß diese zum ersten Mal bei einigen Nachbardisziplinen, insbesondere der Linguistik, auf großen Anklang. Heute nimmt die „Konversationsanalyse“ in Deutschland einen festen Rang zwischen der linguistischen Gesprächsanalyse auf der einen und der Mikrosoziologie, auf der andern Seite, ein. Methodologisch ist die „Konversationsanalyse“ streng empirisch wie pragmatisch ausgerichtet. Ihre Wirklichkeits- und Akteursvorstellung orientiert sich sehr stark an der ethnomethodologisch-konstruktivistischen Theoriegeschichte.[34]

Die Grundannahmen der Konversationsanalyse können wie folgt zusammengefasst werden:

Soziale Wirklichkeit wird kontinuierlich durch kommunikative Akte generiert. In jedweder Form der Kommunikation – verbal als auch non­verbal – sind die Handelnden damit beschäftigt, ihre Situation, ihren

Handlungskontext, sowie die Aussagen ihrer Interaktionspartner zu analysieren und zu interpretieren, mit der Absicht, das eigene Tun mit dem Tun der Anderen koordinieren zu können.

Ziel der „conversational analysis“ ist es, genau diese angenommenen Mechanismen zu identifizieren, die situativ und handlungskontinuierlich die sinnhafte Strukturierung eines Geschehens erzeugen.[35] Hierbei steht die Untersuchung des „turn-taking systems“ als selbstregulierender Mechanismus sowie die sequenzielle Organisation der Redezüge im Mittelpunkt.[36]

Systemtheoretisch kann die „Konversationsanalyse“ als induktives Modell beschrieben werden. Erhobene Daten dienen in erster Linie nicht als Input um neue Regeln zu konstruieren, denn „[r]ules and priniciples are just supposed to be internalized by speakers. If a special tendency is observed [...], this tendency is a property of the social actor, and not a property oft the model built by the Linguist [...]“[37].

3.3. Sprechaktforschung / discourse analysis

Wie die Ethnomethodologie dem Theoriemodell der „conversational analysis“ den Boden bereitete, tat dies die „Sprechakttheorie“ im Bezug auf die „discourse analysis“.

Die Sprechakttheorie selbst repräsentiert per se„[...] kein einheitliches Theoriegebäude [...]“[38], da die Entwicklungen der Sprechaktforschung hierfür zu sehr divergieren.[39] Sie entstammt der angelsächsischen Sprachphilosophie, und bis Heute konnten sich lediglich die Standardwerke ihrer Begründer - J.L. Austins „How to do things with words“ (1962) sowie J.R. Searles „Speech Acts“ (1969) – unangefochten etablieren.

Der sprechakttheoretische Ansatz ist primär sprecherorientiert. Er geht von sechs Grundlegenden Prinzipien aus:[40]

(i) Sprechen ist als Handeln aufzufassen und muss als solches analysiert werden. Die Sprachtheorie ist Teil einer allgemeinen Handlungstheorie
(ii) Sprachliches Handeln ist regelgeleitet
(iii) Es lassen sich für die korrekte Ausführung eines Sprechaktes charakteristische Handlungsbedingungen benennen.

[...]


[1] Diese Tatsache ist sicher innerhalb gewisser Grenzen mit alltagspragmatischen Anforderungen an eine Sprache zu rechtfertigen, jedoch scheinen diese im 21. Jahrhundert bei Weitem Uberschritten

[2] http://www.dialog-tour.cdu.de/?pageid=2, Stand 22.08.2007 16:44 Uhr

[3] Ebd.

[4] httu://de.wikinedia.org/wiki/Gesur%C3%A4ch, Stand 22.08.2007 17:34 Uhr

[5] httu://www.bild.t-online.de/BTO/suort/bundesliga/2007/06/20/helmes-krach-daum/koeln-leverkusen-wechsel.html, Stand 22.08.2007 17:42

[6] Ebd.

[7] vgl. Ebd.

[8] Eickoff 2002, S. 422

[9] Eickoff 2002, S. 261

[10] Eickoff 2002, S. 261

[11] Eickoff 2002, S. 549

[12] Eickoff 2002, S. 549

[13] Hess-Lfittich 1996, Sp. 930

[14] Vgl. Brinkner 2001, S. 9 - 10

[15] Göttert 1998, Sp. 1322

[16] Franck 1980, S. 47

[17] Franck 1980., S. 70

[18] Vgl. Millerová 1993, S.103

[19] Vgl. Weydt 1993, S. 3-4

[20] Vgl. Dittmann 1979, S. 11

[21] Vgl. Hundsnurscher, Einleitung S. X, XIV - XV / Heritage, S. 887

[22] Vgl. Heritage 2001, S.887

[23] Schwitalla 1994, S. 18

[24] Schwitalla 1994, S.17

[25] Vgl. Schwitalla 1994, S. 17

[26] Vgl. Brinkner 2001, S. 15- 16

[27] Vgl. Schwitalla 1994, 17, 20

[28] Bergmann 1994, S. 3

[29] Vgl. Bergmann 2001, S. 919

[30] Vgl. Bergmann 1994, S. 4

[31] Vgl. Bergmann 2001, S. 919

[32] Stark verkiirzt dargestellt, versucht die Ethnomethodologie zu ergriinden, mit welchen alltagspraktischen Handlungen sozialen Ordnung und Wirklichkeit geschaffen wird. „Pik die Ethnomethodologie „ver-wirklicht" sich gesellschaftliche Wirklichkeit erst im alltäglich-praktischen Handeln, soziale Ordnung ist für sie ein fortwährendes Erzeugnis von Sinnzuschreibung und Interpretationsleistung [...]"(Bergmann 2001, S. 920) und nicht im vornherein gleichförmig angelegt. Sinn wird alltäglich konstruiert, interpretativ generiert und entzieht sich somit jeglicher theoretischer Normierung. Pik Garfinkel sind Menschen keine „Urteilstrottel".

[33] Parson löst das soziologische Kardinalproblem, wie soziale Ordnung geschaffen wird, in dem er davon ausgeht, dass in jeder Kultur ein gesellschaftlich gleichförmiges, internalisiertes Wertesystem angelegt ist.

[34] Vgl. Bergmann 2001, S. 919

[35] Vgl. Ebd., S. 919

[36] Vgl. Ebd., S.924

[37] Moeschler 1992., S. 68

[38] Hindelang 1994, S.96

[39] Vgl. Genfer Modell, Britische Schule

[40] Vgl. Hindelang 1994, S. 96, Zur vertiefenden Darstellung vgl. Austin 2002; Searle 1969

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Details

Titel
Gespräch? Dialog? Konversation?
Untertitel
Probleme der Zuordnung frühneuzeitlicher Werke zu modernen systematischen Forschungsgebieten am Beispiel von Castigliones ‚Hofmann’ und Guazzos ‚Zivilisierter Konversation’ (IV. Buch)
Hochschule
Eberhard-Karls-Universität Tübingen  (Seminar für Allgemeine Rhetorik)
Veranstaltung
Anfänge der Konversationsrhetorik
Autor
Jahr
2007
Seiten
43
Katalognummer
V134675
ISBN (eBook)
9783640426959
ISBN (Buch)
9783640425198
Dateigröße
552 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Gespräch, Dialog, Konversation, Probleme, Zuordnung, Werke, Forschungsgebieten, Beispiel, Castigliones, Guazzos, Konversation’, Buch)
Arbeit zitieren
Dominic Hand (Autor:in), 2007, Gespräch? Dialog? Konversation?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/134675

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Titel: Gespräch? Dialog? Konversation?



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