Diese Bachelorarbeit widmet sich dem Thema der klinischen Sozialarbeit im Zusammenhang mit von schizophrenen Erkrankungen betroffenen Menschen. Es wird aufgezeigt, welche Probleme und Schwierigkeiten im direkten Kontakt mit betroffenen Menschen auftreten können. Im Bezug darauf werden dann im letzten Schritt Handlungsvorschläge eruiert und beleuchtet.
Zu Beginn dieser Ausarbeitung wird ein kurzer historischer Abriss über den Begriff der „Schizophrenie“, sowie der Behandlung psychischer Erkrankungen unternommen. Dieser bietet die Wissensgrundlage, um auch spätere Aspekte in der Arbeit, beispielsweise im Kontext von Stigmatisierung, nachvollziehen zu können. Im nächsten Schritt wird ein Überblick über schizophrene Erkrankungen, Symptomatik und Klassifikation verschafft, sowie über gängige Behandlungsmethoden. Anschließend werden Handlungsfelder der Sozialen Arbeit aufgegriffen, in welchen Sozialarbeiter:innen auf Klient:innen mit schizophrener Erkrankung treffen können. Daraufhin werden entsprechende Handlungsgrundlagen und Methoden umrisshaft dargestellt.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Geschichtliche Entwicklung des Schizophreniebegriffs und der Behandlung 2
2.1 Die „Dementia praecox“ nach Emil Kraepelin
2.2 Die „Schizophrenie“ nach Eugen Bleuler
2.3 Die Geschichte der Behandlung von schizophrenen Erkrankungen
3. Schizophrene Erkrankungen - Ein Uberblick
3.1 Atiologie
3.2 Symptomatik
3.3 Klassifikation
3.2 Behandlung und Therapie
4. Handlungsfelder und Methoden der Sozialen Arbeit im Kontext psychischer Erkrankungen
4.1 Soziale Arbeit im Krankenhaus
4.2 Soziale Arbeit im Bereich der Sozialpsychiatrie
4.3 Soziale Arbeit im Praxisfeld der Rehabilitation
4.4 Professionelles Handeln im Kontext psychischer Erkrankungen
4.5 Methoden der Klinischen Sozialen Arbeit
5. Stigmatisierung von Menschen mit schizophrener Erkrankung
5.1 Representation in der Offentlichkeit
5.2 Folgen der Stigmatisierung
5.3 Anti-Stigma-Kampagnen
6. Der Umgang mit Klient*innen mit schizophrenen Erkrankungen
6.1 Die Bedeutung der Entstehungsursachen
6.2 Die Diagnose
6.3 Umgang mit Symptomen
6.4 Adherenz und Non-Adherenz
6.5 Therapieresistenz
6.6 Suizidalitet und Tod
6.7 Der Umgang mit eigenen Widerstenden
7. ZwangsmaBnehmen
7.1 Rechtliche Grundlagen
7.2 Ethisch-moralische Aspekte
7.3 Kritik und Forderungen
7.4 Schizophrenie und ZwangsmaBnahmen
8. Das Recovery-Konzept
8.1 Theoretische Grundlagen
8.2 Recovery und Schizophrenien
8.3 Recovery in der Praxis
8.4 Chancen und Grenzen
8.5 Klinische Sozialarbeit und Recovery
9. Konsequenzen fur die Soziale Arbeit
9.1 Soziale Arbeit als eigenstandige Profession im Kontext von Gesundheit starken
9.2 Sozialarbeiterische Praxis und Recovery
9.3 Spannungsfeld Hilfe und Kontrolle
10. Schlussbetrachtung
Quellenverzeichnis
1. Einleitung
Etwa 1% der Weltbevolkerung erkrankt mindestens ein Mal im Leben an einer Form von Schizophrenie. Dabei lassen sich im Vergleich zwischen Landern und Kulturen ahnliche Haufigkeiten und Erscheinungsformen der Erkrankung feststellen (vgl. Gaebel und Wol- wer 2010, S. 18). Zeitgleich ist kaum eine andere psychische Erkrankung derart vorur- teilbehaftet wie die Schizophrenie. Besonders in Literatur und Film wird das Storungs- bild haufig genutzt um den klischeehaften „Wahnsinn“ darzustellen oder den „verruck- ten“ Tater zu erschaffen.
Das Erscheinungsbild schizophrener Erkrankungen ist vielfaltig und sorgt bei Betroffe- nen, Angehorigen und auch bei Sozialarbeiter*innen immer wieder fur Verunsicherun- gen und Ratlosigkeit. Besonders die sogenannten „Plussymptome“, welche gepragt sind von Storungen des formalen Denkens und der Denkinhalte, wirken auf AuBenstehende meist befremdlich und unverstandlich. Die Folgen der Erkrankung stellen fur alle Betei- ligten oftmals eine schwierige und komplexe Situation dar.
Mit der vorliegenden Arbeit mochte ich mich den Herausforderungen von Menschen mit schizophrenen Erkrankungen nahern. Es soll abgebildet werden, welche Probleme im direkten Kontakt auf Grund der Erkrankung auftreten konnen. Ferner sollen Hand- lungsvorschlage eruiert und beleuchtet werden.
Zu Beginn dieser Ausarbeitung wird ein kurzer historischer Abriss uber den Begriff der „Schizophrenie“ sowie der Behandlung psychischer Erkrankungen unternommen wer- den. Dieser bildet eine Wissensgrundlage um auch spatere Aspekte, beispielsweise im Kontext von Stigmatisierung, nachvollziehen zu konnen.
In Kapitel 3 wird ein Uberblick uber schizophrene Erkrankungen, Symptomatik und Klas- sifikation verschafft. AuBerdem sollen gangige Behandlungsmoglichkeiten vorgestellt werden.
Im Weiteren sollen Handlungsfelder der Sozialen Arbeit aufgegriffen werden, in welchen Sozialarbeiter*innen auf Klient*innen mit schizophrener Erkrankung treffen konnen. Auch Handlungsgrundlagen und Methoden sollen umrisshaft dargestellt werden.
Kapitel 6 widmet sich spezifischen Herausforderungen im direkten Umgang mit Kli- ent*innen, die an einer Schizophrenie erkrankt sind.
Die Thematik der ZwangsmaBnahmen soil separat in einem eigenstandigen Kapitel be- arbeitet werden, da ich an dieser Stelle besonders fur die Soziale Arbeit ein problemati- sches Spannungsfeld verortet sehe.
Das Recovery-Konzept mochte ich gegen Ende dieser Arbeit vorstellen und prufen, ob es eine angemessenen Handlungsgrundlage fur die Soziale Arbeit bietet.
Zum Schluss sollen mit einem Ruckblick auf die vorangegangenen Kapitel Konsequenzen gezogen und eine Schlussbetrachtung unternommen werden.
2. Geschichtliche Entwicklung des Schizophreniebegriffs und der Behandlung
2.1 Die „Dementia praecox“ nach Emil Kraepelin
Den Kern der Schizophrenie, wie sie heute bekannt ist, wurden erstmal im Jahr 1893 von dem deutschen Psychiater Emil Kraepelin unter dem Namen „Dementia praecox“ be- schrieben. Die Bezeichnung der Erkrankung stutzte sich auf zwei Aspekte seiner Be- obachtungen. Einerseits stellte Kraepelin einen unerklarbaren geistigen Schwachezu- stand beim Verlauf der Krankheit fest, welche er im Endzustand als Demenz bezeich- nete. Des Weiteren beobachtete er, dass der Krankheitsausbruch haufig im fruhen Er- wachsenenalter auftrat. Zu den Symptomen dieser Erkrankung gehorten unter anderem inadaquates Verhalten, Gefuhlsabstumpfung, Antriebsmangel und ein Abbau der kogni- tiven Leistungen. Die „Dementia catatonica“ und die „Dementia paranoides“ erganzten das Krankheitsbild um die Komponenten motorischer Auffalligkeiten beziehungsweise paranoider Halluzinationen und Wahn. (Vgl. Hafner 2017, S. 66).
Die Unterteilung der Schizophrenie in drei Unterkategorien findet sich zum Teil bis heute noch in Klassifikationssystemen wieder.
Kraepelin war uberzeugt, dass die Erkrankung neuropathologischen Ursprungs war. Er ordnete sie den Hirnleiden zu, welche auf Grund von infektiosen, traumatischen oder degenerativen Abweichungen auftraten (vgl. a.a.O., S. 67).
Kraepelins Auffassung der Dementia praecox war gepregt von einem Unverstendnis der Symptome und der wirren Verhaltensweisen. Nachdem er 1878 eine Stelle in einer An- stalt in Munchen antrat, schrieb er dazu in seiner Autobiografie: „Die ersten Eindrucke (...) waren entmutigend. Das verwirrende Gewimmel ungezahlter Verblodeter (...) mit ihren lecherlichen oder ekelerregenden, bedauernswerten oder gefehrlichen Absonder- lichkeiten (.) lieBen mich die ganze Schwere des von mir gewahlten Berufs empfinden“ (Kraepelin 1919 zitiert nach Hippius et. al. 1983, S. 12 ff.).
Damit brachte Kraepelin nicht nur seine Abneigung gegenuber den Verhaltensweisen seiner Patient*innen zum Ausdruck, sondern spiegelt auch das gesellschaftliche Stigma des psychisch Kranken wider.
2.2 Die „Schizophrenie“ nach Eugen Bleuler
Auch der Schweizer Psychiater Eugen Bleuler beschaftigte sich mit schizophrenen Er- krankungen. Bleuler und Kraepelin waren einander bekannt, respektierten sich und forschten parallel unabhangig voneinander. Ihre arztliche Haltung unterschied sich je- doch grundlegend: Im Gegensatz zu Kraepelin pflegte Bleuler einen patientennahen und verstandnisvollen Umgang mit Kranken (vgl. Tolle 2008, S. 92). In seinem 1911 verof- fentlichtem Werk „Dementia praecox oder Gruppe der Schizophrenien“ lost Bleuler mit dem Begriff „Schizophrenie“ Kraepelins ursprungliche Bezeichnung ab. Bleuler sah beide Kernaspekte des Begriffs als unpassend: Seinen Erkenntnissen nach verlief die Erkran- kung nicht oder nicht immer mit Demenz. Die als Demenz bezeichneten Symptome wa- ren seinen Erkenntnissen zufolge eine besondere Art der Denkstorung, welche durch Hospitalisierung und damit einhergehender sozialer und psychischer Isolierung bedingt sein konnte. Auch der zweite Aspekt des Krankheitsausbruchs im fruhen Erwachsenen- alter sah Bleuler nicht in jedem Fall bestatigt. (Vgl. Tolle 2008. S. 93 ff.).
Bleuler stutzte sich in seiner Arbeit zum Teil auf Ergebnisse Kraepelins. Er ubernahm Erkenntnisse und Beschreibungen von Symptomen, erganzte diese allerdings um mogli- che Zusammenhange. Diese von Bleuler gelehrten Sinnzusammenhange bilden den Ausgangspunkt „... fur die Entwicklung eines therapeutisch gepragten Umganges mit dem Kranken ..." (Tolle 2008, S. 94).
Der Begriff „Schizophrenie“ wird haufig missverstanden und kann in der wortlichen Ubersetzung durchaus irrefuhrend sein. Er stammt aus dem Griechischen und bedeutet „gespaltenes Bewusstsein“, weshalb die Schizophrenie oft mit der dissoziativen Identi- tatsstorung verwechselt wird (vgl. Gaebel und Wolwer 2010, S. 8). Jedoch handelt es sich bei der Erkrankung nicht um eine Spaltung der Personlichkeit oder Identitat, son- dern vielmehr um ein „gespaltenes Bewusstsein“ im Sinne einer mangelnden Einheit des Denkens, Fuhlens und Wollens.
2.3 Die Geschichte der Behandlung von schizophrenen Erkrankungen
Das vorurteilsbeladene Bild der Psychiatrie, welches auch heute zum Teil noch zu finden ist, steht in enger Verbindung mit der geschichtlichen Entwicklung von der Behandlung psychisch erkrankter Menschen. Die Vorstellung, dass Menschen mit Wahnvorstellun- gen, Sinnestauschungen oder anderen psychischen Auffalligkeiten Kranke sind, die einer Behandlung bedurfen, entstand erst spat.
Ein erster Versuch um psychische Erkrankungen zu erklaren und zu behandeln findet sich in der Viersaftelehre, nach welcher ein Ungleichgewicht der Korpersafte fur unter- schiedliche Krankheiten verantwortlich fuhre. Trotz dieser ersten Erklarungsmodelle war man besonders im spaten Mittelalter und der fruhen Neuzeit der Uberzeugung, dass „Geisteskrankheiten“ ein Ausdruck des Wirkens damonischer Machte seien. (Vgl. Babic 2019). Menschen mit psychischen Erkrankungen wurden in Folge dessen geachtet und von der Gemeinschaft ausgeschlossen. Lediglich in Klostern konnten psychisch er- krankte Personen zwischen weiteren hilfsbedurftigen Menschen Zuflucht finden. Im Laufe der fruhen Neuzeit wurden spater unter dem Namen „Armen- oder Zuchthaus“ Asyle errichtet, um Hilfsbedurftige aufzunehmen. Neben korperlich und psychisch er- krankten Personen wurden ebenfalls Straffallige und AuBenseiter der burgerlichen Gesellschaft aufgenommen (vgl. Hafner 2017, S. 69 ff.).
Im Zuge der Spezialisierung der Wohlfahrtspflege wurde eine genauere Differenzierung zwischen der Art der Hilfebedurftigkeit unternommen. So erfolgte unter anderem die Grundung von „Irrenhausern“, in welchen sich auf die Behandlung von Menschen mit psychischen Erkrankungen konzentriert werden sollte. Wer jedoch als geisteskrank galt war nicht genau definiert. Zudem waren die Zustande in den Einrichtungen zumeist menschenverachtend. Neben seelischer und korperlicher Verwahrlosung litten Pati- ent*innen zudem unter fragwurdigen Therapiekonzepten, welche oftmals mit physi- schem Schmerz verbunden waren (vgl. Babic 2019).
Die im 19. Jahrhundert erstmalig erfolgte „Geisteskrankenzahlung“ in unterschiedlichen Landern brachte Aufschluss uber die Lebenssituation von psychisch Erkrankten. Ein Teil der Betroffenen befand sich in Asylen und Pflegeheimen, welche in ihrer Qualitat voll- kommen unterschiedlich ausgestattet waren. Personen, die nicht in Einrichtungen un- tergebracht waren lebten entweder integriert in den Alltag ihrer Familien oder hausten in verschmutzen, stallahnlichen Verschlagen (vgl. ebd.).
Da bald darauf eine humane und angemessene Unterbringung von Menschen mit psy- chischen Erkrankungen gefordert wurde, sollten staatlich geleitete Asyle errichtet wer- den. Durch die Sakularisierung zahlreicher Kloster konnten diese nun einer neuen Ver- wendung zugefuhrt werden. Besonders Objekte auf dem Land schienen fur die Errich- tung psychiatrischer Anstalten optimal: Die zu dieser Zeit wegweisende Isolierungsthe- orie von C. F. W. Roller sah den Ursprung psychischer Erkrankungen in „ungeordneten Umweltbedingungen“ des Betroffenen, weshalb eine Isolierung in einer abgeschirmten Anstalt zur Heilung verhelfen sollte. Die 1842 eroffnete und von Roller selbst geleitete Musteranstalt Illenau in Baden wurde Vorbild fur psychiatrische Anstalten, auch auBer- halb Deutschlands. (Vgl. Muller 1997, S. 187).
Doch Kraepelin erkannte bereits im Jahr 1893, dass sich eine langfristige Isolierung ne- gativ auf die Betroffenen auswirkte. Eine Psychiatriereform fand dennoch jahrzehnte- lang nicht statt.
Heinz Hafner beschreibt die psychiatrischen Einrichtungen noch bis ins 20. Jahrhundert als „Orte des Vergessens“ (Hafner 2017, S.74). Menschen mit psychischen Erkrankun- gen, besonders jenen aus dem schizophrenen Formenkreis, wurde in der Bevolkerung mit Abscheu und Angst entgegengetreten. Lange Zeit hielt sich das Vorurteil, dass schi- zophren erkrankte Personen gewalttatig waren, und somit auf geschlossenen Stationen verwahrt werden mussten. Auch war eine Unterbringung in Anstalten fur Familienmitglieder haufig angesichts der Last der Versorgung eine angenehmere Option (Hafner 2017, S.74).
Ein erster Versuch einer Psychiatriereform fand in der Zwischenkriegszeit statt. Der ein- engende, und monotone Alltag der Patient*innen sollte mit neuen Angeboten gestaltet werden. So fanden Arbeits- und Beschaftigungstherapien Einzug in die psychiatrischen Einrichtungen. Sinnstiftende Tatigkeiten und freiere Umgangsformen brachen die alten Strukturen auf. Ein eindeutiger Fortschritt im Umgang mit psychischen Erkrankungen konnte an dieser Stelle erstmals erkannt werden.
Ab dem Jahr 1933 wurden alle Erkenntnisse jedoch wieder verworfen. Ein enormer Ruckschritt, nicht nur der Psychiatrie, lieB sich feststellen. Psychiatrische Pflege und Be- handlung wurde als nutzlos und teuer angesehen. Eugenische MaBnahmen waren bald darauf die Folge. Die Zwangssterilisation von Menschen mit psychischen Erkrankungen oder Behinderungen wurde unter Mitwirkung radikaler Eugeniker festgelegt. Hitler voll- zog mit der Aktion „T4“ den zweiten Schritt im Bestreben, „unerwunschtes Erbgut aus- zurotten“. Daraus entwickelte sich eine menschenverachtende Propaganda, welche der Bevolkerung die eugenische Ideologie und volkisches Elitebewusstsein einpflanzen sollte. Psychiatrische Krankenhauser erhielten den Befehl alle als unheilbar psychisch krank diagnostizierten Personen zu melden, um diese zu einem spateren Zeitpunkt in Totungsanstalten zu verlegen. Die Gesamtzahl der Opfer der Aktion T4 wird auf etwa 220.000 geschatzt. (Vgl. a.a.O., S. 82ff.).
Nach Ende des zweiten Weltkriegs folgte dann eine antipsychiatrische Bewegung, wel- che sozialwissenschaftliche Theorien zur Stigmatisierung behandelte. In der Antipsychi- atrie kam man zu der Uberzeugung, dass die Schizophrenie allein die Folge sozialer Pro- zesse sei. So fuhrten die gesellschaftliche Ablehnung des abweichenden Verhaltens so- wie Internalisierungsprozesse dazu, dass die Betroffenen das vom Umfeld erwartete Verhalten schaffen. In dieser Konsequenz seien psychische Erkrankungen im Allgemei- nen und die Schizophrenie im Besonderen als solche gar nicht existent und die Psychiat- rie eine uberflussige und schadliche Disziplin (vgl. a.a.O., S. 96). Die Antipsychiatrie steht damit als soziologischer Reduktionismus im Kontrast zum biologischen Reduktionismus.
Trotz dieser Bewegung waren bis zur Psychiatriereform im Jahr 1975 der GroBteil der Menschen mit psychischen Erkrankungen in psychiatrischen Krankenhausern unterge- bracht. Uber die Halfte der Betroffenen verbrachte mehr als zwei Jahre in geschlossener Behandlung. Etwa 30% der Patient*innen wiesen eine Aufenthaltsdauer von uber zehn Jahren auf (vgl. Buhring 2001). Diese Zahlen lassen erkennen, dass ein GroBteil der psy- chisch Erkrankten einen nicht unerheblichen Abschnitt ihres Lebens in Krankenhausern verbrachten, was psychosoziale Folgen nach sich ziehen konnte.
Ein Wandel des deutschen Versorgungssystem fand nicht zuletzt durch amerikanische und englische Einflusse statt. Anfang der 1960er Jahre berichteten unter anderem ame- rikanische Soziologen uber das Leben in psychiatrischen Krankenhausern und zeigten die in der Gesellschaft lange verdrangte Wirklichkeit auf. Die Notwendigkeit einer Mo- dernisierung des psychiatrischen Versorgungssystems wurde erkannt. Als Konsequent wurde im Jahr 1971 die „Aktion Psychisch Kranke e.V.“ gegrundet, die die Reform vo- ranbringen sollte. Die Reform forderte unter anderem eine gemeindenahe und bedarfs- gerechte Versorgung, eine Kooperation und Koordination aller Versorgungsdienste, die Gleichstellung psychisch Kranker mit somatisch Kranken sowie die Enthospitalisierung der Langzeitpatient*innen. (vgl. Buhring 2001).
3. Schizophrene Erkrankungen - Ein Uberblick
Weltweit erkrankt etwa ein Prozent der Bevolkerung unabhangig von Kultur und Her- kunft mindestens ein Mal im Laufe des Lebens an einer Schizophrenie. Die Geschlech- terverteilung ist dabei ausgeglichen. Das Alter bei der Ersterkrankung liegt zwischen etwa 20 und 30 Jahren (vgl. Gaebel und Wolwer 2010, S. 7). Erste Anzeichen einer schi- zophrenen Erkrankung konnen jedoch auch bereits im Jugendalter auftreten. Die Er- krankung kann sich schleichend entwickeln oder akut ausbrechen, wobei letzteres fur einen fruhzeitigen Behandlungsbeginn gunstiger ist.
In vielen Fallen besteht die Vorphase (Prodromalphase) aus eher unauffalligen Sympto- men wie Angespanntheit, Interessensverlust und sozialen Ruckzug. Wahrend des akuten Schubs (floride Phase) treten zumeist Erregungszustande, Wahnideen oder Halluzinati- onen auf. Mit dem Abklingen der Akutphase setzt die Residualphase mit teilweise dau- erhaft zuruckbleibenden Restsymptomen ein (vgl. a.a.O., S. 36 ff.).
In etwa 20 % der Falle erleben erkrankte Personen in ihrem Leben eine einzelne Episode, wahrend ca. 35 % mehrere Episoden ohne bleibende Beeintrachtigung durchlaufen. Ein weiterer Anteil von 35 % erlebt eine Verschlechterung der Beeintrachtigungen nach je- der Episode. Die Lebenserwartung von Personen mit einer Schizophrenie kann sich um bis zu 20 Jahre verkurzen. Zudem liegt ein hohes Suizidrisiko vor. (Vgl. Zielasek und Gaebel 2016, S. 52 ff.).
3.1 Atiologie
Bei Erkrankungen aus dem schizophrenen Formenkreis geht man von einer multifakto- riellen Verursachung aus. Neben biochemischen, genetischen und hirnstrukturellen Fak- toren fuhren psychosoziale Stressoren zum Ausbruch der Krankheit. Das „Diathese- Stress-Modell“ vereint diese moglichen Faktoren von einem bio-psycho-sozialen Blick- winkel aus (vgl. Hautzinger und Thies 2009, S. 54). Dabei wird von einer genetischen Bereitschaft ausgegangen, welche Auffalligkeiten bei Neurotransmittern, Hirnstruktu- ren oder Hirnfunktionen begunstigt. Psychosoziale Aspekte wie akute oder andauernde Lebensbelastungen und komplexe soziale Situationen konnen dann zur Manifestierung der schizophrenen Erkrankung fuhren.
Biochemische Faktoren:
Es finden sich unterschiedliche Hypothesen im Kontext einer angenommenen Neuro- transmitterstorung. Die Bekannteste geht von einer Hyperaktivitat des Botenstoffs Do- pamin im limbischen System aus. Dopamin beeinflusst Bewegung, Kognition und Affekt einer Person, weshalb sich durch die Dopamin-Hypothese vor allem die „Plussymptome“ erklaren lassen. (Vgl. Falkai 2016, S. 5).
Auch Glutamat kommt als moglicherweise betroffener Neurotransmitter in Frage. Durch Untersuchungen konnte bei Menschen mit einer schizophrenen Erkrankung ein vermin- derter Glutamatspiegel festgestellt werden. Glutamat ist im menschlichen Gehirn bei den Sinneswahrnehmungen und Motorik beteiligt. Es wird angenommen, dass ein Ver- minderter Input von Glutamat zu einer Steigerung der Dopaminaktivitat fuhren konnte. (Vgl. Hautzinger und Thies 2009, S.55).
Genetische Faktoren:
Die Erkenntnisse im Kontext von genetischen Einflussen auf die Schizophrenien leitet sich aus Familien- und Zwillingsstudien ab. Es wurde festgestellt, dass die Moglichkeit des Vererbens der Erkrankung relativ hoch ist. Schatzungen fur ein genetisches Risiko der Entwicklung einer Schizophrenie liegen bei etwa 80%. Hierbei wird angenommen, dass viele einzelne Gene, die fur sich genommen ein geringes Krankheitsrisiko vorwei- sen, sich in Kombination jedoch summieren. (Vgl. Falkai 2016, S.5 ff.). Es gibt demnach nicht das eine „Schizophrenie-Gen“.
Veranderungen der Hirnstruktur und -funktion:
Mit Hilfe von MRT- und CT-Untersuchungen konnte festgestellt werden, dass einige Per- sonen mit einer Schizophrenie vergroBerte Ventrikel aufweisen. Dies scheint auBerdem mit einem besonders ungunstigen Krankheitsverlauf einherzugehen. Ebenfalls ging aus Studien eine Abnahme an kortikaler Substanz sowie weitere hirnstrukturelle Auffallig- keiten hervor, welche einen Abbau von Zellengewebe vermuten lassen. Auffallend ist auBerdem der verkleinerte Hippokampus bei Betroffenen sowie verminderte Synapsen- funktionen (vgl. Falkai 2016, S. 10). Als mogliche Ursache fur die Hirnstrukturellen Ver- anderungen werden unter Anderem Geburtskomplikationen oder auch Virusinfektionen der Mutter im zweiten Schwangerschaftsdrittel genannt (vgl. Hautzinger und Thies 2009, S. 57).
Psychosoziale Belastungen und Stressoren:
Psychosoziale Aspekte konnen bei einer vorhandenen Vulnerabilitat zum Ausbruch der psychischen Erkrankung fuhren. Auch bei Ruckfallen sind Stress oder (akute) Belastun- gen ausschlaggebend (vgl. a.a.O., S. 59 ff.). Im Zusammenhang mit schizophrenen Er- krankungen finden sich diverse Hypothesen. Ein einflussnehmender Faktor scheint die soziale Schicht der Betroffenen darzustellen. Hier finden sich zwei widersprechende Hy- pothesen: Die Soziogene Hypothese der Schizophrenie geht davon aus, dass Personen in niedrigen sozialen Schichten einer Vielzahl an Stressoren und Benachteiligungen aus- gesetzt sind, welche letztlich die Entwicklung einer Schizophrenie begunstigen. Dem ent- gegen steht die Social-Drift-Theorie, die von Wechselwirkungen der Erkrankung und Be- nachteiligungen ausgeht, was ein „abdriften“ in niedrige soziale Schichten nach sich zieht (vgl. Hafner 2017, S. 330 ff.). Neuere Studien bestatigen eher die Social-Drift-Hy- pothese.
Ferner konnen Probleme in der Beziehungsgestaltung innerhalb der Familie der Be- troffenen einen wesentlichen Einfluss auf den Ausbruch der Erkrankung ausuben. Das Konzept der Expressed Emotion versucht diese ungunstige familiare Atmosphare zu er- fassen. „Relatives‘ attitudes towards the patient, such as high levels of expressed emotion (EE) involving critizism, over involvement and intrusiveness, and the attribution of symptoms to the patients‘ will have been shown to be related to an unfavourable course of the disorder" (Giron et. al. 2015, S. 380). Der Verlauf einer Schizophrenie kann dem- nach wesentlich vom familiaren Umfeld der erkrankten Person beeinflusst werden. Kri- tische Kommentare oder feindselige AuBerungen beziehen sich hierbei haufig auf die Minussymptomatik und werden als negatives Verhalten der betroffenen Person zuge- schrieben. Studien haben aufgezeigt, dass hohe Expressed Emotion auch die Ruckfall- wahrscheinlichkeit bei Betroffenen deutlich erhohen kann (vgl. a.a.O., S. 384).
3.2 Symptomatik
Die Schizophrenie ist gekennzeichnet durch zeitweilige, grundlegende Storungen des Denkens, der Wahrnehmung und des Erlebens verbunden mit EinbuBen der Leistungs- fahigkeit (vgl. Hautzinger und Thies 2009, S. 51). Mit Bleulers Bezeichnung der „Gruppe der Schizophrenien" soll die Heterogenitat der Krankheitsbilder verdeutlicht werden. Es gibt kein zentrales Symptom, welches fur eine Diagnose vorhanden sein muss. Das Er- scheinungsbild, der Verlauf und die Behandlung der Schizophrenie konnen folglich voll- kommen unterschiedlich aussehen.
Bei der Erkrankung kommt es zu Storungen in diversen Funktionsbereichen: Aufmerk- samkeit, inhaltliches und formales Denken, Ich-Funktionen, Wahrnehmung, Intentiona- litat und Antrieb, Psychomotorik und Affektivitat werden beeinflusst (vgl. Gaebel und Wolwer 2010, S. 8). Die Auspragung der jeweiligen Storungen in den Funktionsbereichen verlauft individuell und kann sich je nach Krankheitsphase stark unterscheiden.
Allgemein werden die Symptome in Plus- und Minussymptome (oder auch: Positiv- und Negativsymptome) eingeteilt. Plussymptome sind jene Symptome, welche das gewohnliche Erleben und Verhalten erweitern. Dem gegenuber stehen die Minussymp- tome. Charakteristisch ist hierbei das Fehlen ublicherweise vorhandener Funktionen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
(Hautzinger und Thies 2009, S. 52).
Formale Denkstorungenbeeinflussen die Sprache und subjektive Denkvorgange. Im Kontakt mit Betroffenen lassen sich solche mitunter deutliche feststellen, wenn bei- spielsweise bei Erzahlungen sprunghaft hin- und hergewechselt wird. Auch das Erschaf- fen neuer Worte oder Wiederholung vorgesprochener Satze kann auftreten.Wahn, als eines der haufigsten Symptome bei Schizophrenien, beschreibt das vehemente Festhal- ten an Uberzeugungen, die von auBen nicht nachvollzogen werden konnen. Der groBte Anteil an Betroffenen berichtet von einem Verfolgungs- oder Beeintrachtigungswahn.Halluzinationentreten vorwiegend in akustischer Form auf, visuelle oder taktile Hallu- zinationen sind eher selten. Viele Personen mit schizophrenen Erkrankungen verarbei- ten erlebte Halluzinationen wahnhaft.Affektstorungender Plussymptomatik sind in- adaquate Affekte, also beispielsweise Gesichtsausdrucke oder AuBerungen, die fur die Situation unangemessen erscheinen. (Vgl. Mehl et. al. 2016, S. 20).
Ferner kann ein reduziertesAntriebsniveausowie eineTeilnahmslosigkeitgegenuber dem Umfeld festgestellt werden.Zielgerichtete Handlungenkonnen nur noch begrenzt bis gar nicht umgesetzt und aufrechterhalten werden.Anhedoniekann dazu fuhren, dass keinerlei als positiv empfundene Aktivitaten durchgefuhrt werden und Betroffene sich immer weiter abkapseln und zuruckziehen. EineVerflachung des Affektsfuhrt zu starren unbewegten Gesichtsausdrucken und mangelnden Blickkontakt. Dem Umfeld ist es dann nicht mehr moglich uber Mimik auf den emotionalen Zustand der Person Ruck- schlusse zu ziehen. Ferner ist die Sprachverarmung (Alogie) fur schizophrene Erkrankun- gen charakteristisch: Es findet eine verminderte Sprachproduktion statt. Auch eine ver- langerte Antwortlatenz kann beobachtet werden. Im Bereich denAufmerksamkeits- problemenkommt es vorwiegend zu einer verminderten Konzentrations- und Merkfa- higkeit. (Vgl. Mehl et. al. 2016, S. 20).
3.3 Klassifikation
Die Kriterien der Diagnose einer Schizophrenie finden sich in Diagnosesystemen und ba- siert grundlegend auf der Psychopathologie. Die von der Weltgesundheitsorganisation veroffentlichte „International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems“ (ICD) listet schizophrene Storungen in den Abschnitten F20-F29. Die Erkran- kung wird in paranoide, hebephrene und katatone Schizophrenie mit verschiedenen Krankheitsschwerpunkten unterteilt. Ferner finden sich neben weiteren Subtypen das schizophrene Residuum sowie die Schizophrenia simplex.
Nach den allgemeinen Kriterien der Schizophrenie mussen uber einen Zeitraum von min- destens einem Monat die meiste Zeit eines der folgenden Symptome gezeigt werden:
a) Gedankenlautwerden, Gedankeneingebung, Gedankenentzug oder Gedankenaus- breitung
b) Kontrollwahn, Beeinflussungswahn, Gefuhl des Gemachten
c) kommentierende oder dialogische Stimmen
d) kulturell unangemessener, bizarrer Wahn
Alternativ mussen mindestens zwei dieser Symptome auftreten:
a) taglich auftretende Halluzinationen, die von Wahngedanken begleitet werden
b) Neologismen, GedankenabreiBen und Gedankeneingebung
c) katatone Symptome
d) negative Symptome wie Apathie, Alogie und Affektverflachung
(Vgl. Hautzinger und Thies 2009, S.51).
Vor einer Diagnosestellung muss durch klinische Untersuchungen festgestellt werden, dass die Symptome nicht aufgrund von hirnorganischen Veranderungen wie Tumore oder Entzundungen hervorgerufen wurden. Zudem muss eine mogliche hormonelle oder medikamentose Ursache ausgeschlossen werden. Auch der Konsum von Drogen, welche mitunter psychotische Symptome hervorrufen konnen, muss abgeklart werden. Als Diagnoseinstrument dienen die psychopathologische Exploration, Eigenanamnese und auch die Anamnese des engeren sozialen Umfelds. (Vgl. Gaebel und Wolwer 2010, S. 15).
Auf Grundlage des bio-psycho-sozialen Modells findet zudem die Internationale Klassi- fikation der Funktionsfahigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) Verwendung. Im Ge- gensatz zur ICD zielt die ICF nicht auf ein einheitliches Verstandnis von Gesundheitsprob- lemen sondern auf ein einheitliches Verstandnis der Auswirkungen von Gesundheits- problemen. Dabei steht insbesondere die Beschreibung der Moglichkeiten von Personen (wieder) an gewunschten Lebensbereichen teilzunehmen. Auch Wechselwirkungen zwi- schen Gesundheitsproblem und Umgebungsbedingungen werden in der ICF beachtet. (Vgl. Grotzbach et. al. 2014, S. 10 ff.). Die ICF eignet sich dementsprechend auch fur Erkrankungen aus dem schizophrenen Formenkreis, da eine Vielzahl an Symptomen die funktionalen Fahigkeiten von Betroffenen beeinflusst.
3.4 Behandlung und Therapie
In akuten Krankheitsphasen mit ausgepragter Plussymptomatik ist der betroffenen Person eine „Krankheitseinsicht" oftmals nicht moglich. Zuweilen sind dann ZwangsmaB- nahmen unumganglich, um einer Eigen- oder Fremdgefahrdung entgegenzuwirken (vgl. Hautzinger und Thies 2009, S. 59). Grundsatzlich empfiehlt sich einer Kombinationsbe- handlung aus pharmako-therapeutischen Verfahren und psycho- und soziotherapeuti- schen Methoden.
Die medikamentose Behandlung bildet eine grundlegende Basis fur (spatere) therapeu- tische Interventionen. Sie kann zur Linderung akuter Symptome oder fur die Langzeitbe- handlung genutzt werden. Bei der Behandlung von schizophrenen Erkrankungen werden vorwiegend Antipsychotika gewahlt, welche die dopaminerge Uberaktivitat der erkrankten Person senken. Dies zieht das Abklingen der Plussymptomatik nach sich. An- tipsychotische Medikamente sind auch fur die Ruckfallprophylaxe von hoher Bedeu- tung. Ein zu abruptes Absetzen fuhrt haufig zu einem erneuten Ausbruch florider Pha- sen. Jedoch konnen Antipsychotika eine Vielzahl an unerwunschten Nebenwirkungen hervorrufen. Ebenso sind die Auswirkungen auf die Minussymptomatik eher gering und unklar. (Vgl. Hasan und Falkai, S. 77 ff.).
Aufgrund der zahlreichen Nebenwirkungen ist die Medikamentenadharenz bei Perso- nen mit einer schizophrenen Erkrankung extrem gering. Nach einem Jahr nimmt nur noch etwa die Halfte der Betroffenen ihre Antipsychotika (vgl. Hautzinger und Thies 2009, S. 61).
Psychotherapeutische Interventionen konnen nach einer Behandlung mit Medikamen- ten den Verlauf der Erkrankung wesentlich beeinflussen. Zu den regularen schizophre- nen Symptomen kommen haufig auch Begleitprobleme hinzu: Betroffene fuhlen sich stark belastet, empfinden Angste, Scham oder Wut und geraten nicht selten in Konflikte mit Freunden und Familie. Auch das Auftreten von LeistungseinbuBen und Konzentrati- onsschwachen wirkt sich auBerdem negativ auf den beruflichen und sozialen Alltag aus. (Vgl. Lincoln 2016, S. 107 ff.).
Angesichts dieser komplexen und individuellen Problemlagen sollten sinnvolle psycho- therapeutische MaBnahmen grundlich abgewogen und besprochen werden. Dazu be- darf es der Erstellung eines individuellen Behandlungsplans mit der Erfassung von Sto- rungsbedingungen und der Verhaltensanalyse.
Kognitiv-behaviorale Interventionen verfolgen das Ziel, dass Betroffene sich von ihren kognitiven Verzerrungen losen. Studien konnten belegen, dass psychotische Symptome, insbesondere Wahnideen, mit dysfunktionalen Schemata und einem negativen Selbst- bild einerseits und Urteils- oder Attributionsverzerrungen andererseits assoziiert sind. Es wird von einer „kognitiven Vulnerabilitat“ infolge von negativen interpersonellen Er- fahrungen ausgegangen. Dies fuhrt dazu, dass Bewertungen oder Urteile uber Situatio- nen external personal attribuiert werden. So konnte beispielsweise das Horen von Stimmen auf eine unmittelbare Verschworung von auBen hinweisen, anstatt mit aktuel- len Belastungen und Stressoren erklart zu werden. (Vgl. Lincoln 2016, S. 112).
Auch Minussymptomatiken konnen reduziert werden, wenn es gelingt Grunduberzeu- gungen mit geringer Freude zu hinterfragen und eine positivere, hoffnungsvollere Er- wartungshaltung zu schaffen.
Psychoedukative familientherapeutische Interventionen sind besonders in Konstellatio- nen mit einem hohen Anteil an Expressed Emotion sinnvoll. Dabei werden Informatio- nen uber die schizophrene Erkrankung und Medikationen vermittelt und familiare Kon- flikte und Belastungen analysiert. Ferner konnen Kommunikations- und Problemlose- trainings in Anspruch genommen werden (vgl. Lincoln 2016, S. 129 ff.). Auf diese Weise sollen Schuldzuweisungen reduziert und soziale Netzwerke gestarkt werden.
Im Training sozialer Fahigkeiten sollen Betroffene (wieder) kompetenter im eigenen So- zialverhalten werden um langfristig eine mogliche Steigerung ihrer Lebensqualitat zu er- zielen. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass eine Verbesserung der durch die Erkran- kung eingeschrankten Problemlose- und sozialen Fertigkeiten den Rehabilitationsver- lauf auf lange Sicht begunstigt. Das Training sozialer Fahigkeiten umfasst unterschiedli- che Lebensbereiche wie die Gestaltung der Freizeit, Kommunikationsfertigkeiten, Um- gang mit Symptomen und Medikamentenmanagement. (Vgl. Hafner 2005, S. 401).
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- Arbeit zitieren
- Lisa Dannenberg (Autor:in), 2022, Klinische Sozialarbeit mit an Schizophrenie erkrankten Menschen. Chancen und Herausforderungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1348693
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